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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0231

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Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, Donnerstag
und Samstag. ~ Preis : vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Inſ.-Geb. 2 kr. d. H.

FI§. 58.

Donnerstag





M. Des hohen Himmelfahrtfestes wegen
fallt die dritte Wochennummer unseres Blattes aus.

Adreſle
an Biſchof Frhrn. v. Ketteler,
Abgeordneter zum deutſchen Reichstag für den XIV. bad. Wahlkreis.
Houchwäürdigſter Biſchvf!
Gnädigſter Herr!

Eine Verſammlung aus Ihren Wählern, in welcher alle Ge-
genden des 14. Wahlbezirkes und verſchiedene kath. Vereine reprä-
jentirt sind, erlaubt ſich, Ihnen die vollſte Anerkennung und den
herzlichſten Dank für Ihre Thätigkeit im deutſchen Reichstage aus-

rechen.

s UG thun dies um so freudiger, weil Sie mit der Centrums-
fraction ſchon im ersten deutſchen Reichstage die wahre Freiheit
und Gerechtigkeit als unerläßliche Bedingung für das Wohl des
neuen deutschen Reiches verlangt und mit erleuchteter Feſtigkeit
darum gekämpft haben.

Aber Sie haben auch bereits den neuen Feind des deutſchen
Reiches recognoscirt und ein ſehr glückliches Vorgefecht mit dem-
ſelben bestanden. Dieser Feind zeigt ſich in verſchämter Form als
Liberalismus, ~+ jſeiner Maske entkleidet als Gottlosigkeit.

Wir haben diesſen Feind bereits im Jahre 1849 kennen ge-
lernt, wo er das Volk betrogen und unſer Land in unheilvolle
Verwirrung gestürzt hat. Wir konnten erſt durch preußiſche Waf-
sen dieſes Feindes entlediget werden.

Leider wurde dieſer Feind ſchlecht bewacht, ~ er verſtand es,
ſeine Wache zu täuſchen, im religiöſen Kampfe sich wieder einzu-
schleichen und in vielen Verhältnissen sich einen ungebührlichen Ein-
fluß zu verſchaffen. Von dieſem Feinde abermals bedrängt, blicken
wir bereits seit zwei Decennien auf die günstigeren religiöſen Ver-
hältniſſe Preußens, unter denen dieſes ſo große Macht entfaltet hat.

Darum , Hochwürdigster Herr Abgeordneter des XIV. Wahl-
bezirkes! wurde unſer Herz freudig bewegt, als wir Sie eintreten
ſahen für die allein richtige Grundlage des neuerſtandenen deutschen
Reiches. Können wir uns auch eines entſchiedenen Sieges bis
jetzt nicht erfreuen, ſo tröſtet uns doch die Wahrnehmung, daß die
von Ihnen und Jhren verehrten Fractionsgenosſſen verfochtenen Prin-
cipien mehr und mehr Anerkennung finden und deſto mehr zur Gel-
tung gelangen werden, je rückſichtsloſer der falſche Liberalismus
sich gebärdet. Als Kind der gottloſen Revolution von 1789 kam

Der dem Schaffot Entflohene.

(Novelle von Pr. J. F.)







Jortsetzung.)

Während denn nun unsere t ch to-). u einander ſchwatzten und An-
griffspläne auf das Herz des Onkels in Amerika ſchmiedeten, kam Simon der
Gärtner, mit der Nachricht, Herr Karl fahre ſoeben zum Hofthore herein.
Schnell warf Marianne die gebundenen Sträußchen in das Körbchen zu den
übrigen Blumen, sprang auf, und Clementine bei der Hand fassend , rief ſie:
„Komm, laß uns ihm entgegeneilen!“ Allein irotz ihrer Eile kamen ſie doch

s hon zu ſpät. Karls erste Frage, als er noch im Wagen ſaß, war : „„Wo sind

die Mädchen ? Und da man ihm den Pavillon im Garten bezeichnet hatte, ſo
flog er eiligſt dahin. Als sie sich zum Gehen umwandten, stand er bereits
ſchon hinter ihnen. Er umarmte Beide mit einer ſolchen Zärtlichkeit, daß
Mutter Dupre aus der Scene des Wiederſehens eben ſo wenig klug geworden
wäre, wie aus der des Abſchieds. Karl liebte Mariannen nicht minder wie
Clementinen ; nur war die Liebe zur Ersten eine rein brüderliche, ſo wie er sie
auch immer Schwester nannte. Marianne war die g'genſeitige Vertraute und
überglücklich in dem Gedanken, die beiden Liebenden eines Tages vereiniget zu
sehen, vielleicht wohl gar etwas dazu beitragen zu können. Das Gefühl, ein
Geheimniß zu wissen, das ſe!bſt Vater und Mutter unbekannt war, verlieh ihr
eine gewisse Wichtigkeit und befestigte die Liebe zu Beiden. Ihr eigenes Herz
kannte von Liebe noch nichts. Von all’ den Männern, welche in Dupre's Haus
kamen, gefiel ihr keiner so ſchr wie Karl; keiner war so aufmerkſam, ſo lie-
benswürdig, so beſcheiden, wie er; aber ſelbſt dieſer hatte ihr nie ein anderes
Gefühl eingeflößt, als das einer innigen ſchwesterlichen Zuneigung. Und an
dem Tage, wo ihr Clementine mit naiver Unbefangenheit erzählte, was und
wie sie sür Carl empfinde, stellte Marianne mit sich ſelbſt eine ernſte Prüfung
an, und fand, daß ihre Gefühle von denen, ihr ſo eben von Clementine er-
ns: hats verſchieden ſeien; von dieſem Tage an liebte ſie ihn rein wie
einen Bruder. ':

î Mitltlerweile waren auch Herr und Frau Dupre, Sidney, Simon nnd

w mehrere Diener herb eigekommen. Ale freuten ſich der Zurückkunft des Sohnes

und ſeines guten Ausſehens. Frau Dupre fand ihn recht stark und männlich

z . 13
zs § . J



Inseraten - Inhalt der Annoncen-Expedi-

tionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
e Vogler & G. I.. Daube & Cie. in
München, Frankfurt u. Stuttgart 2c.

1871.

den 18.

Mai
er zu uns aus dem nämlichen Lande, aus dem der Feind Deutſch-
lands zu uns dringen wollte. Wir sehen hente dort ſeine Früchte.

Davor unſer Vaterland zu bewahren und wahre Freiheit und
gleiches Recht für Alle zu erringen, sind Sie muthvoll in den
Kampf emgetreten, wofür Ihnen der beſte Dank aller wahren Va-
terlandsfreunde gebührt. Dieſen Dank Ihnen auszuſprechen, rechnen
wir uns zur ehrenvollen Pflicht.

Lauda, den s8. Mai 1871.

Im Auftrage:
S eltz am, Erzh. Geiſtl. Rath, Dekan und Pfr. in Großrinderfeld.
J. Diez, Pfarrer in Walldürn.
IJ. Hemberger, Pfarrer in Boxberg.
Ign az Dörr aus dem kath. Verein in Hardheim.
Für die Treue der Abſchrift:

Werbach, 12. Mai 1871. C. Seit, Pfr.

Deutſchland.

/\ Heidelberg. Wohl teine Phraſe wird in dem Sturmlauf
gegen die Kirche und ihre Beſchlüſſe häufiger ausgeſprochen, als die
Phraſe + das Laien-Elcment muß in der kath. Kirche zur Geltung
kommen. Dieser Theorie nach könnte kein Glaubensſat eher Güliigkeit
haben, als bis die untergebenen Gläubigen ihre Zuſtimmung zur
Annahme des Satzes der Glaubenslehre gegeben hätten. Da möchte
nun die Kirche in jedem gegebenen Falle erſt bei ihren Gläubigen
anfragen: „Wollt ihr so gut sein und für die Zukunft das und
das glauben, oder thun, damit dieser oder jener Glaubenssatz oder
Sittenlehre fesigestellt werden kann.“ Dadurch aber wäre der kirch-
liche Lehrbegriff der „lehrenden“ und der „hörenden“ Kirche auf
den Kopf gestellt. Eine hörende Kirche gäbe es überhaupt nicht
mehr, sondern nur noch eine lehrende. Die Ordnung, die daraus
ſich ergäbe, wäre die Ordnung eines Haufes, in welchem Alles an-
ordnet und commandirt, aber Niemand gehorcht und das Befohlene
vollzieht.

Die Herren, die das Laien-Element der Kirche ſo ſcharf betonen,
nennen sich „Altkaiholiken“. Nun werden dieſe alten und deßhalb
sehr gebrechlichen Katholiken doch gewiß zugestehen müſsen , daß die
erſte Erſcheinungsform unserer Kirche in der apoſtoliſchen Zeit zu
suchen iſt. Dort werden wir aber gewiß nicht finden, daß die
Apostel zuerſt Anfrage gehalten haben, wie viel die Gläubigen zu
glauben belieben, sondern daß sie einfach und bestimmt die Lehre
vom Kreuze verkündigten. Wer nicht glauben wollie, blieb einfach
draußen. Die Apoſtel lehrten, die Andern, Gelehrte und Ungelehrte,
neben den andern Menſchenkindern gewöhnlichen Schlages hörten.
So war's damals, so war es immer in der Kirche, ihr Altkatholiken;

geworden, ja sie wollte ihn ſogar um wenigstens drei Finger gewachſen wissen;
Herr Dupre aber stellte sogleich einige Fragen an ihn, aus deren Beantwortung
er ersſah, daß er auch dieſes Jahr nicht vergebens auf der Universität gewesen
war und sich ſchöne Kenntnisse geſammelt hatte.

Dann besprach man sich wegen des morgigen Festes und Simon erhielt
den Auftrag, den Amtmann einzuladen sowie andere Diener ähnliche Aufträge
erhielten und sich ſodann entfernten. Karl pries die jungen Brautleute glück-
lich und ließ im Laufe des Geſpräches so manches Wort fallen, das Herrn
Dupre nicht entging, ſowie ihm die Blicke, die Karl mit Clementinen wechſelte,



seine ganze Aufmerkſamkeit erregten. In dieſem Falle ſah das Auge des Vaters

ſchärfer, als das der Mutter. Herr Dupre wollte sich überzeugen, und deß-
halb ſuchte er ſeine Frau und die beiden Mädchen unter irgend einem Vor-
wande zu entfernen. Sie gingen, und Herr Dupre blieb mit Karl und Sid-
ney allein. Ersterer erbat sich die Erlaubniß, die Damen ins Haus begleiten
zu dürfen. Der Vater gab es zu, mit dem Bemerken gleich wieder zu kommen,
da er mit ihm noch Manches zu besprechen habe. Karl eilte ihnen nach und
Herr Dupre wandte sich an Sidney) .

„Sie kommen doch auch zum Feſte, Herr Sidney ?"

„Wenn ich muß," ſagte dieſer mit einer Miene, die deutlich aussprach :
Erlassen Sie es mir !

„Wie Herr Sidney ! wollen Sie ſich denn immer von aller menſchlichen
Gesellschaft zurückziehen, auf jedes Vergnügen verzichten ?"

r Herr Dupre !‘

„Sollte irgend ein Unglück die Ursache Ihrer Menſchenſcheu ſein, warum
entdecken Sie sich nicht einem Freunde, ais den ich mich Ihnen immer ge-
eigt habe?

f! „Ich habe Ihnen nichts zu entdecken, und bin mit meinem Looſe, das ich
Ihrer Güte verdanke, mehr als zufrieden. Wollen Sie aber durchaus, daß ich
mitgehe, ſo bin ich bereit, Ihnen zu gehorchen.“

„Nicht im Geringsten; Ich will Ihnen keinen Zwang auflegen und glaubte
nur, das Feſt würde ihnen Vergnügen machen, Sie wenigstens zerſtreuen."

„Wenn Sie erlauben, ſo dleibe ich zurück und besorge meine Geſchäfte.'

(Fortſezung folgt.)
 
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