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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0525

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und Samſtag. ~ Preis: vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufschlag. Ins.-Geb. 2 kr. d. H.

für Stadt



a g e s b e r i < t.

~ Im Bezirk Achern-Bühl iſt gestern der Candidat der kathol.
Volkspartei, Herr Rechtsanwalt Neumann in Lörrach, mit 80
Stimmen gegen 49 zum Abgeordneten für die zweite Kammer ge-
wählt worden. y

h ~ Die Entlasſung des öſterreichiſch - ungarischen Reichskanzlers
Grafen B euſt wird als feſiſtehende Thatſache gemeldet ~ deſſen Rück-
kehr in dieſes Amt ſoll unbedingt ausgeſchloſſen sein. Ueber den
muthmaßlichen Nachfolger ſchwanken die Angaben, bezw. Meinungen.
Das Reichskanzler-Amt soll aufgehoben werden, es wird fortan nur
einen Reichsminiſter für die answärtigen Angelegenheiten geben.
Ueber die Beseßung des cisleithaniſchen Ministeriums ist es noch
stille. Man verbreitet, (auch uns zugesandt), eine Mittheilung über
den Inhalt des vom Kaiſer angeblich genehmigten Kellersperg’ſchen
Programms, welche wir nicht für glaubwürdig halten, sowenig als
uns die Wiederernennung Stremayr's zum Kultusminister wahr-
ſcheinlich dünkt. Die Agitation der deutſchliberalen Verfaſſungspartei
hat bei ihren Sturmläufen gegen das Ministerium Hohenwart offen-
bar die Rechnung ohne den Wirth gemacht und zu frühe jubilirt.
Wir sind sehr befriedigt davon, daß diese Partei, welche identiſch iſt
mit unseren Nationalliberalen, keine Aussicht hai, an das Ruder zu
gelangen. Es sind das unsere Feinde, ja die Feinde der ge-
sammten chriſtgläubigen Geſellſcha ft ~ in Deſsterreich wenigstens
scheint man das Unheil, welches sie überall stiften, ſatt zu haben. —
Der böhmische Landtag iſt am 8. d. sofort geschloſſen worden, nach-
dem derselbe einstimmig die Vornahme von Wahlen für den Reichs-
rath abgelehnt hatte. Man meldet aus Wien vom s. d., sicherem
Vernehmen nach werde auch der Direktor des kaiſerlichen Cabinets,
Staatsrath B r aun, zurücktreten.

Neuesten Meldungen zufolge hat Graf Andrasſy, der ſeit-
herige ungariſche Miniſterpräsident, das Ministerium des Auswärti-
ßer angenommen. Lonyay tritt an deſſen Stelle in der Regierung

ngarns.

M Am 6. d. M. wurde in B ern die eidgenöſſiſche Bundes-
versammlung eröffnet. Jm National- wie im Ständerath betonten
die Präsſidialreden die Wichtigkeit der Bundesreviſion. Der Schwei-
zer Radikalismus ist im Begriff einer Aktion zur weiteren Aufsaugung
der kantonalen Selbstſtändigkeits-Rechte, derselbe Zug nach Centrali-
ſirung, den auch der kirchenfeindliche Liberalismus in Deutſchland
verfolgt und der hauptjächlich auf die vollſtändige Knechtung der
Katholiken abzielt. – Gegen dieſe Bestrebungen iſt nun aber eine
bedeutende Perſönlichkeit, Bundesrath Dr. Du b s von Zürich, in
einer Broſchüre aufgetreten. Derselbe, liberaler Protestant, tritt mit

Vierzigtauſend Thaler.

(Fortsetzung.)

Der Kutſcher fuhr fort :

_ nmUnd werden entlassen, sind jahrelang vergebens im Hauſe gewesen, erben
nichts, falls die Räthin stirbt, denn, unter uns gesagt, die Fran iſt seit der
letzten Krankheit nicht mehr, was sie war."

„Was Sie ſagen, Lorenz, es iſt mir in alle Glieder gefahren, Hannchen
geben Sie mir ein Glas Waſser!“ ächzte Chriſtiane.

Vielleicht erholt sich die Frau Räthin im Bade , doch so oder so, wir
dürfen sie nicht ärgern, auch nicht den Bogen zu straff ſpannen. Ich habe
mir es überlegt, ich rede mit dem Herrn Superintendent, er iſt ein kluger
Mann und vermag viel über die Frau Räthin. Ihm ist sicherlich eine neue
Hausgenoſſin für unsere Herrin nicht recht, und wenn einer das Mädchen zu
entfernen weiß, ſo iſt es der geistliche Herr."

_ ySo ist es, Sie sind ein kluger Mann, Lorenz“, äußerten beide Frauen-
zimmer. Das Stubenmädchen ſagte: „Jch glaube, der Herr Superintendent
wird tt ttt. schönen Kapital im Teſtament ſtehen".

„Hm!

„Was bedeutet Ihr Hm, Lorenz ?“

j „Daß bis jeßt die Frau Räthin noch gar kein Teſtament gemacht haben,
ich weiß das gewiß; wenn man ſo auf dem Kutſchenbock ſitt, hört man so
manches von dem, was in dem Wagen geſprochen wird. Jn dieſem Falle fiele
das große Vermögen an die Frau Majorin Waldenau, und das wäre im Grunde
richtig, denn die Frau Räthin dankt ihren Reichthum ihrem verſtorbenen Ge-
mahl; sie ſelbſt beſaß, als er ſie heirathete, nichts, gar nichts ! Mein Vater
war damals hier im Hauſe und hat es mir erzählt.“

ELS S I sss tes
jünger als die Frau Räthin bin."

„Nun, ein Kodicil, oder wie man es nennt, hat wohl die Frau Räthin ge-
macht, wo ihrer Familie die Dienerſchaft , nämlich wir, an das Herz gelegt
ſein werden, und wie ich die Frau Majorin und deren Herrn Sohn kenne, bin
ich ganz ruhig, sie ſind freigiebige, noble Leute.

Nach dieſen Worten verließ der Kutſcher seine Koleginnen , welche noch
manche Bemerkung über die neue Mamſell zu machen hatten.



Samſtag den







Inseraten -Inhalt der Annoncen-Expedi-

fionen von Rud. Mosse, Haasenstein&
und sand. Vogler & G. T.. Danube & Cios. in

München, Frankfurt u. Stuttgart ec.

11. November 1871.
aller Entschiedenheit für das föderative Princip und gegen jede in-
tolerante Behandlung katholiſcher Jnstitutionen in die Schranken.
~ Entgegen den abſprechenden Behauptungen kirchenfeindlicher
Blälter wird von kathol. Seite aufs bestimmteste versichert, daß die
Mission des apoſtoliſchen Legaten Mſgr. Franchi in Konstantinopel
vollſtändig gelungen ſei.

~ Zu Rom wird am 1. Dez. unter großen Festlichkeiten eine
allgemeine Telegraphen-:Conferenz eröffnet werden, zu welcher Theil-
nehmer aus drei Welttheilen sich einfinden wollen. Die Wahl Rom’s
geſchah sicher nicht ohne einen bestimmten Nebengedanken. Der ita-
lieniſche Miniſter des Aeuſſeren wird präsidiren.

—— Am 1. Nov. wurde in der ewigen Stadt der Generalkon-
greß der Arbeiter eröffnet. Es wurden die Theorien Mazzinis über
Völkerbeglückung, Staatsleben und Staatsverfaſsſungen angenommen.
An Mazzini, der somit nicht dabei war, und Garibaldi wurden Be-
grüßungs-Telegramme abgefertigt.

~ Die gemeinſame Erklärung derjenigen Biſchöfe Preußens,
in deren Diöceſen Jeſuiten wirken, lautet :

Den maßloſen Schmähungen und Angriffen gegeuüber, welche
unlängſt auf den Versammlungen der sogenannten Proteſtkatholiken
zu München und des Protestantenvereins zu Darmstadt ſowohl als
auch anderweitig in der kirchenfeindlichen Presſe faſt überall gegen
die Jeſuiten lautgeworden sind, fühlen die unterzeichneten Oberhir-
ten, in deren Diöcesen die Jeſuiten seither domicilirt und thätig ge-
weſen sind, im Interesse der Wahrheit und Gerechtigkeit sich ge-

EE

zwungen, hierdurch das Zeugniß abzulegen, daß jene Schmäßhe

ungen, Anklagen und Angriffe gänzlich unbegründet sind ; daß viel-
mehr die Mitglieder der Geſellſchaft Jeſu sich durch einen echt ſitt-
lichen und chriſtlichen Wandel eben so ſehr empfehlen, als insbeſondere
die Priester derſelben durch gründliche Kentnisse und geſunde Prin-
cipien in der theologiſchen Wissenschaft, so wie nicht minder durch
eifrige und geſegnete Wirkſamkeit in der Hülfsſeelſorge unter biſchöf-
licher Leitung sich auszeichnen. Namentlich muß hervorgehoben
werden, daß die Jeſuiten sich der Seelſorge für die Jabrikarbeiter
mit einem sehr günstigen Erfolge angenommen und dieselben an den
Orten ihrer Wirſamkeit vor den großen Gefahren der social - demo-
kratiſchen und communistiſchen Verirrungen bewahrt haben. Wir
bezeugen zugleich, daß die Jeſuiten der Autorität des Staates ſowohl
als der Kirche gegenüber durch loyale und treue Haltung den Gläu-
bigen mit einem guten Beispiele vorangehen und nach beiden Seiten
hin sich einen gerechten Anspruch auf lobende Anerkennung erworben,
keineswegs aber die gegen sie erhobenen Anklagen und Beschuldigungen
verdient haben. Schließlich bemerken wir, daß in den beiden letzten

Klärchen hatte sich ſchnel in ihre Lage gefunden ; ſie hatte ihre Mutter,
welche lange krank gewesen war, allein pflegen und für dieselbe sorgen müſſen,
dadurch hatte ſie eine, über ihre Jahre gehende Selbſtſtändigkeit erhalten, welche
ihr jezt zu statten kam. Die Frau Muhme haite ſie gut aufgenommen, das
war die Hauptsache, mit der Dienerſchaft im Hauſe wollte sie ſchon auskommen.
Sie packte ihr Bündelchen aus und legte ihre kleine Garderobe in einen Kaften,
dann wusch sie sich und ordnete ihr Haar, das hellbraun und von seltenen
Schönheit war. Sie öffnete dann das Fenſter und blickte in den Garten, der
sich hinter dem Hauſe hinzog, ziemlich groß und wohlgepflegt war. Gern hätte
sie eine Beſchäftigung gehabt, aber sie wagte nicht, ungerufen zur Räthin zu
gehen, und hatte auch nicht Luſt, sich mit der Dienerſchaft einzulassen. (Ft. fgt.)



~ Noch hat der amerikaniſche Cirkus von Lent, der auf deutſchen Gewäſs

sern schwimmt, den Reiz seiner Neuheit nicht ganz abgestreift, und schon iſt ein
anderes amerikanisches Unternehmen dieſer Art auf deutſchem Boden erſchienen,
auch ein amerikauiſcher Circus, aber kein ſchwimmender, sondern ein w an-
d elnder, welcher, wie aus Frankfurt geschrieben wird, mit fabelhafter Schnel-
ligkeit ganz Deutſchland von Oſten gen Westen durchzieht, tagtäglich großartige
Vorſtellungen gebend, um am folgenden Tage wieder ſpurlos zu verſchwinden.
Auf zahlreichen, solid und elegant konstruirten Wagen führt die Truppe das
geſammte Material , deſſen ſie zu ihren Vorstellungen benöthigt, mit ſich, und
dieſelben Pferde, welche dieſe Hilfsmittel der „Kunſt'’ ſchieppen müssen, produ-
ciren sich allabendlich als Schul-, Reit- und Springpferde. Neben dem Zelt-
tuch für das an 2000 Personen faſsende Cirkuszelt, führt die Geſellſchaft eine
Menge eiserne Feldſtühle, welche als Sitzplätze dienen müssen, Fußbänte, Zelt-
stangen, Plöcke tc. 2c. mit sich. In ihren Wagen wohnen und ſchlafen bre
Mitglieder, in ächt amerikaniſch praktiſcher Weiſe die theuere Hotelmiethe ver-
meidend. HZigeunern gleich oder Seiltänzerbanden, welche die Jahrmärkte un-
sicher zu machen pflegen, verlegen dieſe Sorte ,„Engliſche Reiter‘’, wie der Volks-
mund sie nennt, den ganzen Schwerpunkt ihres Daſeins in ihr roanderndes Zelt,
das heute in Hanau, morgen in Frankfurt, übermorgen in Offenbach aufge-
schlagen wird, überall mit eiſerner Consequenz den Yankee - Grundſag : „Time
is money'’ praktiſch illuſtrirend. Der Cirkus ,,ſpielte'" viermal in Frankfurt
und hielt da täglich einen Galaumzug durch die Stadt. Bei der letten der-
artigen Schauſtelung lenkte der Kutscher des Muſikantenwagens 40, ſage

| vierzig Pferde, an der Leine vom Bocke aus.
 
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