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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0284

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Am Vorabend des Festes Glockengeläute, Zapfenstreich, Kanonen-
donner. Am Morgen des 16. vom Kirchthurme das Ave Maris
und Ve Deum, Tagreveille. Das Städtchen prangte im herrlich-
ſten Flaggenschmucke. Riemand arbeitete, und trotz der herrſchenden
Geldklemme und der so häufigen Sammlungen fiel ein für die hie-
sigen Verhältnisse reichlicher Peterspfennig. Abends 1/29 Uhr be-
wegte sich vom Lauer'ſchen Biergarten unter Vorantritt des Musik-
corps und des Geſangvereins ein langer Zug von Männern an die
ſog. Derrbach, um auf bereitgehaltenen Schiffen, die prächtig mit
Lämpchen beleuchtet waren, eine Mainfahrt zu machen, die den Feſt-
theilnehmern und den Zuschauern unvecgeßlich sein wird. Herrlich
erklangen die Töne der Musik und die Lieder unserer Sänger in
der Stille der Nacht, und das auf den Schiffen ausgebrachte Hoch
auf den hl. Vater hallte mächtig im lieblichen Thale. Während
der Fahrt selbſt wurde auf dem jenseitigen Ufer von Herrn Rector
B. ein sehr gelungenes Feuerwerk abgebrannt, das ſeine Wirkung
nicht verfehlte. Gegen 10 Uhr bewegte sich der Zug am Ende des
Städtchens in's Vereinslocal des kath. Männervereins, wo unter
Vorträgen, Musik und Gesang der Abend nur zu schnell verfloß.
Allen, die zur Verherrlichung dieſes unvergeßlichen Festes beigetra-
gen, sagen wir unsern besten Dank.

§. Vom Hinterland, 14. Juni. Am Maine und auf der
Höhe wird bestimmt behauptet, daß in dem Orte Ebenheid der dor-
tige Organist, Hauptlehrer Petzold, an dem Tage, an welchem der
nach Steinbach versetzte Curat Heffner zum Letztenmal Gottesdienſt
hielt, zum Aerger aller Gutgeſinnten das „Ve Deum“ angestimmt
habe, und zwar soll dieſes auf Verlangen einiger Feinde jenes Herrn
geſchehen sein. Wir möchten nun den Herrn Pfrv. Heffner öffent-
lich um Auskunft bitten, ob dies wirklich geſchehen und wie die
Sache sich verhalte. Kann ein ſolcher Organiſt noch länger seinen
Dienſt versehen? –

* In Baden, so berichtet der Bad. Beobachter , hat Gymna-
ſiumsdirektor Fr ü h den Erlaß der oberſten Schulbehörde, wornach
den Schülern am Tage des Papſtjubiläums Ferien zu geſtatten
wären, unbeachtet gelaſſen und die Schulstunden eingehalten. Ob
ihm wohl, wie man hoffen darf, dafür eine Rüge zu Theil werden
wird ?

* In München wurde das Jubiläum besonders großartig ge-
feiert. Bei der im Glaspalaſte abgebaltenen Katholikenverſammlung
waren 6000 Männer erſchienen. Der Herr Erzbiſchof selbst trat
als Redner auf; außer ihm Graf Arco - Zinneberg, Reichstagsabge-
ordneter Domcapitular Moufang, Buchhändler Weiß u. A.

München, 19, Juni. Die Nachricht verschiedener Blätter, Graf
Bray habe ſeine Entlaſſung eingereicht, iſt unrichtig. Die ſchwebende
Minisierkriſis findet erſt im vollzähligen Miniſsterrathe ihre definitive
Erledigung.

A u s l a n d.

Amſterdam, 19. Juni. Jn Cork sind die Fenier in die Mal-
lonkaſerne eingebrachen und haben ſich in den Besit von 300 Flins«
ten geſeszt. Cs wurden 5 Verhaftungen vorgenommen.

Brüſſel, 19. Juni. Nach dem , Etoile belge“ beträgt die Zahl
der in der vergangenen Nacht vorgenommenen Verhaftungen 68 ;
eine große Auzahl Schneidergeſellen befinden sich unter den Ver-
afteten.
haf Brüſſel, 19. Juni. Anläßlich der Feier des Papſtjubiläums
haben hierſelbſt nicht unerhebliche Ruhestörungen stattgefunden.
Die Bürgergarde mußte einſchreiten, um die Ordnung wiederher-
zuſtellen und wurde von der Menge zum Bayonnetangriff gezwungen.
Mehrere Perſonen wurden dabei verwundet. Unter den Unruhe-
ſtiftern sollen ſich auch Mitglieder der „Internationale" befunden
aben.
h Versailles, 20. Juni. Clusſeret und Pyat wurden verhaftet.

Rom, 15. Juni. Gestern empfing der h. Vater im Thron-
Saale von zeyn Uhr Vormittags bis ein Uhr Nachmittags die Glück-
wünſche zuerſt der Brüderſchaft der Picener, einer die Marken, zu
denen die Vaterſtadt des Papſtes, Sinigaglia, gehört, in Rom reprä-
ſentirenden Corporation, welche auch hier ein eigenes Collegium und
eine Kirche, S. Salvatore in Lauris, beſizt. Protector dieſer Bru-
derſchaft iſt der in Sinigaglia geborene Cardinal Conſolini, der an der
Spihe derselben dem Papſte die Gratulations-Adresse und eine Summe
Geldes als Peterspfennig zuſtellte. Der Papſt hat in das Album dieser
aus seinen ſpeciellen Landsleuten bestehenden Gemeinschaft seinen
Namen vor vielen Jahren ſelbſt eingetragen. Pius IX. hatte für je-
den Einzelnen der Brüderſchaft ein huldvolles Wort. Hierauf halte
Mgr. Cardoni, Erzbiſchof i. p. von Edeſſa, als Präsident des Vereins
der Kleriker des h. Apoſtels Paulus, die Ehre, die Mitglieder dem
h. Vater vorzuſtellen und im Namen des Vereins eine Adresſe, nebſt
einer werihvollen goldenen Kette mit diamantenem Krenze zu über-
reichen. Alsdann wurde der Erzbiſchof i. p. von Korinth, Mſgr.

Angelini, Vice-Gerente des Bisthums von Rom, mit ſämmtlictea . +

Pfarrern der Stadt empfangen; dieser überreichte gleichfalls eine
Adreſſe nebſt Peterspfennig. Zum Schlusse brachte das Offizier-
Corps der Palatinal Ehrengarde nebſt einer Adreſſe im Namen des
ganzen Corps eine werthvolle Mitra dem Papſte dar. Letzterer un-









terhielt sich mit mehreren Mitglieden dieser Deputationen und Cor-
porationen auf das huldvollsſte, richtete einige Worte an jede einzelne
derſelben und ertheilte zum Schluſſe den Apoſtoliſchen Segen. ~
Gerade jezt, da ich dieſe Zeilen ſchreibe, rennt ein mit Drucksachen
beladener Lümmel vorbei und ſchreit: „Es iſt aus mit den Schwar-
zen ; an eine Restauration der weltlichen Macht des Papstes iſt nicht
zu denken ! Nieder mit den Schwarzen !“ Der Paroxismus der „Ro-
then“ ſteigt in dem Maße, als sie die Gratulation bei dem Papſte
sich mehren und ihren ruhigen Fortgang nehmen ſehen; der Ingrimm
wächst noch bei dem Gedanken, daß die Deputationen aus allen Län-
dern eintreffen, ohne daß die Italianissimi bisher ihre Wuth an den-
ſeben hätten auslassen können. Es sind Deputationen ans dem übri-
gen Jtalien, sowie aus England, Belgien, Holland, Spanien, Deutſch-
land und Osterreich. Wie verlautet, iſt von einem hiesigen Bark-
haus für eine einzige Diöceſe Deutſchlands der Peterspfennig im
Betrage von 100,000 Frs. gezahlt worden. Die Katholiken in
Annecy und Chambery überſandten 100,000 Frs. in Gold, nebst
einer Adresse, deren Unterschriften mehrere Bände füllen. – Geſtern
feierte der Cardinal-Decan Patri zi in der Kirche von St. Apolli-
nari sein fünfzigjähriges Prieſter-Jubiläum. Der Jubilar iſt im
Jahre 1798 geboren, und erhielt am 2. Juni 1832 von Gregor
AVI. den Cardinalshut. Er war ſchon unter demſelben Papſte
Cardinal Vicar für das Bisthum Rom. – In der heute erſchienenen
Nummer der „Capitale“ iſt mit großen Lettern gedruckt zu lesen:
„Morgen, am 16., als am Tage des YWBjährigen Jubiläums Pius’
IX., bringen wir das Bild und die Lebenéebeschreibungen des be-
rühmten Canonicus Döll i nge r, des Papſtes von Deutſchland.“
~ Von den deutschen Deputationen ſind bis heute Mittag ge-
gen 500 Mitglieder eingetroffen. Weitere Fesſttheilnehmer werden
heute noch aus Deſt erreich erwartet. Die Diöcesen Roite nburg
und Passau sind sehr zahlreich vertreten. Wie ich so eben ver-
nehme, werden die deutſchen Deputationen morgen vom hk. Vater
empfangen werden. – Die italieniſche Regierung sieht schwarze
Punkte und Flecken überal. In Rom wird alles vorbereitet, um
eine Revolution oder sogar eine Belagerung auszuhalten. Schanz-
körbe und Schanzsäcke werden hergestellt, und die im Lager bei Rocca
di Papa ſtationirte Mannſchaft hat den Befehl, sich bereit zu halten,
um jeden Augenblick nach Rom aufbrechen zu können.

Laut einem Privat-Telegramm gibt die „Germania“ die An-
ſprache des h. Vater s an die deutſche Deputation in der Ueber-
ſezung wie folgt: „Bevor ich euch entlasſe, will ich einige Worte
an euch richten, und zwar in italieniſcher Sprache ; denn Deutsch
verſtehe ich nicht, und Lateiniſch oder Französiſch würde doch einem
großen Theile von euch ebenfalls unverſtändlich sein. Was ich
ſage, ſoll euch für die Zukunft stärken, euch dienen und euch stets
Gott empfehlen. Denn es ist mir fürwahr ein großer Troſt, wenn
ſo viele brave Katholiken aus allen Theilen Deutſchlands, so viele
treue Töchter sich zu den Füßen des Statthalters Christi hinbege-
ben, um den Ausdruck ihrer Liebe und die Gaben ihrer Anhäng-
lichkeit niederzulegen. Gott vergelte euch dieſe Gesinnung, die um
ſo verdienstlicher, als ihr unter ſo schwierigen Verhältnissen lebt,
vielfach zerstreut unter Leuten, welche nicht denselben Glauben mit
euch bekennen. Das macht es euch mehr als Andern ſchwer, offen
und frei für euern Glauben einzutreten. Aber ich weiß, wie ihr
feſthaltet im Geiste der Wahrheit, wie ihr beharret in diesem Ge-
horſam gegen den Epiſkopat, dec, in sich einig, auch euch in der
Einheit stärkt und euch ermuthigt, der irregeleiteten Zeit entgegen-
zutreten. Beharret indeſſen in Gehorſam gegen euere Vorgeſetzten,
da sie euch nie etwas befehlen werden, was gegen den Glauben
und die Religion iſt, ſo wird jede Zwietracht fern von euch bleiben.
Bleibet ihr folgſam dem Beiſpiele unſerer Väter im Glauben, dann
werdet ihr stark durch die Gnade, die ihr in der heiligen Firmung
empfangen, als wackere Soldaten den Kampf des Herrn zu kämpfen.
Für die Erhaltung dieſer Gesinnung kräftige euch der Segen des
Stellvertreters Chriſti, den ich euch ertheile, indem ich zu Gott flehe,
daß er euch fruchtbar mache an Frömmigkeit und Tugend. Dieser
Segen geleite euch in die Heimath, stärke euch in der Todesstunde
und führe euch zu jener Freude, wo wir Alle einst ewig vereinigt
sein werden.“ (K. V: ).)

New - York, 17. Juni. Das Poſtdampfschiff des Nordd. Lloyd Hermann,
Capt. G. Reichmann, welches am 8. Juni von Bremen und am 6. Juni von
Southampton abgegangen war , iſt heute 5 Uhr Abends wohlbehalten hier
angekommen.

Fremden-Frequenz in Heidelberg.
Vom I|. bis 16. Juni 1871.







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Druck, Verlag und Expedition von L. Sch wei ß in Heidelberg.
 
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