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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0407

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wut. H

wurde aber, weil er das Versprechen, bis zum Schlusſe der
das Dienstgebäude des Oberſtiftungsrathes nicht mehr zu

fahren,
Sitzung :
betreten verweigerte, unter polizeilicher Bewachung in einem Diener-

zimmer bis nach 12 Uhr festgehalten. Herr Edelmann ſäumte nichl,
in einer Vorſtelung an das Ministerium des Innern die gegen ihn
in Anwendung gebrachten polizeilichen Maßnahmen proteſtirend zu
erläutern, und verlangte die Gesezesbeſtimmungen zu rennen, auf
Grund deren er in Ausübung ſeines Dienstes verhaftet worden ſei,
wobei er sich vorbehielt, den Rechtsweg gegen die Urheber seiner
Verhaftung zu betreten.

So ſtehen die Dinge, die leider einen neuen tiefgehenden Con-
flict als möglich erſcheinen lassen. Freund und Feind aber wird
Herrn Edelmann perſönlich für sein muthvolles Auftreten in Be-
thätigung seiner Ueberzeugung die gebührende Anerkennung nicht
verſagen können, da er lieber ſeine Perſon und ſeine ganze Zukunft
in die Schanze schlägt, als daß
abweicht, den er für den einzig richtigen und ſachgemäßen erachtet.
Solche Beiſpiele sind heut zu Tage äußerſt ſelten, um so weniger
aber zweifeln wir, daß es noch Männer im Lande gibt, die es ſich
zur Ehre anrechnen werden, einen solch! seltenen Mann auch auf
eine ſeltene Weiſe auszuzeichnen.

[] Sinsheim. Ihr geſchättes Blatt hat s. Z. berichtet, daß
in dem nahen Steinsfurth der „Großh. Notar Süß“ die dortige
kath. Kirche einen „Sauſtall" genannt und für dieſe Herabwürdi-
gung des Gotteshauſes 14 Tage in Rastatt zu verweilen hatte, da
deſſen Geſuch um Gnade abſchläglich beschieden worden. Jeder-
mann hatte erwartet, daß mit Verurtheilung des „Großh. Notars
Süß“ gewiß auch deſſen Verſezung im Intereſſe des Dienstes er-
folgen werde. Bis heute hört man nichts von Verſezung, obwohl
in neueſter Zeit zwiſchen Notar und Polizeidiener Scenen im Wirths-
hauſe und auf der Straße in Steinsfurth sich abgeſpielt, die be-
züglich der gegebenen und erwiderten Ausdrücke in einem anſtändi-
gen Blatte unmöglich angeführt werden können. Daß dieſe be-
ſchimpfenden Ausdrücke alle in der 2. Perſon des Singulars ſtatt-
fanden, versteht sich nach dem Vorangeschickten von ſelbſt. Ein ähn-
liches Hits ſoll mit einem Iſraeliten dem gleichen Herrn be-
egnet sein. Ñ
‘tt Ein anderer Tapferer iſt jezt in gleichem Orte erstanden, der
gewiß zu Stande bringt, was ſelbſt abgefallene, vom Hochmuth ver-
blendete Größen nicht vermochten. Wer iſt dieſer Held, der in
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Herr iſt's, der kathol. Geistliche Dutzfreunde nennt und u deren
Tiſch stets gern verweilte; es iſt der Eiſenbahninſpector Gackstatter.
Hören Sie die Phraſen, die derſelbe in öffentlichem Locale (vor
ſelbſt jungen Leuten) auftiſcht, wobei wir uns jeden weiteren Com-
mentars enthalten: „Vor 7 Jahren habe ich ſchon prophezeit, daß
das Papstthum fallen müſſe, und ſo kommt es auch. Denken Sie
nur an den großen Aufschwung, der auf der Heidelberger Versamm-
lung erfolgte. Aus allen Ländern, aus der Schweiz, aus Belgien,
England kommen eine Maſſe Anmeldungen zur Verſammlung in
München. Dort wird dem Papſt der Garaus gemacht, das Papſt-
thum geht zu Ende. Der Papst treibt Humbug mit seinen Scha-
fen. Denken Sie nur an die Salbungen, die vorgenommen werden
an den Pfaffen. Glaubt Ihr, die mit Repsöl eingeſchmierten
Dummtöpfe werden durch dieſe Salbung geſcheidter? Eſel sind's,
die Welt wollen sie verdummen, herrſchen wollen sie. Der Papſt
ſtellt sich Gott gleich, aber der Papſt hat ſelbs1 keinen Glauben,
ſonſt würde er Gott anrufen, daß er ihm ſeine Macht wieder gebe,
aber dieſe Hilfe wird noch lange ausbleiben. ~ Hört nur von den
Pfaffen ſchöne Stückchen (hier erzählt er die traurigen Verirrungen
hatt tui tar suretuu ar UU thut ehre ect
wahrscheinlich zu Werken c Barmherzigkeit .uuuuen Vtoin:
Mutter in Ladenburg, eine Frau von 82 Jahren, ging beichten
und der Caplan fragte sie, ob ſie mit Mannsleuten zu thun habe;
fragt alſo, ob meine Mutter eine H . . . So sind's Bnben die
Pfaffen, elende mit Repsöl eingeſchmierte Köpfe.“
Protestant wie Notar Süß.

X Bruchſal, 30. August. Mit der Katholikenverfolgung im
neuen deutſchen Reich geht es der Kraichgauer Zeitung viel zu lang-
ſam, ihr wäre es am liebsten, wenn mit den tirchlich treuen Katho-
liken, etwa nach dem Recept der Pariſer Mordkerls, ganz kurzes
Federleſen gemacht würde. Denn was sind eigentlich die Katholiken,
welche ihrer Kirche Treue und Gehorsam bewahren? Eine heuch-
leriſche „Pfaffensippſchaft“. So leſen wir in der Rundſchau der
Kr. Ztg. vom 23. August. Diese Sprache erinnert an jene euro-
päiſche Bande von Verſchwörern, welche gerade jetzt die menſchliche
Gesellſchaft auf's Schwerste bedrohen und wir beneiden die Kr. Ztg.
gar nicht, daß sie in ihren Ausdrücken dieſen auf's Haar ähnelt.
Dies nebenbei bemerkt. Im Schmerze, daß das Draufſchlagen auf
die „Pfaffensippſchpft“ immer noch nicht recht voran will, ſegt die
Kr. Ztg. all’ ihre Hoffnung auf Bismarck und meint, dieser gewal-
tige Mann, dem noch nichts mißglückt sei, werde mit der schwarzen
Schaar wohl auch fertig werden. Es ist wahr, die Unternehmungen
Bismarcks seit 1866 sind ihm geglückt, aber merkwürdig, kaum iſt

er einen Fingerbreit von dem Wege

Gacksſtatter iſt

derselbe mit Siegen überfchüttet in die neue Kaiserſtadt zurückgekehrt,
erleidet er eine ſehr empfindliche Niederlage in seinem Vorgehen
gegen die katholischen Abgeordneten des deutſchen Reichstages. Hieran
hat offenbar die Kr. Ztg. nicht gedacht. Oder war es keine Nieder-
lage für Bismarck, daß er von Bischof v. Ketteler eine Zurechtwei-
ſung erhielt, auf die er nichts mehr sagen konnte? War es nicht
eine ſehr empfindliche Niederlage, daß dem großen Staatsmanne die
Unrichtigkeit seines offenen Schreibens an den ſchlesiſchen Grafen
Frankenberg, als habe der Papſt das Verhalten der katholischen
Reichtagsabgeordneten getadelt, so vollständig nachgewieſen wurde,
daß darauf keine Silbe mehr zur Rechtfertigung geſagt werden konnte?
Wir finden es für gut, hieran zu erinnern, ganz abgeſehen davon,
daß vom Standpunkte des Rech t s das Vorgehen gegen die kathol.
Kirche in Sachen der Unfehlbarkeit vorweg als verſpielt angesehen
werden muß. Das liberale Krakehlen gegen die „Pfaffensippſchaft“
wird endlich ebenfalls ein ſchmähliches Ende nehmen, denn wollten
die leitenden Staatsmänner nach den liberalen Vorschlägen in die
Drangsalirung der Kirche einwilligen, so würden sie ſchließlich nur
jener weit verzweigten Partei Vorſchub leiſten, die in Paris mit
Petroleum so grauenhaft gewirthſchaftet hat.

Aus Baden, 27. Aug. Die Sache des Asseſſor E d elmann

bei dem katholiſchen Ober - Stiftungsrath wird als ein Vorſpiel der
kommenden Dinge angeſehen. Ich schrieb Ihnen, daß diese Ange-
legenheit vor den Landesherrn gebracht worden ſei. Es iſt seitdem
eine abweiſende Entſchließung erfolgt, und auch die erbetene Audienz
wurde dem Hrn. Edelmann nicht bewilligt. Derselbe hat nun auf
seine Staatsdiener - Eigenschaft verzichtet, um ſich der Gewalt des
Miniſteriums zu entziehen und nur noch ein Beamter der Kirche zu
sein. Es wird betreffs dieses Falles eine lebhafte Correſpondenz
si ter oct. kitleton cet qutety pt tee isses
Ende vom Liede wir d aber sein, daß Hr. Jolly mit seiner Kammer-
Mehrheit ein Geſez macht, welches die Institution des katholischen
Ober-Stiftungs-Rathes , dieſe Miſchbehörde, gänzlich aufhebt. Hr.
Jolly kann noch mehr; er kann alles, was er will „auf geſetlichem
Wege“ mit Hülfe der Kammer-Mehrheit gegen die Kirche durchſeten,
und darum ſind die Landtags-Wahlen von ſo uygshengter Wichtige.
keit. K. V. Z.
.. Tauberbiſchofsheim, 31. Aug. Soeben erhalten wir Kunde
uvvn einer demnächſt bevorſtehenden Maßregel der großh. Amortiſa-
tionskasſe, die nicht verfehlen wird, Aufsehen zu erregen z*) ſie will
nämlich die bei ihr angelegten Pfründekapitalien unter 10,000 fl.
in Bälde sämmtlich kündigen. Diese Nachricht iſt den prot. Geist-
lichen durch den Oberkirchenrath mitgetheilt worden, der sich erbietet,
die freiwerdenden Gelder alsbald in Staatspapieren anzulegen, da
dieſe voraussichtlich raſch steigen würden.

Offenbar wird nun dieselbe Eventualität auch für die kathol.
Pfründekapitalien eintreten, aber die Betheiligten sollen, wie es ſcheint,
nicht rechtzeitig in Kenntniß geſeßt werden, und können dann die
gestiegenen Papiere kaufen ; jedenfalls haben sie bei der Menge der
gekündet werdenden Gelder Zinsverluſt zu gewärtigen. Wir wollen
nicht versäumen, hierauf aufmerkſam zu machen, da uns das Ver-
fahren an Einſeitigkeit zu leiden ſcheint; ~ oder sollte man für
die kath. Pfründen in „andrer Weiſe“ ſorgen wollen?

Darmstadt, 30. Aug. Nach Beſchluß des engeren Ausſchusses
findet am 4. und 5. October hierselbſt der fünste deutſche Proteſtan-
tentag ſtatt. Gegenstände der Tagesordnung werden sein: 1) Die

Stellung des deutschen Protestantenvereins gegenüber dem Vorgehn

Roms (Referent Bluntschli), 2) die Stellung des Proteſtantenvereins
gegenüber den klerikalen Beſtrebungen innerhalb der proteſtantiſchen
Kirche (Referent Baumgarten).

Darmstadt, 31. Aug. Heute früh entlud sich über Darmſtadt
ein furchtbares Gewitter, wobei der Blitz in die Gasfabrik einſchlug
und mehrere Perſonen tödtete. Der Dachſtuhl des Gebäudes und
das Theerhaus brannten ab. Das Gewitter währte hier und in
der Umgegend fünf Stunden.

Berlin, 29. Aug. General Vogel v. Falckenſtein ist verdrießlich
über die ,„Glorificirung“ des Generals v. Manteuffel. Er ſchreibt
der uKrzzg.“, die einen der „A. A. Z.“ entlehnten Artikel über
Manteuffel abgedruckt hatte, Folgendes :

„Der Schreiber jenes Zeitungs-Artikels, der unter dem Titel
„General von Manteuffel“ in Nr. 196 der „Kreuzzeitung“ zu lesen
iſt, ſcheint nicht überal glücklich inspirirt worden zu ſein. So fin-
det er in 1îtir einen Mangel an Freundschaft für den General v.
Manteuffel darin, daß ich denselben niemals habe an den Feind
kommen laſsſen. Schreiber weiß alſo nicht, daß an dem Tage von
Kiſſingen und Tags darauf General v. Manteuffel an den Feind

gekommen war und Schüsſe mit demſelbeu gewechselt hat. Fernen

haben bei Langenſalza Manteuffel’ſche Truppen, die freilich hier
“s ts Veranlaſſung an den Feind gebracht worden sind, ge-
; Wenn nun der betreffende Zeitungsſchreiber in der Lage zu sein
ſcheint, eine Glorificirung des Generals v. Manteuffel durch Ver-
dächtigung Anderer ermöglichen zu können, so hat er damit dem





*) Wir haben eine ähnliche Correſpondenz ſchon in der lezten Nummer
unseres Blattes mitgetheilt. Die Redaktion. |
 
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