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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0204

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] 204 3

der Landeszeitung die angeblichen „Sophismen und Verdrehungen“

î Dnach, die in Kettelers Brief enthalten wären. Ein trauriges Organ

officieller Journalistik, diese Karlsr. Zeitung, die von „Sophismen
und Verdrehungen““ spricht, ohne auch nur den V er ſuch eines
Nachweiſes solcher zu machen. Armſeliger und kläglicher noch als
die „Tauber“ und der Krauchgeier, ~ ſo weit ist die Karlsr. Ztg.

heruntergekommen! Bei sothanen Umständen wird sie wohl auchh

uns keine Antwort geben können, was es mit dem „,Staatsrath“
Gelzer für eine Bewandtniß hat. :

* Vom Neckar, 28. April. Er lebe hoch! – wer denn ?
Der We ckbä >! Der Schwäbiſche Merkur bringt in einem Artikel
aus Baden die Aufforderung, es möge baldigst ein Reichsgeset zu
Stande gebracht werden, nach welchem die Regierungen verpflichtet
sein sollten, gegen ihre Kirche widerspenstige katholiſche Priester in
ihrem P fründeeinkommen auf's Nachdrücklichſte zu ſ<hützen. Es ſoll
alſo nach diesem Vorſchlage geradezu die Autorität und der Bestand
der kath. Kirche aufgehoben und vernichtet werden; die nämlichen
Zeitungen, die Solches aufnehmen, ſchämen sich dabei nicht, bei je-
der Grlegenheit zu betheuern, daß man gar nicht daran dente, die
Kirche als solche in irgend einer Weise anzutaſten, es sei vielmehr
eine „ultramontane Beſschwindlung des Volkes,“ wenn von unſerer
Seite der Ruf erhoben werde: „Die Religion iſt in Gefahr!“ Ja,
Angesichts der ganzen Zeitlage, Angesichts solcher Vorschläge rufen
wir den Katholiken zu: Hört, hört, Eure Religion iſt in
G e f a h r! Der Urheber jenes Vorschlags aber bedenkt nicht ein-
mal, welche Immoralität seiner Zumuthung an den Reichstag zu
Grunde liegt: die kath. Kirche soll ihre Prieſter heranbilden und
ihnen eine angesehene Stellung in der Welt verſchaffen, und diese
ſollen ſo lange heucheln, bis sie im Fette schwimmen,, worauf sie
die Maske abwerfen, der pflegenden Mutter einen Fußtritt geben,
gegen beſchworenen Eid ein Weib nehmen und dabei den Brodkorb
retten, den ihnen der Staat nun täglich zu füllen hätte. Ein Pfui
über ſolche Zumuthungen !

+ Mannheim, 28. April. In der gestrigen Sitzung der Straf-
kammer wurde Heinrich Roth, Mitarbeiter des hiesigen Tage-
blattes, wegen Ehrenkränkung und Verläumdung des Oberregiſseurs
Werther und der Hofſchauſpielerin Pini durch die Presſe zu eincr
Feſtungsſtrafe von 4 Monaten und zur Tragung der Koſten verur-
theilt.

.. Karlsruhe, 28. April. Für die Gültigkeit der Wahl des
Abg. Reichenſperger haben die Katholiken, die Conservativen, die Po-
len, ein Theil der Freiconservativen und sogar eine Reihe von Na-
tionalliberalen gestimmt, ja von Letzteren hat sogar Lasker da-
f ür geſprochen; dagegen stimmte Prinz Wilhelm von Baden für
die Verw erfu ng der Wahl. Dieses Votum an sich wundert uns
nicht und es fällt uns daher auch nicht im Entfernteſten ein, irgend
eine Bemerkung daran zu knüpfen ; diejenigen aber, welche im Bad.
Beobachter den Katholiken des Wahlkreiſes Karlsruhe-Bruchſal die
Versicherung gaben, sie könnten von ihrem kirchlichen Standpunkte
. aus mit beſtem Gewissen dem Prinzen ihre Stimmen geben und die
von unserem Widerſtand keine Notiz nahmen, möchten wir freund-
lichſt auf diese Thatſache aufmerksam machen. Nicht dem Prinzen-
Abgeordneten machen wir aus ſeiner Abstimmung irgend einen Vor-
wurf, denn seine kirchliche Politik iſt seit dem Jahre 1860 sich voll-
kommen gleich geblieben, er iſt es ja vorzugsweise, der der „neuen
Aera“ zum Durchbruch verholfen hat, wir haben daher seine Abſtim-
mung vollkommen natürlich und begreiflich gefunden; wohl aber
dürfen wir hoffen, daß ſolchen Thatſachen auch unſrerſeits künftig
ſtrikte Rechnung getragen werde und sollte auch der Herr Dberbür-
germeiſter Lauter noch ſo viele officielle oder auch nichtofficielle Schritte
zur Herbeiführung eines ihm genehmen Ergebniſſes zu thun ver-

ſuchen.

ts

Z Borberg, 27. April. Gegen die berühmt gewordenen hie-
sigen Vorfälle bei den Wahlen hatte Pfarrer Hemberger mit drei
Bürgern eine Beschwerde bei Großh. Ministerium des Innern ein-
gereicht, auf welche nunmehr folgender Bescheid ergangen iſt:

„Ministerium des Inneren.
Karlsruhe 13. April 1871. -
Die Reichstagswahlen und daz
Friedensfeſt in Boxberg betr.
Großh. Bezirksamt Boxberg wird beauftragt, dem dortigen kath.
Pfarrer Hemberger auf die von ihm und drei Bürgern der Stadt
Boxberg unter dem 4. d. M.'s unmnittelbar diesseits eingereichte
Vorstellung zu eröffnen, daß man sich zur Anordnung der beantrag-
ten commissariſchen Untersuchung nicht veranlaßt sehe, wegen der
Vorgänge bei der Reichstagswahl aber den Beſchwerdeführern über-
laſſen müſſe, sich mit ihren Anträgen an den Reichstag als an die
zuständige Behörde zu wenden.
Z. A. d. M.
Cron.“

Gegen Bürgermeister Arnold wird also keine Unterſuchung ein-
geleitet, obwohl er beſchuldigt iſt und dagegen auch nichts Stichhal-
tiges einzuwenden vermochte, auf's Gröbſte die Vorſchriften der Po-
lizei verlezt und nächtliche Ruhestörungen theils ſselbſt begangen,
theils veranlaßt zu haben. Wir wissen wohl, daß die oberſte Be-
hörde nicht nothwendig hat, ihre Gründe anzugeben, die sie zur Ver-
werfung des Gesuches der Beſchwerdeführer veranlaßt haven; da
aber dieser Fall in der badiſchen und außerbadiſchen Preſſe vielfach
gerechtes Aufsehen erregt hat, ſo hätten wir wohl annehmen dürfen,
daß statt des kurz abweisendes Bescheides : „man hat sich nicht ver-
anlaßt gesehen,“ mindestens eine motivirte Ablehnung erfolgt wäre.
So wie der Bescheid erfolgt iſt, wird er jedenfalls dazu beitragen,
der Preſſe Stoff zu mancherlei Erörterungen zu bieten, die dieses
Aufsehen noch vermehren dürften. [Es wird ohne Zweifel in der
außerbadiſchen Preſſe dafür geſorgt werden. D. R.]

Was den Reichstag betrifft, ſo haben wir unſrerſeits uns nicht
veranlaßt geſehen, Schritte bei demselben zu thun, weil Arnolds
Heldenthaten die Wahl Kettelers so wenig zu verhindern vermochten,
als die Bemühungen der Beamten; zudem könnten wir uns nicht
einmal denken, unter welcher Form diese Beſchwerde an den Reichs-
tag hätte gelangen sollen, da man uns doch nicht zumuthen kann,
gegen Kettelers Wahl zu protestiren, weil die Ge genpartei be-
ziehungsweiſe Bürgermeister Arnold ungesetzliche Schritte sich habe
zu Schulden kommen lasſen!! In der That, wir ſind außer Stande
die Incompetenzerklärung des Miniſteriums des Jnnern zu begreifen,
insbesondere aber hätten wir es im allseitigen Interesſe liegend er-
achtet, gegen Verleßzungen des Wahlgeſetzes einzuſchreiten, wie sie in
Boxberg mit dem größten Rechte vermuthet werden müssen.

Z Aus dem Gau. Warum werden die Zeitungen nicht re-
gelmäßig bei den Redactionen resp. Expeditionen beſtelltt, wenn der
Besteller vor Ablauf des Quartals und zwar 809.14 Tage vorher
die Zeitungsgebühren besorgt? Wir haben vom Redacteur einer
Zeitung einen Brief vor uns liegen, der sich auf ein Schreiben des
Beſtellers hin bitter beklagt und den Beweis liefert, daß von der
Poſt Lauda aus erſt am ?7. April die Bestellung gemacht wurde,
da der Besteller doch schon am 20. oder 24. März neu abonnirte.
An wem liegt die Schuld ? An der Expedition des Beſtellungsortes,
oder an der Poſt in Lauda? Wenn's vielleicht eine mißliebige Zei-
tung ſein sollte, ſo muß sie doch rechtzeitig geliefert werden, wenn sie
rechtzeitig beſtellt iſt, oder man wendet sich an die Oberpoſtbehörde.

/\ Aus der Taubergegend. Es wäre ſehr gerathen, wenn die
Bürgermeisterämter jener Örte, aus denen ſich Händler nach Frank-
ts Gul "Zr Es" tus" ghet

/ ., 2C. .



Er starrte sie wild und verwirrt an. ,„Jch bin ein elender, verworfener
Menſch ! rief er. Sie können mir nie, nie vergeben! Ich möchte in die Erde
verkriechen vor Ihnenl'

»tr t§'h;ttt"Öianßtt lu ut vate Ueince Briten r
Alles vorüber jetzt und wir wollen alles Vergangene vergessen.“

„Ich will Alles wieder gut machen ! rief er plötzlich und erhob sich haſtig.
Sie sollen meine Tochter sein, Sie sollen Alles haben, was Jhr Herz begehrt.
Ich will Ihnen und Leonhard das ganze Gut abtreten, ich will nichts behal-
ten, ich will nur von Eurer Gnade leben. Aber Ihr müßt mir versprechen,
daß Ihr mir vergebet, daß Ihr mir nicht nachtragt, wie ſchändlich ich an Euch
gehandelt habe. Kommt mit nach Menzingen, ich will gleit . ...

„Nach Menzingen? wiederholte Hermine unwillkürlich ſchaudernd ; nein,
nach Menzingen kann ich jet noch nicht gehen, mir graut zu sehr vor der
Küchensſtube. Ich kann die entsetzliche Nacht noch nicht vergessen.“

u hut U. SU.el! qu "t "ch E. rtl hett Epqin. otcſigus
daß eine Droſchke bestellt wird, damit wir wegfahren können und damit das
arme kleine Fräulein Ruhe bekommt und etwas Stärkendes, etwas zu eſſen
und zu trinken. So eine Geschichte, die macht marode, zum Beispiel. Der
Herr Präsident bietet ſeinen Wagen an: außerordentlich viel Ehre ! Komm,
kleine Anna, ich will dich auf den Arm nehmen, damit du nicht unter die
üße kommſt."
G u. müssen Sie ſelbſt behalten, ſagte er ſpäter am Abend, als sie
alle in seinem Hauſe in G. verſammelt waren und der reuige Heider ſeine
Verſprechungen vom ¡Morgen wiederholte. Sie sind noch zu jung, um ſich
ſchon auf den Altentheil sezen zu lassen. Wer weiß, ob Sie nicht noch einmal
heirathen, zum Beiſpiel. Na, na, werfen Sie das nur nicht so weit weg, wer





kann wissen, was geschieht! Aber wissen Sie was ? Das Gut am Rhein, wo
Herr Leonhard Adminiſtrator werden ſollte, will der Eigenthümer ja verkau-
fen. Das geben Sie hier unserm ſchönen Fräulein zum Hochzeitsgeſchenk ; Geld
haben Sie, alter Herr! Das iſt gewiß beſſer, als wenn zwei Herren in einem
Hauſe bleiben, zum Beiſpiel:

Zwei Herren (oder Frauen) in einem Haus,
Zwei Katen über eine Maus,

Zwei Hunde über ein Bein –~

Kommen ſelten überein.

Herr Spahn's Vorſchlag wurde ausgeführt. Wenn man von Bonn nach
Coblenz den Rhein hinauffährt, sſo ſieht man jenſeits Nonnenwerth, links, nicht
weit vom Ufer, ein freundliches, weißes Landhaus, von blühenden Gärten um-
geben, herüberſchimmern. Dort wohnen Leonhard und Hermine, so glücklich,
wie nur Liebende sein können, die erfahren haben, daß ſelbſt der Tod nicht so
mächtig iſt, wie ihre Treue. Die kleine Anna ist bei ihnen, wie sie es der ſter-
benden Mutter verſprochen haben. Der Reiſende, der an einem warmen Som-
mer abende im leichten Nachen sich von dem Strome treiben läßt, hört oft eine
süße Frauenstimme herüberklingen, welche das alte, ſchöne Lied ſingt :

Ein getreues Herz zu wiſſen,
Hat des höchſten Schatzes Preis,

Der iſt selig zu begrüßen,

Der ein solches Kleinod weiß.


 
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