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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0205

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. 206

nicht deßhalb um dem Schmuggel? zu begegnen, sondern weil Krank-
heitsſtoffe aller Art in jenen Geweben sitzen und bekantlich an
manchen Orten die Blattern nur in Folge des Verkaufs von sol-
chen Gegenständen ausgebrochen sind. Wir machen darauf aufmerk-
sam, weil das vorkömmt, dazein ſolcher Händler in ſeinem Eifer sich
verplappert hat.

y y! t Vat hiſthoſsgetst. Der Bote besprach neulich die Ver-
hältnisse jener Geiſtlichen, die Gott lieb hat und die deßwegen als
Gäste bei Meiſter Schmalhanns zuſehen können, wie sie fertig wer-
den, nämlich mit dem Bezahlen. Zu den weiteren Annehmlichkeiten
eines ſolchen Lebens der Verwesung gehört auch der leicht vorkom-
mende Fall, daß ein Verweser ein etwas verweſendes Haus bewohnt,
während laut Beſcheid § x auf den unzulänglichen Unterhaltungsfond
keine Ausgabe hiefür decretirt werden darf. Jn solchen Fällen ist
es dem Pfarrverweser natürlich unbenommen, ſich, wenn ein Stück
Decke herunterbricht oder auf dem Dache mehr Ziegel ſein sollten,
mit der für solche Vorſtellungen mehr empfindlichen, als empfäng-
lichen Gemeindeverwaltung ins Benehmen zu ſeten.

Einsender dieses, der in der Gegend wohnt, in welcher gutes
Buchenholz schon vor dem Verbrennen warm gibt, sintemal das Klaf-
ier 40 fl. koſtet, iſt übrigens in der ungewöhnlich günstigen Lage,
seinen Gehalt vom 1. December 1870 bis heute noch fordern zu
dürfen, da die Termine der Interkalarrechnung bereits künftigen
Martini fällig werden und sonach in der Kasse des Rechners kein
Geld nicht gedenken gedacht zu werden. Für ſolche Eventualitäten
empfehlen wir die bewährten amerikaniſchen Pumphbrunnen, die un-
fehlbar Waſſer geben, sobald man sich an der rechten Stelle befin-
det. Indeß, jurat socios habuisse malorum !

«l Vom Ocean diesſeits. Eine Behörde hat immer noch die
Pfründeobligationen in Händen, wahrscheinlich deshalb, damit den
Pfründen nichts verloren gehe. Ein Pfarrverweſer, der versett wird,
erhält nachträglich durch den Rechner noch Gehalt von seiner letzten
Stelle und zwar in Coupons, von denen beim Umwechſeln der Ban-
quier erklärt, die Obligation sei ſchon längst gezogen. Wie ſteht es
denn da? Iſt's Jrrthum oder Ueberſehen, oder was iſt's ?

r Aus dem Hinterlande. Der Oberamtmann Oſstner in
Boxberg hatte in verſchiedenen Wahlverſammlungen, aber notabene
nicht als Beamter, sondern nur als Bürger, zu Gunsten des Dr.
Herth an der Hand der Verfaſſungsparagraphen zu beweisen geſucht,
daß es ſich im Reichstage nicht um religiöſe Intereſſen handeln werde.
Die jüngsten Verhandlungen in Berlin liefern nun aber den glän-
zendſten Beweis, daß es um die Unfehlba rkeit der Herren Be-
amten- Bürger in politiſchen Dingen gar mißlich bestellt iſte. Was
! pt", lte. “icin Jrivcah vehuen ht Ut er Moth ms

eit zu helsen?

Müuchen. 27. April. Der italieniſche Gesandte, Marcheſe Mig-
liorati, wird von hier abberufen, vermuthlich wegen dcr bekannten
Vorgänge. [à la Stockach.]

München, 26. April. Daß ſich Hr. Stiftsprobſt v. Döll in-
ger ſo ohne weiteres den Folgen des Excommunications-Decretes
unterworfen hat und sich von jeder kirchlichen Handlung fern hält,
will unsern „Altkatholiken“ nicht gefallen. Sie hätten es weit lie-
ber gesehen, wenn der Excommunicirte in den dem kgl. Hofe ange-
hörenden Kirchen à la Renftle in Mering ſeine geistlichen Functio-
nen fortgeſezt und das erzbiſchöfliche Decret ganz ignorirt hätte, zu-
mal, wie man hört, die Höflinge ſelbſt dafür Sorge tragen wollten,
daß einem solchen Vorgehen von Seiten des Hofes kein Hinderniß
in den Weg gelegt worden wäre. Allein der cenſurirte Stiftspropſt
muß doch vermöge ſeiner wisſſenſchaftlichen Stellung noch mehr Ach-
tung vor der kirchlichen Autorität haben, als die in Theologie und
Staatskirchenrecht machenden „Notabeln“ des Muſeums. Ja, man
erzählt sich, daß Dr. v. Döllinger nach der Ueberreichung seiner für
ihn so verhängnißvoll gewordenen „Erklärung“ noch mehrere Tage
geſchwankt habe, ob er sich dem Urtheile der lehrenden Kirche unter-
werfen ſolle. Eine zwiſchen ihm und seinem Freunde, Dr. v. He-
fele, Biſchof von Rottenburg, in lettterer Zeit lebhaft geführte Cor-
reſpondenz, in welcher Letzterer seine inzwiſchen veröffentlichte Auf-
faſſung des Jnfalibillitäts-Dogma’'s an Hrn. v. Döllinger kund gab,
ſol auf das Gemüth des alten Gelehrten ſehr beſänftigend einge-
wirkt haben. Allein das Haupthinderniß der Unterwerfung lag für
ihn in dem Umſtande, daß er sich mit der Januspartei zu tief ein-
gelaſſen hatte, um, wie er meinte, ohne Schädigung an seiner wiſ-
ſenſchaftlichen Ehre diesen Schritt zu thun, welcher gewiß die größte
und schönste That seines Lebens gewesen wäre. Die schon vor Ostern
in den Lections-Catalog der Universität aufgenommene Anzeige über
kirchengeſchichtliche Vorträge im Sommerſemester durch Dr. v. Döl-
linger wurde indes von ihm ſelbſt zurückgezogen ; er wird diesen
Sommer über keine Vorlesungen halten. In seinem Jnſcriptionsbogen
waren bereits etwa fünfzehn ungariſche, polniſche rc. Studenten als Hörer
eingeſchrieben. Nicht so gefügig zeigt sich der junge Prof. Dr. Fri e dri ch,
welcher große Luſt hegt, in München den Meringer Scandal fortzusetzen.
Derselbe ſoll in der That an den Cultusminister das Anſuchen ge-
richtet haben, ihm die Erlaubniß des Meſſeleſens in der Allerheiligen Hof-
kirche zu ertheilen, weil der Erzbiſchof nicht befugt geweſen ſei,

ihn wegen Verweigerung der Annahme eines „neuen“ Dogma's,

deſſen Verkündigung der Staat selbſt unterſagt habe, zu excommu-
niciren. Was man doch unserm armen, ohnedies in der Sackgaſſe
sitzenden Cultusminister alles zumuthet! Zulett werden vielleicht die
„Alt-Katholiken“ des Muſeums von ihm auch noch verlangen, daß
er für die Priester ordinirt, weil sich kein Biſchof dazu hergibt. Der
Augsburger Moniteur des Fortſchritts verzeichnet heute wieder eine
Reihe von Gemeinden, die sich der Münchener Muſeums-Adresse an-
geſchloſſen haben sollen ; im Ganzen bis jetzt 42. Darunter befinden
ſich aber ſo unbedeutende Orte, daß es lächerlich iſt, hierauf ein
Gewicht zu legen. Außerdem aber wird nirgends gesagt, von wie
vielen oder wie wenigen Gemeindegliedern diese Adresse unterſchrieben
wurde, weil man sonst den angeblichen Werth derſelben abſchwächen
würde. Die Namen von zwei oder drei auch-katholiſchen Mitgliedern
reichen hin, um die ganze Gemeinde als eine anti-infallibilisſtisch ge-
ſinnte zu bezeichnen, wenn auch diese zwei oder drei vielleicht ſchon
Jahre hindurch keine Kirche mehr im Jnnern geſeßen hatten. Kann
und wird aber die Staatsregierung überhaupt dieſem Adreſſen-Schwin-
del irgend welchen Werth beilegen ? Trotz der eigenthümlichen Stel-
lung des Herrn v. Luß zu den Vorgängen in Mering glaubt kein
Vernünftiger daran. Höchstens kann sie zu jener unſchädlichen
Präventiv-Maßregel greifen, welche in den lezten Tagen die württem-
bergische Regierung gegen die keineswegs beabsichtigte Ausdehnung
der Beſchlüſſe des Vaticans auf das weltliche Gebiet ergreifen zu
müſſen geglaubt hat. Die massenhaften und entſchiedenen Ertlärungen
des Clerus von Nah und Fern für die Gültigkeit der Concilsbeſchlüſse,
wie sie jezt Tag für Tag in den katholiſchen Blättern zu leſen sind
müſſen für alle Regierungen ein nicht mißzuverstehender Wink ſein,
daß sie ſich nicht in Dinge einmiſchen, die rein kirchlicher Natur sind
und den Staat nichts angehen. Wer sich den Concils - Beſchlüſſen
nicht unterwerfen will, der soll die Kirche verlaſſen, deren Glauben
ihm unbequem iſt oder vernunftwidrig ſcheint. Diese Freiheit kann
ja keinem Menſchen vorenthalten werden. (K. Volks-Ztg.)

Nürnberg, 30. April. Trotz der ihm gewordenen Verweigerung
des Placet läßt der Erzbiſchof von Bamberg das Unfehlbarkeitsdogma
von der Kanzel proclamiren.

Berlin, 28. April. Die „Kreuzzeitung“ erfährt, daß über die
Badereiſe noch keine Bestimmung getroffen iſt, jedoch sei von Seiten
der Aerzte zuerſt Ems und darauf Gaſtein vorgeſchlagen. –~ Dem-
ſelben Blatte wird versichert, daß die vom Kaiſer, wie ein hieſiges
katholisches Blatt berichtete, einer katholiſchen Deputation ertheilte
Zusage, der Kaiſer werde nach Beendigung des Krieges gemeinſchaft-
lich mit andern Fürsten Schritte gegen die italieniſche Occupation
Roms thun, in solcher oder ähnlicher Form und Bestimmtheit vom
Kaiser nicht ertheilt worden jei, ſondern nur die allgemeine Bereit-
willigkeit verſichert wurde, die bezüglichen Verhältniſſe und Jnteres-
ſen s. Z. in Erwägung zu ziehen. Die „Krzztg.“ erfährt ferner,
daß die Truppenſendungen nach Frankreich in ſoweit wieder auſge-
nommen werden sollen, als es die dauernde Erhaltung der Schlag-
fertigkeit unserer dortigen mobilen Truppen bedingt.

Berlin, 28. April. Auf die vom Reichskanzler angeregte In-
terceſſion des Generals Fabrice zu Gunſten des Erzbiſchofs von Pa-

ris hat Cluſeret geantwortet, daß er die Freilaſſung deſſelben ſowie

der anderen verhafteten Geiſtlichen bei der Commune beantragen werde
und hoffe er, dieſelve angenommen zu ſehen.

A u s l a n d.
Folgende von Versailles eingelaufene Depeſche iſt vom Präfecten
des Var dem Seepräfecten in Toulon mitgetheilt worden :

Vertraulich. V erſailles, 24. April, 10 Uhr Morgens.
Garibaldi und desſen Söhne dürfen nicht in Frantreich eintreten.
Sind sie eingetreten, ſo laſſen Sie dieſelben verhaſten. Verſtändigen
Sie Sich zu dieſem Zwecke mit den Gerichtsbehörden, um die Aus-
führung dieſes Befehls sicher zu stellen. ~ Gez. General La Porterie.
Verſailles, 27. April. Jn der heutigen Sitzung der National-
verſammlung hielt Thiers eine längere Rede über die gegenwärtige
Lage. Der Redner erklärte, daß die Armee nunmehr gut organiſirt
ſei und die wirklichen Operationen gegen Fort Iſſy begonnen hätten,
beklagte die grauſame Nothwendigkeit des Kampfes, um die nationale
Einheit und wahre Freiheit zu vertheidigen, betonte, daß das Recht
auf Seite der Vertreter des Landes sei, und nahm die Versammlung
gegen die zahlreichen ihr gemachten Vorwürfe in Schutz, indem er
ſie als eine sehr liberale darſtellte. Thiers versichert ſchließlich, daß
Niemand den Untergang der Republik plane.

Verſailles, 29. April. Nationalverſammlung. Der Vorſchlag,
welcher Thiers ermächtigen soll, jedes Departement in Belagerungs-
zustand zu erklären, wurde mit großer Majorität angenommen.
Ein Angriff der Jnsſurgenten auf Moulin Pierre und die Batterie
zwiſchen Clamart und Chatillon wurde zurückgeſchlagen. I0ſy iſt
noch nicht genommen. Es wird zeitweilich bombardirt.

Rouen, 27. April. Der „Nouvelliſte“ schreibt, daß im deut-
schen Hauptquartier beabsichtigt werde, Fontainebleau wieder zu beſeten.
HPearis, 26. April. Gestern forderte der deutſche Commandant
die Räumung des von den Föderirten besetzten Saint Quents. Die
Commune gehorchte der Aufforderung, wie auch bei der Desarmi-
rung von Vincennes Die Pariser Journale versichern, daß in der
Tuilerienſtraße zwei Batterien errichtet ſeien und daß der Tuilerien:



palaſt in einen befestigten Plat umgewandelt werden ſolle.
 
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