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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.43884#0410

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» 410 -

sagen: „Den redlich Denkenden überlasse ich getrost das Urtheil,

ob ich recht und nach Pflicht gehandelt habe, wie es. einem Manne

ziemt.“ Ja, das hat der Verfaſſer gethan, – er hat gehandelt wie
es einem Manne ziemt, der obendrein den Namen Edelmann
führt.

; * Heidelberg, 1. Sept. Geſtern starb dahier einer der geach-
tetſten und biederſten Bürger unserer Stadt, Herr Joſeph Krauß,
im Alter von 80 Jahren. Derselbe war früher Kaufmann und
Chef eines der erſten Geſchäfte, in welchem er ſich durch raſtloſe und
umsichtige Thätigkeit ein großes Vermögen erworben hatte. Jm
öffentlichen Leben bekleidete Herr Krauß viele Jahre hindurch bis
in ſein höheres Alter das Amt eines Gemeinderaths und Mitgliedes
der katholiſchen Stiftungscommission; mehrere Jahre vertrat derselbe
auch unsere Stadt in der badiſchen Kammer. Herr Krauß war bis
in die lezte Zeit ein ſo geſunder, kräftiger Mann , daß Niemand,
der ihn nicht näher kannte, ein ſo hohes Alter bei ihm vorausgeſetzt
hätte. Alle seine Mitbürger werden dem Verstorbenen ein ehrendes
Andenken bewahren, ~ er ruhe in Frieden!

+ Maunheim, 1. Sept. Ihre Leser werden sich gewiß mit
uns erſtaunen, folgende ſchöne Stylproben der Badiſchen Landeszei-
tung kennen zu lernen, die sich in Folge der vielen ſstaatlich-kirchlichen
Conflicte jezt Alles gegen die katholiſche Kirche erlauben’ zu können
glaubt, um namentlich das badiſche Land, in welchem während dem
Kriege ein leidlich friedliches Verhältniß zwiſchen Staat und Kirche
und zwiſchen den Parteien obgewaltet hatte, von neuem in die ſchwer-
ſten Kämpfe hineinzuheßen. Ohne Rücksicht auf die ſchwere Kränkung,
die dadurch Tauſenden von treu an ihrem kirchlichen Oberhaupte
hängenden Katholiken bereitet wird, nennt ein Artikel der Badiſchen
Landeszeitung den Papſt einen „G öt en“ und die katholische Geiſt-
lichkeit eine „S <la nge n brut“. Da alle Verſuche, den Clerus
unseres Landes zur Treulosigkeit zu verführen, vollſtändig fehlgeſchla-
gen sind, glaubt sich die Landeszeitung auch dieſes Aeußerſte heraus-
nehmen zu dürfen. Wenn dieſelbe aber vollends behauptet, daß
allenthalben „Klagen über Mißbrauch und Entweihung der Kanzeln“
einliesen, ſo bedarf eine ſolche schwere Anklage nothwendig des Be-
weiſes; wo kommt das vor, fragen wir ! Aber die Landeszeitung
schweigt darüber, hat sie doch der Blamagen schon genug gehabt,
wenn man an die Lenderſchen und andere Controversen sich erinnert !
Kann es eine niedrigere Denunciation und Hetzerei nach Oben geben,
als wenn die Landeszeitung ausruft : „Wundern muß man sich über
die Langmuth, welche gegen das tolle Treiben dieſer Schlangenbrut
[kath. Clerus] geübt wird, die man groß gezogen und die jett ihre
ſeitherigen Wärter mit ihren giftigen Biſſen ängstigt!“ Wir rathen
dem Clerus, ein solches Wort sehr zu beherzigen, wenn's jettt an
die Wahlen geht. „Dir Störenfriede müsſen unschädlich gemacht
werden,“ heißt es weiter, ~ also deutlicher Hinweis auf Raſtatt
oder gar Bruchſal! Das Allerſchönſte aber iſt, daß die Katholiken,
die nicht der Werbetrommel eines Döllinger oder Renftle nachlaufen
wollen, von der Landeszeitung als „gemeingefährliche Ketzer“ bezeich-
net werden, ~- alſo Macklot und seine Correſpondenten als Keger-
richter, kann es einen köſtlicheren Anblick geben ! Hört Ihr's Katho-
liken von der Tauber bis zum Bodensee, nächstens wird eine große
Excommunicationsbule aus dem Büreau der Landeszeitung heraus
über Euch verhängt werden, ~ gebt also doch dieſer Anmaßung
einen gehörigen Denkzettel bei den Wahlen! Wenn aber die Lan-
deszeitung vollends dem Staate zu Gemüth führte, daß er aus
Gründen der Selbsterhaltung dieſe Ercommunication in die Hand
nehmen müsse, insofern er keinen „Selbſtmord“ begehen wolle, so
können wir uns eines Lächelns nicht erwähren, da uns ganz andere
Selbstmorde von Staaten bekannt sind, und da es überhaupt manche
Leute gibt, die meinen, daß es man ch e Staaten gibt, bei denen
überhaupt nichts mehr zu morden sei. Jhr müßt ,beseitigt" werden,
Ihr Katholiken, die Ihr noch treu an Kirche und Papſt hängt,
„und das hat“, ſagt die Base, „auf dem Wege der Gesetzgebung zu
geſchehen, indem man sie aus einer Gemeinſchaft ausschließt, deren
ſittlichem Geſsammtwillen sie sich nicht unterwerfen, sondern diesen
offen und frech verlegen.“ Nun, dumm genug ist's allerdings, daß
es der Amtsrichter Beck geschrieben haben könnte.

Aus der Pfalz, Ende Auguſt. Die „Rheinpfalz“ meldet:
„Nicht geringes Aufſehen erregt die vor 14 Tagen geſchehene heim-
liche Entfernung des langjährigen Hausvaters des protestantischen
Rettungshauſes in Haßloch, Gelbach, mit Zurücklaſſung seines Wei-
bes und einer großen Anzahl Kinder. Die Flucht wird mit Kassen-
deficit und ſelbſt Erpreſſungsverſuchen in Verbindung gebracht.“

München, 28. Aug. Dem ,Fränk. Voltsbl.“ wird von hier
geſchrieben: Die „Bewegung für katholiſche Reform“, wie der Döl-

lingerſchwindel sich jeßt umgetauft hat, iſt in den besten Händen, in

den Händen eines Zirngiebl. Ich glaube, es gäbe kein besſſeres Mittel,
dieſe „katholiſche Reformbewegung,, aus dem Leben zu ſchaffen, als
wenn man allen „Altkatholiken“ eine getreue Photographie dieses
HZirngiebl, eines körperlichen und geistigen Krüppels, zuſtellen würde.
Es iſt bezeichnend genug, da für diesen Schwindel ſich kein Menſch
mehr hergeben mag, daß ein Zirngiebl als Repräſentant herhalten
muß. Der Fall von Döüllinger bis Zirngiebl iſt ein Bischen
gar zu groß und ich meine, die Geſellſchaſt, in die Döllinger auf
diese Weiſe gekommen, muß ihm ſelbſt ein Bischen eigenthümlich er-





ſcheinen. Uebrigens ist ein neuer Kämpe für Döllinger auf den
Kampfplatz getreten, der einer nobleren Geſellſchaft angehört, das
iſt der kgl. preußiſche Geheimrath v. Waagen, der seit 1866 hier in
München sich aufhält, lange Zeit den Frommen ſpielte, sogar ins
Casino sich einzudrängen wußte, wo er stets Propaganda für Preußen
zu machen suchte, bis er endlich aus dem Casino ausgeſchloſſen wer-
den mußte. Er galt allgemein als preuß. Agent. Dieser Waagen,
der früher anonym gegen die „Ultramontanen“ ſchrieb und sich dabei
ſtets selbſt als „guten Katholiken“ bezeichnete, ist jezt offen hervor-
getreten, nennt die päpſtl. Unfehlbarkeit die große Häresie des 19.
Jahrhunderts, entpuppt ſich eben als das, wofür ihn die Meiſten
von jeher gehalten. Dagegen hat ein Protestant, Gymnaſsialassiſtent
A. Thenn, in einer kleinen Schrift einen dieser „altkatholiſchen“
Schwäter als unwissenden Knaben entlarvt. Die Schrift, die bei
Lentner hier zu haben iſt (6 kr.) heißt:
Otto von Leixner-Grünberg, religionsfortbildneriſchen Attache der
„Augsb. Allgem. Ztg.“ Wir wünſchten dieses Schriftchen in den Hän-
den aller Leſer der „A. Alg. Ztg.“, da würden sie ersehen, welch’
knabenhaft unwissende Leute an dieſem Weltblatte gegenwärtig
mitarbeilen. ;

München, 1. Sept. Durch königliche Entschließung d. d. Berg,
31. Auguſt, wird der Landtag auf den 29. September einberufen.

Aus Nassau, 31. Auguſt. Gutem Vernehmen nach wird auch
der Herr Biſchof von Limburg der Verſammlung in Ful da
beiwohnen. Vom Herrn Biſchof von O sna br ü, der gegenwär-
tig zum Curgebrauche in Ba d Ems weilt, dürfte daſſelbe anzuneh-
men sein, ſo daß wohl sämmtliche deutsche Biſchöfe dort zuſammen-
kommen werden. (K. V. Z.)

Lübeck, 31. Aug. Der volkswirthſchaftliche Congreß hat bezüg-
lich der Münzfrage folgende Resolution mit Einstimmigkeit angenom-
men: Dem Reichstag möge in der nächſten Session ein Gesetzent-
wurf zur Herstellung eines einheitlichen decimalen Münzſyſtems auf
Grundlage der reinen Goldwährung mit der Rechnungseinheit im
Werthe von 20 Silbergroſchen der gegenwärtigen Währung vorge-
legt werden. Die bisherigen Silbercourantmünzen werden successive
eingezogen, gelten aber bis auf Weiteres als gesetliche Zahlungs-
mittel. Die Ausprägung von Silbercourant findet nicht mehr statt.
Alle proviſoriſchen Maßregeln ohne Durchführung eines ganzen Re-
formplanes sind zu vermeiden.

Berlin, 31. Auguſt. Nachdem die „Nat. Ztg.“ vorgestern das
Glück gehabt hat, mit einer officiösen Mittheilung über die Ersetzung
des Grafen Walderſee durch den Grafen von Arnim erfreut zu wer-
den, beeilte sie sich geſtern, sich durch eine Notiz über die Affaire
Manteuffel, deren Ton ganz unzweifelhaft eine dem angegriffenen
General günstige Stimmung verräth, des Vorzuges würdig zu er-
scheinen. Leider hat sie aber, wie wir conſtatiren müssen, damit
ſelbſt bei ihren Parteigenoſſen wenig Glück gehabt; so wenig diese
auch Neigung haben, in dem Streit über den Geiſt und die Fähig-
keit des Generals von Manteuffel offen sich gegen denselben auszu-
ſprechen, ~ wie dies ja auch das beharrliche Schweigen der ,„Nat.
Ztg.“ in dieſer Angelegenheit bewiesen hat, ~ ſo haben ſie doch
noch weniger Gefallen daran, daß jetzt ihr Haupt- und Specialorgan
in dieſer Weiſe seine Leſer mit der ganzen Angelegenheit bekannt

macht. Uebrigens ſcheint die „Nat. Ztg.“, so gern sie auch officio.

ſen Mittheilungen ihre Spalten öffnet, und so sehr auch ihre ganze
Haltung der eines officiösen Organes, wenn nicht der preußiſchen
Regierung, so doch des Reichskanzleramtes entspricht, doch einige
Scheu zu haben, uls officiöſdßes Organ angeſehen zu werden, wenig-
ſtens schließen wir dies aus einem Artikel über die rumäniſche Ei-
ſenbahn- Angelegenheit, in welchem sie in ziemlich maßloſer Weiſe
den früheren Abgeordneten für Magdeburg, Hoppe, welcher in eini-
gen trefflichen Artikeln diese Angelegenheit beleuchtet und nachgewie-
ſen hat, daß die ganze Verantwortung die Concessionäre trifft, an-
greift, und ihn, der mit seinem Namen für das, was er gesagt hat,
eintritt, als einen officiöſen Schriftſtellee hinſtellt. Natürlich hütet
ſte sich, in ihrem Angriff zu sagen, daß Hoppe diese Artikel geschrie-
ben hat, da sich ſsſonſt wohl auch unter den Lesern der „Nat.
Ztg.“ kein Menſch finden würde, der nicht das Absurde dieser
Schmähung einſehen müßte. Wer den Artikel in der „Nat.
Zeitung“ geſchrieben hat, wissen wir natürlich nicht, und
wenn wir den Verfasſer auch nicht zu den Officiöſen rechnen wollen,
so möchten wir ihn doch denen beigesellen, welche, worauf wir vor
einigen Wochen schon aufmerkſam machten, bemüht sind, allen Zorn
der unglücklichen Obligationsbesißer auf die rumäniſche Regierung
zu lenken und so die Aufmerkſamkeit von denen, die eigentlich die
Hauptſchuld an dem finanziellen Unglück ſo vieler Tauſende tragen,
von den Concessionären, dem Herzog v. Ratibor, dem Herzog v. Ujest,
dem Grafen Lehndorff und dem Dr. Strousberg, möglichst abzu-
lenken. – Gestern Abend wurde mit ziemlicher Beſtimmtheit erzählt,
daß der General v. Benth ei m um seine Entlaſſung eingekommen
sei, und soll er sein Entlaſungsgeſuch nach Gaſtein gerichtet haben.
Die Nachricht erregt große Senſation. (Frkf. Ztg.)
Berlin, 1. September. Eine Correſpondenz der „Krzztg.“ aus
Wien glaubt, daß bei der Gaſteiner Besprechung auch die öſterreichi-
schen Beziehungen zu Rußland zur Sprache gekommen ſeien, und daß
wohl Anschauungen gewonnen wurden, welche zulaſſen würden, daß

„Offener Brief an Dr..
 
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