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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9503#0219

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8eiis 9

llnlerksItunA

_Vo!kgemelnlüiast^

Lam»t»g, »«» l>. Jail»»« 1SSI



Pettt ist ck EM«
Skizze von LtlharS ErtÄ Vauls

N>atÄrlich derrkt sich dcr Lcser ctwas dabci,
urrd Licsmal öcnkt er: Jst doch gut für das
armc Mädchen, daß cs endlich so gckommcn
ist. Aber wir müssen abwarten, wie cs wcitcr
geht. Es hat ja bvs gcnng angcfangcn, denn
dcr Fritz war freilich ein stattlichcr Bcngel,
und «s war wundcrschön, daß «r von den an-
dcrn Mädchen nschts wisscn wolltc. Abcr S c c -
mann war cr, deutschcr Sccmann und dic
saßen zu achtzig vom Hundcrt im Lande auf
dem Trockcncn und warcn arbcitslos. Der
Frih hattc nichts, und das Aennchen hattc ntcht
vtcl mehr.
Abcr Vater und Muttcr warcn sehr böse,
di« Muttcr noch mchr als dcr Vater, wic das
sitnd kam, cin klcincr Fritz, trotzdcm mit la-
chendcn Augen und strohhcllcm Haar, und
gönntcn dcm armcn Aennchen keinen gutcn
Tag mchr. Das war der Grund, warum sic
bald auch nicht cine Stunde länger im Eltcrn^
hause blciben wolltc, obwohl der Frost an dcn
Fcnsterscheiben klirrt« und dcr Schnee im
Dorfc trotz dcs hartcn Seewindes kniehoch
lag.
Der Frttz hatte «inen Arbettskamcradcn
vorgeschickt, «r wär« nun soweit, und bas
Acnnchen solltc mit dcm Jungcn kommen. Es
sei sreilich nichts mit der Decfahrt, aber am
Hasen blicbe «r, und «s sei einc Sachc zum
Vorwärtskommcn, und cr wartc, warte, und
gut solle stc's habcn.
Ach, der Schnec lag knietief und war zu
mannshohen Wehcn zusammcngetricben. Aenn-
Hen war die Stärkstc nicht, dafür hatte -cr
Funge, den sie trug, scin crfreuliches Gcwicht.
Still saß er auch nicht, sondcrn wipptc vor lan-
tcr Lust auf dcn Armcn dcr Muttcr und lachte
in den Frost und wcißcn Schne« hinaus.
Acnnchen hattc nicht vicl Zeug am Leibc,
und wenn die Schncckruste/unter ihrcn Fttßcn
einbrach, schmcrzten dic Beinc,' ein unbarm-
Herziger Novdost riß den kcuchcndcn Atem hin-
weg. Trotzdcm war Aennchen nach d«r crstcn
Wegstundc in hellcm Schweitz, und die Knic
zittcrtcn. Das geht bös aus, denkt -cr Lcscr.
Aber nein. J-st doch gut für Acnnchen, datz
dcr Peter sic überholtc. Er hat zwar nur ein
Pfcrd vorgespannt, und das arbcitct sich müh-
säm durch dic Schneewchen. Unö das Pfcrd-
Hen hat zwar nur cinen osfcnen Schlitten
ohne L«der und Decke hinter sich. Aber es ist
gut für -as klcine Frauchcn, daß cs nun fah-
ren kany. Der Petcr lnßr Aennchcn mitsah-
rcn, obwohl sic cinen Vüben auf dcm Arm
trägt odcr viclleicht geradc dcswcgen.
Der Junge schlicf dcnn auch bald ein, und
Acnnchen fror, und dann kam cine glattc
Straße, und das Pferdchen konnt« laufcn.
Der Petcr hatte zuerst nach dem Wohcr
und Wohin und Warum gcfragt, aber dann
war «r stillgcworden, und wcnn er nicht wie
dcr Jung« schlicf, dann döstc «r. Und Aenn-
chen fror. Aber sie war tapser, unö weil sic
fror, bachte sie nur an den Vuben, daß cr eben-
so frörc und wäre noch so cin kleincr Junge,
drciviertcl Jahrc alt. Darum zog Acnnchen
ihren Mantcl aus, und untcr dcm Mantel
hatte si« noch cin wollenes Tuch, abcr dar-
untcr bloß ein dttrftig dünncs Kleidchen. Unö
nun hüllte die tapfere kleine Muttcr ihrcn
Jungcn dicht in das wollene Tuch unö
wickelte ihn fcst in den Mantcl ein und lcgte
den Schlafendcn auf den Schoß und beugte
sich über ihn, datz ste den Wind abfinge. Und
nun wird öcr Lescr kaum «twas andcrcs
denken als: Das kann ja nicht gut gehen.
Peter dachtc ebenso, als er nach reichlich lan-
gem Dösen einmal aufwachtc. Er schrie dic
arme Kleine an, abcr sie hörte es nicht. Er
rüttelt« si« an den Schultcrn, abcr stc ließ
stch willenlos rütteln.
Was tu ich nun? dachtc der Pcter. Und
das barf doch nicht scin, datz ich cincn Men-
schen mitsahren und ihn dabei crfrieren lasse.
Aber dann nahm cr dem Aennchen den
FUngen vom Schoß Und lcgte öic fcst ein-
gcpackte Wickelpuppc auf den Boden des
Schlittcns. „Mein Kind!" stöhiitc die Muttcr.
„Mein Kind!" lallte sic. Unö dann hielt der
Pcter das Pferd an und nahm die Frau, hob
ste hoch, aus dem Schlitten heraus und stellte
sic in dcn Schnce. „Hü!" ricf öer Pctcr unü
brauchte die Peitsche, und das Pfcvdchcn trabtc
mit öem Schlitten davon. Das Aennchen aber
stand im Schnec.
Der Lesex denkt: Das gcht aber bös aus
für die arme klcine Frau, und dcr Peter ist
ein Grobiam Und das wärc noch sehr mildc
gedacht. Abcr ncin, das Aennchcn stand im
Schncc. „Mein Kind", schrie das Aennchen,
„mein Kind!" Unb strecktc beide Armc aus.
„Mcin Kind!" schrie cs verzweifelt und be-
gann zu taumeln, setzte cin Bein vor und
das andcre dazu und schwankte und ficl nicht.
„Mein Kind!" schric die Mutter und lies
hinter dem Schlitten her, lief aus Lcibes-
kräften, abcr der Percr, der cin Grobian war,
hörte nicht, gab dcm Pferdchen die Peitsche
und fuhr öavon. Die Mutter stürztc schreiend
hinter dem Schlitten hcr. Das daucrte cine
Viertelstunde. Der gefühllosc Mensch küm-
merte stch den Deuwel um dic Schrcte der
Mutter. Aber dann hielt cr das Pferdchen

am „Metn Ktnd!" schrie bte arme Mutter unb
riß das schlafcndc Bündel in ihre zittcrnden
Armc.
Peter tat unberührt: „Do", sagtc cr, „nun
crfrieren wir wohl ntcht mehr." Und cr licß
das Aennchen, öas ganz ermattet war, wie-
der neben sich sitzcn. Die eigenc dicke Woll-
jacke zwang er dcr kleincn Frau über. ES
wärc nun bloß noch cine kurzc Strccke, dann
kämen sie am Hascn an, öa würd« cs ihm
schon nicht mehr so sehr kalt werdcn. Er
könne sich ja cine Pfeife anzünden, sagte der
Petcr. Das Aennchen und der große Fritz,
als sie dann am Hascn warcn, wolltcn sich
vielmals bci dem Pcter bcdanken. Dcr abcr
brummtc irgendetwas und fuhr davon.

OMrelitzen. das Land der alten Leute
Ostpreußcn kann mtt Rccht daS Land dcr
altcn Lcute gcnannt wcrden, dcnn hicr woh-
ncn sowohl die ältcstc Frau, als auch dcr
älteste Mann Deutschlands. Jn Sonnen-
born im Kreisc Mohrungen lebt Frau Wil-
helmine Olschewski, geborenc Klein, dic nach
bcm Kirchenrcgistcr am 24. August 1831 in
Sonncnborn gcboren ivurdc, also in dicscm
Jahr ihrcn 1l>8. Geburtstag fcicrn kann. Der
ältest« Deutsche ist der im Altershcim in Nci-
denburg wohnendc Sadowski, der vor cinigcr
Zcit sein 110. Lcbensjahr vollcnden konntc.
33 VW SÄlrme verloren
Paris stellte fcst, daß im Laufe des Jahrcs
1985 in dcr Stadt insgesamt 38 000 Schirme
vcrqcsscn oder stchen gclasscn wurden. Nur
4000 rund verlangten dic Verlierer wieder zu-
rück.

Me ScheiistellW
Aeilere SMatengeWchle von Ernsi Dörr

Unsere M.G.-Komp>agnie bezog ein« sorgsam
ausgewählt« Stellung, in der uns die Schützen-
kompagnien uwseres Bataillons, untcrstützt von
eigenen l.M.E.'s und einigen schweren unserer
Kompagnie angreifen sollten. Der Gegner be-
fand sich noch in einer Entfernung von gut 2000
Metern. Wir hatten also Zsit, uns ohne Hast
auf den Angriff vorzubereiten. Unser l. M. E.
lag am weitesten links in ber Vertoldlgungsstel-
lung, es sollte später gegebenenfalls Stcllungs-
wech'el vornchmcn und den Angreifer von der
Flanke fassen. FLr die Verteidiger bestand der
Befehl, den Gegner so nahe wie möglich heran-
kommen zu lassen, um ihn dann stoßartig mit
den Garben der M.E.'s einzudecken uNd zu ver-
nichten. Wir fünf von unserer Eewehrbedie-
nung hatten vorher stundenlang am Eerät
scharf exerziert; jetzt wurden wir von den andern
fünf Kameraden unserer Eewchrbedienung ab-
gelöst und bildeten Reservebsdienung. Wächrend
des Eefechts hatten wir für Munitionsnachschub

und Kühlwasierersatz zu sorgen, im Bedarfsfalle
die am Eswehr arbeitende Mannschaft abzu-
lösen und uns im übrigen iNit dcm Gewehr 83
zu vertsidigen, soweit einzelne Schlltzen solche
mitführten.
Unerwartet gab unser Zugführer einen neuen
Befchl. Er lietz unser Ecwehr sofort eine gut
getarnte Flankenstellung beziehen, von wo aus
es Verwirrung in die Reihen der Angreifer
bringen sollte. Ein guter Esdanke.
Wir Rs'eroeschützen überlegten, ob wir un-
serm Gewehr sofort solgen oder noch warten soll-
ten, um nicht durch die foriwährende Bewegung
dem Feindc die neue Stellung des M.E.'s zu
verraten. Wir warteten also.
Allmählich konnie inan mit blotzem Auge
die sich langsam vorarbeitenden Schützenketten des
Eegners erkennen. Seine Maschinengewchre
hätten uns jetzt schon wirksam stören können,
wenn auch nicht mit stcher liegendcn Eariben,
denn unsere Stellung kannre er noch nicht ge-

Kilder des lages

Scherl Bilderdtenst
Jn der englischen Grafschaft Bcrks ereigncte stch am Mittwoch ein schweres Eisenbahn-
unglück. Ein Pcrsonenzug fuhr mit eincm Kohlenzug zusammen, wöbei dic drci ersten Wa-
gen des Personenzuges zertrümmert ivurdcu. Zwei Tote und 27 Bcrlctztc fordertc das Un-
glück.

Paul-Nipkow-Fernsehseuder wieder eröffuet.
Mittwoch abend wurde beim Paul-Nipkow-Fernschsend«r in Berlin daS regclmäßigc Fern»
seh-Programm wiedcr aufgenommen. / Unser Vild zeigt die Einschaltungsapparatur.

nau. Er tat aber nichts derartiges, anscheincnd
wollte er uns erst beschictzen, nachdem wir durch
Vefeuern seiner Schützenketten unsere Stellungen
verraten hatten.
Wir fllnf waren ein bitzchen zufammengerückt
und warteten die Dinge ab. D!e Stellung des
Anschlutzgewehrs rechts von uns konnten wir
gut erkcnnen, unser eigenes nicht mehr. das lag
gut 150 Meter entfernt von uns zwischen Ein-
sterbllschen und flachcn Hügeln. Sigentlich hät-
ten w!r nun folgen miisscn, aber es lag sich noch
so gut in der schönen Sonne, deren Strahlen
recht warm über unsere vorher beim Exerzierey
natz gewordenen Rllcken strichen ....
Wie es gekommen war, weitz niemand recht.
Zuerst hatten wir den heranrllckenden Eegner
ge-spannt beobachtet. Bis auf einmal unser
Dicker ein eintöniges Sägcgcräusch von sich gab.
So etwas steckt an. Noch einmal dämmerte in
unserm Hirn wobl der Cedanks auf: Wir müs-
sen zu unserm M.G.! A'ber was half das uns
müden Kriegern gegen die Allgewalt des SHla-
fes? Jnzwischen war der Herr Major zusam-
men mit unserm Häuptling prüfend vor der
Stellung entl-anggegangen. Man hatte unser
weit herausgczoaenes M.E. bemerkt, dann auch
unser Häuflein Rösexveschützen (glücklicherwe>ise
nicht deren Tätigkeit), und der Herr Major
hatte befrisdigt mit dem Kopf genickt und etwas
in sein Notizbuch geschrieben.
Plötzlich erwachen wir von einem wüsten
Eeschietze.. Die M.E.'s unserer Stellung häm-
mern, was die Schlösser hergeben. Der Eegner
ist auf 500 Meter heran. Nur unser M.E.
schweigt noch. Anscheinend soll es erst später
m!t Feuern einsetzen. Uber gerade, weil es
noch nicht in das Gefecht eingri^, dürfen wir
uns jetzt dorthin begeben. Auf diese Enrfernunz
wird jede SeitMärtsbswegung vom Eegner er-
kannt. Also einen Rahmen Platzpatronen ins
Schlotz und die einzelnen Schützen des Gegners
aufs Korn genommen!
Ein paar Minuten später setzt auch unser
M.E. ein. Der Gegner stutzt und vepsucht seit-
li-ch auszuweichen, ohne datz er dem Flawken-
feuer entkommt . . .
Kurze Zeit spätex wurde das Eefecht auf
Befehl des Bataillons-kommandeurs abgebro-
chen. Die Kompagnien sammelten sich und tra-
ten an, um die Kritik anzuhören. Der Mick,
mit dem uns unser nun a-uch eingetroffener Ee-
wehvführer empfing, lietz uns fünf nicht wohler
werden.
Der Herr Major beg-ann mit der Bespre-
chung. Er tadelte zunächst die Angreifer, die
nicht genügend Umficht und Ee'chicklichkeit ge-
zeigt hätten. Dagegen sei das Jnstellunggehen
und das ganze gefechtsmätzige Verhalten der
Verteidiger,. also unserer M.G.-Kom-pagnie. ta-
dellos gewesen. Einen Umstand, der im Lrnst-
falle dem Angreiser eine völlige Niederlage be-
reitet hätte, mllste er besonders erwähnen. Das
l.M.E. auf dem linken Flügel der Verteidi-
gungsstellung sei herausgezvgen und seitlich zum
Flankenbeschutz des Eegners bereitgestellt wor-
den, ein Umstand, der dem Angreifer deshaib
entgan-gen sein mochte, weil die alte M.E.-Slel-
lung mit Hilfe der Reserveschützen in eine
Scheinstellung umgewandelt worden sei. Dieie
Scheinstellung habe der Eegner für die wirkliche
gehalten, er sei also in sein Verderben gegan-
gen. 2m Ernstfalle wäre keiner der Angreifer
lebend oder unverletzt davongskommen . . .
Der Zugführer sah etwas verblüfft unsern
Unteroffizter an. Die'ser, nicht weniger er-
staunt, zuckte mit den Schultern, aber sein Ee-
sicht hellte sich ruckhaft auf. Und am Schlutz
der Anspr-ache flitzte unser kleiner Zugführer zu
uns heran, klopfte uns die Schultern und sagtr
strahlend: „Habt Ihr gut gemacht, Iungs!"
Nun — wo alles lobt, kann Karl allein nicht
hasten! Wir blähten unsere Hel-denbrust und
lietzen uns vom ganzen Bataillon bestaunen.
Wie es stch wirklich zutrug, weitz autzer un»
fünfen wahrscheinlich niemand. Doch ich wünschte,
unsere Vorgesetzten, besonders der Herr Major,
erführen auf diese Weife, datz wjr das d-amwlige
Eefecht „im Schlase" gewannen.

Krstzsr Er'M ker..Kluiien ^rauen"
Berlin, 16. Ian. Die Uraufführung des 2ac-
ques Feyder-Films „Die klugen Frauen" gestal.
tcte sich zu einem filmkünstlerischen und gesell«
schaftlichcn Ereignis ersten Ranges. Das in
deut'ch-französischer Gemeinschaftsarbeit in Pa-
ris entstand-ene Werk wurde mit stürmischem
Beifall auf-genommen. Die festliche Veranftal-
tung erhielt eine b-esondere Note durch die An-
wesenheit des Schutzherrn des d-eutschen Films,
Reichsminister Dr. Eoebbels, und des fran-<
zöstschen Botschafters Francois Poncet. Autzer-
dem bemerkte man in dem vollbesetzten Theater
Reichsminister Dr. Frank, Staatsfekretär
Funk, Milch, Lammers, Erauert und
Hierl, Gauleiter Vohle, Gauleiterstellvertre-
ter Eörlitzer, den Prästdenten der Deutsch-fran-
zösischen Gesellschaft von Arnim, Gen-eral Da-
luege, den Prästdenten der Reichsfilmkammer
Lehnich sowie zahlreiche weiter« Persönlichkei-
tsn von Partei und Staat.
Die reizvolle Geschichte von den klugen
Frauen der flandrischen Stadt Boom, die 1616
mit echt w-eiblicher Anmut ihre Stadt vor dcn
spanischen Eroberern retten und dadurch ihr»
feigen Männex beschämen, rief durch ihre vielen
lustigen Einfälle immer wieder herzhafte H«i<
terkeit hervor.

O
 
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