VM'sg ememsch ast
kjeidelberger
Eerlag und HerauSgeber: Derlag DoMgemeinschaft D.M.b.H, Heidelberg, Hauptstr. 126/ILg
^»nmielmnnmer 322». Schriftleitung: Lutherstr. »S. Fernruf 3746. Die .DollSgemeinichaft*
^lchetnt 7 mal wichentlich und kostet monatlich 1,70 RM.; bsi Trägcrzustellung zuzügl. 3S PI„
8 eob ach ter
bei Postzustellung zuzügl. 42 Pf. Jst di« Leitung LM Erlcheineu (auch durch höher» 1
derhindert, besteht k-in «lnspruch -uf Sntschädigung. «bbestellungen mtlsten »I» spätestrn, l»ä>»
für den folgendenMonat direkt betm Derlag eingereicht werden. NuSschl.GerichtSstand: Heidelber,
llvnnerstllg/Lreitag, den Kpril l8ZK
amilicllks VkliliillljikllllgsblllN!>ir 8ts»l8- gni! Oemginlle-Seliilnlell
Lreiverhauk 10 pfg., k. Zabrg./ Nr. gg/uui
kranralische Nntwart im Neiste aon Versailles
pariler phralen gegen Lie ehrlichen Lriedensvorlchlnge NLols ljitiers
Nem! Nein! Nein!
Die französtsche Antwort auf ben deutschen
vriedensplan und die Pariser Gegenvorschläge,
°ie am Mittwoch in Genf bekanntgegeben
^urdcn, werden nach sorgfältiger Prtisung
°urch die zuständigen Stellen des Reiches ihre
-«rdiente Erledigung finöen.
Ohne d-em Ergebnis öieser Prüfung vor-
dUgreisen, mutz jedoch schon heute festgestellt
^erden, daß die französische Antwort zu den
d a u e rl i ch ste n und bede n k l i ch ste n
^okumenten der an ähnlichen Schrift-
uücken keineswegs armen Nachkriegsgeschichte
^uropas gehört.
Es lohnt sich gar nicht, auf öie Einzelheiten
^eses Erzeugnisses des Versailler
^eist'es näher einzugehen. Es ist nur eine
bedauerliche Pflicht, festzustellen, daß die an-
vebltch „vom Volkswillen getragene" franzö-
usche Regierung seit 1818 alles vergessen
Und nichts hinzugelernt hat.
Jn jeder dritten Aoile erscheinen da die
ESorstL Frieden und Gleichhett, äber der
^etst, m dem si« gemeint sind, macht «rkenn-
däß Mirter „Frieden" Frankreichs
^orherrschast, daß irnter „Sicherheir"
D«UtschlandS Unterürückung u-nd
MltnKerberechtigung verstanden wer-
^U Umß.
All« alten Lädenhüter -der fran-zösischen Po-
'ttiik sei't 1918 evleben in diesem DokU'ment ihre
^uehr oder mrnider ,/bodeutis'ame" Wroöeranf-
^rsieh-ung. Dane>ben wuchert ein Geist des
^urtztrauens gegenllber den ehrl'i'Hen
8roßz.üaig,cn Vorschläge des Führcrs, ein
^erst des Mrßtvairens, der selbst vor der Ver-
^rehnng der dentschen FriedenspWne 'in i'hr
^rgenteHl und vor der Verlenmdnng ehrlich-
uer und klar ansgesprochener Wbsichten nicht
»Urückschreckt.
. Wenn schließlich öie Regierung Sarraut
r°gar dazu übergeht, zu behaupten, die Ent-
^ilitarisierung des Rhernlandes sei ersolgt, u m
^uropa gegen n e u ebeutsche Unter -
hmnngen zu schütze n, so ist eine solche
^eststellung in einem amtlichcn diplomatischen
^chriftsiück, das vorgibt, dem Frieden dienen
wollcn, ebenso ungcwöhnlich wie unerträg-
Gleichermaßen unangebracht ist insgesamt
"er Ton dieser Nrte, der verstärkt durch eine
^aßime Selbstiiberschätzung und juristischen
^ufehlbarkeitsdünkel dcn Gebanken auf-
dwingt, daß Frankreich, oder sagen wir ge-
"auer, dte sranzöftsche Regtevuirg, die Rolle
^ner Gouvernante zumindest ganz Europas
"eansprucht.
. Was die Pariser Gegenvorschläge anlangt,
»6 sie zunjeist höchst unbestimmt. Dort
ber, wo sie klar erkcnnbar sind, sind es längst
^isteniein abgelehnte Pläne, wie öie berühmte
...a l k e r b u n d s a r m e e, die in großen eng-
i'Ichen Vlä'ttern nur noch dcn K'ari'katuristen
ankbaren Stoff bieten.
. Aus jeder Zeile dcr französi'chen Dokumente
^icht das ewige Pariser Nein, das wir
un von Tlemenceau über Barthou bis zu dem
E°ar voreiligen Nein Flandins in London zu
^ren gemohnt sind.
. Wenn Herr Flandin schließlich als Wirr-
ichaftstheoretiker Europa mit einem nichr eben
.ruen wirtschaftlichen Weltbeglückungsplaa zu
u^rraschen gedachte, so ist Zurückhaltung am
/'iatze, da seine wirtschaftspolitischen Mißersolge
u Frankreich keineswegs zur Uebertragung sei-
„Erkcn'ntnisse" aus Europa anretzen.
^ Zum Schluß bleibt nur festzustellen: Mit dem
Mtjehx^ Reich kann man in dieser Ton-art,
Genf, 8. April. Die französische Abord-
«nng hat am Mittnwch i« Ge«f folgende
Schriftstücke verössentlicht:
1. Ei» Memorandum an bi« e«s»
lische Regieruug, mori« die fra«zösische
Regieruug z« dem deutsche« Friedenspla«
vom 1. April Stellnng «immt. Dicses Memo-
randum wurde auch der italieuischen ««b der
belgischen Regicrnng mitgeteilt?
2. eine« Plan, in dem die sranzösische
Regiernng ihre Ansichte» Lber die Festignng
des Friedens Europas darlegt. Der Pla«
bezieht sich ans den Ansbau -er kollektive»
Sicherheit, die gegenseitige Hilseleiftnng» -ie
Herabsetznng dcr Rüstnngen sowie eine wirt»
schaftliche «nd finanzielle Organisatio» tm
Nahmen des Völkerbnndes uuter besonderer
Berückstchtiguug der Bedürfniffe der enro»
päische« Staate«. Dieser Pla« ist an
die drei Restlocarnomächte gerichtet. Außer»
dem werde« Flandin «nd Panl-Bon»
conr den Vertreter« dieser drei Mächte di«
Anffaflnng der französtschen Regiernng über
die Beschlüffe darlegen, die „ans Grnnd der
letzte» Londoncr Besprechnnge« die Haltnng
der dentschen Regiernng gegeuüber de» Be-
stimmnnge« der Bereinbarnng oom 19. MLrz
»otwendig mache."
Lie französische Lenbschrist im Mortiaut
Die französische Denkschrift zu dem deut-
schen Friedensplan vom 81. März hat — nach
einer formalen Einleitung — folgenden Wort-
laut:
I. Am Tage nach der Zurückwetsung der
frei und feierlich in Locarno eingegangenen
oder erneuerten Verpflichtungen durch -as
Neich, und auf Grund des Einrückens von
Streitkräfteu in die entmilitarisiert« Zon«,
wär« die Regierung der Republik berechtigt
gewesen, unverzüglich di« geeigneten Matz-
nahmen zu ergreisen, um öie Rechtslag«
wiederherzustellen und dcn „f e i nd s« l i ge w
A k t" zu ahnden, den die deutsche Jnitiative
darstellte,- in dem Bestvoben, Europa neue
Gefahren und Verwicklungen zu ersparen, hat
si« es nicht getan. Sie hat zunächst den Völ-
kerbundsrat ersucht, die begangene Zuwider-
handlung gegen den Vertrag sestzustellen.
Gleichzeitig hat ste in den B-esprechungen, die
vom 12. bis 19. März mit den Vertretern der
anöeren Locarnomächte geführt wuvden, ver-
sucht, die Möglichkeiten einer gütlichen Lösnng
zu wahren.
Die Vereinbarung, die aus diesen
Vesprechungen hervorgegangen sind, beweist
auf Seiten der vier vertretenen Regierungen
das Bestreben, öen berechtigten Empfindlich-
keiten Deutschlands weitgehend Rechnung zu
tragen. Die de>ut>sche Rogierung letznt nichts-
destoweniger die Vorschläge vom 19. März als
eine Beeinträchtigung der Ehre des
deutschen Volkes und 'als eine Verweige-
rung der Gleichberechtigung ab.
Niemand bedrotzt inöessen die Unabhängig-
keit des deutschen Volkes. Niemand verweigert
ihm die Gleichberechtigung. Niemanü denkt
daran, seine Ehre zu beeinträchtigen: ES
mühte denn sein, daß «s einen Anschlag auf
di« Ehr« eines VolkeS darstellt, wenn man
dieses Volk an di« Achtung der Ver-
träg« al» Grundvegtl -er internationaleu
Bezichungen erinnert — eine Grundregel»
der stch di« deutsch« Regierung obenso wenig
wi« ivgendeine ander« mit der Behauptnng
«ntztehen kann, daß di«se oder jene Ber-
pflichtung rhve Freiheit oder thre Unabhän-
gigkeit behindeve, oder daß diese oder jene
Verpflichtung nach ihrem etgenen AnSdruck
vom deutschen Volke nicht mehr „geduldet"
werde.
„Um Sie Zusammenarbeit zwischen d«n
Nationen zu fördern ober um ihn«n -en
Frieiden und di« Sicherheit -u garantieren",
so heißt «s in der Einleitung zum Bölker-
bunöspakt, „rst es notwendig, .... alle ver-
traglichen Verpflichtungen gewiffenhaft zu ach-
ten". Wird die Reichsregierung, die ihre Ab-
stcht zur Rückkehr in den Völkerbund mitteilt,
bei dieser Gelegenheit verlangen, datz öieser
Wortlaut revidiert werde, um ihren Auf-
faffungen gerecht zu werden? Soll man
künftig an Stelle dieses Wortlautes einfügen,
daß die angeführte Regel da aushört, wo für
jedes Volk ein „Lebensrecht", über das es
allein zu bestimmen hätte, ansängt?
jlaragraptien gegen lebensrecht
^iin
l^lbst in Fraiikreich eine sehr geteilte Zu-
t"ung findet, nicht reden.
8-K.
H. Die deutsche Regierung, die in dieser
Weise sich über die wesentlichen Grundsätze
des internationalen Rechts hinweggesetzt hat,
hat in ihrem Memoran-um ebenso wenig der
Geschichte Rechnung getragen. Nach ihrer Dar-
stellung sollen die E n t m i l i t a r i s ie r u n g s-
bestimmungen für das Rheinland in
Widerspruch zu den Grundlagen stehen, auf
denen öer Friede abgeschlossen wnrde, unö
den Verpflichtungen widersprechen, die im
Augenblick des Wasfenstillstands übsrnommen
wurdcn. Diese Behauptungen beruhen weder
unmittelbar noch mittelbar auf irgendeiner
Grundlage. Die Entmilitarisierung des Rtzein-
lanöes war nichts anderes, als «ine Sicher-
heitsgarantie, die Europa gegen
neue Unternehmungen Deutsch-
lands gegeben wurde. Sie verletzte
kcinen der in dcn 14 Punkten des Prästdenten
Wilson enthaltenen Grundsätze:
Wcnn es anders gewesen wäre, so hätte die
deutsche Delegation in Versailles
nicht verfehlt, es zu behaupten. Unter den Be-
stimmungen des Friedensvertrages gehören
die Entmilitarisicrnngsbestimmungen zu den
wenigen, ^ gegen die im Verlauie der Ver-
handlnngen die Vertreter Deurschlands ln
kcinem Augenblick irgendeinen Protest er-
hoben haben.
Was den Locarnovertrag anbetrifft,
so möchte man jetzt öie Meinung zur Geltung
bringen, l^aß er unter dem Zwang, der Ruhr-
besetzung ausgehandelt woröen sei. Die Ruhr
war geräumt, ehe die Verhandlungen auch nur
in Aussicht genommen waren. Tatsächlich hatte
der Rheinpakt das Ziel, in Westeuropa auf der
Grundlage der Achtung freiwillig eingegange-
ner Verpflichtungen eine neue Lage zu schas-
fen: und die Verhandlungen über ihn sind von
der deutschen Rcgierung selbst herbeigeführt
worden, die darin eine Sicherheitsgarantie für
die Westgrenze des Reiches suchte. Das Frie-
denSpfand daS Deutschlanö im Austausch da-
gegen beisteuerte, war die freiwillige Aner-
kennung der entmilitarisierten Zone. Der Ver-
trag von Locarno bildete öie festeste Grundlage
des Friedens im Westen. Diese Gtundlage hat
die Politik öes Reichcs bedenkenlos zerstört.
Zur Unterstütznng eines Standpnnktes, der
von den Taliachcn überlebt wird, glaubt das
deutiche Memorandum eine neue juristische
Theorie anführen zu können: Keine Natio«
könnte freiwillig» ohne änßcren Druck, anf
ihre souveränen Rechte verzichten: -e» Ent-
militarisiernngsbestimmnnge« liege der Zwaug
der Notwendigkeit zugrnnde. Und auch der
Locarnovertrag, obwohl er unter Bedingun-
gen öer Freiheit und Gleichheit abgeschlossen
sei, könnte kkinen geheiligten Charakter haben,
da er Bestimmungcn wieder ausgreife, die be-
reits in cinem au' Grund einer Niederlage
abgcschlossenen Vertrag enthalten seien.
Hier trirt tn seiner vollen Schwere der selt-
same Anspruch Deutschlanös hervpr, deffen
Tragweite Europa wohl abwägen Mutz: Be-
HSlt sich Deuischland vor, soweit öie Abgren-
zung der Hoheitsgcbiete in Europa fich an<
Len Verträgen von 1919 ergibt, diese ganz«
Regelnng wieder in Frage zu stellen, gleich-
vtel welche Bekräftigungen auch seit dem Frie-
öensschluß hinzugekommen sein mögen? Wa»
bedentet es daher, wenn die deutsche Regie-
rung erklärt, daß sie keinen territorialen Ehr-
geiz mehr hege: was bedeutei es, wenn sieihre«
Willen verkündet, öie Grenzen zu achten, wena
ste stch schon jetzt die Möglichkeit gewahrt hat,
eines Tages zu behaupten, daß die von ihr
freiwillig gegebene Vestätigung nicht di« Wir»
kung haben könnte, den ursprünglichen Cha-
rakter öes Gebietsverzichts, aus dem dies«
Grenzen hervorgegangen stnd, zu Sndern, und
daß dieser Derzicht unter äußerem Druck ode«
unter dem Zwang der Notwendigkeit znge-
stanöen woröen sei?
Muß man daraus nicht schlietzen, daß Deutsch-
land auf Grund öieser neuen Rechtsbasts, di«
ernem noch nicht verösfentlichten internationa-
len Recht entnommen ist, morgen das Statut
von Danzig, von Memel, von Oester-
reich in Frage stellen könnte, oder öaß c»
dtese oder jen« Grenzrevision in Europa, üies«
oder jene Zurückgabe Leutscher Kolonialgebiet«
»«rlangen wird?
Di« frarrzostsche Regievung glaudt, daß all«
-iesr Fragen der R«ichSr«giernng klarg«st«llt
w«rden müffen nnd -atz diese jedenfallS klar
-arauf antworten wuß, da kein FriedenSplan
auf einer für bie Aufrechterhaltung ö«S Frte-
denS so gefährlichen Zweideutigkeit aufgebant
werden kann.
Verteidigung
Les Sowjetpabtes
IH. Man könnte es stch versagen, auf di«
Argumente juristischer Art ernzuge-
hen, mit denen die deutsche Regierung ihr«u
Schritt vom 7. März rechtsertigen will. Diese
Argumente sind übrigens wieöerholt wiöer-
legt worden. Was öas Reich auch immer be-
haupten mag, öie Tatsache bleibt bestehen, batz
kein« öer anöeken Locarnomächte jemals an-
erkannt hat, daß der f r a n z ö si s ch - r us-
sische P a k t mit diesem Vertrag unverein-
bar sei. Es bleibt auch bestehen, daß Deutsch-
land geglaubt hat, stch zum Richter in eigener
Sache auftverfen zu können, während öer Der-
trag ausdrücklich für den Fall von Meinungs-
verschiedenheiten ein Schieds- oder Schlich-
tungsverfahren vorgesehen hatte. Schließlich
bleibt auch die Feststellung des Völkerbunds-
rates bestehen. Jnöem das Reich autzerdem
nochmals die Befaffung des Jnternationalen
Gerichtshofes mit seinem Anspruch ablehnt,
gesteht es die Schwäche seiner juristischen Be-
weisführung ein: Deutschland will nicht nach
dem Haag gehen, weil es weitz, datz der Ge-
richtshof die deutsche Auffaffung abweisen
mützte
IV. So ernst die am 7. März entstandene
Lage anch war, so hatte sie doch die Locarno-
mächte nicht von einer Politik der Mäßigung
abg-bracht. Jhre Regierungen waren bereit,
mit Deutschland ein neuesStatut für
das Rheinland zu suchen: ste waren be-
reit, in großangelegte Verhandlungen einzu-
treten, um die Probleme zu rcgeln, die mit der
Sichcrheit Westeuropas verbunden finb, und
um dre Gesamtheit des europäischen Friedens
auf ioliden Grundlagen aufzubauen. Auf der
Grundlage der „vollendetenTatsache"
war ein solches Derhandeln aber unmöglich.
Unter äußerster Einschränkung ihrer legitim-
sten Forderungen haben die vier Regierungcn
von Deutschland ledtglich die notwendige
„Geste" verlangt, damit die vorläufigen Lö-
sungen zur Wiederherstellung des von ihm so
schwer erschütterten Vertranens eintreten
könnten, Sie forderten es auf, die Souve-
ränitätdesinternationalenRechtS
dadurch anzuerkennen, öaß es mit seinen An-
sprüchen vor den Haager Gerichtshof ginge,
ferner anzuerkennen, datz die Rheinlanüfraae
kjeidelberger
Eerlag und HerauSgeber: Derlag DoMgemeinschaft D.M.b.H, Heidelberg, Hauptstr. 126/ILg
^»nmielmnnmer 322». Schriftleitung: Lutherstr. »S. Fernruf 3746. Die .DollSgemeinichaft*
^lchetnt 7 mal wichentlich und kostet monatlich 1,70 RM.; bsi Trägcrzustellung zuzügl. 3S PI„
8 eob ach ter
bei Postzustellung zuzügl. 42 Pf. Jst di« Leitung LM Erlcheineu (auch durch höher» 1
derhindert, besteht k-in «lnspruch -uf Sntschädigung. «bbestellungen mtlsten »I» spätestrn, l»ä>»
für den folgendenMonat direkt betm Derlag eingereicht werden. NuSschl.GerichtSstand: Heidelber,
llvnnerstllg/Lreitag, den Kpril l8ZK
amilicllks VkliliillljikllllgsblllN!>ir 8ts»l8- gni! Oemginlle-Seliilnlell
Lreiverhauk 10 pfg., k. Zabrg./ Nr. gg/uui
kranralische Nntwart im Neiste aon Versailles
pariler phralen gegen Lie ehrlichen Lriedensvorlchlnge NLols ljitiers
Nem! Nein! Nein!
Die französtsche Antwort auf ben deutschen
vriedensplan und die Pariser Gegenvorschläge,
°ie am Mittwoch in Genf bekanntgegeben
^urdcn, werden nach sorgfältiger Prtisung
°urch die zuständigen Stellen des Reiches ihre
-«rdiente Erledigung finöen.
Ohne d-em Ergebnis öieser Prüfung vor-
dUgreisen, mutz jedoch schon heute festgestellt
^erden, daß die französische Antwort zu den
d a u e rl i ch ste n und bede n k l i ch ste n
^okumenten der an ähnlichen Schrift-
uücken keineswegs armen Nachkriegsgeschichte
^uropas gehört.
Es lohnt sich gar nicht, auf öie Einzelheiten
^eses Erzeugnisses des Versailler
^eist'es näher einzugehen. Es ist nur eine
bedauerliche Pflicht, festzustellen, daß die an-
vebltch „vom Volkswillen getragene" franzö-
usche Regierung seit 1818 alles vergessen
Und nichts hinzugelernt hat.
Jn jeder dritten Aoile erscheinen da die
ESorstL Frieden und Gleichhett, äber der
^etst, m dem si« gemeint sind, macht «rkenn-
däß Mirter „Frieden" Frankreichs
^orherrschast, daß irnter „Sicherheir"
D«UtschlandS Unterürückung u-nd
MltnKerberechtigung verstanden wer-
^U Umß.
All« alten Lädenhüter -der fran-zösischen Po-
'ttiik sei't 1918 evleben in diesem DokU'ment ihre
^uehr oder mrnider ,/bodeutis'ame" Wroöeranf-
^rsieh-ung. Dane>ben wuchert ein Geist des
^urtztrauens gegenllber den ehrl'i'Hen
8roßz.üaig,cn Vorschläge des Führcrs, ein
^erst des Mrßtvairens, der selbst vor der Ver-
^rehnng der dentschen FriedenspWne 'in i'hr
^rgenteHl und vor der Verlenmdnng ehrlich-
uer und klar ansgesprochener Wbsichten nicht
»Urückschreckt.
. Wenn schließlich öie Regierung Sarraut
r°gar dazu übergeht, zu behaupten, die Ent-
^ilitarisierung des Rhernlandes sei ersolgt, u m
^uropa gegen n e u ebeutsche Unter -
hmnngen zu schütze n, so ist eine solche
^eststellung in einem amtlichcn diplomatischen
^chriftsiück, das vorgibt, dem Frieden dienen
wollcn, ebenso ungcwöhnlich wie unerträg-
Gleichermaßen unangebracht ist insgesamt
"er Ton dieser Nrte, der verstärkt durch eine
^aßime Selbstiiberschätzung und juristischen
^ufehlbarkeitsdünkel dcn Gebanken auf-
dwingt, daß Frankreich, oder sagen wir ge-
"auer, dte sranzöftsche Regtevuirg, die Rolle
^ner Gouvernante zumindest ganz Europas
"eansprucht.
. Was die Pariser Gegenvorschläge anlangt,
»6 sie zunjeist höchst unbestimmt. Dort
ber, wo sie klar erkcnnbar sind, sind es längst
^isteniein abgelehnte Pläne, wie öie berühmte
...a l k e r b u n d s a r m e e, die in großen eng-
i'Ichen Vlä'ttern nur noch dcn K'ari'katuristen
ankbaren Stoff bieten.
. Aus jeder Zeile dcr französi'chen Dokumente
^icht das ewige Pariser Nein, das wir
un von Tlemenceau über Barthou bis zu dem
E°ar voreiligen Nein Flandins in London zu
^ren gemohnt sind.
. Wenn Herr Flandin schließlich als Wirr-
ichaftstheoretiker Europa mit einem nichr eben
.ruen wirtschaftlichen Weltbeglückungsplaa zu
u^rraschen gedachte, so ist Zurückhaltung am
/'iatze, da seine wirtschaftspolitischen Mißersolge
u Frankreich keineswegs zur Uebertragung sei-
„Erkcn'ntnisse" aus Europa anretzen.
^ Zum Schluß bleibt nur festzustellen: Mit dem
Mtjehx^ Reich kann man in dieser Ton-art,
Genf, 8. April. Die französische Abord-
«nng hat am Mittnwch i« Ge«f folgende
Schriftstücke verössentlicht:
1. Ei» Memorandum an bi« e«s»
lische Regieruug, mori« die fra«zösische
Regieruug z« dem deutsche« Friedenspla«
vom 1. April Stellnng «immt. Dicses Memo-
randum wurde auch der italieuischen ««b der
belgischen Regicrnng mitgeteilt?
2. eine« Plan, in dem die sranzösische
Regiernng ihre Ansichte» Lber die Festignng
des Friedens Europas darlegt. Der Pla«
bezieht sich ans den Ansbau -er kollektive»
Sicherheit, die gegenseitige Hilseleiftnng» -ie
Herabsetznng dcr Rüstnngen sowie eine wirt»
schaftliche «nd finanzielle Organisatio» tm
Nahmen des Völkerbnndes uuter besonderer
Berückstchtiguug der Bedürfniffe der enro»
päische« Staate«. Dieser Pla« ist an
die drei Restlocarnomächte gerichtet. Außer»
dem werde« Flandin «nd Panl-Bon»
conr den Vertreter« dieser drei Mächte di«
Anffaflnng der französtschen Regiernng über
die Beschlüffe darlegen, die „ans Grnnd der
letzte» Londoncr Besprechnnge« die Haltnng
der dentschen Regiernng gegeuüber de» Be-
stimmnnge« der Bereinbarnng oom 19. MLrz
»otwendig mache."
Lie französische Lenbschrist im Mortiaut
Die französische Denkschrift zu dem deut-
schen Friedensplan vom 81. März hat — nach
einer formalen Einleitung — folgenden Wort-
laut:
I. Am Tage nach der Zurückwetsung der
frei und feierlich in Locarno eingegangenen
oder erneuerten Verpflichtungen durch -as
Neich, und auf Grund des Einrückens von
Streitkräfteu in die entmilitarisiert« Zon«,
wär« die Regierung der Republik berechtigt
gewesen, unverzüglich di« geeigneten Matz-
nahmen zu ergreisen, um öie Rechtslag«
wiederherzustellen und dcn „f e i nd s« l i ge w
A k t" zu ahnden, den die deutsche Jnitiative
darstellte,- in dem Bestvoben, Europa neue
Gefahren und Verwicklungen zu ersparen, hat
si« es nicht getan. Sie hat zunächst den Völ-
kerbundsrat ersucht, die begangene Zuwider-
handlung gegen den Vertrag sestzustellen.
Gleichzeitig hat ste in den B-esprechungen, die
vom 12. bis 19. März mit den Vertretern der
anöeren Locarnomächte geführt wuvden, ver-
sucht, die Möglichkeiten einer gütlichen Lösnng
zu wahren.
Die Vereinbarung, die aus diesen
Vesprechungen hervorgegangen sind, beweist
auf Seiten der vier vertretenen Regierungen
das Bestreben, öen berechtigten Empfindlich-
keiten Deutschlands weitgehend Rechnung zu
tragen. Die de>ut>sche Rogierung letznt nichts-
destoweniger die Vorschläge vom 19. März als
eine Beeinträchtigung der Ehre des
deutschen Volkes und 'als eine Verweige-
rung der Gleichberechtigung ab.
Niemand bedrotzt inöessen die Unabhängig-
keit des deutschen Volkes. Niemand verweigert
ihm die Gleichberechtigung. Niemanü denkt
daran, seine Ehre zu beeinträchtigen: ES
mühte denn sein, daß «s einen Anschlag auf
di« Ehr« eines VolkeS darstellt, wenn man
dieses Volk an di« Achtung der Ver-
träg« al» Grundvegtl -er internationaleu
Bezichungen erinnert — eine Grundregel»
der stch di« deutsch« Regierung obenso wenig
wi« ivgendeine ander« mit der Behauptnng
«ntztehen kann, daß di«se oder jene Ber-
pflichtung rhve Freiheit oder thre Unabhän-
gigkeit behindeve, oder daß diese oder jene
Verpflichtung nach ihrem etgenen AnSdruck
vom deutschen Volke nicht mehr „geduldet"
werde.
„Um Sie Zusammenarbeit zwischen d«n
Nationen zu fördern ober um ihn«n -en
Frieiden und di« Sicherheit -u garantieren",
so heißt «s in der Einleitung zum Bölker-
bunöspakt, „rst es notwendig, .... alle ver-
traglichen Verpflichtungen gewiffenhaft zu ach-
ten". Wird die Reichsregierung, die ihre Ab-
stcht zur Rückkehr in den Völkerbund mitteilt,
bei dieser Gelegenheit verlangen, datz öieser
Wortlaut revidiert werde, um ihren Auf-
faffungen gerecht zu werden? Soll man
künftig an Stelle dieses Wortlautes einfügen,
daß die angeführte Regel da aushört, wo für
jedes Volk ein „Lebensrecht", über das es
allein zu bestimmen hätte, ansängt?
jlaragraptien gegen lebensrecht
^iin
l^lbst in Fraiikreich eine sehr geteilte Zu-
t"ung findet, nicht reden.
8-K.
H. Die deutsche Regierung, die in dieser
Weise sich über die wesentlichen Grundsätze
des internationalen Rechts hinweggesetzt hat,
hat in ihrem Memoran-um ebenso wenig der
Geschichte Rechnung getragen. Nach ihrer Dar-
stellung sollen die E n t m i l i t a r i s ie r u n g s-
bestimmungen für das Rheinland in
Widerspruch zu den Grundlagen stehen, auf
denen öer Friede abgeschlossen wnrde, unö
den Verpflichtungen widersprechen, die im
Augenblick des Wasfenstillstands übsrnommen
wurdcn. Diese Behauptungen beruhen weder
unmittelbar noch mittelbar auf irgendeiner
Grundlage. Die Entmilitarisierung des Rtzein-
lanöes war nichts anderes, als «ine Sicher-
heitsgarantie, die Europa gegen
neue Unternehmungen Deutsch-
lands gegeben wurde. Sie verletzte
kcinen der in dcn 14 Punkten des Prästdenten
Wilson enthaltenen Grundsätze:
Wcnn es anders gewesen wäre, so hätte die
deutsche Delegation in Versailles
nicht verfehlt, es zu behaupten. Unter den Be-
stimmungen des Friedensvertrages gehören
die Entmilitarisicrnngsbestimmungen zu den
wenigen, ^ gegen die im Verlauie der Ver-
handlnngen die Vertreter Deurschlands ln
kcinem Augenblick irgendeinen Protest er-
hoben haben.
Was den Locarnovertrag anbetrifft,
so möchte man jetzt öie Meinung zur Geltung
bringen, l^aß er unter dem Zwang, der Ruhr-
besetzung ausgehandelt woröen sei. Die Ruhr
war geräumt, ehe die Verhandlungen auch nur
in Aussicht genommen waren. Tatsächlich hatte
der Rheinpakt das Ziel, in Westeuropa auf der
Grundlage der Achtung freiwillig eingegange-
ner Verpflichtungen eine neue Lage zu schas-
fen: und die Verhandlungen über ihn sind von
der deutschen Rcgierung selbst herbeigeführt
worden, die darin eine Sicherheitsgarantie für
die Westgrenze des Reiches suchte. Das Frie-
denSpfand daS Deutschlanö im Austausch da-
gegen beisteuerte, war die freiwillige Aner-
kennung der entmilitarisierten Zone. Der Ver-
trag von Locarno bildete öie festeste Grundlage
des Friedens im Westen. Diese Gtundlage hat
die Politik öes Reichcs bedenkenlos zerstört.
Zur Unterstütznng eines Standpnnktes, der
von den Taliachcn überlebt wird, glaubt das
deutiche Memorandum eine neue juristische
Theorie anführen zu können: Keine Natio«
könnte freiwillig» ohne änßcren Druck, anf
ihre souveränen Rechte verzichten: -e» Ent-
militarisiernngsbestimmnnge« liege der Zwaug
der Notwendigkeit zugrnnde. Und auch der
Locarnovertrag, obwohl er unter Bedingun-
gen öer Freiheit und Gleichheit abgeschlossen
sei, könnte kkinen geheiligten Charakter haben,
da er Bestimmungcn wieder ausgreife, die be-
reits in cinem au' Grund einer Niederlage
abgcschlossenen Vertrag enthalten seien.
Hier trirt tn seiner vollen Schwere der selt-
same Anspruch Deutschlanös hervpr, deffen
Tragweite Europa wohl abwägen Mutz: Be-
HSlt sich Deuischland vor, soweit öie Abgren-
zung der Hoheitsgcbiete in Europa fich an<
Len Verträgen von 1919 ergibt, diese ganz«
Regelnng wieder in Frage zu stellen, gleich-
vtel welche Bekräftigungen auch seit dem Frie-
öensschluß hinzugekommen sein mögen? Wa»
bedentet es daher, wenn die deutsche Regie-
rung erklärt, daß sie keinen territorialen Ehr-
geiz mehr hege: was bedeutei es, wenn sieihre«
Willen verkündet, öie Grenzen zu achten, wena
ste stch schon jetzt die Möglichkeit gewahrt hat,
eines Tages zu behaupten, daß die von ihr
freiwillig gegebene Vestätigung nicht di« Wir»
kung haben könnte, den ursprünglichen Cha-
rakter öes Gebietsverzichts, aus dem dies«
Grenzen hervorgegangen stnd, zu Sndern, und
daß dieser Derzicht unter äußerem Druck ode«
unter dem Zwang der Notwendigkeit znge-
stanöen woröen sei?
Muß man daraus nicht schlietzen, daß Deutsch-
land auf Grund öieser neuen Rechtsbasts, di«
ernem noch nicht verösfentlichten internationa-
len Recht entnommen ist, morgen das Statut
von Danzig, von Memel, von Oester-
reich in Frage stellen könnte, oder öaß c»
dtese oder jen« Grenzrevision in Europa, üies«
oder jene Zurückgabe Leutscher Kolonialgebiet«
»«rlangen wird?
Di« frarrzostsche Regievung glaudt, daß all«
-iesr Fragen der R«ichSr«giernng klarg«st«llt
w«rden müffen nnd -atz diese jedenfallS klar
-arauf antworten wuß, da kein FriedenSplan
auf einer für bie Aufrechterhaltung ö«S Frte-
denS so gefährlichen Zweideutigkeit aufgebant
werden kann.
Verteidigung
Les Sowjetpabtes
IH. Man könnte es stch versagen, auf di«
Argumente juristischer Art ernzuge-
hen, mit denen die deutsche Regierung ihr«u
Schritt vom 7. März rechtsertigen will. Diese
Argumente sind übrigens wieöerholt wiöer-
legt worden. Was öas Reich auch immer be-
haupten mag, öie Tatsache bleibt bestehen, batz
kein« öer anöeken Locarnomächte jemals an-
erkannt hat, daß der f r a n z ö si s ch - r us-
sische P a k t mit diesem Vertrag unverein-
bar sei. Es bleibt auch bestehen, daß Deutsch-
land geglaubt hat, stch zum Richter in eigener
Sache auftverfen zu können, während öer Der-
trag ausdrücklich für den Fall von Meinungs-
verschiedenheiten ein Schieds- oder Schlich-
tungsverfahren vorgesehen hatte. Schließlich
bleibt auch die Feststellung des Völkerbunds-
rates bestehen. Jnöem das Reich autzerdem
nochmals die Befaffung des Jnternationalen
Gerichtshofes mit seinem Anspruch ablehnt,
gesteht es die Schwäche seiner juristischen Be-
weisführung ein: Deutschland will nicht nach
dem Haag gehen, weil es weitz, datz der Ge-
richtshof die deutsche Auffaffung abweisen
mützte
IV. So ernst die am 7. März entstandene
Lage anch war, so hatte sie doch die Locarno-
mächte nicht von einer Politik der Mäßigung
abg-bracht. Jhre Regierungen waren bereit,
mit Deutschland ein neuesStatut für
das Rheinland zu suchen: ste waren be-
reit, in großangelegte Verhandlungen einzu-
treten, um die Probleme zu rcgeln, die mit der
Sichcrheit Westeuropas verbunden finb, und
um dre Gesamtheit des europäischen Friedens
auf ioliden Grundlagen aufzubauen. Auf der
Grundlage der „vollendetenTatsache"
war ein solches Derhandeln aber unmöglich.
Unter äußerster Einschränkung ihrer legitim-
sten Forderungen haben die vier Regierungcn
von Deutschland ledtglich die notwendige
„Geste" verlangt, damit die vorläufigen Lö-
sungen zur Wiederherstellung des von ihm so
schwer erschütterten Vertranens eintreten
könnten, Sie forderten es auf, die Souve-
ränitätdesinternationalenRechtS
dadurch anzuerkennen, öaß es mit seinen An-
sprüchen vor den Haager Gerichtshof ginge,
ferner anzuerkennen, datz die Rheinlanüfraae