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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9503#1181

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MkgemMchast

kjeidelberger
v-rlag und Heraurgeber: Derlag VoMgemelnschaft S.m.b.H., Heidelberg. Hauptstr. ILS/12S
S-mmelnummer 8225. Echriftleitung: Lutherstr. 5g. Fernruf 87«. »t« .Vollrgemeinlchast'
erfcheint 7 mal wöchentlich und lostet monatlich 1,70 RM.j bei TrLgerzustellung gujügl. 80 Pf.,


öeabachter
»et Postzust-Mng,u»ügl. 12 Ps. Jst di« Z-itung LM Erfcheine« (auch durch höher« Tewaly
derhindert, besteht lein glnfpruch -uf Entfchädigung. Wbestellungen müffen bi« spLtesten» 2ö.d.M.
sür den folgendenMonat direlt beim Verlag eingeretcht werden. AuSschl.GerichtSstand: Heidclberg

Lreitag. den 20. lk!iir; 183k

Ümi!ickk8 VeslliinlliWngZdlsN liir 8lss!8- nni! Kelneinlie-Kedijrllen

Lreioerl-llllf 10 M, 8. Zolirg., Nr. 78

kin unlillltbares Urteil Les llölderbunbsrlltes
0er belgilch-sronziisilche kntschließungsentwurs angenommen — üotschaster non Mbentrop
legt in aller form Verwabrung ein

Sonbo«, 18. MLrz. lFuukspruchl. Der
Bölkerbuudsrat hat am Douuerstaguachmittag
i» der öffentlicheu Sitzuug deu vou
Belgie» u»d Frankreich eiugebrachteu Eut-
schließungseutwurf über die Verletzung des
Bertrages vou Locarno bei Stimmeuthaltuug
Chiles unb i« Abweseuheit Ecuadors so-
wie gegeu die Stimme des deutscheu Vertreters
«ugeuomme«.
Chile enthielt sich der Sttmme mit der Be-
gründung, datz in ber vorgelegten Entschlie-
tzung eine enge Verbindung zwischen bem
Bertrag von Versailles, dessen Verletzung
Chil« anerkenn«, unb dem Locarnover-
trag, dessen Verletzung bestritten sei, bestehe.
Der Ratspräsident stellte fest, batz die Ent«
schließung einstimmtg mit einer Stimmenthal-
tung unb einem Nein, das als Stimme einer
von Locarno garantierten Macht nicht zähle,
angenommen set. Zu den Stimmen der Ga-
ranten und der Garantierten von Locarno
wurbe festgestellt, baß diese abgestimmt hätten,
thre Stimmen aver nicht zählten.
Botschafter von Ribbentrop gab nach
ber Feststellung ües Abstimmungsergebnifses
folgende Erklärung ab:
„Die deutsche Regierung lehut die soebe»
beschlosieue Resolutiou aus tiefiunerster Ueber-
zeuguug ab unb mutz hiergegen iu aller Form
Berwahrung einlegen. Nicht Deutschlaub
hat de« Locarnovertrag zum Erlösche« ge-
bracht, souberu Fraukreich durch beu
Abschlutz des französtsch-ruflischc« Militärbünd-
«isies. Der deutsche Schritt vom 7. März —
die Wiederherstelluug der volle« Souveräni»
tät i» seinem eigenen Gebiet, dieses primi-
tivste Necht eiues Volkes zur Bcrteidiguug
seiuer Grenzeu — war ausschlietzlich die Kon-
sequenz dieser frauzösischeu Haudluugsweise.
Ach habe heute vormittag eingehend eine «m-
sasienbe Darstelluug -es deutschen Rechts- »ud
politische« Standpuultes gegebe», und ich
beuke, batz, weuu bie Herre« Ratsmitglieder

mehr Zeit gehabt hätteu, diese Darstellnnge« zu
würdigen, ste zweifellos zu eiuer audere« Ent-
schlietzung gekomme« wären. Die deutsche
Reichsregierung uud mit ihr das gesamte deut-
sche Volk haben die heilige Ueberzeugnng, datz
die soebeu angenommene Ratsentschcidung
vor dem Urteil der Geschichte «icht
besteheu wird".
Dann gab der französische Autzenminister
Flanbin eine kurze Erklärung ab, in ber er
sagte, daß bas Recht nicht einseitig bestimmt
weröen könne und daß Frankreich von Anfang
an bereit gewesen sei, die Angelegenhett dem
Haager Gerichtshof zu unterbreiten.
Hierauf wurde die Sitzung geschlosien. Der
Rat hält Freitagnachmittag eine nichtöfsentliche
Sitzung ab unö wird außerdem als Drei-
zehner-Ausschuß gleichfalls Freitagnachmittag
den italienisch-abessinischen Streitfall prüfen.
ller wortlaul des belgW-fran;ösischen
kntschliebungsentwurss
Der Wortlaut des Entschließungsentwurfs,
der Donnerstagnachmittag dem VölkerbundS-
rat zur Abstimmung vorgelegt wurde, lau-
tete:
„Auf Grund des am 8. März ersolgteu Tr-
suchens Belgiens und Frankreichs befindet der
Völkerbundsrat, datz bie deutsche Regierung
einen Bruch des Artikels 48 des Versailler
Vertrages beging, indem sie am 7. März 183S
veranlaßte, daß militärische Streitkräfte in -ie
demilitarisierte Zone einmarschicrten und sich
dort festsetzten, eine Maßnahme, auf die sich der
Artikel 42 und die nachfolgcnden Artikel des
Versailler Vertrages und des Vertrages von
Locarno beziehen. Der Völkerbundsrat beauf-
tragt den Generalsekretär, unter Bezugnahme
auf Artikel 4, Absatz 2 des Locarnovertrages,
über diesen Befunö des Völkerbundsrates
ohne Verzögerung die Signatarmächte dieses
Vertrages zu verständigen".

Vie Kede v. Kibbenlrops vor dem Kat
Veulschland will den SchlMrtch zieben unler dns trnurige kapitel der 7rrungen

Loudo«, 19. März. Eutgege« de» Wün-
sche» Fraukreichs uud der Sowjetunion hat
der Vertreter der Deutsche« Reichsregierung,
Botschafter vo» Ribdentrop, am Dou-
«erstag Deutschlands politische Haltung, «nd
tusbesondere deu Schritt vom 7. März sowie
bie Friedensvorschläge des Führers in Lon-
dou vertrete» uud begrüudet. Vou Ribbentrop
sprach als erster Vertreter des nunmehr wie-
der völlig souveräue» Reiches vor
bem Völkerbundsrat. Ob bie Londoner Ver-
handlunge« zu einer ehrlicheu Verständigung
im Sinne des deutsche« Fricdensangebotcs
sühren, wird erst die Zuk « «st lehren. Sicher
ist hente nur, datz das Reich keiue Verträge
«nterzeichne» wird, bie es anch nur in einem
Punkte miuderberechtigt erscheineu lasien.
Die öfsentliche Sitzung des Völkerbunds-
rates wurde am Donnerstagvormittag kurz
nach 1S.30 Uhr englischer Zeit eröffnet. Der
deutsche Vertreter, Botschafter vonRibben-
trop, nahm seinen Platz am rechten Ende
des bufeisenförmigen Ratstisches ein, hinter
thm Ministerialdirektor Dieckhoff und die
übrige« Mitglieder der deutschen Abordnung.
Der Ratspräsident erteilte sofort dem deut-
schcn Vcrtrcter das Wort.
Botschafter von Ribbentrop führte wörtlich
aus:
Herr Präsidentl
Die deutsche Reichsregierung ist ber Ein-

ladung des Völkerbunösrates zu seiner heuti-
gen Tagung gefolgt in dem Bestreben, auch
ihrerseits einen Beitrag zu leisten zur Klärung
der bestehenden politischen Situation. Sie hat
mich beauftragt, zu diesem Zweck vor den hier
anwesenden Staatsmännern ihren Standpunkt
zu den auf der Tagesordnung stehenden An-
trägen öer französischen und belgischen Regie-
rung betreffend den Rheinpakt vvn Locarno
darzulegen. Sie hat sich hierbei nach langen
inneren Erwägungen entschlossen, die sich aus
der Tatsache ergeben könnten, daß Deutsch-
land zur Zeit nicht Mitglieö des Völkerbundes
ist, sowie daß der heutigen Tagesordnung die
Bestimmungen eines Vertrages zugrunde lie-
gen, dcn Deutschland alsnichtdurch seine
Schuld erloschen ansehen muß.
lvendepunbt in der LMWe kuropas
Jch persönlich habe mit wirklicher Befrie-
digung diese Mission übernommen, durchbrun-
gen von der Ueberzeugung, daß eine in höhe-
rem Sinne gerechtere Sache eines Volkes in
biesem Rat von Nationen noch nie vertreten
wurde, unö ferner in der aufrichtigen Hoff-
nung, öatz diese erste Wieöeraufnalhme der
Beziehungen meines Landes zu dem Völker-
bund einen Wendepunkt in der Geschichte
Europas nach den vielfältigen Verwirrungen

der unseligen KriegS- und Nachkrtegsjahre ve-
deuten möge.
Die deutsche grundsätzltche Etnstellung zu
dem Problem Locarno, öas heute hier zur
Diskussion steht, rst öer Weltöffentlichkeit öurch
die Rede des beutschen Reichskanzlers vom
7. März eingehend vor Augen geführt worden.
Die Tatsache aber, öaß es zu den heute hier

zur Beratung stehenden Anträgen der fran-
zösischen und belgischen Regierung kommen
sollte, macht es erforderlich, daß ich nochmalS
vor dem Rat den öeutschen Standpunkt »u die-
sem Problem kurz darlege, damit bei der Be-
schlußfassung des Rates die schwerwiegenden
Gründe, die Deutschland zu dem bekannten
Schritt vom 7. März gezwungen haben, ihre
volle Würdigung finden können.

korarno katte zwei Seiten

Der Sinn -eS RheinpakteS von Locakno
war es, bie Anwendung von Gewalt zwischen
Frankreich und Belgien einerseits und Deutsch-
land andererseits sür ewige Zeiten auszuschlie-
ßen. Diese Abmachung wurde garantiert durch
England unb Jtalien. Es wurde bestätigt, datz
bei einer Verletzung dieses Vertrages der Völ-
kerbund zwecks Feststellung des Angreifers
angerufen werden sollte.
Es ist bekannt, daß stch schon bamalS ge-
wisie Schwierigkeiten ergaben, burch die be-
reits vorher bestehenden Bündnisverträge
Frankreichs mit Polen und der Tschechoslowa-
kei, die an sich schon nicht in den Rahmen die-
ser scharf umgrenzten westlichen Friedensab-

machungen hineinzupasien schienen. Deutschlanb
hat biese Bündnisse aber schließlich in Kauf
geuommen, weil ste sich in ihrer Struktur bem
Locarnovertrag anpatzten.
Dieser Locarnovertrag aber, der von der
nationalsozialistischen neuen Regierung über-
nommen wurde, belastete Deutschland etner-
seitS mit einer unendlich schweren Verpflich-
tung durch die Beibehaltung der im Versailler
Bertrage öiktierten Demilitarisierung beS
RheinlandeS. Eines üer wichtigsten und volk-
reichsten Gebiete des Deutschen Reiches mit 18
Millionen kerndeutschen Einwohnern sollt«
also ohne jeglichen militärischen Schutz blei»
ben.

deutschland liielt seine Verpflichtungen

Jch glaube, datz vom Staudpuukt eiuer hö-
hereu Gerechtigkeit aus eine solche Eiuschräu-
knng primitivster Souveränitätsrechte a« stch
schou ans die Dauer sür ein Volk eiue saft
nnerträgliche Zumutuug bedeutet. Wen» das
deutsche Volk trotzdem dieseu Zustaud so viele
Iahre hindnrch ertrng, so tat es dies iu der
Erwartnng. datz dann aber anch die andereu
Partner vou Locarno ihre wesentlich leichtere«
Verpflichtnngen mindesteus ebenso getrenlich
einhalten würden, wie Deutschlaud die seiue«.
Diesem Empfinden des gesamten deutschen
Volkcs hat der deutsche Reichskanzler seit der
Uebernahme der Regierung im Jahre 1933
wiederholt öffentlich Ausdruck verliehen.
Was ist geschehen?
Jm Laufe öes vergangenen Jahres begann
der eine Vertragspartner dieses Paktes, Frank-
reich, seine Veziehungen zur Sowjetunion im-
mer enger zu gestalten. Es kamen ernste Nach-
richten über ein französisch - sowjetrussisches
Militärbündnis, gleichzeitig aber auch übcr
ein gleiches zwischen Rußland und der Tsche-
chosköwakei. Lange Zeit hindurch waren diese
Meldungen unklar. Sie wurden bald demen-
tiert, bis eines Tages zur Ueberraschung der
bis dahin zumindest offiziell in Unkenntnis
gehaltenen anderen Mächte das neue
fr anzösisch-so wj etr u ssi sch e Mili.
tärbündnis veröffentlicht wurde.
Säiwerwiegende Lolgen des Kussenpattes
Die beängstigende Bedentung nnd damit
Auswirknng dieses Bünduisies sür Deutschlaud
ober ergibt sich ans folgeudcu schwcrwiegeudeu
Feststellungen:
1. Dieses Vündnis bedeutet die Zusammen-
fügung zweier Staaten, die, eingerechnet der
sür militärische Hilseleiftung i« Frage kom-
menbe» koloniale« Gebiete, etwa 275 Mil-
lioue« Menscheu «msasseu.
2. Die beiben vertragschlietzendeu Parteie«
gelte» jede für stch zur Zeit als die stärk-
ste« Militärmächte der Welt.
S. Dieses Bünduis richtet sich a « sschließ,
lich gegeu Deutschlaud.

4. Sowjetrutzlaud, das au stch burch weit«
Ränme vo» Deutschlanb getreuut, »o« diesem
gar »icht angreisbar wäre, hat sich dnrch eiue«
aualoge» militärische« Bunbesvertrag mit der
Tschechoslowakei iubirekta« diedeut«
sche Grenze vorgeschobe«.
S. Frankreich «nd Rutzlaud erhebe« stch uach
diesem Bünduis zum Richter i« eigeuer Gache,
iudem ste gegebeueusalls auch ohne eiucu Be»
schlntz oder eiue Empfehlung des Völkerbuu»
des selbständig deuAugreifer be»
stimme» «ud somit gegen Deutschlaud «ach
ihrem eigeue» Ermesieu zum Kriege schreite«
köuuen.
Diese strikte Berpflichtung der beiden Staa-
ten ergibt sich klar und eindeutig auS Ztfferl
bes Protokolls zum Bündnisvertrag. DaS hettzt
also: Frankreich kann in einem angezogenen
Fall aus eigenem Ermessen entscheiden, datz
Deutschlanö oder Sowjetrutzland der Angreifer
war. Es macht dabei lediglich ben Vor-
behalt, datz es sich burch sein militärischeS Bor-
gehen in eigener Entscheidung nicht Sanktions-
maßnahmen seitens der Garantiemächte deS
Rheinpaktes, Englands und Jtaliens, auS-
setze.
Ketieime Marlienslliastev werden enttiüllt
Dieser Eimvanb rst rechllich unb realpoli-
tisch gesehen belanglos.
Rechtlich: Wie will Frankreich bei der
eigenen Feststellung des Angreifers vorauS-
sehen wollen, welche Haltung zu dieser seiner
Feststellung nachträglich die angezogenen
Garanten des Locarnopaktes «inzunehmen be-
absichtigen? Die Antwort auf die Frag«, ob
Frankreich im gegobenen Fall« öerartige
Sanktionsmaßnahmen zu befürchten hätte,
hängt praktisch nicht lediglich von der loyalen
Vertragstreue der Garanten wb, die die deut-
sche Regierung in keiner Weise rn Zweifel
ziehen will, sondern auch von den oerschieden-
sten Boraussetzungen rein faktischer Art, deren
Wahrscheinlichkeit oder Umvahrscheinlichkeit
im voraus in keiner Weise zu übersehen ist.
Außerdem kann aber die Beurteilung des Ber»

a)«4i^^5vt4§^6 a^vt4^: a^ ^«4^ <^i4j««4^!
 
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