VMsgtmeinl'tliast
kjeidelberger
Lerlag und HerauSgcber: Derlag DolkSgemelnschaft G.m.b.H., Heldewerg, Hauptstr, 1LS/12S
Sammelnummer 322S. Tchriftleitung: Lutherstr. SS, Fernruf 3740. Die .Volksgemeinlchaft»
erfcheint 7 mal wöchemlich und kostet monatlich 1,70 RM.; bei Trägerzustellung zuzügl. 30 Ps.,
Veoblllliter
det Postzustellung zu-ügl. 42 Pf. Jst die Zeitung am Erscheineu (auch durch höhere Gewaky
verhindert, besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Mbestellungen müssen biS spätestenS 2k.d.M>
für den folgendenMonat direkt beim Verlag eingereicht werden. AuSschl.Gerichtsstand: Heidelberg
Vienstllg, Len 12. Mai 1SZK
ümllicjies Vestiiii!!i8ling8bliill liir 8tssl8- unil kenieinlje-öetlijlljen
Lreiverl-lluf ill pfg., k. Zatirg. / Nr. 131
pilludlbi
Vor eiuem Jahre, am 12. Mai 1835, starb
ber Schöpser des heutige« Pole», Marschall
Ptlswdski.
Mavschall Pilsudski war schon zu Ledzeiten
«ine legendäre Figur geworden. Es wüvde
ber Rolle, die «r tm letzten JaHrzehnt in der
polni-schen Politik gespielt hat, nicht gerecht
werden, wenn man ihn etwa als den „grand
old man- bezeichnen wollte, als den erfah-
renen, in der Geschichte bewährten Staats-
mann, M dessen abgeklärter Weisheit das jün-
gere Geschlecht ehrfurchtsvoll aufsah. Für sein«
Mitarbeiter war er ein« vom Zauber seiner
«inzigarttgen Persönlichkeit umflossene Autori-
tät. Für öas Volk aber war er längst ein
Mythos geworden, eine Vorstellung, tn der
Sehwsucht und Erfüllung Polens zusammen-
trestfen.
Pilsitd'ski hat stch HSchst selten Sffentlich ge»
zetgt. Aber wenn Polen eins seiner nationalen
Feste feiert«, dann stand sein Bilö von bren-
nenden Lichtern umrahmt, in allen Fenstern.
Er sekbst lebte «insam in Schloß Belvedere,
und nur ab uwd zu fahen ihn öort seine
Freunde und dtejentgen, die als VoWrecker
setnes Willens die Geschicke Polens lenkten. Es
wqre ein Jrrtum, anzunehmen, dast sie nur
Martonetten in seinen Händen gewefen wären.
Er hat stch in den 'letzten Jahren kaum noch
um die Einzelheiten der Staatsgeschäfte ge-
kümmert, es fei denn, datz oine ganz grotze,
goundsätzliche Frage zu entschetden war. Er
gab keine Befehl«, a>ber sein Geist lag doch be-
herrschend über der Staatsführung. Die Män-
ner, die um ihn waren und bie «r tn ihre ver-
antwortltchen Stellungen gebracht hatte, de-
uen «r di« Macht gab, standen in einem ganz
lbesonderen persönltchen Treueverhältnis zu
thm. Bon Oberst Veck, dem Außenminister,
erzählt man sich, daß er nachts oft hetmltch nach
Schlotz Belvedere hinanfgefahren set und dort
stundenlang mi>t dem geheimnisvollen Greis
Pil'sudski die Politik Polens allein besprochen
habe. Ein Beispiel öafür, mte stark sein Wille
und sein Geist in dem, was tn der letzten Zeit
goworden ist, zum Ausdruck käm.
Jn der Einsamkeit von Belvödere hat Pil-
sudski klar «rkannt, daß diese Freiheit mtt der
Erlangnng -der staatlichen Souveränttät alletn,
fo wie sie seinerzeit «rfolgen mutzt«, noch nicht
erreichtwar. Dcr junge Staat war in außen-
politisch« Vindungen verstrickt wor-
Sen, die seine Bowegungsfreiheit v-om rein
nationalen Gesichtspunkt aus gesehen, «rheblich
einengten. Die letzten Jahre des Marschalls
galten der Ausgabe, diese Hemmungen äbzu-
stretfen. Als er starb, htnterließ «r seinem
Volke etne autzenpoltttsche Neuortentie-
rung Polens, die Abkehr von der «inseitt-
gen Bindung an das französische Bündnis und
dte Be r st L nd ig u n g mtt dem deut-
schen Nachbar. Es ist müßtg, in der letz-
ten Frage darWer zu orakeln, von welcher
Seite die Anregung dazu gegeben wurde. Si«
gelang in dem Mng-enblick, in dem dem alten
Frontsoldaten Ptlsudski der Frontsoldat Molf
Hitler als Derhandlungspartner gegenübcr-
stand.
Und das ander« Erbe, das der Marschall
bei seinem Tod« hinterließ, ist die innere Kon-
solidierung durch die neue polnische Verfas-
sung, die er, knapp drei Wochen vor seinem
Sterben, im Warschauer Stadtschlotz feierlich
nnterzeichnete. Polen hat sich lange der staats-
rechtlichen Formen der westeuropäischen Demo-
kratie bedient. Pikfudski ist demgegenüber von
jeher ein Vertreter der autoritären
Staatsansfassung gewesen. Schon lange vor
dem Mai 1826, als er mit der Nesetzung War-
schwus setn innerpol'ittsches Werk begann, sprach
er von dem Partciwesen in Polen als von
einem Unglück. Durch die neue Verfaffung
von191S, das letzte Werk, das unverkcnNbar den
Stempel seines Geistes trägt, stwd öie Gewal-
ten im Staat und ihre Funktionen so abge-
stust, daß nicht mehr anonyme Mehrheiten,
soNdern verantwortliche Persönlichkeiten die
Geschicke Polens lenken. Zur äutzeren Frei-
heit gesellte sich öte innere.
Die Ge-schichte wird Marschall Ptlsndski, ob-
wohl er nur ganz vorübergehend einStaats-
amt bekletdete, den Schöpser des polnischen
Staates unö Former seiner Macht nennen.
Vie stufgaben des deutlilien Ilieoters
Vie KeLe Vr. Koebbels' aus der Zahresbundgebung Ler Keichstheaterbammer
Müucheu, 11. Mai.
Der Nachmittag des zwetten Tages der
Reichstheater-Festwoche brachte den Höhepunkt
öer Festwoche. Münchens schönster und re-
präsentativster Saal, der groß« Saal des
Deutschen Museums, verlieh der großenKund-
gebung der Reichstheaterkammer den würdi-
gen Rahmen.
Es waren unter anderem erschtenen der
Stellvertreter des Führers, Reichsmintster
Rndolf Heß, der Prästdent der Reichskultur-
kammer, Retchswinister Dr. Goebbels, di«
Reichsleiter, Reichsstatthalter General Rttter
von Epp, Reichsschatzmeister Schwarz und
Oberbürgermeisters Fiehler, Staatssekretär
Fun k, der bayrische Ministerprästdent St«-
bert, Staatsminister Gauletter Wolf Wag-
ner u. a. m.
Die Ouvertüre zu Carl Maria von WeberS
„Euryanthe" unter der Leitung des StaatS«
kapellmetsters Meinharb von Zalltnger er-
ösfnöte die Kundgcbung. Der bayrische Staats-
174000 Krbettslose wemger
Sroßer krfolg Ler ürbeitsschlacht im Üpril
Berli«, 11. Mai.
Nach dem Bericht der Reichsaastalt sür Ar-
beitsvermittlu»g u«b Arbeitslosenverficheruug
setzte sich die srühjahrsmätzige Belebuug bes
Arbeitseinsatzes, die im März z« ber a«tzer-
ordentlich starke« Abuahme der Arbeitslosig»
keit gesührt hatte, im April meiter durch. Die
Zahl der Arbeitslose« giug «m r««d 171M0
zurück, so datz am Monatsschlutz «och 1788 071
Arbeitslose vorha«den ware«. Damit ist die
winterliche Arbeitsloseuzuuahme sast wieder
ausgegliche« «nd der günstigste Sta«d der Ar-
bettslosigkeit bes Sommers 18 38, der bei
1706 000 Arbeitsloseu im August lag, sast wie-
der erreicht worde«.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit verteilt
sich fast gleichmäßig auf die Außenberufe (Ab-
nahme: 94 070) und die übrigen, mehr kon-
junkturabhängigen Berufe (Abnahme: 78 976).
Jn den Außenberufen hemmten in manchen
Beztrken die ungünstige Witterung und einige
Witterungskatastrophen, öie zu vorübergehen-
den Einschränkungen ber Außenarbeiten zwan-
gen, den Arveitseinsatz. Trotzdem ist die Auf-
nahmefähigkeit ber ArbeitskrSfte größer ge-
wesen als dies in ben Zahlen über den Rück-
gang der Arbeitslosigkeit zum Ausdruck kommt.
da für bie 88 000 Notstandsarbeiter, bie tm
Zuge der planmäßigen Einschränkung der Not-
standsarbeiten zur Entlasiung gekommen stnd,
ebenfalls Arbeitsplätze in der freien Wirt-
schaft, und hier überwiegend bei ben Autzen-
berufen, besetzt worden sind.
Die Entlastung der UntersiützungSeinrich-
tungen entsprach der Abnahme der ArbettS-
losenzahlen. Die Zahl der UnterstützungS-
empfänger ging um 166 000 zurück, und zwar
betrug die Abnahme in der Arbeitslosenver-
stcherung und Krisenfürsorge HZOOO, bei ben
arbeitslosen anerkannten WohlsahrtserwerbS-
losen 23 000. Jn der Arbettslosenversicherung
wurden am 30. April rund 283 000, in ber
Krisensürsorge rund 707 000 Hauptunterstüt-
zungsempfänger betreut, während in der öf-
fentlichen Fürsorge rd. 282 000 arbeitslose aw
erkannte Wohlfahrtserwerbslose gezählt wur-
den. Bei Noistandsarbeiten waren Enbe April
rund 170 000 Volksgenosscn, das stnd 53 000
weniger als im Vormonat, beschäftigt.
Zwischensall in venf
Karon Nloisi verläßt unter protest Len Sihungssaal — Nussprache vertngt
Geuf, 11. Mai.
Der Völkerbuudsrat trat Moutagnachmittag
«ach 5 Uhr zu eiuer »ichtöfsentlicheu Sitzsug
zusammen, -ie vo« nicht allz« langer Dauer
war. I« dieser Sitzung kam es bei der Aus-
sprache übcr dcn „Konslikt zwischeu Jtalien
und Abessinien" z« einem Zwischensall, in des-
seu Verlaus der Vertreter Jialieus, Baro»
Aloisi, unter Protest de» Saal vcrlietz.
Au Beginn der Aussprache erklärte Baron
Aloisi, datz er zur Tagesovdnung «ine Erklä-
rung abzngeben habe. Anf Aufforderung
Edens als Ratsprästöent, hatte der abes'sinische
Bertreter Wolde Mariam am Ratstisch Platz
genommen.
Daranfhin gab Aloisi eine Protesterklä-
rung ab, in der es heißt:
„Jtalien kann die Anwesenheit eines so-
genannten Vertreters Abesstniens nicht zulas-
sen. Dcnn tatsächlich ist nichts vorhanden, was
einer staatlichen Organisation Mbessiniens
ähnlich sieht. Die einzige dort vorhandene
Souveränität ist diejenige Jtaliens. Deshalb
wäre jede Erörterung über einen italienisch-
abcssinischen Konflikt gegenstandslos. Fch sehc
mich daher gezwungen, auf die Teilnahme
daran zu verzichten."
Nachdem Baron Aloist öen Saal verlasien
hatte, erklärte Wolde Mariam, Abessinien als
Völkerbundsmitglied sei nicht der Angreifer,
sondern das Opfer eines Angriffs, Es ha>be
keine internationalen Gesetze verletzt und
bleibe dem Völkerbund treu.
Eden wies daranf hin, daß es sich nur um
die Festsetzung der Tagesordnung handele. Der
Rat habe nur seine Entscheidung zu treffcn,
ob der Punkt auf der Tagesordnung b-leiben
solle. Er als Ratspräsident sei der Meinun-g,
öaß öie Frage anf öer Tagesovönung zu blei-
ben habe. Dieser Auffaffung schlosien sich ber
spanische Vertreter und der dänische Außen-
minister an. Der Rat beschloß öementspre-
chend.
Trotz dieses Beschluffes aber wurde kei-
neswegs in die Aussprache eingetreten, son-
dern vielmehr soll am Dienstagnachmittag
öie Behanöilung der abossinischen Frage bts
zur nächsten Ratstagung im Juni vertagt
werden.
Die öfseutliche Sitzung
Jn der aus die nichiöffentliche Sitzung fol-
genden öffentlichen Ratssitzung, di«, wie vor-
gesehen, von dem englischen Außenminister
Eden geleitet wurde, wuvden nur «inige
kleinere Fragen der Tagesordnung behandelt,
darunter Hilfeleistung für bedürftig« Aus-
länder und die Arbeiten der Hygieneorganisa-
tion.
Aloisi berichtete über gewisse Organisa-
tionssragen des Haager Gerichtshvfes. Die
Vertreter Abefstniens hatten, da ihr Fall nrcht
zur Behandlung stand, unter den dem Rat
nicht angehörenden Völkcrbunösmitg'l iede r n
Platz genommen.
für Lortdauer Ler Sanl-tionen
I« englische« Kreise» wird der Beschluß
des Völkerbuwdsrates, de» italieuisch-abesfiui»
schen Streitfall a«f seiner Tagesord«u»g zu
belaflen, dahin ansgelegt, datz «ach Ansfasinug
des Rates noch eine abessinische Regierung
uud eine abesstnische Sonveränität bestehe.
Anch hat man aus de« Uuterrebnnge«
Edens mit den Bertreter« der verschiedene«
Mächte uud Mächtegruppeu die Uebcrzeugnng
gewonne«, daß alle matzgebende» Ratsmitglie-
der für die Fortdaner der Sanktioue« stnd.
minister Gauleiter Adolf Wagner begvüßte
di« Teilnehmer der Kunögebung im Namen
der bäyrischen Staatsregierung. Er dankt« vor
allem Reichsminister Dr. Goebbels dafür,öatz
er dte Reichstheaterwoche nach München gelegt
habe.
Vr. Koebdels' Kechenschastsbericht
Dau» hiolt Reichsminister Dr. Goeb»
bels eine richtnngweisende, vo» alle« An-
wesenden mit großer Spanuuug versolgte nnd
immer wieder vo« stürmischer Zuftimmnug
«nterbrochene Rede über Wesen, Anfgabe«
nnd Znkunft des dentsche« Theaters.
Znr Einleitung «rinnerte er daran, batz
öas Theater in keinem anderen Lande seit je
so lebhaft, so leidenschaftlich und eindringlich
diskutiert wovden sein wie in Deutschland.
Für uns Deutsche sei das Theater immer ein«
Sache des Herzens gswesen, und alle großen
deutschen Geister haben di« Sehnsucht erfüllt,
das Dheater zu ein-"r Angelegenheit des gan-
zen Bvlkes zu machc r. Sie hätten sich zu allen
Zetten unserer Geschichte an dieser Diskussion
beteiltgt.
So habe Lessing nicht wur dem -ent»
schen, fondern dem Welttheater in -der „Ham.
burgischen Dramaturgie* -aS WefenSgefüg«
gegeben, und Schiller hab« ihm den Ehren»
titel einer „Moralrschen Anstal^ verliehen.
Ueber diese bei'ben Großen unserer Theater-
geschichte seien wir bis -um heutigen Tag«
kanm hinausgekommen. Wir lebten noch
heute von ihrem geistigen Erbe, das deswe-
gen rmmer noch Gültigkeit hab« und aktuell
sei. Mit großer Befriedignng könne man fest-
stellen, daß das deutsche Theater zu seinem
eigenen Segen und Nutzen wieder anznknüp-
fen beginne bei Lessing, dem großen deutschcn
Theater-Theoreiiker und bei Schiller, dem
großen Gestalter des deutschen TheaterS.
Vas Itieater ist für Los gan;e llolh da
Dr. Goebbels setzte dann auseinander, wi«
daS Dheater vom Volke lebe unö vpn ihm
auch seinen belebenden Jmpuls empfang«. ES
öürfe nicht das Vorrecht einer hauchdünnen
Oberschicht bleiiben, sondern es müsie versu-
chen, das ganz« Volk zu erfassen und
andererseits auch wieder von ihm «rfatzt zu
werden. Das beöente alleröings nicht, daß daS
deutsche Dheater einem öden und billigen
Masiengeschmack hnldigen müff«. „Das Gered«
von Masiengefchmack", so betont« der Mini-
ster, „ist meist nnr ein« Ausrsde. Der Mas-
sengeschmack ist vielsach nur ein Kaffenge-
schmack, und diejenigen Theaterleiter, dt«
«Iner geistlosen, platten Scheinkunst huldigen,
benken nicht so sehr an die Maffe wie an die
Kasie,' es ist ihr Hauptbestreben, die Kass« aus
billige und risikolose Weise zu füllen.
Allerdings haben wir auch nie geglaubt,
daß die Kunst sich selbst ernähren könnte. Si«
hat vielmehr, nm lebens-kräftig zn blei'ben,
immer Subventionen nötig. Sie kann
nicht mit irgendeinem Wirtschaftsbetrieb ver-
glichen wevben, der nur dann Sinn hat, wenn
er sich rentiert. Selbst wenn es um di« Unter-
haltung geht, ist es nicht damit getan, si« geist-
los uttd platt an die Masse heranznbringe».
Auch öie Unterhaltnng muß geistvoll sein: si«
soll dem Vvlke in seinem schweren Daseins-
kampf Werte geben, die Wer das Materiell«
des TageSöaseins hinausznführen die Kraft
haben. Auch die nationalsozialistische Beive-
gung hat die breite Maffe nicht dadurch tn
ihren Bannkreis gezogen, daß sie etwas mög-
lichst Geistloses und Platies als Ziel vertre-
ten hätte. Wir haben vielmehr unsere Fde«
und den Zeitstoff -en breiten Massen auf die
einfachste Weise nahegebracht. Hier scheint mir
auch das Grundproblem des modernen
deuifchen Theaiers M liegen: zurück zur e i n-
fachen Klarheit in Stoff, Jnfzenierung
und Darstellung!"
Der Minister erörterte dann eine grotze
Reihe von Grundproblemen, öie dem deut»
kjeidelberger
Lerlag und HerauSgcber: Derlag DolkSgemelnschaft G.m.b.H., Heldewerg, Hauptstr, 1LS/12S
Sammelnummer 322S. Tchriftleitung: Lutherstr. SS, Fernruf 3740. Die .Volksgemeinlchaft»
erfcheint 7 mal wöchemlich und kostet monatlich 1,70 RM.; bei Trägerzustellung zuzügl. 30 Ps.,
Veoblllliter
det Postzustellung zu-ügl. 42 Pf. Jst die Zeitung am Erscheineu (auch durch höhere Gewaky
verhindert, besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Mbestellungen müssen biS spätestenS 2k.d.M>
für den folgendenMonat direkt beim Verlag eingereicht werden. AuSschl.Gerichtsstand: Heidelberg
Vienstllg, Len 12. Mai 1SZK
ümllicjies Vestiiii!!i8ling8bliill liir 8tssl8- unil kenieinlje-öetlijlljen
Lreiverl-lluf ill pfg., k. Zatirg. / Nr. 131
pilludlbi
Vor eiuem Jahre, am 12. Mai 1835, starb
ber Schöpser des heutige« Pole», Marschall
Ptlswdski.
Mavschall Pilsudski war schon zu Ledzeiten
«ine legendäre Figur geworden. Es wüvde
ber Rolle, die «r tm letzten JaHrzehnt in der
polni-schen Politik gespielt hat, nicht gerecht
werden, wenn man ihn etwa als den „grand
old man- bezeichnen wollte, als den erfah-
renen, in der Geschichte bewährten Staats-
mann, M dessen abgeklärter Weisheit das jün-
gere Geschlecht ehrfurchtsvoll aufsah. Für sein«
Mitarbeiter war er ein« vom Zauber seiner
«inzigarttgen Persönlichkeit umflossene Autori-
tät. Für öas Volk aber war er längst ein
Mythos geworden, eine Vorstellung, tn der
Sehwsucht und Erfüllung Polens zusammen-
trestfen.
Pilsitd'ski hat stch HSchst selten Sffentlich ge»
zetgt. Aber wenn Polen eins seiner nationalen
Feste feiert«, dann stand sein Bilö von bren-
nenden Lichtern umrahmt, in allen Fenstern.
Er sekbst lebte «insam in Schloß Belvedere,
und nur ab uwd zu fahen ihn öort seine
Freunde und dtejentgen, die als VoWrecker
setnes Willens die Geschicke Polens lenkten. Es
wqre ein Jrrtum, anzunehmen, dast sie nur
Martonetten in seinen Händen gewefen wären.
Er hat stch in den 'letzten Jahren kaum noch
um die Einzelheiten der Staatsgeschäfte ge-
kümmert, es fei denn, datz oine ganz grotze,
goundsätzliche Frage zu entschetden war. Er
gab keine Befehl«, a>ber sein Geist lag doch be-
herrschend über der Staatsführung. Die Män-
ner, die um ihn waren und bie «r tn ihre ver-
antwortltchen Stellungen gebracht hatte, de-
uen «r di« Macht gab, standen in einem ganz
lbesonderen persönltchen Treueverhältnis zu
thm. Bon Oberst Veck, dem Außenminister,
erzählt man sich, daß er nachts oft hetmltch nach
Schlotz Belvedere hinanfgefahren set und dort
stundenlang mi>t dem geheimnisvollen Greis
Pil'sudski die Politik Polens allein besprochen
habe. Ein Beispiel öafür, mte stark sein Wille
und sein Geist in dem, was tn der letzten Zeit
goworden ist, zum Ausdruck käm.
Jn der Einsamkeit von Belvödere hat Pil-
sudski klar «rkannt, daß diese Freiheit mtt der
Erlangnng -der staatlichen Souveränttät alletn,
fo wie sie seinerzeit «rfolgen mutzt«, noch nicht
erreichtwar. Dcr junge Staat war in außen-
politisch« Vindungen verstrickt wor-
Sen, die seine Bowegungsfreiheit v-om rein
nationalen Gesichtspunkt aus gesehen, «rheblich
einengten. Die letzten Jahre des Marschalls
galten der Ausgabe, diese Hemmungen äbzu-
stretfen. Als er starb, htnterließ «r seinem
Volke etne autzenpoltttsche Neuortentie-
rung Polens, die Abkehr von der «inseitt-
gen Bindung an das französische Bündnis und
dte Be r st L nd ig u n g mtt dem deut-
schen Nachbar. Es ist müßtg, in der letz-
ten Frage darWer zu orakeln, von welcher
Seite die Anregung dazu gegeben wurde. Si«
gelang in dem Mng-enblick, in dem dem alten
Frontsoldaten Ptlsudski der Frontsoldat Molf
Hitler als Derhandlungspartner gegenübcr-
stand.
Und das ander« Erbe, das der Marschall
bei seinem Tod« hinterließ, ist die innere Kon-
solidierung durch die neue polnische Verfas-
sung, die er, knapp drei Wochen vor seinem
Sterben, im Warschauer Stadtschlotz feierlich
nnterzeichnete. Polen hat sich lange der staats-
rechtlichen Formen der westeuropäischen Demo-
kratie bedient. Pikfudski ist demgegenüber von
jeher ein Vertreter der autoritären
Staatsansfassung gewesen. Schon lange vor
dem Mai 1826, als er mit der Nesetzung War-
schwus setn innerpol'ittsches Werk begann, sprach
er von dem Partciwesen in Polen als von
einem Unglück. Durch die neue Verfaffung
von191S, das letzte Werk, das unverkcnNbar den
Stempel seines Geistes trägt, stwd öie Gewal-
ten im Staat und ihre Funktionen so abge-
stust, daß nicht mehr anonyme Mehrheiten,
soNdern verantwortliche Persönlichkeiten die
Geschicke Polens lenken. Zur äutzeren Frei-
heit gesellte sich öte innere.
Die Ge-schichte wird Marschall Ptlsndski, ob-
wohl er nur ganz vorübergehend einStaats-
amt bekletdete, den Schöpser des polnischen
Staates unö Former seiner Macht nennen.
Vie stufgaben des deutlilien Ilieoters
Vie KeLe Vr. Koebbels' aus der Zahresbundgebung Ler Keichstheaterbammer
Müucheu, 11. Mai.
Der Nachmittag des zwetten Tages der
Reichstheater-Festwoche brachte den Höhepunkt
öer Festwoche. Münchens schönster und re-
präsentativster Saal, der groß« Saal des
Deutschen Museums, verlieh der großenKund-
gebung der Reichstheaterkammer den würdi-
gen Rahmen.
Es waren unter anderem erschtenen der
Stellvertreter des Führers, Reichsmintster
Rndolf Heß, der Prästdent der Reichskultur-
kammer, Retchswinister Dr. Goebbels, di«
Reichsleiter, Reichsstatthalter General Rttter
von Epp, Reichsschatzmeister Schwarz und
Oberbürgermeisters Fiehler, Staatssekretär
Fun k, der bayrische Ministerprästdent St«-
bert, Staatsminister Gauletter Wolf Wag-
ner u. a. m.
Die Ouvertüre zu Carl Maria von WeberS
„Euryanthe" unter der Leitung des StaatS«
kapellmetsters Meinharb von Zalltnger er-
ösfnöte die Kundgcbung. Der bayrische Staats-
174000 Krbettslose wemger
Sroßer krfolg Ler ürbeitsschlacht im Üpril
Berli«, 11. Mai.
Nach dem Bericht der Reichsaastalt sür Ar-
beitsvermittlu»g u«b Arbeitslosenverficheruug
setzte sich die srühjahrsmätzige Belebuug bes
Arbeitseinsatzes, die im März z« ber a«tzer-
ordentlich starke« Abuahme der Arbeitslosig»
keit gesührt hatte, im April meiter durch. Die
Zahl der Arbeitslose« giug «m r««d 171M0
zurück, so datz am Monatsschlutz «och 1788 071
Arbeitslose vorha«den ware«. Damit ist die
winterliche Arbeitsloseuzuuahme sast wieder
ausgegliche« «nd der günstigste Sta«d der Ar-
bettslosigkeit bes Sommers 18 38, der bei
1706 000 Arbeitsloseu im August lag, sast wie-
der erreicht worde«.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit verteilt
sich fast gleichmäßig auf die Außenberufe (Ab-
nahme: 94 070) und die übrigen, mehr kon-
junkturabhängigen Berufe (Abnahme: 78 976).
Jn den Außenberufen hemmten in manchen
Beztrken die ungünstige Witterung und einige
Witterungskatastrophen, öie zu vorübergehen-
den Einschränkungen ber Außenarbeiten zwan-
gen, den Arveitseinsatz. Trotzdem ist die Auf-
nahmefähigkeit ber ArbeitskrSfte größer ge-
wesen als dies in ben Zahlen über den Rück-
gang der Arbeitslosigkeit zum Ausdruck kommt.
da für bie 88 000 Notstandsarbeiter, bie tm
Zuge der planmäßigen Einschränkung der Not-
standsarbeiten zur Entlasiung gekommen stnd,
ebenfalls Arbeitsplätze in der freien Wirt-
schaft, und hier überwiegend bei ben Autzen-
berufen, besetzt worden sind.
Die Entlastung der UntersiützungSeinrich-
tungen entsprach der Abnahme der ArbettS-
losenzahlen. Die Zahl der UnterstützungS-
empfänger ging um 166 000 zurück, und zwar
betrug die Abnahme in der Arbeitslosenver-
stcherung und Krisenfürsorge HZOOO, bei ben
arbeitslosen anerkannten WohlsahrtserwerbS-
losen 23 000. Jn der Arbettslosenversicherung
wurden am 30. April rund 283 000, in ber
Krisensürsorge rund 707 000 Hauptunterstüt-
zungsempfänger betreut, während in der öf-
fentlichen Fürsorge rd. 282 000 arbeitslose aw
erkannte Wohlfahrtserwerbslose gezählt wur-
den. Bei Noistandsarbeiten waren Enbe April
rund 170 000 Volksgenosscn, das stnd 53 000
weniger als im Vormonat, beschäftigt.
Zwischensall in venf
Karon Nloisi verläßt unter protest Len Sihungssaal — Nussprache vertngt
Geuf, 11. Mai.
Der Völkerbuudsrat trat Moutagnachmittag
«ach 5 Uhr zu eiuer »ichtöfsentlicheu Sitzsug
zusammen, -ie vo« nicht allz« langer Dauer
war. I« dieser Sitzung kam es bei der Aus-
sprache übcr dcn „Konslikt zwischeu Jtalien
und Abessinien" z« einem Zwischensall, in des-
seu Verlaus der Vertreter Jialieus, Baro»
Aloisi, unter Protest de» Saal vcrlietz.
Au Beginn der Aussprache erklärte Baron
Aloisi, datz er zur Tagesovdnung «ine Erklä-
rung abzngeben habe. Anf Aufforderung
Edens als Ratsprästöent, hatte der abes'sinische
Bertreter Wolde Mariam am Ratstisch Platz
genommen.
Daranfhin gab Aloisi eine Protesterklä-
rung ab, in der es heißt:
„Jtalien kann die Anwesenheit eines so-
genannten Vertreters Abesstniens nicht zulas-
sen. Dcnn tatsächlich ist nichts vorhanden, was
einer staatlichen Organisation Mbessiniens
ähnlich sieht. Die einzige dort vorhandene
Souveränität ist diejenige Jtaliens. Deshalb
wäre jede Erörterung über einen italienisch-
abcssinischen Konflikt gegenstandslos. Fch sehc
mich daher gezwungen, auf die Teilnahme
daran zu verzichten."
Nachdem Baron Aloist öen Saal verlasien
hatte, erklärte Wolde Mariam, Abessinien als
Völkerbundsmitglied sei nicht der Angreifer,
sondern das Opfer eines Angriffs, Es ha>be
keine internationalen Gesetze verletzt und
bleibe dem Völkerbund treu.
Eden wies daranf hin, daß es sich nur um
die Festsetzung der Tagesordnung handele. Der
Rat habe nur seine Entscheidung zu treffcn,
ob der Punkt auf der Tagesordnung b-leiben
solle. Er als Ratspräsident sei der Meinun-g,
öaß öie Frage anf öer Tagesovönung zu blei-
ben habe. Dieser Auffaffung schlosien sich ber
spanische Vertreter und der dänische Außen-
minister an. Der Rat beschloß öementspre-
chend.
Trotz dieses Beschluffes aber wurde kei-
neswegs in die Aussprache eingetreten, son-
dern vielmehr soll am Dienstagnachmittag
öie Behanöilung der abossinischen Frage bts
zur nächsten Ratstagung im Juni vertagt
werden.
Die öfseutliche Sitzung
Jn der aus die nichiöffentliche Sitzung fol-
genden öffentlichen Ratssitzung, di«, wie vor-
gesehen, von dem englischen Außenminister
Eden geleitet wurde, wuvden nur «inige
kleinere Fragen der Tagesordnung behandelt,
darunter Hilfeleistung für bedürftig« Aus-
länder und die Arbeiten der Hygieneorganisa-
tion.
Aloisi berichtete über gewisse Organisa-
tionssragen des Haager Gerichtshvfes. Die
Vertreter Abefstniens hatten, da ihr Fall nrcht
zur Behandlung stand, unter den dem Rat
nicht angehörenden Völkcrbunösmitg'l iede r n
Platz genommen.
für Lortdauer Ler Sanl-tionen
I« englische« Kreise» wird der Beschluß
des Völkerbuwdsrates, de» italieuisch-abesfiui»
schen Streitfall a«f seiner Tagesord«u»g zu
belaflen, dahin ansgelegt, datz «ach Ansfasinug
des Rates noch eine abessinische Regierung
uud eine abesstnische Sonveränität bestehe.
Anch hat man aus de« Uuterrebnnge«
Edens mit den Bertreter« der verschiedene«
Mächte uud Mächtegruppeu die Uebcrzeugnng
gewonne«, daß alle matzgebende» Ratsmitglie-
der für die Fortdaner der Sanktioue« stnd.
minister Gauleiter Adolf Wagner begvüßte
di« Teilnehmer der Kunögebung im Namen
der bäyrischen Staatsregierung. Er dankt« vor
allem Reichsminister Dr. Goebbels dafür,öatz
er dte Reichstheaterwoche nach München gelegt
habe.
Vr. Koebdels' Kechenschastsbericht
Dau» hiolt Reichsminister Dr. Goeb»
bels eine richtnngweisende, vo» alle« An-
wesenden mit großer Spanuuug versolgte nnd
immer wieder vo« stürmischer Zuftimmnug
«nterbrochene Rede über Wesen, Anfgabe«
nnd Znkunft des dentsche« Theaters.
Znr Einleitung «rinnerte er daran, batz
öas Theater in keinem anderen Lande seit je
so lebhaft, so leidenschaftlich und eindringlich
diskutiert wovden sein wie in Deutschland.
Für uns Deutsche sei das Theater immer ein«
Sache des Herzens gswesen, und alle großen
deutschen Geister haben di« Sehnsucht erfüllt,
das Dheater zu ein-"r Angelegenheit des gan-
zen Bvlkes zu machc r. Sie hätten sich zu allen
Zetten unserer Geschichte an dieser Diskussion
beteiltgt.
So habe Lessing nicht wur dem -ent»
schen, fondern dem Welttheater in -der „Ham.
burgischen Dramaturgie* -aS WefenSgefüg«
gegeben, und Schiller hab« ihm den Ehren»
titel einer „Moralrschen Anstal^ verliehen.
Ueber diese bei'ben Großen unserer Theater-
geschichte seien wir bis -um heutigen Tag«
kanm hinausgekommen. Wir lebten noch
heute von ihrem geistigen Erbe, das deswe-
gen rmmer noch Gültigkeit hab« und aktuell
sei. Mit großer Befriedignng könne man fest-
stellen, daß das deutsche Theater zu seinem
eigenen Segen und Nutzen wieder anznknüp-
fen beginne bei Lessing, dem großen deutschcn
Theater-Theoreiiker und bei Schiller, dem
großen Gestalter des deutschen TheaterS.
Vas Itieater ist für Los gan;e llolh da
Dr. Goebbels setzte dann auseinander, wi«
daS Dheater vom Volke lebe unö vpn ihm
auch seinen belebenden Jmpuls empfang«. ES
öürfe nicht das Vorrecht einer hauchdünnen
Oberschicht bleiiben, sondern es müsie versu-
chen, das ganz« Volk zu erfassen und
andererseits auch wieder von ihm «rfatzt zu
werden. Das beöente alleröings nicht, daß daS
deutsche Dheater einem öden und billigen
Masiengeschmack hnldigen müff«. „Das Gered«
von Masiengefchmack", so betont« der Mini-
ster, „ist meist nnr ein« Ausrsde. Der Mas-
sengeschmack ist vielsach nur ein Kaffenge-
schmack, und diejenigen Theaterleiter, dt«
«Iner geistlosen, platten Scheinkunst huldigen,
benken nicht so sehr an die Maffe wie an die
Kasie,' es ist ihr Hauptbestreben, die Kass« aus
billige und risikolose Weise zu füllen.
Allerdings haben wir auch nie geglaubt,
daß die Kunst sich selbst ernähren könnte. Si«
hat vielmehr, nm lebens-kräftig zn blei'ben,
immer Subventionen nötig. Sie kann
nicht mit irgendeinem Wirtschaftsbetrieb ver-
glichen wevben, der nur dann Sinn hat, wenn
er sich rentiert. Selbst wenn es um di« Unter-
haltung geht, ist es nicht damit getan, si« geist-
los uttd platt an die Masse heranznbringe».
Auch öie Unterhaltnng muß geistvoll sein: si«
soll dem Vvlke in seinem schweren Daseins-
kampf Werte geben, die Wer das Materiell«
des TageSöaseins hinausznführen die Kraft
haben. Auch die nationalsozialistische Beive-
gung hat die breite Maffe nicht dadurch tn
ihren Bannkreis gezogen, daß sie etwas mög-
lichst Geistloses und Platies als Ziel vertre-
ten hätte. Wir haben vielmehr unsere Fde«
und den Zeitstoff -en breiten Massen auf die
einfachste Weise nahegebracht. Hier scheint mir
auch das Grundproblem des modernen
deuifchen Theaiers M liegen: zurück zur e i n-
fachen Klarheit in Stoff, Jnfzenierung
und Darstellung!"
Der Minister erörterte dann eine grotze
Reihe von Grundproblemen, öie dem deut»