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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9503#1959

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kjeidelberger 8 e o b a ch t e r
Lerlag und HerauSgeLer: Verlag VolkSgemelnschast G. m. b. H.. Heidelberg. Hauvtstr. 126/128
kammelnummer 822S. Echristleitung: Lutherstr. W. Fernruf 8710. Die »BolkSgemeinIchast^
erscheint 7 mal wSchenüich und kostet monatlich 1,70 RM.; bei Trägeizustellung zuzügl. 80 Ps.<
Mtwoch< Len 1Z. Mm 1838 ümlliclieZ VerIlijMgilNg8lil8tt liir 8Isst8- unll Kentkinlle-Keliijsllen frewert-nul 10 pfg., 8. Mrg. / Nr. 132


»et Postzustestung zuzügl. 42 Ps. Fst die Zeitung mn Erscheinen (auch durch höhere Tewalt)
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für den solgendenMonat direktbeim Verlag eingereicht werden. AuSschl.GerichtSstand: Heidelberg

Raliens Ilbordnullg verWt Vens
kin protest gegen den Völberbund — Vrol^ungen mit endgültigem stustritt

Genf< 12. Mni
Wie am Dienstag gege« 1.30 Uhr «ach-
mittags bekannt wurde, hat die italienische
Delegatiim von Mnssoliui die Anweismrg er-
halteu. Genf sofort zu oerlaffe«. Baro« Aloist
hat daraus de« Geueralsekretär des Völker-
buudes verständigt. daß er an den Ardeite« des
Rates nicht mehr teilnehmen könne. Weitere
Erklärnnge« wnrde« vo» italienischer Seite
«icht abgegebe«.

I« Völkerbnndskreise« wird der italieni- dem gesamten beutschen Hausbesitz der einige

sche Schritt als Uuterstreichung des gestrige«
Protestes gege« -ie Anweseuheit eines abeffi-
«ischen Vertreters ausgesaßt. Ma« hatte be-
reits damit gerechuet, daß Aloisi aus Gr««d
dieses Protestes i« der sür Dienstagnachmittag
a«beraumte« öffentlichen Ratsfitzung «icht er-
scheine« werde. Andererseits ist ian stch aber
a«ch hente bewußt. daß in der italienischen
Geste eine «ene Drohnng mit dem Austritt
ans bem Völkerbund liegt.

lehte Warnung an 6enf
Me römische presfe;ur Kbreise der italienischen Kbordnung

Rom, 12. Mai
Die Abreise der italienischen Delegationen
aus Genf wird auch in hiestgen politischen
Kreisen größte Bedeutung beigelegt, doch be-
lont man, daß diese letzte Warnung an
Genf noch nicht den endgültigen Austritt
Jtaliens aus dem Völkerbund bedeute. Ein
folcher Beschluß, der nur von Mussolini gefatzt
werden könne, liege vorerst nicht vor.
Die gleiche Darstellung wird in den Genfer
Berichten der römischen Abendpresse gegeben.
Der Grund der italienischen Abreise liegt nach
dem „Lavoro Faseista" sowohl in der
Zulaffung Wold« Mariams zu den Beratungen
des Völkevbundsrates wie auch in der Ent-
schließung, öie am Dienstagnachmittag dem
Rat zur Beschlußfaffung vorgelegt wevden sollte
urrd mit der die Nichtanerkennung der öurch
öi« römischen Erlaffe in Abeffinien geschaffenen
sachltchen und rechtlichen Lage zum Ausdruck
kommen würde. Redaktionell wird die Abreise
der italienischen Delegation noch nicht be-
sprochen, doch schließt das halbamtliche „G i o r-
nal« d' Jtalia" seinen Leitarttkel, der die
soforttg« planmäßige Aufnahme der Besied-
lung und Vewirtschaftnng Abessiniens zwecks
Ausbeutung seiner Voöenschätze unö seiner
landwirtschaftlichen Erzougnisse zum Gegen-
stanb hat, mit der Bemerkung, dieses Aufbau-
werk Jtaliens in Abessinicn sei öie fort-
schreitenbe Geschichte der Tat-
sachen. Es sei öabei gleichgültig, ob man
in Genf die Uhren anhalten und weder die
Zeiten noch das unaufhaltsame Werk der ita-
lienischen Zivilisation verstchen wolle.
„Lavoro Fascista« meint in diesem
Zusammenhange: Nach der Schaffung der voll-
zogenen Tatsache stehe man jetzt vor dem Gen-
fer diplomatischcn Endziel, das aber dem
Völkerbund mehr Verlegenheiten bereite
als Jtalien. Jtalien können abwarten, bis die
anöeren zu einer Einigung über ihre Formel
gelangten. Es sei bereits mit setner ganzen

Znternationale Lügner!
Wir fragen „Daily Telegraph"
Bcrlin, 12. Mai.
Der diplomatische Korrespoudcnt dcs „D a i,
ly Telegraph" berichtete seinem Blatt aus
Gens, „daß der deutsche Reichskanzler kttrzlich
i» einem Gcspräch von dem geschwächten An-
sehen Großbritanniens gesprochcn habe" und
fügte dieser Meldnng hinzu, daß die kleinen
Staaten stch beeilt hätte», dem englischen
Außenminister z« verstchcrn, dah ste dies für
eine grundlose Vernnglimpsung Grotzbritan-
niens hielten.
Da diese Behauptnng des Korrespon-
dente« offensichtlich aus bcn Fin,
gerugesogen ist «nd erstcbtlich z« dem
Zweck verbreitet wird, Stimmung für die Aus-
rechterhaltung der Sanktionen zn machen,
stellen wir dem Korrespondente« des „Daily
Telegraph" dic präzise Frage:
Wann, wo «nb wem gegenüber hat der
Führer dicse angebliche Aentzernng geta«?
Es ift endlich a« der Zeit, deu interua»
tionalen Brnnnenvergifter« daS
Handwerk z« legen.

schöpferischen Tatkraft am Werk, um die prak-
tischen Fragen öes italienischen Kaiserreiches
in Abeffinien zu lösen. Der Trieg, den Jtalien
immer vorziehe, sei der der fruchtbaren Ar-
bcit, wobei es jedoch öen Krieg gegen die
Vergewaltigung seines Sieges nicht fürchte.
Ssstematische Vesehung klbestiniens
Addis Abeba, 12. Mai.
Das italienische Oberkommando bereitet die
systematische Besetznng des gesamte« abeffini-
sche» Gebietes vor. Es w«rde« mehrere Ko-
lonne« gebildet, die demnächst i« verschiedener
Richtnng abmarschieren werden, nm in erster
Linie die wichtigsten Punkte a« sämtliche»
Grenzen z« besetze».
Die deutsche Kolonie in Addis Abeba
ist an öie Wiederaufbauarbeit gegangen. Von

1M Köpfe zählenden Kolonie sind nur 15 Häu-
ser intakt geblieben.
Die Bevölkerung von Addis Abeba war
aufgeforöert worden, sämtliche in ihrem Be-
sitz befindlichen Waffen an die italienischen
Behörden abzuliefern. Bisher stnd daraufhin
3 500 Gewehre, 80 Pistolen, 30 Maschinen-
gewehre und drei Kanonen abgeliesert wor-
den.
Die Weisungen, die der italienische Regie-
rungschef Muffolini am Montag in einer langen
llnterrebung dem Vorsitzenden des Reichsverban-
des der italienischen Jndustrie, Grafen Volpi
über die sofortige Aufnahme aller vorbereitenden
technischen und wissenschaftlichen Arbeiten für die
Besiedlung und Bewirtschaftung des italienischen
Abessiniens gegeben hat, bilden am Dienstag-
abend das Hauptthema der römischen Presse.
Das halbamtliche „Eiiornale d'Jtalia"
schreibt, datz Jtalien nach dem Waffensieg sosort
mit der produktioen Arbeit unter Einsatz aller
dafür in Betracht kommenden Kräfte beginn«.
Landwirtschaft und Jndustrie sollen auf einer
sicheren Produktionsbasts zusammenarbejten, da-
mit die Opfer, die für den Krieg gebracht wor-
den seien, dcr ganzen Nation im höchsten Erade
Zu Nutzen kämen. Unter den Rohstoffen wilrde
zunächst an Baumwolle, Wolle, ölhaltige Samen,
Felle, Edelhölzer, Mineralien und PetroIeüm
gedacht. Letzteres sei bereits im südlichen Dana-
kil-Eebiet festgestellt worden. . . '
Marschall Graziani hat nach einer Mel«
dung der Agentur Stefani in Harrar. Diredaua
und Dschidschiga autzerordentliche Kommissare ein-
gesetzt, die sofort den Verwaltungs- und Sicher-
heitsdienst einrichten und die Entwafsnung der
Bevölkerung durchführen sollen.

Me Sanhtionen werden fortgesetzt
llerlegenlieitsbelchluß des Vulherbundsruts - llertagung uuf 15.3uni

Genf, 12. Mai.
Der Völkerbundsrat hat Dienstagnachmit-
tag in öffentlicher Sitzung — in Abweseuheit
dcr italienische» Delegierten — folgende Eut-
schlictzung angeuommen:
Der Rat, der bcrusen ist, de» italienisch-
abesstnischen Konflikt zu «ntersuchen, erinncrt
an die Feftstellnngen nnd Entschcidungen, die
iu dieser Sache seit dcm 3. Oktoücr 1835 gc-
trofsen worden sind. Er ist der Ansicht, datz
eine Frift notwendig sci, «m seine«
Mitglieder» die Prttsnng dcr Lage z« ermög-
lichen, die dnrch die schwerwiegendcn neuen

Schritte der italienische» Regiernng entstande«
ist.
Der Rat beschlietzt, am 18. Juni seiue
Beratungen über dic Angelegenheit wieder
aufzunehmen und crachtet, datz es nicht an-
gebracht sei, die Matznahmen abznändcr«, die
durch die Völkerbundsmitglieder gemeinsam
getroffen worden stnd.
Ueber die von dcn Vertretevn Frankreichs,
Englands und Belgiens am Dienstagnachmit-
tag abgehaltene Sitzung zur Erörterung öer
fFortsetzung Seite 2)


E»-rl Bilderdieigt .
Die Arbeiten an der Gestaltnng ber grotzen Olympische« Kampfstätte i« Berlin, bem
Reichssportfeld, gehen mit Riesenschritten ihrem Ende z«. Dnrch die eindrucksvolle« Ban-
ten wirb de« Olympische« Spiele» ei« Rahme« gegebe» werden, wie er wohl bis jetzt «och
nirgends bei einer Olympiade z« seheu war.

2er ratlole Kat
6. 8-K. — Die 92. Tagung des Genfer Böl-
kevbundsrates hat bisher einen Vevlauf ge-
nommen, öer die Karikaturen-Zeichner der
Welt zu unsterblichen Werken begeistern
müßte. Noch ehe der Hohe Rat sich am be-
kannten „Grünen Tisch" feierlichst niederlietz,
verküwöoten die alleweil „gutunterrichteten"
Verichterstatter der Weltpress«, öaß anf Sen-
sationen ketneswegs zu rechnen sei, öenn öi«
betden Punkte der Tagesovdnung, Abessi-
nien-Konflikt unö Locarnofrage
wüvden auf Juni vertagt wevden.
Daß di« Wiederbesetzung der ehemals ent-
mtlitarisierten Zone aus ösm Tagungspvo-
gramm der Genfer Heiligen herausfallen
wüvde, lag seit der Ueberreichung des briti-
schen Fragebogens in Verlin fest. Die-
ses Kapitel europäischer Politik kann erst
dann besprochen wevden, wenn die Reichs-
regierung ihre notwenöigevweise sovgsamste
Prüfung der Lonöoner Rückfragen beendet
und deren Ergebnis in London als Antwort
überreicht haben wevden wivd. Der Sowjet-
Jnde Litwinow-Finkelstein wivd, als
in Erpressungsversuchon «rfahrener alter
Bankränber, wahrscheinlich öen Versuch unter-
nehmen, öas im Entstehen begriffene deutsch-
englische Gefpräch zu stören. Wir halten die-
sen Versuch für wenig anssichtsreich, denn
selbst öer Herrgott der II. Jnternationale, öer
stark verärgerte Leiter der französischen
„Bolksfront", Löon Blum, und der Mtnister
Paul-Boncour dürften gogenwävtig ein
sehr geringes Jntereffe daran haben, di« Lon-
doner Außenpolitik zu durchkreuzen.
Etwas unüberfichtlicher gestaltet
stch die Lage hinstchtlich des italienisch-abesst-
nischen Konfltktes.
Di« am Samstag feierlich proklamierte Ein-
beziehung Abesstniens in den italienffchen
Hoheitsbereich nimmt der 92. Ratstagung den
letzten Rest von Bedeutung, öen sie sonst
vielleicht hätte haben können. Die Völker-
bundsmächte waren nicht gewillt, weil nicht
fähig, öie Eroberung Abofsiniens zu verhin-
dern. Noch weniger werden sie nun be-
reit sein, papierene Beschlüffe gegen militärisch-
politische Tatsachen einzusetzen. Ob nun die
Sanktionen gegen Jtalien aufgehoben, beibe-
halten oöer verschärst weröen sollen, ist völlig
gleichgültig. Wer wüvde sich um öie Veschlüffe
des immer noch lebenden Genfer Leichnams
kümmern?
Den „Kletnen" in Gens aber, die svbie-
öer unö brav hinter den Sanktionskarren der
Großen herzogen, die ihre teilweis« relativ um-
fangreichen Handelsbeziehungen mit Jtalien
öem tönernen Götzen Bölkerbund zum Opser
brachten, die wevöen mit nicht geringem Un-
behagen bemevken, öaß sie die Leidtragenden
des „Probefalles Abessinien" gewor-
den sind, während die hauptbeteiligten Grotz-
mächte wahrscheinlich mit kühler Eleganz aus
öiesem verfehlten Geschäft „aussteigen".
Zwar nicht zum offiziellen Tagungspro-
gramm gehörend, aber deshalb nicht miirder
wichtig, schweben noch etliche andere politische
Ereignisse als trübe Wolken am Genfer Him-
mel. Ohne einen Anspruch aus Bollständigkeit
zu «vheben, zählen wir aus.
1. P h ö n i x - S k a n d a l, verbunden mit
erneuter inner- unb finanzpolitischer Schwä-
chung Oesterreichs.
2. Verkündung der allgemeinen
Dienstpflicht in Oesterreich entgegen
dem Protest der Kleinen Entente.
8. Errichtung eines staatlich anerkannten
Familienfonds des Hauses Habs-
burg als weiterer Schritt zur Restaura-
tion, gegen die die Konferenz öer Kleinen
unö Balkanentente jüngst erneut scharf pvo-
testierte.
4. Die Forderung öer Türkei auf Wie-
berbefestigung der Darbanellen,
von der angenommen wevden darf, baß st«
mit oder notfalls auch ohn« Genfer „Erlaub-
nis" durchgeführt wevden wivd.
6. Bulgariens Fovderung anf einen
freien Zugang zum Mittelmeer,
öer durch eine Besestigung der Davdanellen
in Wegfall käme.
6. Die arabische Avwehr gegen de»
 
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