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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9503#0905

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Unterlisltiins

„Volbsgemeinschast^
Sonntag, deu 1. März 1S26






MmIIitMrÄ MLiMMM vtzrvmWM SMWn5iM

Wc»u im Jahre 1S88 dieBayreuther Festspiele, im «eue« Deutsch-
land zu neuem Glanz erweckt, ihr 60. Jubilänm begehen, wird mau des
Schöpsers dieser Festspiele, des geuiale« deutscheu Meisters Richard Waguer
mit Ehrfurcht u«d Bewunderung gedenkeu. Dr. A. vo» Andreevsky, der
bekannte Waguer - Forscher, schildert i« uuserer Artikelreihe „Kamps um Bay-
reuth" i» spauuender uud anschaulicher Weise die vielfach bisher unbekannten
Begebenheiten, die stch um die Er richtuug des Bayreuther Festspielhauses ab-
gespielt habe«.
I. hen, kein Opervhans im üblichen Sinne, das
der Unierhaliung eines obevslächlichen Pu-
bliknms dient. Nsin, ein Tempel der
üe-utschen Kunst müßie es sein, ein Hei-
lig-ium, in dem eine hohe heroisch-romanii'sche
Knnst zu dem ganzen Volk sprechen wüvde.
Eine Schar erlesener Sängeröarsteller, keine
SiimmMkrobaien und Komödianien, geschmack-
volle Bühnenbilder, kein Knlissenplunder, nnü
vor allom ein difKiPlinieries Orchester, ein her-

Ein schöner Sommerabenö des Jahres 1885.
Anf einvm Hügel, von bem man das liebliche
Markgrafenstädtchen Bayreuth im sanfien
Schern der nniergöhenden Sonne bewunüern
kann, steht, in Gedanken versnnken, ein jnn-
ger Mann. Von kleiner Siaitur, hager, mit
klngem Gesicht, scharfen, markanten Zügen und
energischem Kinn. Seine Kleiünng ist ziemlich
üürftig. Es ist ein nnbekannter Musiker, 22

Das Festspiclhans Vayrenth mit seineu Bühneu- uud Verwaltuugsanbautc«

Hcchre ali, Richard Wagner, znr Zeit Ka-
pellmeister in Magdoburg.
Der Kapellmeister besindet sich anf einer
Reise, zn der er das Geld notdürftig zusam-
rnengekratzt hat. Das Ziel der Fahrt ist die
Bervollstänüignng öer Magdebnrger Opern-
truppe durch neue wevtvolle Mitglieder. Das
ist es eben: dteser namenlose Jdealist stellt an
üie begrenzten Mögltchkeiten einer mittel-
rnäßtgen Provinzbühne üie nnerhörtesten künst-
lerischen Ansprüche — thm schwebt ein Znsam-
menfpiel vor, wie es üie Opernbühne bisher
«och ni« erlebt hwt! Und gerade hier, beim
Anbltck des frieülichen Städtchens, steigt vor
setnem geistigen Ang« «in« großart'ig«
Bision aus.
Ans diesem Hügel mützte ein Dheater ste-

mußten. Nnn soll üas Festfpielhaus erstehen.
Wagners Blicke wenden sich nach Bayrenth,
ü«m Ort, ü«n er üamals währenü seiner Enga-
gementsreise gestreift hat und wo ihn di«
große Jdee znm ersten Mal erleuchtet hat.
Noch während des Ansenthaltes in Mün-
Hen wurden ihm von Freunden Vorschläge
gemacht, das Festspielhaus in München er-
stehen M lassen. Hente konnte davon nicht
mehr die Rede sein. Hat man nicht gerade in
München die niedrigsten Mittel ber Pressehetz«
gegen den Meister benutzt! Hat man nicht
vor der Uraufführung des „Tristan", d«s «r-
habensten W«rkes Wagners, ein« albern«, ge-
schmacklos« Parodie, „Tristanüerl und Süß-
holde" in einem Borstedt-Theater heraus»
gebracht? Hat man nicht sein Gehalt, das der
König ihm aus den Mitteln der Kabinetts-
kasse großzügig bemilligt hatte, in Säcken
voll Kupfermünzen dem Meister ins
Haus getragen, um ihm dadurch indirokt zu
sagen, daß er den Staat ruiniere? Hat man
nicht cm Dage der Tristan-Uranssührung einen
Wechsel aus länigst vergangener Zeit dom Dich-
ter-Kompontsten vorgelogt — ein Freunö-
schaftsmechsol übrigens — in der Hoffnnng,
ihn als böswilligen Schuldner einsperren zu
können und ihn fo in den Angen der ganz-en
Welt zu kompromittieren?
Also hält Wagner an dem Vayrenther Ge-
danken festl
Die grüne Broschüre.
Der «rste Schritt des Meisters zur Ver-
wirklichnng semes Planes ist di« Herausgabe
einer Flugschrift nnter dem Titel „Ueber
di« Anfsührung d«s Bühnenfestspiels „Der
Ring des Nibelnngen". Da der Umschlag der
Broschüre grün ist, sindet der Meister die Be-
zeichnung „Grüne Broschüre". Es ist.

Alle Aufnahmen: Scherl
Cosima Wagner,
Richard Waguers Lebeusgefährtin.
wie Wag-ner seilbst sagt, nichts andeves, wls
eine Mitteilung nnö Aufsordernng an die
Frennde seiner Knnst. Die Bvoschüre enthält
di« Grundsätze der zukünstigen Bayrvuther
Bühnenfestspiele. Jst es ein Znfall, daß der
erste Gedanke zu dem Siogesznge der dont-
schen Knnst mit dem Sioge der deutschon Waf-
sen znsammenfüllt?
Soeben sind die siegreichen Trnppen aus
dem Kriege 1870/71, der öie dentsche Einhoit
perwirMchte, zurnckgek-ehrt. Auch der Meister
hat sich, vom nationalen Gesüihl beseolt, an
di-osom großen Ereignis künstlerisch b-oteiligt.
Das Resnltat >ist -der ,Kaisermarsch", ein Mu-
sikstück, das leider allzu wenig gespielt wird.
Zunächst gilt es, Bayreuth nach 85jähriger
Pause zu besnchcn. Dorerst erscheint Wagner
nnanffällig in öer Stadt. Er verbringt dort
8 Tage und sieht sich den Ort genau an. Frei»
lich besitzt Bayrenth «in sertiges Dhoater, daS
entzückende markgräslichc Opernhans, in der
Knnstgeschichie berühmt als e>in« wahre Pevle
des Rokokostils. Für ö-en heroischen Stil Wag-
ners kommt aber der zierliche Znschauerraum
ni-cht in Frage. Monnmentale Größe und
schlichte Einsachheit sollen die Merkmale ö-os
newon Mnsentompels sein.

Gevatter Skorch kommt nun am Tage
Vervollkommnung der Geburtstechnik?

Porträt Nichard Wagners,
"lrs den Komponisten in der Zeit seines er-
folgreichsten Wirkens in Bayreuth zeigt.

vorragender Klangkörper, müßt-en die Grund-
lagen diesos Theaters soin, das er „Fest-
spielhaus" nennen wüvde.
So wird der Schwärmer znm Propheten —
in di-esem Ang-enblick woiß er, daß dies-es Fest-
spiolhaus Wicklichk-eit werden muß. Es wivö
sich stolz erh-eb-en als ewig-es Wahrzeichen der
deutschen musik-dramatischen Kunst, und er, öer
heute Unb-okannte, wirö es ins Leben rnsen!
Bon öi-esem Geüawken besoelt und beglückt,
setzt der Wanderer seinen W-eg fort...
„Tristanderl «nd Süßholde".
35 Jahre sinü übers Land gegang>en. Aus
üem nnbokannten Kap-ellmeister Wagwer ist
d-er berühmte, ab-er immer noch heitz umstrit-
tene M-oister Richarü Wagner g-eworden.
Was liegt nicht alles hi-nter ihml Das namen-
lose Elend in Paris, di-e Flucht aus Dresd-on
nach der Revolution 1848, die Not des un-
fveiiwilligen ExilA, die exbittertsten Kämpie nm
die Anerk-ennnng sein-er Kunstideale. Der
schwärmerischen Liobe des jun-gen Kön-igs Lud-
wigs von Bayern für soin Werk vevdankt
Wagner sei-n-en Anfstieg in München, der ihm
oine Zeit lan-g ein g-esichertes Leb-en ermö-glicht
hat. Aber auch di-e schön-en Tage vo-n München
sind vorbei. Intrigen ohne Zahl habe-n den
Meister a-us Münchon v-eriogt. Jn Triebschen
am Bierwald-stätter-sce gen-ießt -er das Fami-
lienglück ein-er n-enen Ehe mit Eosima von
Vulow, der Tochier seines grohen Freun-
ües nnü Gönners Liszt.
J-etzt wird die alte I-dee von Bayreuth
wie-der lebendi-g. Wa-gner fühlt sich stark g-enng,
üen gigantische-n Plan durchzuführ-en. S-cho-n
hat er im Züri-Her Exil den Plan gesaßt, «ine
Bretterbnde zu b-an-en, dort sein-en „Jüngen
Siegfriod" au-fznfüsir-en, nm dann de-s Th-eater
zu v-erbre-nnen. Aus d-em Entivnrf des „Fnn-
gen Siegfrie-ds" ist inzwischen die gewaltige
Trilogi« „D e r Ring d«s N-ibelungen"
g-eword-en, «in W-erk, desscn Ausmahe allein
schon auf das Publiknm «rschreckend w-irken

Nürnberg, 29. Februar 1938.
Profesior Dr. Maximilian Meyer vom Sta-
tistischen Amt in Nürnbery hat nach jahrelangen
Beobachtungen die Feststellung gemacht, datz 1935
in Deutschland zum erstenmal mehr
Neugeborene am Tag als nachts
zur Welt gekommen sind.
Hand anfs Herz — wenn uns heute ein Be-
kannter nach unserer Geburtsstunde frägt, w«r
w«iß dann g-enau, zu welcher Tageszeit er zum
«rstenmal das „Licht der Welt" erblickt hat?
War das gleich nach der Geburt, o-der mutz-
ten wir als nengi-erig« Babi-es noch einig«
Stunden warten, bis wir mit großen Augen
in di« Helligkeit des Tages starren? Nun,
wenn wir Erwachsenen vom „Licht der Welt"
sprechen, das wir in der Stunde unserer Ge-
burt zum erstenmal „erblickt" haben wollen.
dann können wir damit hüchstens den netten
Lichtschein einer elektrischen Lampe oder gar
noch einer flackernden PetroleUmflamme mei-
nen, üenn öie ärztliche Wissenschaft hat sestge-
stellt, daß noch vor 20 Jahren die weitaus
meisten Kinder zur tiefen Nachtzeit öie
Neise in die Welt antraten, währen hente öer
Storch für seine Besuche mehr den Tag be-
vorzugt.
Professor Dr. Maximilian Meyer
vom Statistischen Amt in Nürnberg ist der
Mann, der uns mit dieser Nachricht überrascht.
Seine langjährigen Beobachtungen sind unum-
stößliche Beweise für die Tatsache, öatz seit
Sem Jahr« 1916 die Zahl öer Taggebur-
ten immer mohr im Ansteigen begrifsen ist
unö daß im Jahre 1935, zum erstenmal, seit es
eine Goburtsstatistik gibt, dieZahl der
Taggeburten die der Nachtgebur-
t e n übersteigt. Seitdem überwiegen üi« Gobur-
ten zwischen 6 unü 18 Uhr—üie nächtlichenBe-
suche üer Hebammen wevden also immer sel-
tener! Wie lang« wivd «s noch dauern, vis die
roten Lampen vor ihren WohiMngsfenstern
gänzlich überflüssig w-erden? Es g-ehört dem-
nach für di« kommenden Generationen gewis-
sermatzen zum guten Ton, im Schein der
Sonne den ersten Schrei in biese Welt zu tun,

Sie selbst Gevatt-er Storch nun zur Acnöerung
seiner gewohnten Besuchszeit gezwungen hat.
Man hat Professor Dr. Meyer selbstver-
ständlich mit d-er Frage nach üen Ursachen die-
ser Umwälzung in der Wochenstwbe bestürmt.
Der Gelehrte hat dafür nnr ein-e Erklärur.g,
wie man sie für alles bereit hält, was sich nicht
mit expertmentellen Ergebnissen belegen lätzt.
Seiner Meinung nach handelt es sich bei -ie-
ser jetzt noch völlig ungeklärten und mehr
als rätselhaften Angelegenheit um Ein-
flüsse aus dem Kosmos. Sind es viel-
leicht wteder einmal di« geh«imnisvoll«n Gon-
n«nflecken, -die uns ja auch di« milden Winter
und die regnerischen Sommer bescheren sol-
lenl?
Der medizmische Forscher Dr. Lickint
aus Dresden glaubt nicht an dies«n Unh«il-
stifter aus dem Welt-alll Er sucht nach natür-
licheren Gründen und seine Annahme, daß di»
V«rvollkommnung der GevurtS»
technik in den letzten beiden Jahrzehnten
die Ursache ist, -daß heute zahlenmäßig üie T-a-
geskinüer über üie „Nachtlichter" triumphieren
können, hat vieles für sich. Dem Geburtshelfer
stehen üoch heute genug ärztliche Mittel znr
Verfügung, welche die raschcr« unü zeitlich-be-
stimmbare Abwicklung einer Geburt zu beein-
fluffen vermögen. Anch ein Arzt schätzt dt«
Nachtruh-e! Unü warum soll er sich geraöe üi«
„nachtschlasenüe Zeit" herausfuchen, wenn er
einen kräftigen Jungen odex ein hübsches klei-
nes Mädel genau so gut bei Tageslicht der
glücklichen Mutter in die Arme legen kann?l
Gcschichtc der dentsche« Frcikorps. Einer
Anregung des ehemaligen Freikorpsführers
von Anlock, des jetzigen Brigadoführers Ber-
lin-Brandenburg des NSKK, folgenö, hat der
bekannte Biograph Edgar von Schmidt-Pault
die Vearboitung eines Werks übernommen,
das öie Geschichte der Freikorps von 1919 btS
zu ihrer Auflösung behand-clt. Das Werk wir-d
im Berlag Robert Lutz Nachfolger Otto
Schramm in Stnttgart herauS-gebracht.
 
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