Zsitz 4
l'eisesyolitlk
^Vlllksgememschllft"
Sonntag, den 8. März 1931
und Doraussicht vorschreiben. Und ich weitz. datz
diese Ueberzeugung tiefstes Kedanken- und Ideen-
gut der ganzen nationaisozialistischen Bewegung
geworden ist. Mit zäher Beharrlichkeit werden
wir die sozialen Probleme und Span-
nungen in unserem Volk auf üem Wege einer
fortgesetzten Evolution und damit uns des
Segens einer ruhigen Entwicklung versichern, die
allen unseren Volksgenossen zugute kommt. Und
was dabei an immer neuen Ausgaben an uns
herantritt, erfüllt uns mit der Freude desfeni-
gen, der ohne Arbeit und damit ohne Aufgaben
nicht zu leben vermag.
Wenn ich diese grundsatzliche Einstellung auf
die europäische allgemeine Politik übertrage,
dann ergibt sich daraus für mich die Unter-
scheidung Europas in zwei Hälften:
in jene Hälfte. die sich aus selbständigen und un-
abhängigen Nationalstaaten aufbaut, aus
Völkern, mit denen wir tausendfältig durch Ee-
schichte und Kultur verbunden sind und mit de-
nen wir in alle Zukunft genau so wie mit den
freien und selbständigen Nationen der außer-
europäischen Kontinente verbunden bleiben wol-
len. Und in eine andere Hälfte: die von
jener unduldsamen und einen allgemeinen in-
ternationalen Herrschaftsanspruch erhebenden bol-
schewistischen Lehre regiert wird, die selbst dem
ewigsten und uns heiligen Dies- und Jenseits
die Vernichtung predigt, um eine andere, uns
in Kultur, Aussehen und Inhalt abscheulich
vorkommende Welt aufzubauen.
Mit ihr wollen wir autzer den gegebenen
politischen und wirtschaftlichen internationalen
Beziehungen in keine sonstige innigere Verüh-
rung kommen.
Es liegt nun eine unendliche Tragik darin,
dah als Abschluh unserer langjährigen aufrich-
tigen Bemühungen um das Vertrauen, die Sym-
pathien und die Zuneigung des französischen Vsl-
kes ein Militärbündnis abgcschlossen
wurde, dessen Anfang wir heute kennen, dessen
Ende aber, wenn die Vorsehnng nicht wieder
einmal genädiger ist, als cs die Menschcn oer-
dienen, vielleicht von unabsehbaren Folgen jein
wird.
Jch habe mich in den letzten drei Jahren be-
müht, langlam aber stetig die Voraussetzun-
gen für eine deutsch-französische
V e r st ä n d i g u n g zu schaffen. Jch habe da-
bei nie einen Zweisel darüber gelassen, datz zu
den Voraussetzungen dieser Verständigung die
absolute Gleichberechtigung und da-
mit die gleiche Rechtswertung des deutschen Vol-
kes und Staates gehört. Jch habe aber bewutzt
in dieser Verständigung nicht nur ein Problem
gesehen, das auf den Wegen von Pakten gelöst
wird, sondern ein Problem, das zunächst den bei-
den Völkern psychologisch nahegebracht werden
mutz, da es nicht nur verstandes-, sondern auch
gefllhlsmätzig oorbereitet werden
solI. Jch habe daher auch oft den Vorwurf be-
kommen, datz meine Freundschaftsangebote keine
konkreten Borschläge enthalten hätten.
Dies ist nicht richtig.
Kdolf kjitlers §riedensbemüljungen
Was konkret zur Entspannung der deutsch-
französtschen Veziehungen überhaupt vorgeschla-
gen werden konnte, habe ich auch mutig konkret
vorgeschlagen. Jch habe einst nicht gezögert, mich
dem konkreten Vorschlag einer Rüstungsbe-
grenzung von 200000 Mann anzuschlis-
tzen. 2ch habe mich, als dieser Vorschlag dann
von den verantwortlichen Versassern selbst
preisgegben wurd«, mit einem ganz kon-
kreten neuen Vorschlag an das franzöfische Volk
und an die europäischen Regierungen gewendet.
Auch der 300 000-M a n n-V o r s ch l a g erfuhr
Ablehnung.
Jch habe eine ganze Reihe weiterer konkxeter
Vsrschläge zur Entgiftung der öffent-
lichen Meinungen in den einzelnen Staa-
ten und zur Neinigung der Kriegsfüh-
rung und damit letzten Endes zu einer, wenn
auch langsamen, so aber flcheren, Abrüstung ge-
bracht.
Es ist ein einziger dleser deutschen Vorschläge
wirklich berücksichtigt worden. D«r realistische
Sinn einer englischen Regierung hat meine»
Vorschlag der Herstellung einer dauernden Re-
lation zwischen der deutschen und
englischen Flotte, die ebenso den Dedürf-
»issen der deutschen Sicherheit cntspricht wie um-
gekehrt Bedacht nimmt auf die enorme» über-
seeischen Jntereflen eines grotzen Weltreiches an-
genommen. Und ich darf wohl daraus hinweisen,
dah bis heute noch dieses Abkommen der prak-
tisch einzig existierende wirkliche verständnis-
volle uud daher gelnngene Vcrsuch einer Rü-
stungsbegrenzung geblieben ist. Die Reichsregie-
rung ist bereit, diesen Vertrag durch eine wri-
tere qualitatioe Abmachung mit Eng-
land zu ergänzen.
Jch habe den sehr konkreten Erundsatz aus-
gesprochen, datz die Sammelprogramme einer inter-
nationalen Paktomanie ebsnso wenig Aussicht
auf Derwirklichung bositzen wie die Eeneralvor-
schläge einer unter solchen Umständen von vorn-
herein schon als undurchführbar erwiesenen Welt-
abrüstung. 2ch habe demgegenüber betont, dntz
nur schrittweise an diese Fragen herangetreten
wsrden kann, und zwar nach der Richtung des
vermutlich geringsten Widerstandes hin.' 2ch
habe aus dieser Ueberzeugung heraus dcn kon-
kreten Vorschlag auch für einen Luft-
pakt entwickelt, unter der Zugruwdelegung
gleicher Stärken für Frankreich, England und
Deutschland. Das Ergebnis war zunächst eiu»
Nichtachtung dieses Vorschlages und dann die
Hereinführung eines neuen, in seinem militäri-
schen Ausmatz unberechenbaren osteuropäisch-
asiatischen Faktors in das europäische Eleichge-
wichtsfeld.
Ich hab-e mich jahrelang also mit konkre-
ten Vorschlägen abgegeben, allein ich stehe
nicht an, zu erklären, datz mir mindest ebenso
wichtig als die sogenannten konkreten Nor'chläge
die psychologische Vorbereitung für
die Vsrständigung erschienen ist, und ich habe auf
dem Esbiete mehr getan als ein aufrichtiger
fremder Staatsmann jemals überhaupt auch nur
erhoffen durfte. Jch habe die Frage der ewigen
«uropäischen Gr e n z r e v i s i o n e n aus
der Atmosphäre der öffentlichen Diskussion in
Deutfchland genommen. Man steht leider nur
zu oft auf dem StanLpunkt, und dies gilt besoy-
ders fllr ausländische Staatsmänner. datz dieser
Linstellung und ihren Handlungen keine beson-
dere Bedeutung zukommt. Jch darf darauf hin-
weisen, datz es mir genau so möglich gewesen
wär-e, als Deutscher die Wiederherstcllung der
Erenzen vom Iahre 1914 moralisch als mein
Pragramm aufzustellen und publizist sch und
oratorisch zu vertreten, so wie das etwa
französische Minister und Volksfüh-
rer nach dem Jahre 1871 getan haben.
Meine Herren Kritiker sollen mir auch aus die-
sem Gebiet nicht jede Fähigkeit ab'prcchcn. Es
ist viel schwerer für einen Nationalisten,
einem Volk zur Derstandigung zuzureden, als
das llmgekehrte zu tun. Und es würde für mich
wahrschsinlich leichter gewesen sein, die Jnstinkre
nach einer Revanche aufzupeitfchen, als das Ge-
fühl fllr die Notwendigkeiteiner euro-
päischen Verständigung zu erwecken und
dauernd zu vertiefen. Und das habe ich getan.
öffentliche Meipung von
gegen unsere Nachbarvöl-
aus der deutschen Presse
französtsche Volk entfernl.
unserer Iugend das Ver-
Ich habe die deutsche
Angriffen solcher Art
ker befreit. Jch habe
jeden Hatz gegen das
2ch bemühe mich, in
ständnis für das Jdeal einer solchen Verständi-
gung zu erwecken, und zwar sicher nicht erfolg-
los. Als vor wenigen Wochen die französtschen
Eäste in das olympische Stadion in E a r m i s ch-
Partenkirchen einzogen, da hatten ste viel-
leicht Gelegenheit, feftzustellen, ob und in wie
weit mir eine solche innere Umstellung des deut-
schen Volkes gelungen ist.
Diese innere Bereitwilligkeit aber, eine solchs
Verständigung zu suchen und zu finden, ist wich -
tiger als ausgeklügelte Versuche von Staats-
männern, die Welt in ein Netz juristisch und sach-
lich und'urchfichtiger Pakte zu verstimmen.
Dieses Bestreben von mir war aber doppelt
schwer, weil ich in derselben Zeit Deutschland
aus der Verstrickung eines Vertrages lösen
mutzte, der ihm seine Gleichberechtigung räubts,
an desfen Aufrechterhaltung aber — ob mit Recht
oder Unrecht, ist nebensächlich — das französische
Volk geglanbt hat, interessiert sein zu müssen.
2ch habe dabei gerade als deutscher Nationa-
list für das deutsche Volk noch ein weiteres, be«
sonders schweres Opfer auf mich neh-
men müssen.
Es ist bisher wenigstens in der neueren Zeit
noch nie versucht worden, nach einem Krieg dem
Verlierer souvcräne Hoheitsrechte llber grotz«
und alte Teile seines Rechies einfach abzuspre-
chen. Jch habe nur im Jnteresse dieser
Verständigung dieses schwerste Opf-er, das
man uns politisch und moralisch aufbürden
konnte, .getrag-en und wollte es weitertragen, nur
weil ich glaubte, einen Bertrag aufrecherhalten
zu sollen, der vielleicht mithelfen konnte, die poli-
tische Atmosphäre zwischen Frankreich und Deutsch-
land, und England und Deutschland zu entgif-
ten und das Eefllhl einer Sicherheit auf allen
Seiten zu verbreiten.
2a, darüber hinaus habe ich oft und auch
hier in dies-em Haufe die Auffassung vertreten,
datz wir nicht nur bereit stnd, diesen schwersten
Veitrag für die europäischen Frie-densstcherun-
gen zu tragen, solange auch üie anderen
Partner ihre Verpflichtungen er-
fllllen, sondern datz wir in diesem Vertrage
iiberhaupt den einzig möglichsn, weil konkreten
Verfuch ein-er europäischen Sicherung erblickcn
wollen.
Jhnen, meine Abgeordneten, ist der Inhalt
und Sinn dieses Vertrages bekannt. Er
sollte zwischen Velgien und Fr-ankreich einerseits
und Deutschland andererfeits für alle Zukunft
die Anwendung von Gewalt verhindern. Durch
die schon vo-rher abgeschkosfenen BLndnisverträge
Frankreichs ergab sich leider die erste, wenn auch
dem Sinn dieses Paktes, des Rheinpaktes
von Locarno, noch nicht aufhebende Bela-
stung. Deutschland leistete zu diesem Pakj den
schwersten Beitrag, denn während Frankreich seine
Erenze in Erz, Beton und Waffen armierte uyü
mit zahlreichen Earnisonen versah, wurde uns
die fortdauernde Aufrechterhaltung einer voll-
kommenen Wehrlosigkeit im Westen aufgebürdet.
Dennoch haben wir auch dieses erfllllt in der
Hoffnung, durch einen solchen, für eine Grotzmacht
so schweren Beitrag dem europäischen
Frieden zu dienen und der Verstän»
digung üer Vhlker zu nlltzen.
Vas Kleichgemicht kvroplls
durch Len Kullevvlltt jerstSrt
Es steht mit diesem Pakt nun in Widerspruch
die Abmachung, die Frankreich im vergan-
genen 2ahr mit Rutzland eingegangen unü
bereits unterzeichnet hat und dercn Bestätigung
durch die Kammer soeben erfolgt ist. Denn durch
diese neue französisch-sowjetrussische Abmachung
wird llber den Umw-eg der Tschcchoslowakei, die
ein gl-eiches Abkommen mit Rutzland getroffen
hat, die bedrohliche militär-ische Macht eines Rie-
senreiches nach Mitteleuropa hereingefllhrt.
Es ist dabei das Unmögliche, dah diese beiden
Staaten in »hrer Abmachung sich verpflichten,
ohn« Rücksicht auf eine entweder bereits
vorliegende oder zu erwartende Entscheidung dcs
Völkerbundsratcs im Falle einer europäischc»
östlichen Vexwicklung die Schuldfrage nach
eigenem Ermessen zu klären und dement-
spr«chend die gegenseitige Beistandsverpslichtung
als gegeben zu betrachten oder nicht.
Die Vehauptung, datz in diesem Pakt durch
eine angefügte Einschränlüng die erste Verpflich-
tung wieder aufgehoben würde, ist unver-
ständlich. Denn ich kanu nicht in einem Punkt
ein bestimmtes Vcrfahren als ausdrücklichen
Vruch mit einer sonst geltenden Verpflichtung
festlegen und damit als bindend annehmen, um
in einem weiteren Punkt festzustellen, datz gegen
diese anderen Vsrpflichtungen nicht gehande'.t
werden soll. 2n diesem Falle würde die erste
Bindung unvernllnftig und damit ebenso unver-
ständlich sein.
Dieses Problem lst aber zunächst ein politi-
sches Problem uns als solches in seiner schwer-
wiegenden Bedeutung zu werten.
Frankreich hat diesen Vertrag nicht abgeschlos-
sen mit einer beliebigen europäi'chcn Macht.
Frankreich hatt-e schon vor dem Rhsinpakt Bei-
standsverträge sowohl mit der Tschechoslowakei,
als auch mit Polen. Deutschland nahm daran
keinen Anstotz, nicht nur weil diese Pakt« zum
Unterschied des französrch-sowjetischsn Paktessich
den Völkerbundsfeststellungen unt-erwarfen, son-
dern weil sowohl die damalige Tschechoslowakci
wie besonders Polen primär stets eine Politik
der Vertretung ihrer eigenen nationalen Jnter-
essen führen werden. Dsutschland hat nicht deu
Wun'ch. die'e Staaten anzuareifen und glaubt
a-uch nicht, datz es im Jnteresse di-eser Staaten
liegen wird, einen Angrisf gegen Deutschland
vorzunehmen. Vor allem aber: Polen wird Po-
len bleiben und Frankreich Frankreich.
Sowjetruhland aber ist der staatlich organi-
sterte Exponent einer revoultionären Weltan-
schaunng. Seine Staatsauffasfung ist das Elau-
bensbekenntnis zur Weltrevolution. Es ist »icht
feststellbar, ob nicht morgen oder übermorgen
anch in Frankreich dicse Weltanschauung ersolg-
reich sein wird. Sollte aber dieser Fall eintreten
— untz als deutscher Staatsmann muh ich auch
pflichtgemäh damit rechnen— dann ist es sicher,
dah diesex neue bolschewistische Staat eine Sek-
tion der bolschwistischen Jntcrnationale fein
würde, das heiht, d'e Entscheidung Lber Angrifs
oder Nichtangriff wird dann nicht oon zwei ver-
schiedenen Staaten n«ch deren objektivem eigenen
Ermessen getroffen, sondern von einer
Stelle aus direkt erteilt. Diese Stellq aber
würde im Falle diestr Entwicklung nicht mehr
Paris, sondern Moskau sein.
So wenig Deutschlanb in der Lage i-st, schon
aus rein territorialen Grünöen Rußland an-
zugreifen, so sehr wäre Rnßlanö jederzeit in
der Lage, über den Umweg seiner vorgescho-
benen Positionen einen Konflikt mit Deutsch-
land herbeizuführen. Die Feststellung
des Angreifers wäre dann, weil unab-
hängig von dcr Bestimmung dcs Völkerbunds-
rates, wohl von vornhcrein gewiß. Die Be-
hauptung oöer der Einwand, datz Frankreich
und Rußland nichts tun würden, was sie
eventuellen Sanktionen aussetzen
könnte, — unö zwar von seiten Englands
oder Jtaliens —, ist belanglos, weil es nicht
zu ermessen ist, welchcr Art wirksame Sank-
tionen gegen eine so überwältigende welt-
anschaulich und militärisch einige Konstruk-
tion ttberhaupt sein könnten.
Wir haben jahrelang vor dieser Entwick-
lung gewarnt. Nicht, weil wir sie mehr zu
fürchten haben, als andere, sondern weil sie
eines Tages von furchtbaren Fo'gen für ganz
Europa begleitet sein kann. Man hat diese
unfere ernüesten Bedenken abzutun versncht
mit dem Hinweis auf die Unfertigkeit des
russischen Kriegsinstrumentes, ja auf seine
Schwerfälligkeit unö Unverwendbarkeit in
einem euroväischen Krieg. Wir haben
diese Auffassung immer bekämpst,
nicht weil wir irgcn-dwie der Ueberzeugung
sind, daß der Deutsche an sich unterlegen
wäre, sondern weil wir alle wissen, daß auch
der Zahl ihre besondere Vedeutung und ihr
besonderes Gewicht zukommt.
Mobilisierung Les Wens
gegen Mitteleuropa
Wir sind aber umso mchr dankbar über bi«
Ausklärnngc«, die gerade i» der französtsche»
Kammer von Herrn Herriot über die
aggressiv - militärische Bedeutung Ruhlands
gegeben worden sind. Wir wissen, daß diese
Darlegunge« Herrn Herriots von der Sowjet-
regierung selbst gegcben wnrden, «nd sind
überzeugt, daß diese nicht den geistigen Jnfpi-
rator des neuen Bündnifles i» Fraukreich
mit falsche« Anfklärungen bedient haben
kan«, ebenso wie wir nicht zweifeln an der
wahren Wiedergabe diescr Jnsormationen
durch Herr» Herriot. Nach diesen Jnforma-
tionen aber steht erstens sest, datz die rnssi-
sche Armee eine Friedensstärke
von 1 88 0 0 0 0 Man« besitzt, datz sie
zweitens 17'/- Millione» Man»
Kriegsstärken «nd Reserven «m-
saßt, datz sie drittens mit der grötz-
teu Tankwaffe ausgcstattet ist und
viertens über bie grötzte Lnftwasse
der Welt versügt.
Die Heranziehung dieses gewaltigsten
militärischen Faktors, der auch in seiner Be-
wegltchkeit und in seiner Führung uns als
ausgezeichnet unö jeöerzeit einsatzhereit ge-
schildert wuröe, in das mitteleuropäische
Spielfelö zerstört jedes wirkliche
europäische Gleichgewicht. Es ver-
hinöert außerdem jede mögliche Abschätzung der
erforderlichen Verteidigungsmittel zu Lande
und in der Luft für die davon betroffenen
europäischen Staaten und insonderheit für das
alletn als Gegner in Aussicht genommene
Deutschland.
Diese Riesenmobilisierung des
Ostens gegen Mitteleuropa steht
aber nicht nur buchstabenmäßig, sonöern vor
allem auch dem Sinne nach im Gegensatz
zum Geiste des Locarnopaktes. Nicht
wir als Getroffene allein haben diese Emp-
findung, sondern ste lebt in unzähligen ein-
sichtsvoll-en Männern in allen Völkern und ist
anch — publizistisch und politisch belegt —
überall ofsen vertreten woröen.
Ves Mrers lehtes Lriedensangebot
in llnris ruriirhgebniten
Am 21. Februar wendete stch an mich
ein französischer Journaltst mit der Bitte,
thm etn Jnterview zu gewähren. Da mir
mitgeteilt wurde, öaß es sich um einen jener
Franzosen handelte, die sich genau so wie wir
bemühen, Wege zur Verständigung zwischen
ben beiden Völkern zu finden, wollte ich um-
so weniger -eine Ablehnung aussprechen, als
jä aüch eine sölch-e sofort wieder als Zeichcn
meiner Mißachtung der französischen Jour-
Naltstik gewertet worden wäre. Jch habe die
gewünschte Aufklärung gegeben, so wie ich sie
in Deutschland selbst hundert- und tausend-
mal offcn ausspreche, und ich habe noch
einmal versucht, mich a» das französi-
sche Bolk zu wenben mit öer Bitte um eine
Berstänöigung, an der wir mit ganzem Her-
zen hängen und die wir so gerne verwirk-
licht sehen müchten. Jch habe aber weiter mein
tiefes Bedauern ausgesprochen über dte
drohende Entwicklnng in Frank-
reich durch den Abschluß eine Paktes, ftir
öen unserer Ueberzeugung nach keine zn be°
greifende Notwendigkeit vorlag, der aber im
Falle seiner Realisierung eine neue Sach-
lage schaffen müßte und würde.
Dieses Jnterview ist, wie Sie
wiflen, anS Gründcn, die «ns nnbekannt stnd,
zurückgehaltcn worben unb erschie«
erst am Tage nach der Ratifizierung in der
französtschcn Kammer.
So sehr ich entsprechend meiner Ankündi-
gung in diesem Jnterview auch in der Zu-
kunft bereit sein werde, und aufricktig gewillt
bin, dieser deutsch-französischen Verständigung
z» dienen, weil tch in ihr ein notwendiges
Element der Sicherung Europas vor unüber-
sehbaren Gefahren erblicke, und weil ich mir
für beide Völker ans keinem anderen Verhal-
ten irgendeinen möglichen Vorteil verspre-
chen kann, oder auch nur zu sehen vermag,
wohl aber schwerste allgemeine und internatio-
nale Gefahren erblicke, so se'hr zwingt mich
die Kenntnis von der endgültigen Abmachung
dieses Paktes nunmehr, in eine Ueberprüfung
der dadurch entstandenen neuen Lage einzu-
treten unö die daraus notwendigen
Konsequenzen zu ztebcn.
Diese Konseguenzen sind sehr schwere, und
sie tun uns und mir persönlich bitter leid.
Allein ich bin verpflichtet, nicht nur der
europäischen Berständigung Opfer zu bringen,
sondern auch den Jnteressen meines
eigenenBolkes zu gehorchen. So
lange ein Opfer bei der Gegenseite auf Wttr-
digung unö Verständnis stößt, will ich mich
gern auch zum Opfer bekennen und werde
dem deutschen Volk das gleiche anempfehlen.
Jm Augenblick, in dem aber feststeht, datz ein
Partner diese Opfer entweöer ntcht mehr be-
wertet oder würöigt, muß sich daraus eine
einseitige Belastung Deutschlands
ergeben und damit ein« Diskriminierung, die
für uns unerträglich ist. Jch möchte aber auch
in diefer geschichtlichen Stunde nnd an diesem
Platz noch einmal das wiederholen. was ich
fFortsetznng auf Seite 7!)
l'eisesyolitlk
^Vlllksgememschllft"
Sonntag, den 8. März 1931
und Doraussicht vorschreiben. Und ich weitz. datz
diese Ueberzeugung tiefstes Kedanken- und Ideen-
gut der ganzen nationaisozialistischen Bewegung
geworden ist. Mit zäher Beharrlichkeit werden
wir die sozialen Probleme und Span-
nungen in unserem Volk auf üem Wege einer
fortgesetzten Evolution und damit uns des
Segens einer ruhigen Entwicklung versichern, die
allen unseren Volksgenossen zugute kommt. Und
was dabei an immer neuen Ausgaben an uns
herantritt, erfüllt uns mit der Freude desfeni-
gen, der ohne Arbeit und damit ohne Aufgaben
nicht zu leben vermag.
Wenn ich diese grundsatzliche Einstellung auf
die europäische allgemeine Politik übertrage,
dann ergibt sich daraus für mich die Unter-
scheidung Europas in zwei Hälften:
in jene Hälfte. die sich aus selbständigen und un-
abhängigen Nationalstaaten aufbaut, aus
Völkern, mit denen wir tausendfältig durch Ee-
schichte und Kultur verbunden sind und mit de-
nen wir in alle Zukunft genau so wie mit den
freien und selbständigen Nationen der außer-
europäischen Kontinente verbunden bleiben wol-
len. Und in eine andere Hälfte: die von
jener unduldsamen und einen allgemeinen in-
ternationalen Herrschaftsanspruch erhebenden bol-
schewistischen Lehre regiert wird, die selbst dem
ewigsten und uns heiligen Dies- und Jenseits
die Vernichtung predigt, um eine andere, uns
in Kultur, Aussehen und Inhalt abscheulich
vorkommende Welt aufzubauen.
Mit ihr wollen wir autzer den gegebenen
politischen und wirtschaftlichen internationalen
Beziehungen in keine sonstige innigere Verüh-
rung kommen.
Es liegt nun eine unendliche Tragik darin,
dah als Abschluh unserer langjährigen aufrich-
tigen Bemühungen um das Vertrauen, die Sym-
pathien und die Zuneigung des französischen Vsl-
kes ein Militärbündnis abgcschlossen
wurde, dessen Anfang wir heute kennen, dessen
Ende aber, wenn die Vorsehnng nicht wieder
einmal genädiger ist, als cs die Menschcn oer-
dienen, vielleicht von unabsehbaren Folgen jein
wird.
Jch habe mich in den letzten drei Jahren be-
müht, langlam aber stetig die Voraussetzun-
gen für eine deutsch-französische
V e r st ä n d i g u n g zu schaffen. Jch habe da-
bei nie einen Zweisel darüber gelassen, datz zu
den Voraussetzungen dieser Verständigung die
absolute Gleichberechtigung und da-
mit die gleiche Rechtswertung des deutschen Vol-
kes und Staates gehört. Jch habe aber bewutzt
in dieser Verständigung nicht nur ein Problem
gesehen, das auf den Wegen von Pakten gelöst
wird, sondern ein Problem, das zunächst den bei-
den Völkern psychologisch nahegebracht werden
mutz, da es nicht nur verstandes-, sondern auch
gefllhlsmätzig oorbereitet werden
solI. Jch habe daher auch oft den Vorwurf be-
kommen, datz meine Freundschaftsangebote keine
konkreten Borschläge enthalten hätten.
Dies ist nicht richtig.
Kdolf kjitlers §riedensbemüljungen
Was konkret zur Entspannung der deutsch-
französtschen Veziehungen überhaupt vorgeschla-
gen werden konnte, habe ich auch mutig konkret
vorgeschlagen. Jch habe einst nicht gezögert, mich
dem konkreten Vorschlag einer Rüstungsbe-
grenzung von 200000 Mann anzuschlis-
tzen. 2ch habe mich, als dieser Vorschlag dann
von den verantwortlichen Versassern selbst
preisgegben wurd«, mit einem ganz kon-
kreten neuen Vorschlag an das franzöfische Volk
und an die europäischen Regierungen gewendet.
Auch der 300 000-M a n n-V o r s ch l a g erfuhr
Ablehnung.
Jch habe eine ganze Reihe weiterer konkxeter
Vsrschläge zur Entgiftung der öffent-
lichen Meinungen in den einzelnen Staa-
ten und zur Neinigung der Kriegsfüh-
rung und damit letzten Endes zu einer, wenn
auch langsamen, so aber flcheren, Abrüstung ge-
bracht.
Es ist ein einziger dleser deutschen Vorschläge
wirklich berücksichtigt worden. D«r realistische
Sinn einer englischen Regierung hat meine»
Vorschlag der Herstellung einer dauernden Re-
lation zwischen der deutschen und
englischen Flotte, die ebenso den Dedürf-
»issen der deutschen Sicherheit cntspricht wie um-
gekehrt Bedacht nimmt auf die enorme» über-
seeischen Jntereflen eines grotzen Weltreiches an-
genommen. Und ich darf wohl daraus hinweisen,
dah bis heute noch dieses Abkommen der prak-
tisch einzig existierende wirkliche verständnis-
volle uud daher gelnngene Vcrsuch einer Rü-
stungsbegrenzung geblieben ist. Die Reichsregie-
rung ist bereit, diesen Vertrag durch eine wri-
tere qualitatioe Abmachung mit Eng-
land zu ergänzen.
Jch habe den sehr konkreten Erundsatz aus-
gesprochen, datz die Sammelprogramme einer inter-
nationalen Paktomanie ebsnso wenig Aussicht
auf Derwirklichung bositzen wie die Eeneralvor-
schläge einer unter solchen Umständen von vorn-
herein schon als undurchführbar erwiesenen Welt-
abrüstung. 2ch habe demgegenüber betont, dntz
nur schrittweise an diese Fragen herangetreten
wsrden kann, und zwar nach der Richtung des
vermutlich geringsten Widerstandes hin.' 2ch
habe aus dieser Ueberzeugung heraus dcn kon-
kreten Vorschlag auch für einen Luft-
pakt entwickelt, unter der Zugruwdelegung
gleicher Stärken für Frankreich, England und
Deutschland. Das Ergebnis war zunächst eiu»
Nichtachtung dieses Vorschlages und dann die
Hereinführung eines neuen, in seinem militäri-
schen Ausmatz unberechenbaren osteuropäisch-
asiatischen Faktors in das europäische Eleichge-
wichtsfeld.
Ich hab-e mich jahrelang also mit konkre-
ten Vorschlägen abgegeben, allein ich stehe
nicht an, zu erklären, datz mir mindest ebenso
wichtig als die sogenannten konkreten Nor'chläge
die psychologische Vorbereitung für
die Vsrständigung erschienen ist, und ich habe auf
dem Esbiete mehr getan als ein aufrichtiger
fremder Staatsmann jemals überhaupt auch nur
erhoffen durfte. Jch habe die Frage der ewigen
«uropäischen Gr e n z r e v i s i o n e n aus
der Atmosphäre der öffentlichen Diskussion in
Deutfchland genommen. Man steht leider nur
zu oft auf dem StanLpunkt, und dies gilt besoy-
ders fllr ausländische Staatsmänner. datz dieser
Linstellung und ihren Handlungen keine beson-
dere Bedeutung zukommt. Jch darf darauf hin-
weisen, datz es mir genau so möglich gewesen
wär-e, als Deutscher die Wiederherstcllung der
Erenzen vom Iahre 1914 moralisch als mein
Pragramm aufzustellen und publizist sch und
oratorisch zu vertreten, so wie das etwa
französische Minister und Volksfüh-
rer nach dem Jahre 1871 getan haben.
Meine Herren Kritiker sollen mir auch aus die-
sem Gebiet nicht jede Fähigkeit ab'prcchcn. Es
ist viel schwerer für einen Nationalisten,
einem Volk zur Derstandigung zuzureden, als
das llmgekehrte zu tun. Und es würde für mich
wahrschsinlich leichter gewesen sein, die Jnstinkre
nach einer Revanche aufzupeitfchen, als das Ge-
fühl fllr die Notwendigkeiteiner euro-
päischen Verständigung zu erwecken und
dauernd zu vertiefen. Und das habe ich getan.
öffentliche Meipung von
gegen unsere Nachbarvöl-
aus der deutschen Presse
französtsche Volk entfernl.
unserer Iugend das Ver-
Ich habe die deutsche
Angriffen solcher Art
ker befreit. Jch habe
jeden Hatz gegen das
2ch bemühe mich, in
ständnis für das Jdeal einer solchen Verständi-
gung zu erwecken, und zwar sicher nicht erfolg-
los. Als vor wenigen Wochen die französtschen
Eäste in das olympische Stadion in E a r m i s ch-
Partenkirchen einzogen, da hatten ste viel-
leicht Gelegenheit, feftzustellen, ob und in wie
weit mir eine solche innere Umstellung des deut-
schen Volkes gelungen ist.
Diese innere Bereitwilligkeit aber, eine solchs
Verständigung zu suchen und zu finden, ist wich -
tiger als ausgeklügelte Versuche von Staats-
männern, die Welt in ein Netz juristisch und sach-
lich und'urchfichtiger Pakte zu verstimmen.
Dieses Bestreben von mir war aber doppelt
schwer, weil ich in derselben Zeit Deutschland
aus der Verstrickung eines Vertrages lösen
mutzte, der ihm seine Gleichberechtigung räubts,
an desfen Aufrechterhaltung aber — ob mit Recht
oder Unrecht, ist nebensächlich — das französische
Volk geglanbt hat, interessiert sein zu müssen.
2ch habe dabei gerade als deutscher Nationa-
list für das deutsche Volk noch ein weiteres, be«
sonders schweres Opfer auf mich neh-
men müssen.
Es ist bisher wenigstens in der neueren Zeit
noch nie versucht worden, nach einem Krieg dem
Verlierer souvcräne Hoheitsrechte llber grotz«
und alte Teile seines Rechies einfach abzuspre-
chen. Jch habe nur im Jnteresse dieser
Verständigung dieses schwerste Opf-er, das
man uns politisch und moralisch aufbürden
konnte, .getrag-en und wollte es weitertragen, nur
weil ich glaubte, einen Bertrag aufrecherhalten
zu sollen, der vielleicht mithelfen konnte, die poli-
tische Atmosphäre zwischen Frankreich und Deutsch-
land, und England und Deutschland zu entgif-
ten und das Eefllhl einer Sicherheit auf allen
Seiten zu verbreiten.
2a, darüber hinaus habe ich oft und auch
hier in dies-em Haufe die Auffassung vertreten,
datz wir nicht nur bereit stnd, diesen schwersten
Veitrag für die europäischen Frie-densstcherun-
gen zu tragen, solange auch üie anderen
Partner ihre Verpflichtungen er-
fllllen, sondern datz wir in diesem Vertrage
iiberhaupt den einzig möglichsn, weil konkreten
Verfuch ein-er europäischen Sicherung erblickcn
wollen.
Jhnen, meine Abgeordneten, ist der Inhalt
und Sinn dieses Vertrages bekannt. Er
sollte zwischen Velgien und Fr-ankreich einerseits
und Deutschland andererfeits für alle Zukunft
die Anwendung von Gewalt verhindern. Durch
die schon vo-rher abgeschkosfenen BLndnisverträge
Frankreichs ergab sich leider die erste, wenn auch
dem Sinn dieses Paktes, des Rheinpaktes
von Locarno, noch nicht aufhebende Bela-
stung. Deutschland leistete zu diesem Pakj den
schwersten Beitrag, denn während Frankreich seine
Erenze in Erz, Beton und Waffen armierte uyü
mit zahlreichen Earnisonen versah, wurde uns
die fortdauernde Aufrechterhaltung einer voll-
kommenen Wehrlosigkeit im Westen aufgebürdet.
Dennoch haben wir auch dieses erfllllt in der
Hoffnung, durch einen solchen, für eine Grotzmacht
so schweren Beitrag dem europäischen
Frieden zu dienen und der Verstän»
digung üer Vhlker zu nlltzen.
Vas Kleichgemicht kvroplls
durch Len Kullevvlltt jerstSrt
Es steht mit diesem Pakt nun in Widerspruch
die Abmachung, die Frankreich im vergan-
genen 2ahr mit Rutzland eingegangen unü
bereits unterzeichnet hat und dercn Bestätigung
durch die Kammer soeben erfolgt ist. Denn durch
diese neue französisch-sowjetrussische Abmachung
wird llber den Umw-eg der Tschcchoslowakei, die
ein gl-eiches Abkommen mit Rutzland getroffen
hat, die bedrohliche militär-ische Macht eines Rie-
senreiches nach Mitteleuropa hereingefllhrt.
Es ist dabei das Unmögliche, dah diese beiden
Staaten in »hrer Abmachung sich verpflichten,
ohn« Rücksicht auf eine entweder bereits
vorliegende oder zu erwartende Entscheidung dcs
Völkerbundsratcs im Falle einer europäischc»
östlichen Vexwicklung die Schuldfrage nach
eigenem Ermessen zu klären und dement-
spr«chend die gegenseitige Beistandsverpslichtung
als gegeben zu betrachten oder nicht.
Die Vehauptung, datz in diesem Pakt durch
eine angefügte Einschränlüng die erste Verpflich-
tung wieder aufgehoben würde, ist unver-
ständlich. Denn ich kanu nicht in einem Punkt
ein bestimmtes Vcrfahren als ausdrücklichen
Vruch mit einer sonst geltenden Verpflichtung
festlegen und damit als bindend annehmen, um
in einem weiteren Punkt festzustellen, datz gegen
diese anderen Vsrpflichtungen nicht gehande'.t
werden soll. 2n diesem Falle würde die erste
Bindung unvernllnftig und damit ebenso unver-
ständlich sein.
Dieses Problem lst aber zunächst ein politi-
sches Problem uns als solches in seiner schwer-
wiegenden Bedeutung zu werten.
Frankreich hat diesen Vertrag nicht abgeschlos-
sen mit einer beliebigen europäi'chcn Macht.
Frankreich hatt-e schon vor dem Rhsinpakt Bei-
standsverträge sowohl mit der Tschechoslowakei,
als auch mit Polen. Deutschland nahm daran
keinen Anstotz, nicht nur weil diese Pakt« zum
Unterschied des französrch-sowjetischsn Paktessich
den Völkerbundsfeststellungen unt-erwarfen, son-
dern weil sowohl die damalige Tschechoslowakci
wie besonders Polen primär stets eine Politik
der Vertretung ihrer eigenen nationalen Jnter-
essen führen werden. Dsutschland hat nicht deu
Wun'ch. die'e Staaten anzuareifen und glaubt
a-uch nicht, datz es im Jnteresse di-eser Staaten
liegen wird, einen Angrisf gegen Deutschland
vorzunehmen. Vor allem aber: Polen wird Po-
len bleiben und Frankreich Frankreich.
Sowjetruhland aber ist der staatlich organi-
sterte Exponent einer revoultionären Weltan-
schaunng. Seine Staatsauffasfung ist das Elau-
bensbekenntnis zur Weltrevolution. Es ist »icht
feststellbar, ob nicht morgen oder übermorgen
anch in Frankreich dicse Weltanschauung ersolg-
reich sein wird. Sollte aber dieser Fall eintreten
— untz als deutscher Staatsmann muh ich auch
pflichtgemäh damit rechnen— dann ist es sicher,
dah diesex neue bolschewistische Staat eine Sek-
tion der bolschwistischen Jntcrnationale fein
würde, das heiht, d'e Entscheidung Lber Angrifs
oder Nichtangriff wird dann nicht oon zwei ver-
schiedenen Staaten n«ch deren objektivem eigenen
Ermessen getroffen, sondern von einer
Stelle aus direkt erteilt. Diese Stellq aber
würde im Falle diestr Entwicklung nicht mehr
Paris, sondern Moskau sein.
So wenig Deutschlanb in der Lage i-st, schon
aus rein territorialen Grünöen Rußland an-
zugreifen, so sehr wäre Rnßlanö jederzeit in
der Lage, über den Umweg seiner vorgescho-
benen Positionen einen Konflikt mit Deutsch-
land herbeizuführen. Die Feststellung
des Angreifers wäre dann, weil unab-
hängig von dcr Bestimmung dcs Völkerbunds-
rates, wohl von vornhcrein gewiß. Die Be-
hauptung oöer der Einwand, datz Frankreich
und Rußland nichts tun würden, was sie
eventuellen Sanktionen aussetzen
könnte, — unö zwar von seiten Englands
oder Jtaliens —, ist belanglos, weil es nicht
zu ermessen ist, welchcr Art wirksame Sank-
tionen gegen eine so überwältigende welt-
anschaulich und militärisch einige Konstruk-
tion ttberhaupt sein könnten.
Wir haben jahrelang vor dieser Entwick-
lung gewarnt. Nicht, weil wir sie mehr zu
fürchten haben, als andere, sondern weil sie
eines Tages von furchtbaren Fo'gen für ganz
Europa begleitet sein kann. Man hat diese
unfere ernüesten Bedenken abzutun versncht
mit dem Hinweis auf die Unfertigkeit des
russischen Kriegsinstrumentes, ja auf seine
Schwerfälligkeit unö Unverwendbarkeit in
einem euroväischen Krieg. Wir haben
diese Auffassung immer bekämpst,
nicht weil wir irgcn-dwie der Ueberzeugung
sind, daß der Deutsche an sich unterlegen
wäre, sondern weil wir alle wissen, daß auch
der Zahl ihre besondere Vedeutung und ihr
besonderes Gewicht zukommt.
Mobilisierung Les Wens
gegen Mitteleuropa
Wir sind aber umso mchr dankbar über bi«
Ausklärnngc«, die gerade i» der französtsche»
Kammer von Herrn Herriot über die
aggressiv - militärische Bedeutung Ruhlands
gegeben worden sind. Wir wissen, daß diese
Darlegunge« Herrn Herriots von der Sowjet-
regierung selbst gegcben wnrden, «nd sind
überzeugt, daß diese nicht den geistigen Jnfpi-
rator des neuen Bündnifles i» Fraukreich
mit falsche« Anfklärungen bedient haben
kan«, ebenso wie wir nicht zweifeln an der
wahren Wiedergabe diescr Jnsormationen
durch Herr» Herriot. Nach diesen Jnforma-
tionen aber steht erstens sest, datz die rnssi-
sche Armee eine Friedensstärke
von 1 88 0 0 0 0 Man« besitzt, datz sie
zweitens 17'/- Millione» Man»
Kriegsstärken «nd Reserven «m-
saßt, datz sie drittens mit der grötz-
teu Tankwaffe ausgcstattet ist und
viertens über bie grötzte Lnftwasse
der Welt versügt.
Die Heranziehung dieses gewaltigsten
militärischen Faktors, der auch in seiner Be-
wegltchkeit und in seiner Führung uns als
ausgezeichnet unö jeöerzeit einsatzhereit ge-
schildert wuröe, in das mitteleuropäische
Spielfelö zerstört jedes wirkliche
europäische Gleichgewicht. Es ver-
hinöert außerdem jede mögliche Abschätzung der
erforderlichen Verteidigungsmittel zu Lande
und in der Luft für die davon betroffenen
europäischen Staaten und insonderheit für das
alletn als Gegner in Aussicht genommene
Deutschland.
Diese Riesenmobilisierung des
Ostens gegen Mitteleuropa steht
aber nicht nur buchstabenmäßig, sonöern vor
allem auch dem Sinne nach im Gegensatz
zum Geiste des Locarnopaktes. Nicht
wir als Getroffene allein haben diese Emp-
findung, sondern ste lebt in unzähligen ein-
sichtsvoll-en Männern in allen Völkern und ist
anch — publizistisch und politisch belegt —
überall ofsen vertreten woröen.
Ves Mrers lehtes Lriedensangebot
in llnris ruriirhgebniten
Am 21. Februar wendete stch an mich
ein französischer Journaltst mit der Bitte,
thm etn Jnterview zu gewähren. Da mir
mitgeteilt wurde, öaß es sich um einen jener
Franzosen handelte, die sich genau so wie wir
bemühen, Wege zur Verständigung zwischen
ben beiden Völkern zu finden, wollte ich um-
so weniger -eine Ablehnung aussprechen, als
jä aüch eine sölch-e sofort wieder als Zeichcn
meiner Mißachtung der französischen Jour-
Naltstik gewertet worden wäre. Jch habe die
gewünschte Aufklärung gegeben, so wie ich sie
in Deutschland selbst hundert- und tausend-
mal offcn ausspreche, und ich habe noch
einmal versucht, mich a» das französi-
sche Bolk zu wenben mit öer Bitte um eine
Berstänöigung, an der wir mit ganzem Her-
zen hängen und die wir so gerne verwirk-
licht sehen müchten. Jch habe aber weiter mein
tiefes Bedauern ausgesprochen über dte
drohende Entwicklnng in Frank-
reich durch den Abschluß eine Paktes, ftir
öen unserer Ueberzeugung nach keine zn be°
greifende Notwendigkeit vorlag, der aber im
Falle seiner Realisierung eine neue Sach-
lage schaffen müßte und würde.
Dieses Jnterview ist, wie Sie
wiflen, anS Gründcn, die «ns nnbekannt stnd,
zurückgehaltcn worben unb erschie«
erst am Tage nach der Ratifizierung in der
französtschcn Kammer.
So sehr ich entsprechend meiner Ankündi-
gung in diesem Jnterview auch in der Zu-
kunft bereit sein werde, und aufricktig gewillt
bin, dieser deutsch-französischen Verständigung
z» dienen, weil tch in ihr ein notwendiges
Element der Sicherung Europas vor unüber-
sehbaren Gefahren erblicke, und weil ich mir
für beide Völker ans keinem anderen Verhal-
ten irgendeinen möglichen Vorteil verspre-
chen kann, oder auch nur zu sehen vermag,
wohl aber schwerste allgemeine und internatio-
nale Gefahren erblicke, so se'hr zwingt mich
die Kenntnis von der endgültigen Abmachung
dieses Paktes nunmehr, in eine Ueberprüfung
der dadurch entstandenen neuen Lage einzu-
treten unö die daraus notwendigen
Konsequenzen zu ztebcn.
Diese Konseguenzen sind sehr schwere, und
sie tun uns und mir persönlich bitter leid.
Allein ich bin verpflichtet, nicht nur der
europäischen Berständigung Opfer zu bringen,
sondern auch den Jnteressen meines
eigenenBolkes zu gehorchen. So
lange ein Opfer bei der Gegenseite auf Wttr-
digung unö Verständnis stößt, will ich mich
gern auch zum Opfer bekennen und werde
dem deutschen Volk das gleiche anempfehlen.
Jm Augenblick, in dem aber feststeht, datz ein
Partner diese Opfer entweöer ntcht mehr be-
wertet oder würöigt, muß sich daraus eine
einseitige Belastung Deutschlands
ergeben und damit ein« Diskriminierung, die
für uns unerträglich ist. Jch möchte aber auch
in diefer geschichtlichen Stunde nnd an diesem
Platz noch einmal das wiederholen. was ich
fFortsetznng auf Seite 7!)