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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Schwab, Alexander: Baupolitik und Bauwirtschaft, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0142

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die andere auf die Schaffung eines größeren Stadt-
gebietes. Die Einkreisungstendenz wird vor allem
vertreten von einem vor kurzem neu gegründe-
ten „Landesplanungsverband Branden-
burg", der alle in größerem Umkreis um Berlin lie-
genden Landkreise umfaßt. Auf der andern Seite
der Berliner City-Ausschuß, dessen (im ein-
zelnen noch nicht formulierte) Bestrebungen sich
der Herauslösung eines weitgefaßten Groß-Berliner
Gebiets aus dem jetzigen Verwaltungsverhältnis und
der Schaffung einer Art von „Provinz Berlin" zu-
neigen. — Eine organische Betrachtung der städte-
baulichen Probleme, die in regionaler Beziehung kei-
nen absoluten Unterschied von „Außen" und „Innen"
kennt, wird kaum im Zweifel darüber sein, wie
verschiedene Vorstellungen von der Gestaltung
des Stadtkerns sich aus den verschiedenen An-
schauungen über die zukünftigen Stadtgrenzen er-
geben müssen. Tatsache ist. daß der Siedlungs-
körper, der heute produktionsmäßig wie wohnungs-
mäßig faktisch zu Berlin gehört, an vielen Stellen
schon weit über die Stadtgrenzen in die benach-
barten Kreise hinausgreift und künftig, bei organi-
schem Wachstum, noch weiter hinausgreifen wird.
Kommen die Landkreise um Berlin in die Lage, ge-
meinsam und mit verstärkter Energie ihre eigene
Landesplanungspolitik zu betreiben, so werden sie
zweifellos versuchen, die kräftigen Steuerelemente
zu sich hinauszuziehen, unbequeme Arbeiteransied-
lungen und Industriebauten auf dem eigentlichen
Stadtgebiet festzuhalten. Es liegt auf der Hand,
daß unter solchen Voraussetzungen weder die finan-
zielle noch die psychische Kraft der Stadtgemeinde
ausreichen könnte, die großen, durch das Zentrum
laufenden (und das Zentrum gestaltenden) Verbin-
dungslinien der Außenbezirke so auszubauen, wie
es den Bedürfnissen des größeren Gesamtkörpers
entsprechen würde. — Es ist übrigens durchaus
logisch, daß gleichzeitig mit dieser Diskussion über
die Stadtgrenzen und über den Gedanken einer ver-
waltungsmäßigen Sonderstellung Berlins auch eine
Auseinandersetzung über den Aufbau seiner inne-
ren Verwaltung eingesetzt hat.

Schwere Krise am Baumarkt.

Anfang Februar hat trotz der milden Witterung
der Beschäftigungsgrad am Baumarkt einen Rekord-
tiefstand erreicht. Alle Gruppen der Bauwirtschaft.
Unternehmer wie Gewerkschaften, haben sich in
ausführlichen Eingaben an die Regierung gewandt,
um eine Verstärkung der öffentlichen Aufträge und
eine Freigabe der Mittel für Notstandsarbeiten zu
erreichen. Von einer selbständigen Aktivität des
Unternehmertums ist so gut wie gar nichts zu be-
merken. Die öffentlichen Mittel aber, nach denen
man ruft, sind überall knapp, und vor Beendigung der
Haushaltsbesprechungen ist keine stärkere Auf-
tragstätigkeit der öffentlichen Hand zu erwarten.
Der private Hypothekenmarkt liegt so schwach wie
schon lange nicht mehr, und wenn auch noch die lei-
stungsfähigen Träger der Sozialversicherung — An-
gestellten- und Invalidenversicherung — mit Dar-
lehen zugunsten der Arbeitslosenversicherung be-
lastet werden, so sind die Aussichten auf erste
Hypotheken für das neue Baujahr ganz außerordent-
lich trübe.

Es wird Zeit, daß die wirtschaftliche Kraft der
Konsumenten, die bis jetzt in Mietszahlungen zugun-
sten der Hypotheken- und Pfandbriefzinsen aufge-
braucht wird, in breiten Organisationen, unter Be-
nutzung des Bauspargedankens, zur Eigenfinanzie-
rung der ersten Hypotheken zusammengefaßt wird.

Ein Internationales Wohnungs- und
Baumuseum.

Der Vorstand des Internationalen Verbandes für
Wohnungswesen (Frankfurt a. M„ Bockenheimer
Landstraße 95) hat beschlossen, die Initiative zur
Gründung eines Internationalen Wohnungs- und Bau-
museums in Frankfurt a. M. zu ergreifen. Der Gene-
ralsekretär wurde beauftragt, im Einvernehmen mit
Stadtrat M a y ein Arbeitsprogramm aufzustellen und
die Sammlung von Material in die Wege zu leiten.

Es wird beabsichtigt, alle mit dem Wohnungs-
wesen zusammenhängenden Fragen der Volkswirt-
schaft, Sozialpolitik, Hygiene, Technik und Kultur
in das Arbeitsgebiet des Museums einzubeziehen
und durch häufige Veranstaltung von Wanderaus-
stellungen die Sammlungen des Museums auch ande-
ren Städten und Ländern zugänglich zu machen.

Mit der Verwirklichung dieses großzügigen Planes
würde zum ersten Male auf dem Gebiete des Woh-
nungswesens ein internationaler Verband die bedeu-
tungsvolle Aufgabe der Lösung zuführen, über den
Kreis interessierter Fachleute hinaus die breite
Masse der Bevölkerung der verschiedenen Länder
mit den so akuten Problemen des Wohnens und des
Wohnungsbaues laufend vertraut zu machen.

Ein französisches Baupolizeigesetz.

Der französischen Kammer liegt gegenwärtig ein
Gesetzentwurf zur Neuregelung des Baugenehmi-
gungsverfahrens vor. Anlaß dazu war die große Zahl
von Unglücksfällen, die sich bei Bauarbeiten in
Frankreich in der letzten Zeit zugetragen haben.
Das Gesetz bezieht sich auf alle Bauten, die höher
als zehn Meter über dem Erdboden oder mindestens
zwei Stockwerke hoch sind, oder die eine Ober-
fläche von mehr als 300 Quadratmeter bedecken.
Für die Durchführung soll das amtliche „Bureau
Securitas" herangezogen werden, dem die laufende
Prüfung der technischen Sicherheit sowohl im Bau-
betriebe wie für das fertige Bauwerk übertragen
ist. Dieses Büro soll zugleich eine Zentralauskunfts-
stelle für die technische Beurteilung von Baustoffen
bilden. Ferner kann die Verwaltungsbehörde verlan-
gen, daß die Einzelheiten eines Bauprojekts von
einem Sachverständigen geprüft werden; der Bau-
herr kann den Sachverständigen aus einer von dem
Ministerium zusammengestellten Liste auswählen.—
In der Diskussion über dieses Gesetz ist auch der
Gedanke aufgetaucht, beschränkende Vorschriften
für den Gebrauch des Titels Architekt zu erlassen,
doch hat die Regierung vorläufig diesen Gedanken
nicht aufgenommen.

Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:

Ernst Källai, Berlin-Steglitz, Fichtestr. 55a bei Bernhard
Roger Ginsburger, Architekt, Paris VI e, 63 rue de Seine
Dr.-Ing. Adolf Feige, Stettin, bei Gollnow &. Sohn
Dr. Adolf Behne, Berlin-Charlottenburg, GrUnstr. 16
Dr. Th. Metz, Syndikus der Niederländischen Handelskammer für
Deutschland, Frankfurt a. M., „Haus Offenbach", Platz der Republik
Dr. Alexander Schwab Berlin W 57 Potsdamer Str 93

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