Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

DOI article:
Mitteilungen des Deutschen Werkbundes
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0239

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
MITTEILUNGEN DES DEUTSCHEN WERKBUNDES

Anschrift der Geschäftsstelle: Berlin SW 48, Reckendorfhaus, Hedemannstr. 24
Fernsprecher Sammelnummer F 5 Bergmann 8400 / Postscheckkonto Berlin 15387

1. APRIL 1930

Internationale Ausstellung Das Lichtbild
München 1930. Veranstalter: Münchner Bund und
Verein Aussteliungspark München.

Die internationale Ausstellung des Deutschen
Werkbundes „Film und Foto" Stuttgart 1929 hat die
Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß Fotografie um
so besser ist, je mehr sie sich vom Vorbild der älte-
ren Künste freimacht und ihren eigenen Gesetzen
folgt. Die Ausstellung ist inzwischen in vielen deut-
schen Städten gezeigt worden und soll im Sommer
auch nach München kommen. Es wird nur ein klei-
ner Teil von ihr gezeigt werden, und dieser Teil soll
den Kern einer neuen Ausstellung bilden, die den
Namen tragen wird: „Internationale Ausstellung Das
Lichtbild München 1930."

Es liegt uns daran, in dieser Ausstellung neue
Arbeiten der Fotografen zu zeigen, die in Stuttgart
ausgestellt hatten. Zugleich aber wollen wir den
Kreis der Aussteller erweitern. Trotzdem soll an den
hohen Ansprüchen der Ausstellung festgehalten
werden und es soll alles ausgeschlossen bleiben,
was nicht über die gewerbsmäßige Routine der be-
rufsmäßigen Fotografie herausgekommen ist. Es
sollen also Fotos gezeigt werden, die nicht nur tech-
nisch vollkommen sind, sondern auch auf eine
eigene und suggestive Art ein neues Bild der Wirk-
lichkeit geben. Das Bild muß darum nicht verzerrt
sein; es ist ja nach dem Ausspruch des Psycho-
analytikers Freud ein Vorrecht gerade der erle-
sensten Geister, daß sie die Wirklichkeit unverzerrt
sehen. Doch soll sie mit eigenen Augen gesehen
werden. Die in den Fotos festgehaltenen Abbilder
der Wirklichkeit sollen eine Entdeckung sein, eine
Entdeckung von Neuland oder eine Entdeckung von
Dingen, an denen wir mitten in unserm Alltag vor-
beigegangen sind; sie sollen also eine Bereicherung
unseres eigenen Erlebens bedeuten.

Die Ausstellung wird nach Sachgebieten geordnet
werden. Außer einer geschichtlichen Abteilung, die
Dr. Franz Roh zusammenstellen wird, einer Indu-
strieabteilung und der Wanderausstellung ..Film
und Foto" soll in der Abteilung „Das moderne Licht-
bild" in vier Hauptgruppen gezeigt werden:

Das Lichtbild als zweckfreies Gebilde,
Das Lichtbild im Dienste der Wissenschaft,
Das Lichtbild im Dienste der Reportage,
Das Lichtbild im Dienste der Reklame.

Die erste Gruppe wird außer dem abstrakten
Lichtbild Fotos von Menschen (Bildnis und Akt), von
Landschaften (auch Fliegeraufnahmen), von allerlei
Flora, Fauna, toter Materie und technischen Gebil-
den zeigen.

In der zweiten Abteilung werden besonders auch
die Röntgenbilder, die mikroskopischen und foto-
grammetrischen Aufnahmen Platz finden. Das weite
Gebiet der Reportage soll u. a. Sport, Jagd, Krieg,
Tanz, Bühne, Mode und die interessantesten Stand-
fotos des Films umfassen, auch ethnografisches Ma-

terial von Forschungsreisen usw. Die vierte Gruppe
wird Plakate. Anzeigen, Prospekte, Buchumschläge
mit Fotos und Fotomontage zeigen.

Wir bitten deshalb die Fotografen, die schon in
Stuttgart ausgestellt hatten, um Zusendung ihrer
neuesten Arbeiten, die sie auf dieser internationa-
len Schau in München zeigen wollen. Wir bitten aber
ferner alle, welche die neue Entwicklung der Foto-
grafie mit Interesse verfolgt haben, um Adressen
von Fotografen, und zwar ebensowohl von Berufs-
fotografen wie Dilettanten, deren Arbeiten in den
Rahmen dieser Ausstellung gehören. Wir sind für
jeden Hinweis dankbar. Gerade in der Fotografie
sind oft auch dem Zufall die stärksten Wirkungen
zu danken. Jeder wird schon die Erfahrung gemacht
haben, daß ihn ein Lichtbild, das seine Entstehung
ganz entlegenen wissenschaftlichen Zwecken ver-
dankt, erregt hat. weil es sein bisheriges Weltbild
berichtigt hat oder weil es ihm einen Ausblick ge-
währt hat über die Grenzen seiner sichtbaren Um-
welt. Da sich unsere Ausstellung nicht an die Fach-
leute, sondern an den gebildeten Laien aus allen
Ländern wendet, die der besonders lebhafte Reise-
verkehr des Sommers 1930 in Scharen nach Mün-
chen bringen wird, so liegt uns daran, gerade diese
Bilder zu finden und zu zeigen, die dem gebildeten
Laien die Sensation einer Bereicherung seines sicht-
baren Weltbildes verschaffen. Wir bitten alle darum,
uns dabei zu helfen.

Die Verbreitung und Bedeutung der Amateurfoto-
grafie und der mit Lichtbildern illustrierten Zeitun-
gen und Zeitschriften wächst von Jahr zu Jahr, so
daß es sich wirklich lohnt, der Fotografie, die so
lange auf falschen Wegen künstlerische Ziele ver-
folgt hat, die neuen Wege zu zeigen, die sie ganz
allein beschreiten kann und die sie gehen muß.
wenn sie zu den ihr allein vorbehaltenen spezifi-
schen Wirkungen kommen will.

Wir bitten Sendungen zu richten an: Internatio-
nale Ausstellung Das Lichtbild München 1930, Mün-
chen, Theresienhöhe 4 a.

Der Termin für die Einsendung ist der 15. April
1930. Bromöldrucke und Gummidrucke sollen nicht
ausgestellt werden. Wir bitten, die Lichtbilder mög-
lichst unaufgezogen und nicht gerollt einzusenden.
Die Rücksendung des nicht ausgestellten Materials
erfolgt unmittelbar vor der Eröffnung der Ausstel-
lung, die des ausgestellten Materials gleich nach
Beendigung der Ausstellung.

Der Arbeitsausschuß:

Für den Münchner Bund:
Oberstudiendirektor Paul Renner
Professor Wolfgang von Wersin
Regierungsbaumeister Walther Schmidt.

Für den Verein Ausstellungspark:
Dr. Adolf Konrad. rechtskundiger Stadtrat
Kommerzienrat Friedrich Edenhofer.
 
Annotationen