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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Karlinger, Hans: Denkmalpflege und neue Form
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Lotz, Wilhelm: Neue Form und Heimatschutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0068

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Ordnung für einen Kultraum in lebendigem Ge-
brauch und zwar durch bildnerische Gestaltung.
Über Einlinigkeit sakraler Bilddeutung verfügt
unsere Zeit nicht, der geläufige Ausweg in sol-
chen Fällen: zu dekorieren. (Mit der durch das
Vorlagenchaos entstandenen irrtümlichen Mei-
nung, Ornamentik sei gewissermaßen ein neu-
traler Boden ohne geistige Bestimmtheit.) Was
Meyer-Speer durch farbige Tönung ver-
sucht, unternimmt Wendling durch grafische
Anordnung — den Raum in seinen spezifischen
Funktionen sprechen zu lassen, das Bildwerk ihm
nicht aufzuzwingen, sondern einzugliedern. Die
Einfachheit der Bildform ist Spiegel einfach kla-
rer Struktur. Weil das Bildwerk nicht eigenlebig
ist (im Sinne isolierter „Kunst"), wird der sakrale

Rahmen nicht gestört, weil die Form aber ihr
eigenes Gesicht hat, wird dieser Rahmen nicht
gemindert, wie bei nichtssagender Ausdrucks-
losigkeit nachromantischer Kirchenmalerei. Da-
durch, daß sie nicht zeitlos erscheinen will, tritt
Wendlings Ausschmückung dem Raum so
wenig fremd oder feindlich entgegen, wie etwa
der aus altem Bestand beibehaltene Renais-
sancealtar und anderes Gerät aus früherer
Zeit.

Das sind Ansätze. Der Weg läßt sich verfol-
gen und ausbauen, Werkform müßte der Denk-
malpflege nicht tatlos gegenüberstehen. Vor-
aussetzung allerdings eine Denkmalpflege der
Kunstwerke, nicht eine Statthalterei der Stil-
formen.

NEUE FORM UND HEIMATSCHUTZ

W. LÖTZ

Kürzlich ging die Nachricht durch die Presse,
daß in Müden an der örtze Otto Haesler eine Ju-
gendherberge, das Lönshaus, bauen sollte, daß
aber die Einwohner des Ortes, der Heimatbund
Niedersachsen, die Löns-Gedächtnisstiftung in
Hannover und der Löns-Bund in Celle protestie-
ren „gegen die Zerstörung der Landschaft durch
einen Baustil, der gegen die elementarsten, bis-
her allgemein anerkannten Forderungen des Hei-
mat- und Naturschutzes verstoße". Dem gegen-
über dürfte interessieren, zu erfahren, daß die
Arbeit Haeslers von dem Arbeitsausschuß des Lan-
desdirektoriums Hannover fast einstimmig gutgehei-
ßen wurde und daß auch die Oberste Reichs- und
Landesbehörde und der Geschäftsführer des Heimat-
bundes sich für das Projekt ausgesprochen haben.
Wir bringen eine Fotografie der Landschaft, eine

Vogelperspektive und die Grundrisse, um zu zeigen,
wie ausgezeichnet diese moderne Planung sich in
das Landschaftsbild einfügt. Allerdings ist von bild-
mäßiger Verschmelzung und romantischer Imitation
bäuerlicher Baugebundenheit keine Rede. Der Bau
steht selbstverständlich und in plastisch-räumlicher
Lagerung in dem Heidegebiet und erreicht gerade
durch seine weiße Farbe einen Grad von Selbstän-
digkeit und räumlicher Gebundenheit zugleich, wie
man ihn sich nicht besser vorstellen kann. Es ist
schwer zu verstehen, warum einige Vertreter des
Heimatschutzgedankens gerade an diesem Bau An-
stoß genommen haben, da er doch die Ideen des
Heimatschutzes, wenn man sie lebendig und sinn-
voll erfaßt, in vollstem Maße erfüllt. Offenbar wissen
die meisten dieser Leute mit der ihnen anvertrau-
ten Aufgabe nichts anzufangen. Rastlos versuchen

Die Jugendherberge
in Müden

Landschaftsaufnahme mit ein-
gezeichnetem Bau

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