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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Grote, Ludwig: Moderne Bildwirkereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0316

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gewebe oder feste Garnbindung absetzt. Viel- loren sie aber ihre Wirkungen. Hier in einem Raum

leicht liegen hier die Anfänge zu einem Relief- vereinigt, steigern sie sich gegenseitig zum Monu-

gobelin vor? mentalen. Bei aller Bildmäßigkeit sind die Kompo-

Handwerklich meisterhaft in der alten Technik am sitionen absolut textil gedacht und technisch sehr

Hochwebstuhl ist der Gobelin von Marie Geroe-Mon- reich und mannigfaltig dargestellt. Der Mänherakt

tagnola gewebt. In der einfachen planen Reihung ist die reifste Leistung, die sich ebenbürtig

der Tiere und der menschlichen Figur bekommt das neben Werke Schlemmers und Baumeisters stellen

Stück eine folkloristische Note. kann, zu deren künstlerischen Fragestellungen

Von nordischer Volkskunst sind die Wirkereien vor, Schütz-Wolff in diesen neuen Arbeiten fortschreitet.
Hablik-Lindemann, Itzehoe, und Alen Müller, Lübeck, Von den übrigen Stücken der Ausstellung können
berührt, beide verwenden das uralte Baummotiv in nur genannt werden: eine frühe Stickerei von Chri-
der durch den Webstuhl abgewandelten abstrakten stian Rohlfs, — aus der Dülberg-Werkstatt ein Pas-
Form, sionsteppich von Hedwig Heckemann, — von Ilse

Den stärksten künstlerischen Eindruck machen Mögelin, Stettin, ein Behang „Traum", der wirkungs-

die Gobelins von Johanna Schütz-Wolff. Johanna voll den Kontrast dunklen Seidengrundes und Me-

Schütz-Wolff hat lange Jahre die Weberei in den tallfäden verwendet.

Giebichenstein-Werkstätten in Halle geleitet und Die Ausstellung läßt durch die Verschiedenartig-
Bildkompositionen großen Formates geschaffen, die keit, mit der das Problem in künstlerischer und tech-
Paula Modersohn-Becker wesensverwandt waren. nischer Beziehung von vielen Seiten angefaßt wird,
Eine Reise nach Ägypten hat eine neue Periode in für die Bildwirkerei eine verheißungsvolle Entwick-
ihrem Schaffen eingeleitet. An die Stelle stumpfer lung erhoffen. Sie zeigt künstlerische Leistungen,
Wollfarbenflächen sind helle Töne und klare deut- die sich den Schöpfungen der Malerei und Plastik an
liehe Linienführung getreten. Wie frühe Fresken die Seite stellen lassen. Vielleicht ist der Gobelin be-
stehen die Teppiche auf der Wandfläche. Ein- rufen, in der neuen Wohnkultur eine besondere Rolle
zelne dieser neuen Arbeiten von Schütz-Wolff sind zu spielen, da er durch die reiche Struktur des Mate-
auf der diesjährigen Juryfreien Ausstellung in rials bei großen Formaten nicht so leicht in die Ge-
Berlin zu sehen gewesen, neben Ölgemälden ver- fahr kommt, leer zu wirken wie Gemälde.

Traum 1929

Halbgobelin auf Flachwebstuhl aus Wolle 178x113. Johanna Schütz-Wolff

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