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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Bier, Justus: Zur Auflösung der staatlichen Bauhochschule in Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0324

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und geistigen Arbeit würde damit vollkommen un-
möglich gemacht. Tatsächlich sind ja solche verant-
wortungslosen Entschließungen wie die der Auflö-
sung der Bauhochschule nur in Staatengebilden mit
so verengtem Gesichtsfeld, wie es Thüringen gibt,
möglich — undenkbar, daß in Preußen so maßstabs-
los gehandelt würde. Der Thüringische Staat hat
sich den Luxus der Auflösung einer weit über die
lokale Aufgabe hinaus bedeutsamen Schule ja schon
zum zweiten Male geleistet — und stützt damit ge-
rade die von ihm so befehdete Konzentration unse-
res geistig-künstlerischen Lebens nach Berlin. Denn
notwendig werden bei solchem Vorgehen der Re-
gierungen der kleinen Staaten alle starken künstle-
rischen und geistigen Kräfte die bisherigen Neben-
zentren unseres kulturellen Lebens scheuen, weil
sie dort immer damit rechnen müssen, daß die Zu-
fälle der politischen Entwicklung sich bis in die
künstlerische und geistige Arbeit hinüber auswirken,
und ein Tätigkeitsfeld wie Berlin mit seiner durch
den Preußischen Staat gewährleisteten größeren
Stabilität suchen.

Das zum prinzipiellen, und nun zum konkreten Fall.
Die jetzt aufgelöste Staatliche Hochschule für Bau-
kunst und Handwerk in Weimar war entstanden,
nachdem der Thüringische Landtag dem Gropius-
schen Bauhaus den Abschied gegeben hatte. Da-
mals besaß die Regierung immerhin noch den Mut,
nicht eine Kunstgewerbeschule alten Stils an die
Stelle des Bauhauses zu setzen, sondern auf dem
vom Bauhaus gelegten Grund fortzubauen. Als Leiter
der neuen Hochschule für Baukunst und Hand-
werk wurde wiederum ein in unseren heutigen Ent-
wicklungen stehender, fortschrittlich gesinnter Ar-
chitekt, Professor Bartning, berufen, ja sogar
diesem neuen Leiter durch einen vierjährigen Privat-
vertrag die Sicherheit eines von weiteren parlamen-
tarischen Zwischenfällen ungestörten Aufbaues ge-
geben. Wäre das Ende dieser vier Jahre und der
Abschluß eines neuen Vertrages nicht gerade mit
dem politischen Umsturz zusammengetroffen, so
wäre die stetige Entwicklung der Schule gesichert
gewesen. Bartning, der von Berlin aus die Anstalt
geleitet hatte, hatte schon der alten Regierung, da
er seinen Berliner Wohnsitz nicht aufgeben wollte,
was Bedingung bei Fortführung seines Amtes ge-
wesen wäre, seinen Rücktritt angezeigt. Er hatte
Haesler als seinen Nachfolger vorgeschlagen, ein
ausgezeichneter Griff, der der Schule die positivste
Fortentwicklung gesichert hätte. Gegen diesen Vor-
schlag machte sich aber sehr bald eine scharfe
Opposition geltend, die ihre Kandidaten in Thüringen
suchte. Am schärfsten wurde Propaganda für den
Geraer Architekten Thilo Schoder gemacht. Daneben
durch das thüringische Handwerk für den Leiter
der Buchbinderwerkstatt, Professor Dorfner, bis als
neuer, der nationalsozialistischen Rechten genehm-
ster Kandidat der 61jährige Schultze-Naumburg auf-
tauchte, dem vor 30 Jahren eine solche Schulleitung
zu übertragen eine Tat gewesen wäre, während
heute eben diese darin bestanden hätte, Haesler
die Leitung der Schule zu übertragen. Da die No-
tizen in der thüringischen und Berliner Presse aus
durchsichtigen Gründen dem bisherigen Leiter vor-
werfen, daß er „keine Erfolge buchen konnte", —
ein Vorwurf, der jedem mit der Schule Vertrauten
als grobe Irreführung erscheinen muß —, ist es an-

gebracht, sich mit der tatsächlichen Entwicklung
der Schule während der vierjährigen Tätigkeit Bart-
nings zu beschäftigen.

Was hat Bartning in diesen vier Jahren geleistet?
Mit dem Bauhaus zu konkurrieren war seiner Schule
schon deshalb unmöglich, weil die beschränkten
Mittel nicht gestatteten, einen so breiten Aufbau
mit Hereinziehung auch freier künstlerischer Kräfte
(wie dort Klee, Kandinsky, Schlemmer usw.) zu
schaffen und in gleichem Maß den Mut zum Ex-
periment, zum Kernpunkt des Schulgebäudes zu
machen. Bartning schuf in bewußtem Anschluß an
die Ideen von Gropius etwas Neues, kein einmaliges

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Holz. Entwurf: Wilhelm Wagenfeld, Weimar

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