Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0449

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Um so erstaunter war die Bauschule, als sie
eines Tages in der Holzmindener Zeitung das Ab-
bild des endgültig beschlossenen Neubaues der
Staatsbank erblickte (Abbildung Seite 382 oben)!
Das war ja ein ganz fremdartiges Giebelhaus in
einer Breite von 12,5 m mit nur einem Obergeschoß
und zwei sicher mächtigen Dachböden! Der Giebel
ist ca. 11m hoch. Mich erinnerte es zuerst stark an
den alten Mauthkeller in Nürnberg (Abbildung Seite
382 unten), der um 1500 erbaut worden ist; es
fehlte nur die gotische Ornamentik am Giebel. Die
Zeitung gab zu dieser Fassade folgende Erklärung:
„Bewußt wird sich die architektonische Gestaltung
der typischen Holzmindener Hausform anpassen, die
besonders die älteren Bauten kennzeichnet und die
sich vornehmlich in einer ganzen Reihe von Häusern
der Oberenstraße vertreten findet", usw.

Nun, ich lebe bereits acht Jahre in dieser Stadt,
aber was ich da las, war mir völlig neu. In Holz-
minden gibt es keine Hausform, die solchen steilen
Giebel aufwiese, das einzige größere Haus mit Gie-
bel steht in der sogenannten Halbemondstraße, aber
es hat wie alle die Häuser aus der Zeit kurz nach
dem Dreißigjährigen Kriege nicht einen Giebel von
60 Grad, wie ihn der Entwurf zeigt, sondern von
etwa 52, im Sinne der damals üblichen Giebelkon-
struktion — und die anderen, später erbauten Häu-
ser, wie sie in den oben erwähnten Einzelexempla-
ren in der Oberenstraße noch heute stehen, zeigen

das biedermeierliche Winkeldach (90 Grad). Statt
der hohen und breiten lichtvollen Fenster waren
solche gewählt, wie wir sie an Kaufhäusern in
Hameln aus der Zeit der Weserrenaissance noch
sehen, die aber gleichfalls in Holzminden fremd sind,
und die, geboren aus dem alten Ständerbau, sicher
eine schummerige Stimmung gewährleisten, dem
Geldverkehr jedoch nicht dienlich sein dürften.

Als ich mir erklären ließ, daß das hohe Dach im
unteren Teile (der obere Teil ist fast nicht zu ver-
wenden) zum Archiv dienen sollte und die Akten
aufzunehmen hätte, dachte ich an den nächsten
Dachstuhlbrand, aber ich sagte mir, vielleicht würde
der Dachboden durch Einziehen massiver Beton-
wände feuersicher gemacht werden können — aber
auch schönheitlich bezweifelte ich die versprochene
Wirkung vor allem im Hinblick auf die Nachbar-
schaft, an die der hohe fremde Giebel recht fremd
und feindlich stößt und auf die er sein Regenwasser
ableiten dürfte, denn es regnet hier sehr viel

Es wäre mir — um kurz zum Ende zu kommen,
nun doch sehr wertvoll, zu erfahren, wie der Heimat-
schutz über den Bau denkt, der sich weder „an-
paßt" und in der Reihe tanzt, noch den Forderungen
der Bauaufgabe entspricht, sondern einen „künst-
lichen" Heimatschutz propagiert, und der Pflege der
Heimat ebenso schadet wie der Aufrichtigkeit, mit
der die Gegenwart sich zum Ausdruck zu bringen
hätte. Paul Klopfer

ZWEI NEUE LEISTUNGEN DEUTSCHER MÜNZPRÄGEKUNST

Das Dreimarkstück zum Gedächtnis Walthers von
der Vogelweide ist wenigstens auf der einen Seite
für den ersten Anblick gar nicht so übel. Was aber
an dieser Figur des Minnesängers gefällt, das geht
auf das Vorbild, Walthers Bild in der Manasseschen
Liederhandschrift, zurück, und es geht eben doch
nicht an, einfach eine Figur aus einer Miniatur in die
Plastik und das Rund einer Prägemünze zu über-
tragen. So erklärt sich das Unentschiedene des
Reliefs und der Gesamtform. Auch die Rückseite ist
ohne rechtes Gefühl gestaltet, das Wappenschild
wirkt wie aufgesetzt auf den Kreisen, deren Funk-
tion unklar bleibt; ist es ein zweites Wappen oder
nur ornamentale Vermittlung zwischen Wappenschild
und Rund? Immerhin hat diese Münse für sehr be-
scheidene Ansprüche noch eine gewisse künstle-
rische Haltung, vergleicht man sie mit der völlig
unmöglichen neuen Hindenburggedenkmünze. über
die jedes Wort zu viel ist.

Allmählich wird die Öffentlichkeit auf das künst-
lerische Treiben der Staatlichen Münze aufmerksam:
mit einer seltenen Einmütigkeit protestiert die ge-
samte Presse vom „Vorwärts" bis zur „Deutschen
Zeitung", und auch der größte Fachverband, die
..Numismatische Gesellschaft" erhebt Einspruch ge-
gen diese Prägungen, in denen man mit vollem Recht
eine Schädigung des kulturellen Ansehens Deutsch-
lands erblickt. Daß sich die Staatliche Münze zu
diesen Angriffen geäußert hätte, ist uns nicht be-
kannt geworden. Ist man dort der Unfehlbarkeit
seines künstlerischen Urteils so absolut sicher.

oder hat man vielleicht überhaupt noch nicht be-
griffen, daß es sich hierbei um künstlerische Auf-
gaben handelt? Und ist es dem Reichskunstwart
ganz unmöglich, hier Einfluß zu gewinnen?

Neue deutsche Staatliche Gedenkmünzen

Nouvelles medailles commemoratives officielles allemandes
New German national commemorative coins

383
 
Annotationen