Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0639
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Schwarz, Rudolf: Erneuerung des Kirchenbaus?
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Fronleichnamskirche Aachen während des
Baues
Eglise du Saint Sacrement ä Aix-Ia-Chapelle, pendant
la construction
Church of Corpus Christi, Aachen, view during erection
etwa wenigstens erfaßt hätten, worauf es ihr Sie versahen sich in der Wahl ihrer Ausgänge,
ankomme. So mögen die Beuroner gute Methoden entwik-
Worauf es derKirche aber zuerst ankommt? Auf kelt haben, um den Himmel zu malen, die Ge-
das Heil der Seelen und auf Andacht. Nicht auf meinde will aber das Heilige sehen, wie es
Realisierung ästhetischer Werte, auch nicht auf Mensch ist, arm, schön, liebevoll und verlassen.
Erweckung von Illusionen und Bildern, sondern Außerdem wünscht sie, das Heilige zu finden
auf die Gegenwart Gottes, auf die Teilnahme an und nicht schließlich die unwichtige Persönlich-
ihm und auf den Dienst vor ihm. Im opus Dei sol- keit irgendeines Künstlers. So erwartet man vom
len die Dinge erscheinen, wie sie vor Gott sind, Bildwerk überprivate — nicht überpersönliche —
also nicht, wie sie schön sind, sondern wie sie Objektivität oder aber Bescheidenheit,
„wirklich" sind. Gegenwart, Wirklichkeit, Dienst, Die sakrale Objektivität der Bilder scheint uns
die ungebrochene Wahrheit der Dinge, alles aber heute nicht gegeben zu sein. Die Werke, die in
in seinem ewigen Bezug, das ist das liturgische den letzten Jahren versuchten, im sakralen Sinne
Thema. objektiv zu sein, sind starr und leer geworden.
Hier haben allerdings die Beuroner — auch Mir scheint, daß wir heute nur die andere viel be-
mich verbinden liebe Erinnerungen mit ihnen und scheidenere Objektivität des Werkzeugs zur
ihren Werken — vieles richtig gesehen und ge- Verfügung haben. Das Kultbild steht in unserer
sagt. Wollten sie doch in ihren Werken nicht Zeit an einer bescheidenen Stelle; vielleicht
sich, sondern die Dinge geben. Das Heilige, so kann man mit ihm eine Erinnerung wecken, einen
wie es ist. Sie fanden verwandte Gedanken im Hinweis geben auf das, was nicht in ihm, son-
alten Ägypten und vorab in den tiefen und schö- dem in den Menschen und im Unsichtbaren, vor
nen Überlieferungen der östlichen Kirchen. Aber ihm oder nach ihm ist. Schließlich kann das Bild
das Heilige wurde ihnen zur Idee und zum Typus auch noch ein Zeichen sein. Die Maler und Bild-
und verlor so seine menschliche Wirklichkeit. hauer werden sich mithin bescheiden müssen. —
549
Baues
Eglise du Saint Sacrement ä Aix-Ia-Chapelle, pendant
la construction
Church of Corpus Christi, Aachen, view during erection
etwa wenigstens erfaßt hätten, worauf es ihr Sie versahen sich in der Wahl ihrer Ausgänge,
ankomme. So mögen die Beuroner gute Methoden entwik-
Worauf es derKirche aber zuerst ankommt? Auf kelt haben, um den Himmel zu malen, die Ge-
das Heil der Seelen und auf Andacht. Nicht auf meinde will aber das Heilige sehen, wie es
Realisierung ästhetischer Werte, auch nicht auf Mensch ist, arm, schön, liebevoll und verlassen.
Erweckung von Illusionen und Bildern, sondern Außerdem wünscht sie, das Heilige zu finden
auf die Gegenwart Gottes, auf die Teilnahme an und nicht schließlich die unwichtige Persönlich-
ihm und auf den Dienst vor ihm. Im opus Dei sol- keit irgendeines Künstlers. So erwartet man vom
len die Dinge erscheinen, wie sie vor Gott sind, Bildwerk überprivate — nicht überpersönliche —
also nicht, wie sie schön sind, sondern wie sie Objektivität oder aber Bescheidenheit,
„wirklich" sind. Gegenwart, Wirklichkeit, Dienst, Die sakrale Objektivität der Bilder scheint uns
die ungebrochene Wahrheit der Dinge, alles aber heute nicht gegeben zu sein. Die Werke, die in
in seinem ewigen Bezug, das ist das liturgische den letzten Jahren versuchten, im sakralen Sinne
Thema. objektiv zu sein, sind starr und leer geworden.
Hier haben allerdings die Beuroner — auch Mir scheint, daß wir heute nur die andere viel be-
mich verbinden liebe Erinnerungen mit ihnen und scheidenere Objektivität des Werkzeugs zur
ihren Werken — vieles richtig gesehen und ge- Verfügung haben. Das Kultbild steht in unserer
sagt. Wollten sie doch in ihren Werken nicht Zeit an einer bescheidenen Stelle; vielleicht
sich, sondern die Dinge geben. Das Heilige, so kann man mit ihm eine Erinnerung wecken, einen
wie es ist. Sie fanden verwandte Gedanken im Hinweis geben auf das, was nicht in ihm, son-
alten Ägypten und vorab in den tiefen und schö- dem in den Menschen und im Unsichtbaren, vor
nen Überlieferungen der östlichen Kirchen. Aber ihm oder nach ihm ist. Schließlich kann das Bild
das Heilige wurde ihnen zur Idee und zum Typus auch noch ein Zeichen sein. Die Maler und Bild-
und verlor so seine menschliche Wirklichkeit. hauer werden sich mithin bescheiden müssen. —
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