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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Barthel, Gustav: Die Kapelle des Riehler Wohnstiftes in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0649

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nach Gotteswort erfüllte Heimstättenbewohner
suchte. Das ist letzten Endes die Grundlage, die
der Architekt mit feinem Instinkt spürte und die nicht
wegzudiskutieren ist.

Aus Einfachheit wird Selbstverständlichkeit.
Durch die Raumgestaltung lebt die tragende Idee.
Auf alle Mittel, die nicht aus der Erfüllung der ge-
gebenen Gesamtaufgabe und der geforderten Ein-
zelfunktion erwachsen, ist verzichtet. Die lang-
rechteckige Form des Mittelraumes war gegeben.
Er wird zu einem ruhigen, einfachen Raum mit ge-
raden Wänden und klarer Decke, ohne eigenes Licht,
ohne Gliederung. Er umfängt den Besucher mit
wohltuender Ruhe. Hinter ihm liegt ein kleiner dunk-
ler Vorraum, durch den man die Kirche betritt, in
dem der Beichtstuhl steht. Die beiden Mittelpfei-
ler verlieren ihre trennende Strenge durch den
Wechsel der schmalen, roten Schiefer mit weißen
Mörteifugen. Vor ihm liegt der Chor, der, unter
Benutzung einiger vorhandener Fundamente, die
einzige völlige Neuschöpfung an dem Bau ist. Er
hat etwas von der Kraft der Suggestion. Er weitet
sich im Halbrund, nur durch schwache Lisenen un-
terteilt. Er birgt in der Mitte die Nachbildung des
Gerokruzifixes aus dem Kölner Dom, der aufs glück-
lichste zur Geltung kommt, dessen Kreuz ohne das
obere Stammesende die ruhige Lagerung des gan-
zen Raumes in nuce fühlbar macht. Die Licht-
quelle aber ist unsichtbar geblieben. An der Seite
fällt es durch zwei schmale, hohe Fenster ein. Die
Scheiben, die von roten zu gelben und grünen Tö-
nen wechseln, brechen es. Eine warme Farbigkeit
erfüllt den Chor, der dadurch gleichsam unkon-
trollierbar wird, ohne einen Augenblick seine ruhige
Existenz zu verleugnen.

Der Mittelraum, der so ganz nur durch seine Er-
füllung im Chor lebt, hätte der Aufbrechung nach
dem nördlichen Seitenschiff nicht bedurft. Es war
eine Platzfrage. Dem Anbau, der den Proportionen
des Hauptraumes folgt, wird seine Selbständigkeit,
die die Einheitlichkeit des Ganzen beeinträchtigen
könnte, durch die indifferente, graue Tönung ge-
nommen.

Einige Einzelheiten, wie die feierliche Rhythmisie-
rung des aus vorhandenen Steinplatten zusammen-
gefügten Alters, die in den Leuchtern ausklingt,
wie die strenge Folge der Metallbuchstaben-In-
schrift an den Chorschranken, wie die präzise Form
der Weihwasserbecken, mögen aus den Abbildun-
gen für sich selbst sprechen. Das Mobiliar spricht
allein durch seine Proportionen. Die Deckplatten
des dunklen Gestühls sind hell gestrichen, so daß
der darin kniende Mensch gleichsam über der hel-
len Fläche zu schweben scheint.

Katholische Kapelle des Wohnstiftes Köln-Riehl. Der Weg
vom Eingang bis zum Altar

Chapelle Catholique de la fondation de Cologne-Riehl. Chemin de
l'entree ä l'autel

Catholic chapel of the homes foundation in Cologne-Riehl. The way
from the entrance to the a'tar

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