Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

DOI Artikel:
Jugendherbergen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0703

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
nen Absichten gerecht zu werden, bilden wir zwei
Entwürfe von ihm für geplante Jugendherbergen ab,
die jedenfalls bescheidener und ehrlicher in der
Landschaft stehen würden als der dekorativ wir-
kende Bau der Jugendherberge Hohenlimburg. Die
Jugendherberge ist nun einmal etwas anderes wie
eine Ritterburg. Sie wird nicht bewohnt von Men-
schen, die sich gegen die Umwelt verbarrikadie-
ren, sondern von Jugendlichen, die offenes Auge
und lebendiges Fühlen für die Landschaft haben.
Erfreulicher jedenfalls als das bauliche Aussehen
sind die Tagesräume von Hohenlimburg. Es ist nicht
mehr der übliche Bauernstil, wenn auch gesagt wer-
den muß, daß eine sehr betonte Verwendung des
Holzes und die etwas harte Einrahmung der Ren-
ger-Fotos, die hier einen modernen und erzieheri-
schen Wandschmuck darstellen sollen, und daß der
Raum im Verhältnis zu den Fenstern und dem
Kachelofen doch noch einen etwas schwerfälligen
Eindruck machen. Die Verwendung von Fotos als
„Wandschmuck" im üblichen Sinn berührt unange-
nehm, zumal sie so hoch gehängt sind. Denn Fotos
eignen sich wohl zum näheren Betrachten, aber nicht
als Dekorationsobjekt für einen Raum, sofern nicht
durch Vergrößerung reklamemäßige Wirkungen wie
bei Ausstellungsständen erzielt werden sollen.

Es handelt sich hier um ein Weglassen alles des-
sen, was altmodisch und romantisch anmutet, aber
es ist noch nicht eine frische Neuschöpfung aus
einem neuen Geist zu spüren. Die P.-H.-Lampen und
die Renger-Fotos machen noch nicht modern in
einem tieferen Sinn, so wie es etwa die Duschräume
sind.

Die Jugendherberge ist eine Einrichtung, die ein
ausgesprochenes Gemeinschaftswesen zu beher-
bergen hat. Die moderne Jugendherberge ist ja
nicht nur wie die anfänglich verwendeten und in-
stand gesetzten alten Türme und Bauernhäuser nur
eine Unterkunfts- und Schlafgelegenheit für die
Nacht, sondern es sind Eßräume und andere Aufent-
haltsräume mit den Schlafräumen in einem Bau ver-
einigt. Hier treffen die Jugendlichen als Vertreter
verschiedenster Weltanschauungen zusammen, aber
eines ist allen gemeinsam, die Freude am Wandern
und die Erziehung im Rahmen einer Gemeinschaft.

Diese Erziehung kann mehr auf der Disziplin beruhen
oder in freiheitlicherem Geist unter Betonung der
Individualität des einzelnen und des Zusammen-
spiels der verschiedenartigen Jugendlichen gehalten
sein. Jedenfalls bedeutet die Jugendbewegung
einen Versuch, der Gemeinschaftsbildung einen tie-
feren Sinn zu geben. Ob dort Grundlagen gegeben
werden, die für eine Erneuerung der menschlichen
Gemeinschaft nutzbar gemacht werden oder in sie
hinüberwachsen können, kann an dieser Stelle nicht
erörtert werden. Jedenfalls, dieser Gemeinschafts-
geist und die typisch jugendliche Einstellung zur
Natur und das Verhältnis untereinander sollte es
bedingen, daß dieser Geist seinen Ausdruck in die-
sen Bauten findet. Hier besteht die Möglichkeit,
für eine Gemeinschaft einen Ausdruck zu schaffen,
eine Forderung, die heute oft erwogen wird, für die
es aber selten eine Möglichkeit der Realisierung
gibt. Die Schwierigkeit liegt nur darin, daß die
eigentlichen Träger dieses Geistes nicht die Bau-
herren sind, vielleicht es auch kaum werden können,
sondern, daß Menschen, die vielleicht bestenfalls
eine Freude an diesen Gemeinschaftsbildungen ha-
ben, als Bauherren wirken können, daß sie aber nicht
oder nicht mehr in der Atmosphäre dieser Gemein-
schaft stehen. L.

Modell einer Jugendherberge für das Burgenland

Modele d'une auberge pour la jeunesse, destinee au Burgenland
Model of a Young Peoples' Shelter for Burgenland

607
 
Annotationen