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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9503#0987

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Unterksltuns

.Voltsgemeinschost"'
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SlhMUieWlhe ill GillSlWllell
Eln Mujeum ber Zollbeamlen

kcherl Blld-rdienst
Bayreuther Kestspiele 1980.
von links nach rechtS: Stegfr. Wagner, Friedr. Kranich (sitz.), Kurt JooS, Rud. v. Laban
und Alex Spring.

Eine der zröhten Schenswürdigleiten der
rleichshauptftndt ist das Zollmuseum, in
dem sämtliche deutschen Zollsahndungsstellen alles
Material zusammengetragen habcn, das dcn
Schmugglern bei ihrem dunklen Gewerbe be-
hilslich war. Dieses Museum ist aus naheliegei»
den Gründcn sür die Oessentlichleit nicht zu-
gänglich.
„Halt oder ich schieße!" — Wie oft ertönt
bei Tag und Nacht an den deutschen Grenzev

ken. Wer will noch Anteil« für ein Theater
»cichnen, dessen Urheber als „verrückt" gilt?
Ende Oktober 1872 wivd eine Generalver-
sanvM'lnng der Wagnerpatrone nach Bayreuth
bernfen. Nach sruchlloien Berauingen, bei
denen sich di« trostlose Kinanzlage ossenbart,
wird der Entschlnß gefaßt, die deutsche Oefient-
lichkeit zu einer Teilnahme an öem National-
unternchmen anzurnfen. An erster Stelle
sollen Buch- und Musikverlage helsen. Ein
Schretben wird an viertausend Buch-
und Musikverlage gerichtet, mit der
Bitt«, den Wagner-Vereineu in den betrefsen-
den Stadten boizutreten.
Das Resnllat tst niederfchmetterwd: von
den viertausend Buch- und Mnsikverlagen
hat nicht «in etnziger geantwortet.
Fretlich: der Aufruf hat dennoch die Sum-
me von ganzen — sage und schreibe — sechs
Talern eingebrachtl Die Zeichner waren
drei Stndenten aus Göttingen! Auch öer
Khedive von Aegypten, ein orienta-
lischer Mäzen, der soeben bei dem Großmeister
der italienischen Oper, Guiseppe Verdi, eine
Oper zur Feier der Eröffnuwg des Snez-
Kanals bestellt und fürsttich honoriert hat —
«S war „Aida" — hat Jnteresse für das
Bayreuther Unternehmen gezeigt. Er zahlte
eine größere Snmme sür mehrere Patronats-
scheine ein. Ter Kaiser von Brasilien, Don
Pedro, interessiert sich gleichfalls sür das
Werk des deutfchen Meisters. Wir finden ih'N
mit einer großzügigen Stiftung in der Lisie
der Patrone.
Jn Dentschland aber, in der Heimat des
Meisters, wird gegen thn mtt unermüdlichcm
Haß w-eiter ge'Hetzt. Die Beiträge öer beiden
exotischen Herrscher können ja leider nicht
aus'schlaggebend sein. Anch öie allgemeine
Finanzlage bedroht öas Unterne'hmen. Nach
der siegreichen Beendignng des Krieges setzt
eine wüste Spekulation ein — die derüchtigre
Gründerperiode. Der Börsensch'windel ninrmt
erschreckende Formen an. Brnkkräche hänfen
sich. So können auch öie wenigen woh'lwollen-
den Gönner, deren Kapitalien in Mitleiden-
schaft gezogen sind, dem Meister nicht helsen.
Eiu Bittgesuch in München
Gi-n Rettnngsschritt muß unternomnien
werden. Wer aber ist in der Lage, zu helsen?
Wagner denkt an den einzigen, der i'hn be-
reits in einem kritischon Augenblick gerettet
hat: König Ludwig von Bayern. So
entschließt sich der Metster, persönlich nach
München zu fahren, nm dort m:t dem König
in V'erbinö'ung zu treten. Soeben hat Wag-
ner vom Münchener Hos die Awfra-ge er-
halt-en, ob ihm mit der Verlethung des Ma-
ximillian-Ovdens eine Fr-eude bereitet werden
könnte. Richavd Wagner pflegte abt'r kostbare
Orden arm-en Musikern zu schenken, wetl sie
d-en B-edürftigen beim Verka-uf eine gnte
Snmme wbwarsen.

für seine Werke. Er ist fest überzeugt, öaß
der Herrscher ihn nicht im Stich lassen wird.
Man fragt sich: warum hat Wagner nicht
perfönlich beim König vorg>efprochen, sondern
alle Verhondlungen durch Bermittler geführt?
Erst 'heute, nach der Veröffentlichung bisher
unbekannter Briefe, wissen wir die Wahrhoit.
Der König, so hoch er auch Wagners Werk
schätzte, war persönlich gegen den Meister ver-
stimmt. Der Grnnd war recht inttmer Natur.
Jn München war es, daß die Annäherung
zwischen dem Meister und seiner znkünftigen
Gattin Cosima, die öamals noch mit Hans
von Bülow oevheiratet war, zustandekam. Ge-
rücht« üder den wahren Sinn von Wagners
Beziehungen zn Frau Costma örangen an die
Ohren des Köni-gs. Wagner als Ehrenm-ann
war seWstverständlich ge-zwungen, die Wahr-
heit in Abreöe zu stellen, um di-e g-eliebte
Frau, solange bie S-cheidun'g noch nicht ein-
geleitet war, dem Klatsch der anfg'e'hetzten
Münchener Bevölkerung nicht preiszugeben.
So mußte er schweren Herzens d-em Köni-g
seine Gefüh-le verschweig>en. Als später die
SHeidnng eingeleitet wurde, fühlt-e sich der
König von Wagner getäuscht und
konnte ihm sein V-erhalten — das «igentlich
nur das Verhalten eines Ehrenmannes war

dieser Warnnngsruf, wenn die Soldaten :m
grünen Kleid, die Zollbeamten, auf Schmugg-
ler treffen! Es ist ein Kampf aus Leben und
Tod, der an den deutschen Grenzen tobt, bet
dem an die Tapferkeit und Klugheit der
Grenzwächter die höchsten Anforderungen ge-
stellt werden. Wenn die Schmuggler sich noch
mit den alten ausgeleierten Schlichen der
doppelten Böden begnügen wollten, dann
bräuchten jährlich nicht viele Hnnderte Zöllner
wochenlang das kleine Museum zu studieren,
das, obwohl es eine der größten Sehens-
würdigkeiten der Reichshauptstadt darstellt,
für die Oesfentlichkeit nicht zugänglich ist —
bas Museum gegen Schmuggler.
Seine Räume bergen Tausende von Gegen-
ständen, die an Absonderlichkeit ihresgleichen
suchen und von denen jeder seine eigene, oft
blntige Geschichte hat. Vom hohlen Nagel bis
zum Moüell eines V-Zugwagens, von einer
sonöerbaren Zündholzschachtet bis zu regel-
rechten Schnapshrennereien, wird hier alles
aufgezeigt, was der Zollbeamte^der in seinem
verantwortungsvollen Dienst ja mtt den merk-
würdigsten Entdeckungen verbrecherischen Er-
findungsgeistes zu rechnen hat, für seine
Fahndungstätigkeit braucht.
Jedes Mittel ist den Schmugglern recht,
keine Arbeit zu schwer, um ihre Ware unve-
merkt und ungefährdet über die Grenze schaf-
fen zu können. Ein Aahnarzt wird zum Schu-
ster, wenn er Devisen zu schmuggeln versucht
und verrät sich durch die Schusterwerkzeuge,
die er im Koffer mit sich führt. Hier liegt
dieser A'bsatz! Datz eine Drehorgel nicht nnr
Herzen erweichen, sondern auch das Zollamt
erfreuen kann, wenn aus ihr nicht nur quiet-
schende Töne, sondern — dicke Geldbün-
del zumVorschein kommen, beweist
der alte Leierkasten, der an der Westgrenze
einem Bettler abgenommen wurde.
Die merkwürdigsten Geschichten erzählen
all die Ausstellungsstücke, wenn man von Saal
zu Saal wanöert. Einer der gerieben'sten

Schmuggler benützte die Sonntage währenb
seiner vieljährigen Gefängnisstrafe dazu, um
einen Schnellzugswagen in allen Einzelheiten
nachzubilden. Der Chefkonstrukteur einer
Waggonfabrik hätte öas Modell nicht besser
bauen können, das genau die Verstecke zeigt,
in denen öer reuige Schmuggler im Laufe der
Zeit ein ganzes Lager von Waren über die
Grenze schaffen konnte. Ein anöerer Pascher
stand in einer öunklen Nacht im Feuerkämps
mit Zollwächtern. Eine Kugel hättte ihm -as
Leben gekostet, wenn sie fich nicht in seiner
Tabakdose verfangen hätte. Diese zerbeulte
Dose liegt im Schmugglermnseum zwi'schen
Revolvern und Schlagwerkzeugen und ein
Brief des Geretteten berichtet dazu, daß er
nun den Gesetzen nicht mehr zuwiderhandeln
wolle, nachdem er durch eine gütige Fügung
vom Tode bewahrt worden sei . . .
Eine besondere Abteilung -eS MuseumS
ist dem Sprttschmuggel gewidmet. Mo-
delle von Ozeandampfern geben -en Zoll-
beamten wertvolle Hinweise, wo bie Verstecke
zu suchen sind nnd anschauliche Zetchnungen
decken bie kasfiniertesten Kntffe der Gauner
auf, bie oft vor den Augen der Zollbeamten
ihre Schmugglerware verschwinden laffen.
Fuhrwerks mit Brenrcholz holpern auf Wald-
wegen über bte Grenze unb der Fuhrmann
macht bazu das unschuldigste Gestcht öer Welt.
Man braucht aber an^dem Modell nnr die
ersten paar Scheite abzüheben, um »u sehen,
datz die harmlose Miene bes Fuhrmanns etne
Verkleidung ist, wie seine alltägltche Ladung.
Nagelfalle befler als Kngelrege«
Die Westgrenze galt früher geradezu al»
Schmugglerparadies.
JmJahre1932 wurden hier im Durchschnitt
täglich über 100 Schmnggler gestellt und ein-
mal sanden sanden sich Zollbeamten einer
Bande von über 190 mit Schußwaffen auS-
gerüsteten Paschern gegenüber. Es kam zu
einem blutigen Kampf, üer trotz der gewalttgen
Uebermacht auf Seiten der Schmuggler mtt
dem Siege der Zollbeamten endete. Das Mn-
seum hat auch eine durchschossene Panzerplatte
aufbewahrt, die der Führer eines Schmuggler»
autos trug, um vor den Kugeln ber Grenzer
gefeit zu sein. Sie hätte ihm auch genützt, wenn
ihm die Erfindung eines deutschen Zollsekre-
trs nicht zum Verhängnis geworden wäre,
die in solchen Fällen nun schon hnnderte Male
zum vollen Erfolg gefü'hrt hat und die in bie-
ser Schau ber Schmugglerschliche und ber Ab-
wehrmaßnahmen einen Ehrenplatz einnimmt.
Es ist ein Brett, das mit hohen, dicken und
spitzen Nägeln besät ist und das von den
Grenzern mit einer Schnur quer über die
Straße gezogen wird, wenn das Auto ntcht
anf die Haltrufe der einige hundert Meter vor-
her postierten Beamten achtet, sonöern mit er-
höhtem Tempo weiterfährt.
Fa, es geht oft hart auf hart, benn alle
wtssen, daß den Schmugglern der Revolver
locker in der Tasche sitzt. Man sieht unter
Photographien von erschossenen und erstochenen
Zollbeamten auch ein Dokument der Belobi»
gung für einen Grenzer, der am 19. Jauuar
1935 an der litauischen Grenze furchtlos den
Feuerkampf mit einer Bande von 17 Schmugg-
lern aufgenommen hatte und Sieger blieb.

Früste Keimkekir ber Störüje
In Süd- und Südwestdeutschland stnd,
freudig begrüßt von alt und jung, di« ersten
Störche eingetroffen. So wurden aus Wein-
garten. gemeldet, baß der Storch, der aus dem
Gasthaus zur „Krone" regelmäßig im Som-
mer setn Quartier aufschlägt, sein altes Heim
bereits bezogen hat. Auch von den im vori-
gen Iahre aus Ostpreußen eingeführten und
in Pleistermühle und Nottuln ausgesetzten
Störchen haben zwei rhre neue Heimat wieder
aufgesucht.

— nicht verzeihen.

cke»

Ccherl Vilderdienst
Erstes Groß-Konzert der Lnstwaffe.
Jm Berliner Sportpalast veranstaltete die Luftwafse ein großes Konzert zugunsten des
Wintevhilfswerkes. Angehörige der Luftwasfe spielten in frieöerizianischen Uniformen htstv-
rische Märsche.

VIUH

Nck
EirvtziMrli
ilicli
ISAU
lLbeis
M


Zwei Kaiser md drei SwdcAe«
DaS wüst« Tretben gegen di« größte Ibee,
ste j« tn der Musikgeschichte verwirklicht
wuvd«, -at setn« Kolgen mcht versehlt. DaS
Unrernohmen kommt tmmer mehr tnö Schwan»

In München angekommen, beglbt stch Way-
ner zirm KabtnettSsekretär Düfflipp. Er
trägt ihm sein Anliegen vor. Es handelt sich
darum, daß der König «in« Garantie über-
nimmt. Dann kann Wagner Anleihen auf
das zukünftige Unternchmvn riskieren. Der
Meister kennt dt« Begetstevuwg deS Königs

Der König läßt Wagner im Gtich
Der Kabinettssekretär gibt Wagner immer-
hin Hoffn'ung auf bie gnnstige Erlediguwg
seines Befuches. So kann der Meister mit
einer gewissen Zuversicht im Herzen in seine
Vayreuther Heimat zurückkehren.
Bon Tag zu Tag wartet Wagner auf das
Eintrefsen der erlösend-en Nachricht aus Mün-
chen. Si« bleibt aus. Die Unruhe des Meisters

E nttäuschu ng « rleb cn?
Da erfolgt öer Donnerschlag: der König
weigert sich, die Garantie zu über-
nehmen! Auf Umwegen muß es der Meister
erfahren. Feustel, der Wagner nach München
begleitet hat, ist von Düsflipp eingewei'ht
rvorden. Es bestoht keine Hoffnung mehr.
Die Verstimmung des Königs gegen Wagner
schoint unüberwindlich zu sein, fo lantet der
Bericht öes Kabinetts. Jn öen osfiziellen
Wagner-Biographien sind alle möglichen
Gründe der königlichen Ungwade verzeichnet.
Wir wissen abcr hcute den wahren Grund.
Für öie Bayrenther Sache scheint tats-äch-
lich alles verloren zu sein!
So schwer, ja vernichtenö ftir Wagner öer
Absall se'ines königlichen Freundes — auch
in moralischer B-ezichung — tst, er gibt öen
Kampf nicht auf! Wenn es nicht ein König
ist, so kann es -ein Kaiser sein, öer hilfreich
eingreist. An einen Kaiser kommt man aber
nicht so leicht heran. So muß ein Umweg ge-
sucht und gefunden w-erden.
lFortsetzung folgt).
 
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