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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 5.1930

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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13711#0077

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In Heft 20 des vorigen Jahres haben
wir mit einigen städtischen Großbauten
Kölns auch den Umbau einer Oberreal-
schule in Köln-Kalk durch das Hochbau-
amt gezeigt. Als Nachtrag veröffent-
lichen wir hier den Umbau einer ehemali-
gen Kölner Kaserne zu einer Berufs-
schule durch einen freien Architekten.
Da die Mittel außerordentlich knapp
waren, mußte sich der Architekt zu einer
weitgehenden Erhaltung der bestehen-
den Teile entschließen.

Umbau der Kaserne zu einer Berufs-
schule

durch den Architekten Hans Schumacher, Köln

WUNSCHTRÄUME DER BAUWI RTSCHAFT

ALEXANDER SCHWAB

Daß die Bauwirtschaft unzufrieden ist, wird ihr
kein Mensch übelnehmen können. Das Geld langt
hinten und vorne nicht. Aber was eigentlich gesche-
hen soll, um die Lage zu bessern, weiß niemand so
recht. Mehr als in irgendeinem anderen Wirtschafts-
zweig streiten sich zwei Seelen, ach, in des Bau-
unternehmers Brust: er und der Baustoffabrikant.
der Bauhandwerker, sie alle spüren die harte Hand
des Vaters Staat, wenn er Steuern nimmt. Das
haben sie gemein mit allen wirtschaftenden
Menschen, seien es nun Arbeitgeber oder Arbeit-
nehmer.

Aber die „Leute vom Bau" kennen die väterliche
Hand auch anders: indem sie sich nämlich milde
auftut und Bestellungen und Aufträge vergibt. Und
da es nun einmal zu Silvester erlaubt und üblich ist.
die Gedanken ein wenig spazieren gehen zu lassen
und sich etwas zu wünschen, so hat die Bauwirt-
schaft diesmal reichlich und hemmungslos ihre
Wunschträume von sich gegeben. Es ist ganz ein-
fach: ein Blitzstrahl zerschmettert nicht nur die
Baupolizei und die Wohnungszwangswirtschaft, son-
dern auch sämtliche Finanzämter, auf der andern
Seite blüht die „freie Wirtschaft" und die Regierung
hat gefälligst dafür zu sorgen, daß beim Versagen
des privaten Kapitalmarktes wenigstens von Staats
Wegen Geld da ist. Auch die bösen Gemeinden
sollen gefälligst anderswo sparen und nicht gerade
an den Bauaufgaben. Herrgott gib Regen und Son-
nenschein für Reuß, Greiz, Schleiz und Lobenstein!
Möchten die andern auch was haben, sollen sie's
dem Herrgott selber sagen.

In diese Silvester-Wunschträume, die mit anderen
Träumen die Vereinigung des Unvereinbaren gemein-
sam haben, mischten sich nur wenige ernstere Stim-
men. Einer der größten Berliner Bauunternehmer
hatte allerdings den Mut, zu erklären, der Produk-
tionsapparat des deutschen Baugewerbes sei ver-
altet und arbeite daher erheblich teurer, als auf
Grund der Rohstoffpreise und Löhne nötig wäre. Er
fügte hinzu, es werde vermutlich nötig sein, sich die
amerikanischen Erfahrungen nutzbar zu machen und
zu diesem Zweck zu einer planmäßigen Zusammen-
arbeit mit amerikanischen Unternehmungen zu ge-
langen. In dieser Äußerung werden die Umrisse
eines Zukunftsbildes erkennbar, dessen rasche Rea-
lisierung wahrscheinlich nur noch durch die Zwangs-
wirtschaft im Wohnungswesen und ihre bauwirt-
schaftlichen Auswirkungen aufgehalten wird. Ohne
diesen retardierenden Faktor wäre wahrscheinlich
heute schon in der Bauwirtschaft ein Konkurrenz-
kampf aller gegen alle entstanden, der bei dem enor-
men Abstand unserer Produktionsmethoden von de-
nen einer technisch und organisatorisch hochent-
wickelten, durchrationalisierten Bauindustrie bald
mit dem Siege weniger, und zwar der kapitalkräftig-
sten Unternehmungen enden würde. Wer diese Per-
spektive ebenso sieht, wird zugeben müssen, daß die
viel umstrittene Zwangswirtschaft im Wohnungswe-
sen einen Schutzwall gerade für die mittleren Exi-
stenzen des Baugewerbes bildet.

Nun, auch ohne solche Mahnungen wird der
Katzenjammer, der auf Ausschweifungen der Phan-
tasie zu folgen pflegt, auch nach den bauwirtschaft-

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