Grsies Msti,
. Akit-g,
Bischkilt 8o«ntaz» «utrcnomme«. PreiS mit FaMilirnblätttni monatlich 8V Pfz. in'» Hou» zebracht, Lei der Erpeditio» nnd de» Zweigstatto»e» abgeh»kt 40 Pfg. D»rch dt»
d«»ozen vierteljährlich 1.3ö Mk. aurjchlichltch Zustellgebühr.
A«»»ii»»Pret»: 20 Pf,. für di» Ijpaltig« Peticheile oder der»« Siaum. ReNamezeile tü Pf». Für hiefige Seschäft»« «nd Privatanzei»«» mnäbtgt. — Astr die Aufnohme v»n NuzeiZ«
«« destimmte» Tag»« »ird keine Berantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserat auf den Pla lattaseln der Heidelberger Zeitung u»d de» stSdtischen Anschlagfielle». Fernsprecher E.
AnspruchMnd Vedeutung der Presse.
Seit längerer Zeit wird in der Presse nicht nur einer
'eiuzetnen Partei, sondern ohne Unterschied der Parteien
Stellung genommen gegen dmr zunehmenden Luxus in
der Armee und gegen die Uebertreihung der Neigung. in
Bezug auf die Kleider-Ordnung und Anbringung von ?
allerlei Mzeichen auf den Uniformen des, Guten zn viel '
und jedenfalls mehr als genug zu tun.
Mit Recht hätte man erwarten kormen, die Heeresver-
svaltung werde fich zu den erhobenen Beschwerden in
irgend einer Weise äußern. Das ist gar nicht oder so
Unzureichend geschehen, daß jetzt der Urrmut in der Presse
steigt und ausschlaggebende Parteien fordern, es müsse
im Reichstag eine Aussprache über die einschlägigen Fra-
fien gerade seitens der Parteien herbeizuführen versucht
werden. welche alle berechtigten Forderungen für die
Armee zu bewilligen sich in der Vergangenheit bereit ge- :
ieigt haben und irr der Zukunft bereit sind.
Etwas mehr Entgegenkommen der Heeresverwaltung
nnd der Reichsleitung gegenüber dem berechtigten An-
shruch der öfsentlichen Meinung auf Aussprache über
Dinge, welche irr Deutschland- einstweilen noch immer
Mehr interessieren als die, welche weit abseits vom Wege
Lirrer bestverstandenen Heimatpolitik liegen, hätte genügt.
um die „militärfromme" Natur der Mehrzahl der bürger- :
üchen Parteien außer Zweifel zu stellen. i
Wozir eine derartige Gleichgiltigkeitspolitik gegerrüber '
ben Ansprüchen, die in der Richtung des Rechtes auf Oef-
lerrtlichkeit von der Presse erhoben werden, führt, zeigt die ,
Art, wie neuerdirrgs Kritik geübt wird an der Maßnahme,
vach der die Offiziersabzeichen auch über dem Paletot ge- !
Eragerr werderr sollerr. Die Mehrzahl der militärkundigen s
^ürger des deutschen Reiches hqt diese Maßnahme durch,-
uus gebilligt. Die Presse hat eine gegentei- .
lige Stellung eingeommen. Hätte die Heeresverwaltuirg
^vi Zeiten vorbereitendin derPresse zu
mirken versucht, wäre dies nicht der Fall gewesen.
Die nicht genügende Achtung der Stellung, welche die i
Presse in unserem öffentlichen Leben einnimmt, führt zu ^
^eheimniskrärnerei am unrechten Orte. Der grohe Führer ,
^er nationalliberalen Partei, Rüdolf von Bennigsen, hat
lwr vielen Fahren das sehr richtige Wort ausgesprochen,
E>ie Presse sei eine viel ältere Jnstitution als das Parla- s
^vent, und es gebühre ihr demgemäß auch der entspre- s
^hende Respekt. Tie Regierung von heute mißachtet die- -
Standpunkt in mehrfacher Beziehung, und sie gerät s
shfolgedessen in Abhängigkeit von Parlamentsparteien, s
^is diese Schwäche ausziinutzen verstehen. s
Deutsches Reich. -
— Die „Köln. Ztg." schreibt: Die Richtigkeit unserer -
^eldung, daß demnächst dle 'Grundfarbe der .
7« afsenröcke in G r a u geändert werden solle, wird -
amtlichen Kreisen bestritten. Die Nachricht war
^üs von einer Seits zugegangen, deren Zuverlässigkeit
Ijvs seir langer Zeit bekannt war, rmd entspricht auch
durchaus den Forderungen, welche in der militärischen
Fachliteratur erhoben worden sind, um die Sichtbarkeit
der Truppm auf Entfernungen bei der heutigen Gefechts-
weise möglichst zu verringern. Um so weniger nahmen
wir Anstand, sie zu verösfentlichen.
Baden.
— An Stelle des wegen Krankheit von seinem Man-
date zurückgetvetenen Geheimen Finanzrat Friedrich Hug
in Konstanz ist Lei der am 7. d. Lll. inUeberIinge n
Vorgenommenen Ersatzwahl Oberamtsrichter August
Büchner in Gengenbach (Zentr.) zum Abgeordneten
des ersten Bezirks gewähU worden. Von 152 Wahlmän-
nern waren 150 erschienen. Auf Oberamtsrickster Büch-
ner entfielen 139, auf Landwirt Richard Keller in
Ahäusle 5 Stimmen. 6 Wahlzettel enthielten keinen
Wahlvorschlag.
— Es verlautet, daß der Staatsminister sich zur Hei-
lung seines Nierenleidens einen mehr monatlichen Auf-
enthalt im Süden auferlegen müsse. Da und dort er-
tönten sogar schon pessimisüsche Stimmen: der Staats-
minister wolle nicht mehr in den Dienst zurückkehren.
Der Finanzminister schwebt noch in Lebensgefahr und wird
im besten Fallo ebenfalls einer längeren Erholungszeit
bedürfen, ehe er wieder arbeiten darf. So sind nun die
beiden Minister, die von keiner Partei je ernstlich ange-
fochten wurden, dem politischen Leben vorerst entzogen,
un.d wenn sie auch, — was das ganze Land dringend
hofft und wünscht — wieder gesunden, so werden doch die
Landtagsverhandlungen ohne sie weitergeführt werden
müssen. Eine beklagenswerte Tatsache, wie die „Bad.
Neckar-Ztg." hervorhebt; denn in kaum einer der ver-
gangenen Sitzungsperioden waren sie nötiger, als in der
gegenwärtigen. Die so wichtige V e r f a s s u n g s r e-
form hätte durch das versöhnliche Eingreifen des liebens-
würdigen Ministers und DavMers v. .Brauer an
Ausstcht sehr gewonnen. Ilnd wie die schwierigen
Finauzfragen die geplante Steuererhö-
hung, und viele and'ere ohne Buchenberger die
parlamentarischen Klippen passieren werden, davor bangt
wohl auch dem derzeitigen Stellvertreter des Ministers.
Wenn je, so bedurfte jetzt die Finanzlage Badens des
Talents nnd d>er Erfahrung eines Finanzmanns wie
Buchenberger einer ist. Für Regierung und Volksvertre--
tung können sich nun Schwierigkeiten ergeben, die auch
beim besten Willen aller Beteiligten schwer zu überwin-
'den sein werden.
— Die Großh. Fabrikinspektion schreibt: Jn letzter
Zeit sind wiederholt Kinder in s ch u l p f I i ch t i g e m
Alterin G e t r e i d e m ü h l e n verunglückt. Jn einer
Mühle in Jöhlingen wurden zwei Mädchen durch Auf-
wicklen der Kleidchen an einem unverk'tei'detcn- Königstock
die Beine gebrochen. Durch eine nichtabgedeckte Oeffnung
eines Getreidekastens einer Mühle in Singen 'stürzte ein
Knabe und erstickte. Das Töchterchen eines Müllers in
Rippoldsau wurde bei Annäherung an eine nichteinge-
sriedigte Zahnradeingriffstelle erfaßt und starb nach zwei-
tägigem Leiden an dem erlittenen doppelten Unterschenkel-
brmch. Jn allen Fällen haben> es die Müller an den er-
forderlichen S ch u tz v o r k s h r u n g e n fehleu lassen,,
vor allem aber dadurch eine schwere Verantwortung auf
sich geladen, datz sie das Betreten der Mühlräume Lurch
Kinder duldeten. Es ist sogar festgestellt worden, daß
schulpflichttge Kinder zur Bedienung der Mühle her-
angezogen wurden. Da leider manche Eltern die fchul-
dige Rücksichtnahme auf ihre Kinder nicht davon abhält,
in leichtfertiger oder unbedachter Weise deren Leben aufs
Spiel zu setzen, so mag der Hinweis auf die st r a f g e -
richtliche Verantwortung gemäß 8 230 R.Str.G.B.
und das Verbot, eigene Kinder in Motorbetrieben zu be-
schästigen, nach 8 12 des Gesetzes Kinderarbeit in ge-
werblichen Betrieben vom 30. März 1903 angemessen
erscheinen.
Preußen.
— Der polnische Abgeordpete Szumann hat es
abgelehnt, als A l t e r s p r ä s i d e n t die erste Sitzung
des A b g e o r d n e t e nh a u s e s zu leiten. Das Allers-
präsidium wird infolgedessen dem nationalliberalen Ab-
geordneten Schasfner zufallen.
Sachsen.
Dresden, 7. Jan. Die Regierung legte heute
der Kammer die von ihr angekündigte Denkschrift
über 'die Wa h l r e ch t s r e f o r m vor. Die von der
Regierung vorgeschlagenen Grundzüge der Reform gehen
dahin: Verbindung von direkten Abteilungswahlen
(18 Abgeordnete) mit b e r u f s st ä n d i s ch e n Wahlen
(35 ALgeordnete). Die Abteilungswahlen werden in 16
durch das ganze Staatsgebiet ohne Unterschied von Stadt
und Land gebildete Wahlkreise von jeder Abteilung Le-
sanders vorgenommen. Es wählen unter der Voraus-
setzung der sächsischen Staatsangehörigkeit und des voll-
endeten 25. Lebensjahres: 1. in der ersten Abteilung alle
Diejenigen, welche an Staats-, Grund-, Einkommen- ode»
Ergänzungssteuer zusammen mindestens 300 Mk. ent-
richten, oder eine abgeschlossene Hochschulbildung hinter
sich haben. 2. Jn der zweiten Abteilung alle Diejenigen,
welche in derselben Weise weniger als 300 Atk., aber
mindestens 38 Mk. Staatssteuer entrichten oder bei klei-
neren Steuerleistungen die Berechtigung zum Einjährig-
Frciwilligmdienst erlangt haben. 3. Jn der dritten Ab-
teilung alle Uebrigen, sofern sie überhmrpt eine Staats-
steuer entrichten. Die berufsständischen Wahlen werden
in der oben angegebenen Weise von den Unternehmern
der drci Hauptproduktivstände vollzogen. Jm übrigen
verbleibt es bei dem bisherigen geheimen Wahlverfahren
und dem Erfordernis absoluter Mchrheit bei den ersten
und 'der relativen Mehrheit bei deu zweiten Wahlen. Von
der Vorlage eines Gesetzentwurfs hat die Regierung zn-
nächst abgesehen, da sie abwarten will, ob und inwioweit
die Kammer mit der Wahlrechtsreform sich einverstanden
erklärt.__
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Sein-e Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den ersten Garderobier Richard Thiele beim Hoftheater in
Karlsruhe patentmäßig angestellt.
Drittes Kammernmsik-Konzert.
Heidelberg, 8. Jan.
Der gestrige Kammermustk-Abend brachte eine intereff-ante
stAvechslung: die Mitwirkung des Brüsseler Streichquar-
lHerren Schörg, Daucher, Miry, Gaillar d.)
^genstber der stren-g klafsischen Spielweise des Heermann-
^>wrte1ts nehmen sich die Brüffeler größere Freiheit in Tempo
nd Auffaffung und geben der Leidenschast freieren Spielraum.
Fhre Klanzwirkung hat nicht die edle Schönheit wie die der
^rankfurter, wöhl aber größere Fülle.
das erste Stück des Programms, Schumann's
^streichquartett A-dur (op. 41 Nr. 3), entsprach se'hr wohl
^genart. Die zerriffene Stimmung, die leidenschast-
. chen Klagen. des zweiten Satzes, die sich im dritten in weh-
Mügen Frieden auflösen, dcr frische Aufschwung des letzten
^ftzes — ulles dies kam packend zum Ausdruck. Dann folgte
interessante Nobität: drei „Novellctten." von Alexander
mzounaw (op. 1-3), Streichquartette in freierer Form, de-
, ^.Benennung vielleicht auf die d-er Gade'schen Novelletten
Ex^is^Auführen ist. Zuerst frifche Zigeunerweisen, dann der
stiste Gesang „im alten Sttl" (Jnterludium in modo anttco),
Schluh ein leidenschaftlicher spanischer Tanz (Alla spag-
„ , u>. Den Höhepunkt des Abends aber bildete die Auffüh-
Ug dcs großartigen. Brahms'schen Klavierquintetts (F-rnoll,
st)' o4). Jn den energischen Partien erhob sich die Ausfüh-
gewalttger Begeisterung; man glauibte, ein kleines
^ u^sstr zu hören. Den Klavicrpart führte Herr Direktor
i g mit gewohnter Meisterschaft aus. —
Konzert war sehr zahlreich besucht, so daß der kleine
ausreichte. Die Zuhörerschaft folgtc mit bezeister-
ttufmerksamkeit und spettdete stürmischen Beifall. i.
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Berlin, 7. J-an. Die neue
Bcrliner H a n de l s h o ch s ch u l e soll auch den Beamtcn der
Justizverwaltun-g dienen. Als -gutachtliches Organ wird ein
großer Rat bestellt, der aus dcm Präsidenten des Aeltesten-
kollegiums der Berliner Kanfmannschaft, je einem Vertreter
des Handels- und des Unterrichtsministeriums, dem- Rektor
und je cinem Vertreter der Universität und der technischen
Hochschule aus acht Delegierten der Aeltesten der Berliner
Kaufmannschaft, 'drei Dozenten, se einem Mitgliede des Dlagi-
strats, der Städtverordneten und der Handelskmnmer sowie
fünf von den Aellesten berufenen hervorragenden Persönlich-
keiten bestehen soll. Später wird'von den Dozentcn ein Rektor
gewählt werden auf die Dauer von jeweils drei Jahren. Der
erste Rektor wird von dcn Aeltesten ernannt. Das Reifezeug-
nis wir-d für Studiereüde nicht verlangt. Der Studienplan
ist auf vier Semiester berechnet. — Profeffor Dr. Rietscher in
Tübingen hat den Ruf als ordentl. Professor der Rechtswissen-
schast nach Freiburg i. B. abgelehnt.
— Ter Kronprinz erschien Dienstag wieder a,u.f der
Eisbahn des Heiligensees bei Potsdam, um dort, angetan
mit einer grauen Litewka, den Schlittschuhlauf zu pflegen.
Er sowohl wie einige sich in seiner Begleitung befindende
Offiziere hatten an den Armen Segeln befestigt, so daß
sie, namenlttch wenn sie mit dem Winde liefen, pfeilschnell
dahinschossen. Eine große Anzahl jugendttcher Schlitt-
schuhläufer gab den Herren stets das Geleit, und der
Kronprinz schien daran Gefallen zu finden, denn wieder-
holl sprach er Knaben und Mädchen an. Auch ein Dienst-
mädchen, das einen an einem Strick befesligten Hand-
schlitlen, in dein zwei kleine Kinder saßen, zog, kam auf
der Eisbakm daher. Der Kronprinz nahm dem Mädchen
die Leine ab und zog, zum großen Vergnügen der Schuk-
jugend, selber den Schtttten ein Stück über den Heiligen-
see.
— Der Balka-nforschcr Fcttx Kanitz ist am Wend Le»
5. Januar in Wien gestorben. Bereits 1862 ver-
schaffte sich Kanitz durch die in der Wiener Staatsdruckerei
erschienenen „Serbiens byzantinische Monumente" in de»
wissenschaftttchen Welt eine Stellung, die an jene v-on
Mommsen betreffs der römischen Altertümer erinnerte.
Als Frucht 1859 begonnener und seither fortgesetzter Rei-
sen erschien 1868 bei Friefe in Leipzig Kanitz' heute selbst
antiquarisch schwer erhältttches „Serbien", das bereits
damats Kanitz in die erfte Reihe der Balkanforscher stellte.
Während 1892 die Wiener Kaiserliche Akademie der
Wissenschaften Kanitz' „Römische Studien im Königrelch
Serbien" 'hera-usgab, arbeitete der inzwischen ergraute,
aber mit unverwüstlicher Gesundheit gesegnete Forscher
an seinem Lebenswerk, das als langsam gereif.te Frucht
40jähriger mühevoller Neisen und Studien „Das K'önig-
reich Serbien und das Serbenvotk" erschöpfend schitdern
sollte. Das Monumentalwerk „Das Königreich Serbien
und das Serbenvotk" (Verlag Bernh. Meyer, Leipzig)
nmfaßt drei Lexikonbände v-on je rnnd 600 Seiten und
ebenso viel Jllustrationen, Karten und Plänen, darunter
über 100 Federzeichnlingen aus Kanitz' eigener Hand.
Der erste und zweite Band sind „Land und Bevölkernng",
der dritte ist „Staat und Gesellschast" gewidmet. Auf das
bedeutsame Werk werden wir noch zurückkommen, wenn
in einigen Wochen 'der erste Band vorliegt. Ueber dev
. Akit-g,
Bischkilt 8o«ntaz» «utrcnomme«. PreiS mit FaMilirnblätttni monatlich 8V Pfz. in'» Hou» zebracht, Lei der Erpeditio» nnd de» Zweigstatto»e» abgeh»kt 40 Pfg. D»rch dt»
d«»ozen vierteljährlich 1.3ö Mk. aurjchlichltch Zustellgebühr.
A«»»ii»»Pret»: 20 Pf,. für di» Ijpaltig« Peticheile oder der»« Siaum. ReNamezeile tü Pf». Für hiefige Seschäft»« «nd Privatanzei»«» mnäbtgt. — Astr die Aufnohme v»n NuzeiZ«
«« destimmte» Tag»« »ird keine Berantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserat auf den Pla lattaseln der Heidelberger Zeitung u»d de» stSdtischen Anschlagfielle». Fernsprecher E.
AnspruchMnd Vedeutung der Presse.
Seit längerer Zeit wird in der Presse nicht nur einer
'eiuzetnen Partei, sondern ohne Unterschied der Parteien
Stellung genommen gegen dmr zunehmenden Luxus in
der Armee und gegen die Uebertreihung der Neigung. in
Bezug auf die Kleider-Ordnung und Anbringung von ?
allerlei Mzeichen auf den Uniformen des, Guten zn viel '
und jedenfalls mehr als genug zu tun.
Mit Recht hätte man erwarten kormen, die Heeresver-
svaltung werde fich zu den erhobenen Beschwerden in
irgend einer Weise äußern. Das ist gar nicht oder so
Unzureichend geschehen, daß jetzt der Urrmut in der Presse
steigt und ausschlaggebende Parteien fordern, es müsse
im Reichstag eine Aussprache über die einschlägigen Fra-
fien gerade seitens der Parteien herbeizuführen versucht
werden. welche alle berechtigten Forderungen für die
Armee zu bewilligen sich in der Vergangenheit bereit ge- :
ieigt haben und irr der Zukunft bereit sind.
Etwas mehr Entgegenkommen der Heeresverwaltung
nnd der Reichsleitung gegenüber dem berechtigten An-
shruch der öfsentlichen Meinung auf Aussprache über
Dinge, welche irr Deutschland- einstweilen noch immer
Mehr interessieren als die, welche weit abseits vom Wege
Lirrer bestverstandenen Heimatpolitik liegen, hätte genügt.
um die „militärfromme" Natur der Mehrzahl der bürger- :
üchen Parteien außer Zweifel zu stellen. i
Wozir eine derartige Gleichgiltigkeitspolitik gegerrüber '
ben Ansprüchen, die in der Richtung des Rechtes auf Oef-
lerrtlichkeit von der Presse erhoben werden, führt, zeigt die ,
Art, wie neuerdirrgs Kritik geübt wird an der Maßnahme,
vach der die Offiziersabzeichen auch über dem Paletot ge- !
Eragerr werderr sollerr. Die Mehrzahl der militärkundigen s
^ürger des deutschen Reiches hqt diese Maßnahme durch,-
uus gebilligt. Die Presse hat eine gegentei- .
lige Stellung eingeommen. Hätte die Heeresverwaltuirg
^vi Zeiten vorbereitendin derPresse zu
mirken versucht, wäre dies nicht der Fall gewesen.
Die nicht genügende Achtung der Stellung, welche die i
Presse in unserem öffentlichen Leben einnimmt, führt zu ^
^eheimniskrärnerei am unrechten Orte. Der grohe Führer ,
^er nationalliberalen Partei, Rüdolf von Bennigsen, hat
lwr vielen Fahren das sehr richtige Wort ausgesprochen,
E>ie Presse sei eine viel ältere Jnstitution als das Parla- s
^vent, und es gebühre ihr demgemäß auch der entspre- s
^hende Respekt. Tie Regierung von heute mißachtet die- -
Standpunkt in mehrfacher Beziehung, und sie gerät s
shfolgedessen in Abhängigkeit von Parlamentsparteien, s
^is diese Schwäche ausziinutzen verstehen. s
Deutsches Reich. -
— Die „Köln. Ztg." schreibt: Die Richtigkeit unserer -
^eldung, daß demnächst dle 'Grundfarbe der .
7« afsenröcke in G r a u geändert werden solle, wird -
amtlichen Kreisen bestritten. Die Nachricht war
^üs von einer Seits zugegangen, deren Zuverlässigkeit
Ijvs seir langer Zeit bekannt war, rmd entspricht auch
durchaus den Forderungen, welche in der militärischen
Fachliteratur erhoben worden sind, um die Sichtbarkeit
der Truppm auf Entfernungen bei der heutigen Gefechts-
weise möglichst zu verringern. Um so weniger nahmen
wir Anstand, sie zu verösfentlichen.
Baden.
— An Stelle des wegen Krankheit von seinem Man-
date zurückgetvetenen Geheimen Finanzrat Friedrich Hug
in Konstanz ist Lei der am 7. d. Lll. inUeberIinge n
Vorgenommenen Ersatzwahl Oberamtsrichter August
Büchner in Gengenbach (Zentr.) zum Abgeordneten
des ersten Bezirks gewähU worden. Von 152 Wahlmän-
nern waren 150 erschienen. Auf Oberamtsrickster Büch-
ner entfielen 139, auf Landwirt Richard Keller in
Ahäusle 5 Stimmen. 6 Wahlzettel enthielten keinen
Wahlvorschlag.
— Es verlautet, daß der Staatsminister sich zur Hei-
lung seines Nierenleidens einen mehr monatlichen Auf-
enthalt im Süden auferlegen müsse. Da und dort er-
tönten sogar schon pessimisüsche Stimmen: der Staats-
minister wolle nicht mehr in den Dienst zurückkehren.
Der Finanzminister schwebt noch in Lebensgefahr und wird
im besten Fallo ebenfalls einer längeren Erholungszeit
bedürfen, ehe er wieder arbeiten darf. So sind nun die
beiden Minister, die von keiner Partei je ernstlich ange-
fochten wurden, dem politischen Leben vorerst entzogen,
un.d wenn sie auch, — was das ganze Land dringend
hofft und wünscht — wieder gesunden, so werden doch die
Landtagsverhandlungen ohne sie weitergeführt werden
müssen. Eine beklagenswerte Tatsache, wie die „Bad.
Neckar-Ztg." hervorhebt; denn in kaum einer der ver-
gangenen Sitzungsperioden waren sie nötiger, als in der
gegenwärtigen. Die so wichtige V e r f a s s u n g s r e-
form hätte durch das versöhnliche Eingreifen des liebens-
würdigen Ministers und DavMers v. .Brauer an
Ausstcht sehr gewonnen. Ilnd wie die schwierigen
Finauzfragen die geplante Steuererhö-
hung, und viele and'ere ohne Buchenberger die
parlamentarischen Klippen passieren werden, davor bangt
wohl auch dem derzeitigen Stellvertreter des Ministers.
Wenn je, so bedurfte jetzt die Finanzlage Badens des
Talents nnd d>er Erfahrung eines Finanzmanns wie
Buchenberger einer ist. Für Regierung und Volksvertre--
tung können sich nun Schwierigkeiten ergeben, die auch
beim besten Willen aller Beteiligten schwer zu überwin-
'den sein werden.
— Die Großh. Fabrikinspektion schreibt: Jn letzter
Zeit sind wiederholt Kinder in s ch u l p f I i ch t i g e m
Alterin G e t r e i d e m ü h l e n verunglückt. Jn einer
Mühle in Jöhlingen wurden zwei Mädchen durch Auf-
wicklen der Kleidchen an einem unverk'tei'detcn- Königstock
die Beine gebrochen. Durch eine nichtabgedeckte Oeffnung
eines Getreidekastens einer Mühle in Singen 'stürzte ein
Knabe und erstickte. Das Töchterchen eines Müllers in
Rippoldsau wurde bei Annäherung an eine nichteinge-
sriedigte Zahnradeingriffstelle erfaßt und starb nach zwei-
tägigem Leiden an dem erlittenen doppelten Unterschenkel-
brmch. Jn allen Fällen haben> es die Müller an den er-
forderlichen S ch u tz v o r k s h r u n g e n fehleu lassen,,
vor allem aber dadurch eine schwere Verantwortung auf
sich geladen, datz sie das Betreten der Mühlräume Lurch
Kinder duldeten. Es ist sogar festgestellt worden, daß
schulpflichttge Kinder zur Bedienung der Mühle her-
angezogen wurden. Da leider manche Eltern die fchul-
dige Rücksichtnahme auf ihre Kinder nicht davon abhält,
in leichtfertiger oder unbedachter Weise deren Leben aufs
Spiel zu setzen, so mag der Hinweis auf die st r a f g e -
richtliche Verantwortung gemäß 8 230 R.Str.G.B.
und das Verbot, eigene Kinder in Motorbetrieben zu be-
schästigen, nach 8 12 des Gesetzes Kinderarbeit in ge-
werblichen Betrieben vom 30. März 1903 angemessen
erscheinen.
Preußen.
— Der polnische Abgeordpete Szumann hat es
abgelehnt, als A l t e r s p r ä s i d e n t die erste Sitzung
des A b g e o r d n e t e nh a u s e s zu leiten. Das Allers-
präsidium wird infolgedessen dem nationalliberalen Ab-
geordneten Schasfner zufallen.
Sachsen.
Dresden, 7. Jan. Die Regierung legte heute
der Kammer die von ihr angekündigte Denkschrift
über 'die Wa h l r e ch t s r e f o r m vor. Die von der
Regierung vorgeschlagenen Grundzüge der Reform gehen
dahin: Verbindung von direkten Abteilungswahlen
(18 Abgeordnete) mit b e r u f s st ä n d i s ch e n Wahlen
(35 ALgeordnete). Die Abteilungswahlen werden in 16
durch das ganze Staatsgebiet ohne Unterschied von Stadt
und Land gebildete Wahlkreise von jeder Abteilung Le-
sanders vorgenommen. Es wählen unter der Voraus-
setzung der sächsischen Staatsangehörigkeit und des voll-
endeten 25. Lebensjahres: 1. in der ersten Abteilung alle
Diejenigen, welche an Staats-, Grund-, Einkommen- ode»
Ergänzungssteuer zusammen mindestens 300 Mk. ent-
richten, oder eine abgeschlossene Hochschulbildung hinter
sich haben. 2. Jn der zweiten Abteilung alle Diejenigen,
welche in derselben Weise weniger als 300 Atk., aber
mindestens 38 Mk. Staatssteuer entrichten oder bei klei-
neren Steuerleistungen die Berechtigung zum Einjährig-
Frciwilligmdienst erlangt haben. 3. Jn der dritten Ab-
teilung alle Uebrigen, sofern sie überhmrpt eine Staats-
steuer entrichten. Die berufsständischen Wahlen werden
in der oben angegebenen Weise von den Unternehmern
der drci Hauptproduktivstände vollzogen. Jm übrigen
verbleibt es bei dem bisherigen geheimen Wahlverfahren
und dem Erfordernis absoluter Mchrheit bei den ersten
und 'der relativen Mehrheit bei deu zweiten Wahlen. Von
der Vorlage eines Gesetzentwurfs hat die Regierung zn-
nächst abgesehen, da sie abwarten will, ob und inwioweit
die Kammer mit der Wahlrechtsreform sich einverstanden
erklärt.__
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Sein-e Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den ersten Garderobier Richard Thiele beim Hoftheater in
Karlsruhe patentmäßig angestellt.
Drittes Kammernmsik-Konzert.
Heidelberg, 8. Jan.
Der gestrige Kammermustk-Abend brachte eine intereff-ante
stAvechslung: die Mitwirkung des Brüsseler Streichquar-
lHerren Schörg, Daucher, Miry, Gaillar d.)
^genstber der stren-g klafsischen Spielweise des Heermann-
^>wrte1ts nehmen sich die Brüffeler größere Freiheit in Tempo
nd Auffaffung und geben der Leidenschast freieren Spielraum.
Fhre Klanzwirkung hat nicht die edle Schönheit wie die der
^rankfurter, wöhl aber größere Fülle.
das erste Stück des Programms, Schumann's
^streichquartett A-dur (op. 41 Nr. 3), entsprach se'hr wohl
^genart. Die zerriffene Stimmung, die leidenschast-
. chen Klagen. des zweiten Satzes, die sich im dritten in weh-
Mügen Frieden auflösen, dcr frische Aufschwung des letzten
^ftzes — ulles dies kam packend zum Ausdruck. Dann folgte
interessante Nobität: drei „Novellctten." von Alexander
mzounaw (op. 1-3), Streichquartette in freierer Form, de-
, ^.Benennung vielleicht auf die d-er Gade'schen Novelletten
Ex^is^Auführen ist. Zuerst frifche Zigeunerweisen, dann der
stiste Gesang „im alten Sttl" (Jnterludium in modo anttco),
Schluh ein leidenschaftlicher spanischer Tanz (Alla spag-
„ , u>. Den Höhepunkt des Abends aber bildete die Auffüh-
Ug dcs großartigen. Brahms'schen Klavierquintetts (F-rnoll,
st)' o4). Jn den energischen Partien erhob sich die Ausfüh-
gewalttger Begeisterung; man glauibte, ein kleines
^ u^sstr zu hören. Den Klavicrpart führte Herr Direktor
i g mit gewohnter Meisterschaft aus. —
Konzert war sehr zahlreich besucht, so daß der kleine
ausreichte. Die Zuhörerschaft folgtc mit bezeister-
ttufmerksamkeit und spettdete stürmischen Beifall. i.
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Berlin, 7. J-an. Die neue
Bcrliner H a n de l s h o ch s ch u l e soll auch den Beamtcn der
Justizverwaltun-g dienen. Als -gutachtliches Organ wird ein
großer Rat bestellt, der aus dcm Präsidenten des Aeltesten-
kollegiums der Berliner Kanfmannschaft, je einem Vertreter
des Handels- und des Unterrichtsministeriums, dem- Rektor
und je cinem Vertreter der Universität und der technischen
Hochschule aus acht Delegierten der Aeltesten der Berliner
Kaufmannschaft, 'drei Dozenten, se einem Mitgliede des Dlagi-
strats, der Städtverordneten und der Handelskmnmer sowie
fünf von den Aellesten berufenen hervorragenden Persönlich-
keiten bestehen soll. Später wird'von den Dozentcn ein Rektor
gewählt werden auf die Dauer von jeweils drei Jahren. Der
erste Rektor wird von dcn Aeltesten ernannt. Das Reifezeug-
nis wir-d für Studiereüde nicht verlangt. Der Studienplan
ist auf vier Semiester berechnet. — Profeffor Dr. Rietscher in
Tübingen hat den Ruf als ordentl. Professor der Rechtswissen-
schast nach Freiburg i. B. abgelehnt.
— Ter Kronprinz erschien Dienstag wieder a,u.f der
Eisbahn des Heiligensees bei Potsdam, um dort, angetan
mit einer grauen Litewka, den Schlittschuhlauf zu pflegen.
Er sowohl wie einige sich in seiner Begleitung befindende
Offiziere hatten an den Armen Segeln befestigt, so daß
sie, namenlttch wenn sie mit dem Winde liefen, pfeilschnell
dahinschossen. Eine große Anzahl jugendttcher Schlitt-
schuhläufer gab den Herren stets das Geleit, und der
Kronprinz schien daran Gefallen zu finden, denn wieder-
holl sprach er Knaben und Mädchen an. Auch ein Dienst-
mädchen, das einen an einem Strick befesligten Hand-
schlitlen, in dein zwei kleine Kinder saßen, zog, kam auf
der Eisbakm daher. Der Kronprinz nahm dem Mädchen
die Leine ab und zog, zum großen Vergnügen der Schuk-
jugend, selber den Schtttten ein Stück über den Heiligen-
see.
— Der Balka-nforschcr Fcttx Kanitz ist am Wend Le»
5. Januar in Wien gestorben. Bereits 1862 ver-
schaffte sich Kanitz durch die in der Wiener Staatsdruckerei
erschienenen „Serbiens byzantinische Monumente" in de»
wissenschaftttchen Welt eine Stellung, die an jene v-on
Mommsen betreffs der römischen Altertümer erinnerte.
Als Frucht 1859 begonnener und seither fortgesetzter Rei-
sen erschien 1868 bei Friefe in Leipzig Kanitz' heute selbst
antiquarisch schwer erhältttches „Serbien", das bereits
damats Kanitz in die erfte Reihe der Balkanforscher stellte.
Während 1892 die Wiener Kaiserliche Akademie der
Wissenschaften Kanitz' „Römische Studien im Königrelch
Serbien" 'hera-usgab, arbeitete der inzwischen ergraute,
aber mit unverwüstlicher Gesundheit gesegnete Forscher
an seinem Lebenswerk, das als langsam gereif.te Frucht
40jähriger mühevoller Neisen und Studien „Das K'önig-
reich Serbien und das Serbenvotk" erschöpfend schitdern
sollte. Das Monumentalwerk „Das Königreich Serbien
und das Serbenvotk" (Verlag Bernh. Meyer, Leipzig)
nmfaßt drei Lexikonbände v-on je rnnd 600 Seiten und
ebenso viel Jllustrationen, Karten und Plänen, darunter
über 100 Federzeichnlingen aus Kanitz' eigener Hand.
Der erste und zweite Band sind „Land und Bevölkernng",
der dritte ist „Staat und Gesellschast" gewidmet. Auf das
bedeutsame Werk werden wir noch zurückkommen, wenn
in einigen Wochen 'der erste Band vorliegt. Ueber dev