Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 78-101 (2. April 1904 - 30. April 1904)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0759

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mittmch, 13. April 1984.

Crstes Blatt.

46.

^<^6.

Grschei«t täglich. SoimtagS au»ge«»mmen. Prei» mit FamilirnblLttern monatlich 5V Pfg. in's Hau» grbracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt M Pfg. Durch ki«

bezogen vierteljährlich 1,95 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

»«»eigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 4V Pfg. Für htesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von A«z«i-m
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate aus den Pla-kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtlschen Anschlagstellen. Frrnsprechrr SS.

Ein Angriff auf den spanischen Minister-
präsidenten.

Barcelona, 12. April. Gegen den Ministerpräsi-
dcnten Manra wurde bcim Verlassen des Gcneralrats-
gebäudes ein Anschlag verübt. Maura wurde durch einen
Dolchstich verwundet.

Jnzwischen hat sich herausgestellt, daß auch in diesem
Falle, wie bei dem angeblichen Attentat auf den König,
die Sache nicht so schlimm war, als sie zuerst erschieu-
Nach weiteren Meldungen hat der Vorfall sich wie folgt
abgespielt: Ein junger, gut gekleideter Mann stürzte sich
mit geba11ter F a u st auf den Wagen des Minister-
bräsidenten und versuchte diesen zu treffen. Er wurde
sofort verhaftet. Das Gerücht, Ministervräsident
Maura sei durch einen DoIchsti ch verwundet, entstand
in der P a n i k, die sich bei dem Vorsall der umstehenden
Volksmenge bemächtigte, die schreiend auseinanderstob.
Die Menge beruhigte sich bald, als sich herausstellte, daß
der Angreifer keine Waffe gehabt hatte, und sie sah, daß
Maura unbeschädigt davonfuhr. (Siehe dagegen Spezial-
telegramme.)

Auf alle Fälle verdient der Vorfall Beachtung als
Symptom der großen Unbeliebtheit des gegenwärtigen
stltramontanen Ministerpräsidenten. Maura ist infolge
seiner klerikal-rückschrittlichen Gesinnung im Lande ver-
haßt, nnd der König war dringend gewarnt worden, sich
bon dem Ministerpräsidenten begleiten zu lassen, weil
Wan, wie der Anschlag gezeigt hat, mit Recht fürchtete,
der besonders große Haß der Matalonier geKn Maura
iverde sich iu einem Angriff Luft machen, bei dem
auch das Leben des Königs bedroht sei. llngeachtet dieser
Barnung hat der König an der Seite Mauras seine Reise
vnternommen. Der bishcrige Verlauf hat eine allgemeine
shmpathische Aufnahme des jungen liebenswürdigen Herr-
lchers gezeigt- Dast man über der Person des Königs
Eer den verhaßten Ministerpräsidenten nicht vergessen
^>at, zeigt der Angriff auf Maura. Neulich, als die
^ombe platzte, sprach man von cinem Anschlage auf das
^oben des Königs, es stellte sich aber später heraus, datz
ds nur eine Warnun g war, die man aber nicht beachtet
^ut, die anscheinend auch auf den Mnisterpräsidenten sich
vezog.

Deutscher Reichstag.

Be r I i n, 12. April- Vor schwach besetzten Bänken
s>at der Reichstag die Beratungen wieder aufgenommen.
, Nach einigen weniger bedeutenden Angelegenheiten
^gann das Haus di: Beratung des E t a t s des R e i ch s-
'unzleramtes.

. Abg. Dr. Sattler (natl.) fragt an, wieweit dcr Ab-
Ahutz der neuen Handelsverträge gediehen sei, und Littet um
/tufschii^ über die Lagc in Südwcstafrika und über lehthin
^rgekommenc Verschiebungen in der Politik, worunter das
^vgl.-sranz. Kolonialabkonrmen gcnieint war. Jn der jetzigen
Ichwierigen Lage müsse das deutschc Volk einig hinter seiner Re-
Mrung steheni Jn konfessionellen Streitigkeiten mützten beide
i^rteien auf einander Rücksicht nehmen; cine einseitig ultra-
^sontane Rtchtung in der Politik müsse vermieden werden.

Kleine Zeitung.

7— Frankfnrt, 12. April. (Z u m Raubmord
f der Z ei l') Die Akteu in Sacheu Grotz und
^iafforst wegen Raubmords befiuden sich seit heute bei
^ L>taatsanwaltschaft. Die Doruutersuchung hat sieben
^ochen gedauert. Ueber das Verhalteu der beideu Ver-
s^cher während der Voruutersuchung meldet neuerdings
gutinformierter Berichterstatter, dah S t a s f o r st
Anfang an bei seiuem schou in Hamburg abgelegten
stfbständnis blieb, und datz auch Groß keineswegs hart-
^Eig geleuguet hat. Er hat allerdings uach seiner srei-
^ Eigeu Gestellung zunächst jede Schuld an der Mord-
^ m Abrede gestellt, aber dann unter dem Druck der
r 'chsagen des Stafforst sich zu eiuem anuähernd um-
Mlonden Geständnis bcquemt. Dieses Geständnis hat
chann bei jeder folgenden Vernehmung teilweise wider-
teilweise durch neue Zugeständuisse ergänzt. An
^ Nlordtat beteiligt gewesen zu sein, hat er später nicht
geleugnet, nur seine Teiluahme uach bestimmteu
^chtungen hin eingeschränkt. Die Staatsanwaltschaft
^ . nunmehr die Anklageschrift auszuarbeiteu und hier-
^ei der beschließenden Strafkammer des Landgerichts
Autrag auf Erösfuung des Hauptverfahrens bei dem
^wwurgericht zu stelleu. Bis zum Beschluß der Straf-
,,-^ner wird noch einige Zeit vergehen; es läßt sich noch
ingen, wann die Sache sür das Schwurgericht spruch,
m wird-

' Hann.-Mündcn, 9. April. Me beidentotge-

Durch die Aufhcbung des Puragraphen 2 des FesuiteUtzesehes
sei bei cinem grotzen Teil der Bevö'lkerung der Anschein er-
weckt worden, als ob hicr ein Handelsgeschäft zu Stande kornrne.

Der Reichskanzler crwidert, er dürfc als Minister
des Auswärtigen nicht sagen, was den Jnteressen des Landes
schädlich sein tönnte, aber soviel könne er doch verraten, datz
d>as sranzösisch-englische Abkominen seine Spitze gegen keine
andere Macht kehrt und nur etn Versuch ist, Disferenzpunkte
auf gütlichem Wege aus der Welt zu schaffen und dadurch den
Weltfrieden zu fürderu. Wir haben in Marokko wesentlich
Handelsinteressen u. es tst nicht anzuuehmen, daß die d-urch das
Abkommen irgendwie gefährdet tverden könnten. Jm russisch-
japanischen Kriege sind wir ehrlich neutral und tun alles, um
den Kricg zn lok-alisieren und thn nicht zu einem Weltkrisg aus-
wachsen zu lassen. iGben darunr sind wir auch für oie Neutr-a-
lisierung C'hinas eingetreten. Von dem Ausbrnchi des Krieges
sirrd wir ebenso überrascht worden, wie andcre Regierungen.
Gras Bülow wiederhvlte nur, was er im Abgeordnetcnh-ause
gesagt hat. Auch> die von ihm d-reimal unterstrtchene Fr-ag-e,
wie er die Geschäste verfassungsmäßig sühren könne, ohne jede
Rücksicht auf di-e stärkste P-artei 'des H-auses, h-at er dort schon
gcstellt. Auf d-as Allerentschtedenste bestritt er, daß durch die
Aufhebung des P-aragraphen 2 die vertrauensvollen Beziehun-
gen zwischcn den Bundesregierungen irgendwie verletzt oder
erschüttert scien. Ucber Südwestafrika vermochte der Kanzler
nichts zu sagen. Aber er nähm doch gerne die Gelegenheit wahr,
um zu versich-ern, datz wir nicht daran denken, den nrit deut-
schem Blut getränkten afrikanischen Boden pr-eiszuzeben und
d-aß wir mit Wehinut und Stolz der Söhne gedenken, dte dort
hel'denmütig ihre Pflicht tun.

Demsches Reich.

Baden.

— Ein katholischer Geistlicher jchreibt den „Konstan-
zer Slachr.", daß der Brief des.Pfarrers Dr. Keller
von dem größten Teil des Klerus aufrichtig bedauert
wird- Bloß bedauert! Der Einsender kattn sich nicht ent-
halten, dem unbequemen Amtsbruder etwas ganz Be-
sonüeres ins Wachs zu drücken, indeni er mitteilt, datz
Pfarrer Keller seinen DKtortitel bei steinem Geringeren
als bei Prof. Hacckel in Jena geholt hat. Das'ist
sreilich noch viel, viel schlimmer als der Brautbrief.

Karlsruhe, 12. April. Ein Berliner Blatt macht
auf ein interessantes Büchlein anfmerksam: „Hnndertzehn
St- Antoniusgeschichten zur Verherrlichung der Wnnder-
macht des heiligen Antonius von Padua. Nach wahr-
heitsgetreuen Ouellen erzählt von Dr. Iosef Anton
Keller, Psarrer in Gottenheim bei Freibnrg, Ritter
'des Ordens vom heiligen Grabe. 3. Auflage. Mainz.
Verlag von Franz KirchheiM'" Das mit Erlaubnis
des Mainzer Domkapitels verösfentlichte Bnch
enthält mehr als 40 Wunder aus der neuesten Zeit. Was
der heilige Antonius alles kann, ist aus den folgenben
Kapitelüberschriften ersichtlich: „Entdecker Nechenfehler".
„700 Franken wieder erhalten". „Eine Nähnadel ver-
schlnckt". „Das verschwundene Halsubel". „Hellsehend".
„Eine Ameise als Packträgerin"' „'Gerettetc Ehre".
„Siehe, die Uhr ist wieöer da!" Dr. I. A. Keller ist der-
selbe Volksaufk'Iärer, der katholische Mädchen durch selt-
same briefliche Mahnungen von der Ehe mit evangelischen
Arbeitern abznhalten versucht.

Karlsruhe, 12. April. Auf eine Eingabe des
s o z i a l d e m o k r a t i s ch e n Vereins in Karlsruhe

sagten Kolonisten H a r t m a n n - Hamburg
nnd ZippIit - Dres'den, früher Schüler der Kolonial-
schule zu Witzenhausen, haben dieser Schule Nachricht zn-
gehen lassen, datz ihre Farmen zwar von den Hereros
ausgeraubt nnd eingeäschert wurden, das; sie selbst aber
sich durch die Flucht retten konnten und si-ch bis'her in
einem Urwalde verborgen gehalten haben. Mit großer
Freude wurde diese Nachricht in der Kolonialschule auf-
genommeN' Dort war vor einigen Tagen schon sür die
Beiden eine Tranerfeier abgehalten worden.

- Vom Arlberg, 10. April. Heute Nachmittag wur--
üen die Bewohner von St. A nton durch ein fürchter-
liches Krachen nnd Donnern aufgeschreckt. 500 Mcter
über dem Dorfe war eine außerordentlich große, viele-
hundert Meter brcite Lawine losgebrochen, welche nun
in ihrer gcwaltigen Masse iiber die Hänge herabtoste,
l'aum 100 Meter vom Dorfe entfernt. Seit 1868 ist eine
so riesige Lawine hier nicht zu sehen gewesen- Sie ist
1300 Meter breit und bis zu 25 Mcter tief. Der Rosana-
flnß wurde an fünf Stellen gestaut und bis zum Portal
des Arlberg-Tunnels hingedrängt. Viel Jungwald und
mehrere Heustadel wnrden von der La-Wine wie wegrasiert.

-— Paris, 12. April. Der Bankbnchhalter Olle in
Bordeaux stellte sich dem Gerichte mit der Angabe, er
habe seine Frau und seine Kind-n- e r m o r d e t. Das
Geständnis erwies sich als ivahr. Er hatte ihni anver-
traute Gelder vernntreut und wollte sthlietzlich sein Haus
anzünden und in den Flammen sterben, wozn ihm aber
der Mut fehltc.

wegen eines am 1- Mai d, I. zu veranstaltenden Fest -
zuges wurde vom Bezirksamt Karlsrnhe folgender
Bescheid erteilt: Die beabsichtigte Veranstaltung eines
Festzuges zur Feier des 1. Mai wird hiermit polizei -
lich untersagt, weil darin eine öffentliche Demon-
stration der Partei, welche die Bekämpfung der gegen-
wärtigen Staats- und Gesellschaftsordnung sich znr Auf--
gabe stellt, zu erblicken ist.

Prerrßen.

Berlin, 12. April. Dem Abgeordnetenhause
gingen die fünf w a s s e r w i r t s ch a f t I i che n
G e s e tz e s v o r I a g e n zu, vier betresfend Vorslnt-
f r a g e n, die sünfte betr. S ch i s f a h r t s a n I a g e n.
Die wasserwirtschaftliche Vorlage ist ein Gesetzentwurf
betr- Herstellung und Ausbau von W a s s e r st r a ß e n
für den SchiffahrtskanaI vom Rhein nach
Hannover und zw-ar von Ruhrort bis zum Dort-
mund-Emskanal in der Gegend von Herne. Einschließ-
lich des Lippe-Seitenkanals von Datteln na-ch Hamm
werden 70 500 000 Mark' gefordert; für Ergänzungs-
bauten des Dortmund-Emskanals von Dortmund bis
Bevergen 6 150 000 Mk., für den Schiffahrtskanal Be-
vergen und Hannover mit zwei Kanälen nach OSnabrück,
INinden und Linden einschließlich der Weserkanalisiernng
Minden-Hameln oder einem Stanbecken an Stelle dieser
Kanalisierung 120 600 000 Mk., zusammen für den Ka-
nal Rhein-Hannober 197 160 000 Mark. ZweitenZ fiir
Herstellung eines Groß-SchiffahrtZneyeS Berlin-Ststtin^
Wasserstraße Berlin-Hohensaaten, 43 Riillionen, iür Ver-
besserung der Wasserstraße zwischen Oder und Weichsel
sowie Warthe und Netze bis Posen 21 175 000 Mk., sür
die Oderkanalisiernng von der Glatzer 9leiße bis Bres-
lau sowie zu Versuchsbanten oon Fi'irstenberg a. Oder
18 950 000 Mk., znfammen 280 275 000 Mk- Jn der
Bcgrün'dimg der Wasserstraße-nvorlage wir-d initgeteitt,
daß die westlich von Hannover geplanten Anlagen, sowie
der Berlin-Steltiner Kanal sür 600 Tonnen-Schiffe, die
an der Oder östlich davon vorgssehenen Bauten für 400
Tonncn-Schifse geplant werdcn. Es sollen innerhalb
der in der Reichsverfassung gegebenen Grenzen A b g a -
ben zur Deckung der Betriebs- und UnterhaltungSkosten,
sowie Verzinsung nnd Tilgung erhoben werden. Die
Staatsregiernng wird- bemüht sein, durch Festsetznng der
Abgaben die inländische Erzengung tunlichst zu fördern.

Vadischer Landtaq.

53. Sitzung der Zweilen K a m m e r-

KarIsruhe, 12. April. Anr Beratung steht das
Budget der H o ch s ch nlen.

Abg. O-bkircher (natl.) erstattet den Konnnissionsbericht-
Die Ausgaüen für unsere drei Hoch-sch-ulen belasten zwar die
Staatskasse enorm; doch ist es Ehrensache, den althergebrachten
Zust-and weitcrzuführen- un-d die Hochschulen in ihrer Blüte zu>
erhalten. Dte neuen Anforderungeu -sind größtenteils sach-
licher N-atur. Sie wur'oen von der Kommission crnstlich -geprüft
und znr Annahme vorgcschl-agen. Den Vorwurf, daß die Bud-
getkommission zu, ivcnig zu strcichen suche, weist der Bericht-
erstatter -a-ls unbegründet zurück. Sänitliche Anfordernngcn
entsprechen einem- dringenden Bedürfnis. Die Freiburger

— Ein niännlichcr Entschlnß. Die „Greifswalder
Zeitung" vom 8. ds. veröffentlicht folgendes vielsagende
Jnserat:

Gläubiger g e s n ch t-

Alle meine Gläubiger werden anfgefordert, sich
binnen dreimal 24 Stunden mit ihren paar Forderungen
'hanptpostlagernd Stettin zn melden, 'd-a ich den ganzen
Bettel in einem Aufwasch durch nieinen Bevollmächtigten
erledigen lassen will, denn ich habe die alberne Treterei
satt. W. M., Kand. phil.

— Uebcr die Gcsahrcn, die den M i I i t ä r ä r z t e n
i m Kriege d r o h e n, bringt eine italienische medizi-
nische Zeitschrift eine interessante Untersuchung' Danach
scheint es, daß wenigstens im russischen Heere die Aerzte
ebensoviel Gefahr lanfen wie die .Kämpfenden selbst.
Während des Krimkrieges starben von 2839 Beschäfiigten
334 russische Aerzte. Während deÄ russisch-türkischen
Krieges starben 531 russische Aerzte in den Kranken-
häusern und Lazaretten, die mit den« Heere oerbunden
waren. Ein Feldzug wie der gegen Zapan in üen von
ansteckend-en Krankheiten bedrohtcn Gegenden Asiens ver-
mehrt natürlich die Gefahren für die Aerzte.

Literarisches.

—* Das Reich dcs Mikado lenkt gegenwärtig die Blicke
dcr ganzen Wclt anf sich, nnd ein reich illustriertcr Aufsatz
von Dr. Carl Wicganb: „Nationale Verkehrsmittel in sK-
pan" im 13. Heft der weitverbreitete» Familienzeitschrift
„Neber Land und Meer" (Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt)

Die heutige Nurnmer umfaht drei Vlätter, zusammen 14 Seiten.
 
Annotationen