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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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E'vstcs BLE

Samstllg, 13. Mrmr 1M.

Srschrint täglich, SonntagS auSgenommrn. PreiS mit Familirnblätter« wonatlich S0 Pfg. in'S Hau» grbracht, bei der Expedition und den Zweigstattonen abgeholt 40 Pfg. Durch dir V«ß

bqog«, »ierteljährlich 1,85 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.

Slnzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiefig« SeschästS- und Privatanzeigen ermätzigt. — Wr die Aufnahme von Anzeigen
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnferate aus den Plackattafeln' der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 8L.

Dentscher Reichstafl.

Berlin. 12. Februar.

CtatZberatung Reichsamt des Jnnsrn; Kapitel Reichs-
dersicherungsamt.

Abg. Dr. Mugdan (fr. Vp.): Die Rechtsprechung des
Aeichsverficherun-gsamtes habe sich allem Anschein nach als be-
lriedigend erwiesen. ELenso wie bei den Krantentassen, em-
bfehle sich bei den Berussgenossenschaften die freie Aerztewahl.
Er protestiere gegen die gestrigen sozialistischen Vorwürfe ge-
8^n die Vertrauensärzte der Berufsgenossenschaften und gegen
^ie wahrheitswidvigen Aeußerungen. daß wessen Geld der Avzt
dekommc, dessen Zeuge er sei. Die Vozialdemotraten seien
Ees andere als eine wirkliche Vertretung der Arbeiterinteref-
Üv. (Lärm bei den Sozialdemokratcn.) Nicht nur für die
^rankenkassen, fondern auch sür die Unfall- und Jnvaliden-
dersicherungen empfehle sich die freie Aerztewahl.

Abg. Ga m p'(Reichsp.) schließt sich der Anerkennung der
^echtsprechung des Reichsrersicherungsanites an. Daß die
^andwirte sich wcigern, die Unfallverhütungsvorfchriften zu
befolgen, sei unrichtig. Auch die gestrige Behauptung Mol-
kenbuhrs über die Zunahme von Unfällen in landw-irtschatf-
kichen Betrieben sei unrichtig.

Abg. Becker-Hessen (natl.) nimmt die Aerzte gegen
fie Vorwürfe in der Rede Molkenbührs in Schutz und schließt
bch den Wünschen des Abg. Trimborn an, durch Vorträge und
^olkstümliche Schriften Propaganda für die Versicherungen der
Handwerker zu machen. Redner empfiehlt ferner üie Errich-
kung staatlicher oder städtischer medicomechanischer Jnstitute
Aufnahme von Unfallverletzten. Notwendig sei die Aus-
k^hnung der Krankenveificherung auf die Ttenstboten und land-
kvirtschaftliche Arbeiter.

. Staatssekretär Gras Posadowskh erklärt, die Hinzu-
äEhung ärztlicher Sachverständiger zu den Sitzungen des Reichs-
k^rsicherungsamtes werde in wohlwollendcr Weise in Er-
ksÄgung gezozen. Von der Wichtigkeit von Veranstaltungen
^htzienischer Vorträge sei er überzengt. Er habe sich mit dem
Aultusminister ins Benehmen gesetzt zur Errichtung eines
^hrstuhls sür Gewerbekrankheiten. Man müsse zugeben, daß
bureaukratische APParat in Rentenfestsetzungen zu groß sei.
Abg. v. Richthofen (kons.) erklärt, alles unterschreibcn
wollen, was hier zur Ehrenrettung der Aerzte gefagt wor-
efu ftj. Setne Partei fei durchaus gbwillt, für Unfallver-
hutung in den landwirtschaftlichen Betrieben Sorge zu tragen.

Abg. Bömclburg (Soz.) wünfcht eine gcnauc Unfall-
statistik. Ausstellungen für Arbeiterwohlfahrr müßten in allen
tzrößeren Städten errichtet werden.

- Abg. Erzbe rger (Ztr.) wünfcht, daß die Berufsgenos-
k^uschafwn für die Unfallverhütung mehr Mittel ausbringen
RZ bisher. Die Jnvalidenversicherungsanstalten sollten aus
ktzren Mitteln Darlehen gewähren zu gemeinnützigen Zwecken.

^ Abg. Sachse (Soz.) behauptet, die Aerzte, besonders die
^rtrauensärzte der Berufsgenossenschaften, ließen sich bei
^tzabe ihrer Gutachten vielfach nicht nur von den Grunbsätzen
^r Wissenschaft leiten.

->. Staatssekretär Graf Posadowskv: Die Verletzten
airren schneller zu ihrem Rccht, wenn der Geschäftsgang verein-
»ucht irerden künnte. Empfehlenswert sei ein Preisausschrei-
sür die Erfiüdung wirklich praktischer Unfallverhütungs-
,5>rrichtungen. Viel besser ais die Rente sei die Erhaltung der
ürbeitsfähigkeit. Die Berufsgenossenschaften zeigen den besten
§Ren, mtt den Unfallverhütungsvorschriften fortzuschreiten.
RU größten sei dic Zahl der Unfälle im Bereich der Bau-
.^rufsgenafsenfchaft. Wenn diefe mcht bald zu energifchen
"'ifallverhütungsmaßregeln sich verstehen würde, so werde
>r Gelegenheit nehmen, dem Bundesrat eine Vorlage zu unter-
reiten, die ihn ermächtigt, gegen die Genossenfchaft niit
"kvangsmaßregeln vorzugehen. (Beifall.)

Abg. Kulerski (Pole) wünscht Anstellung polnischer
^rtrauensärzte für die Berufsgenossenschaften in den pol-

Kantfeier der Universität.

H e i d e l b e r g , 13. F-ebr.

c Die Umbersität beging -gejtern Llbenid die Erinnerung an
100. Todestag Kants mit cinem Gedächtsnisakt in der
HPn. Schon vor der angcsagten Zett Ivar der große und
wue Raum mit Zuhörern und Zuhörerinnen dicht besetzt, die
r-si werrigen Ausnahmen im Hinblick aus den Charakter der
ch dunkler Kleidunz erschtenen waren. Eingeleitet
sbrde der Akt durch die vom städtischen Orchester unter der
^ÜUirg Prof. Wolfrnms vorgetragenen Passacaglia von Bach.
^ft'n vrgrifs Geh. Rat Windelband das Wort, um in
vor 100 Jahren Dahingeschiedenen einen Lebenden zu
st Ern. Die aus Kant's Lehre erwachfenen Shstcme sind in
^ Einfeitigkeit vorübe-rgegangen; sie traten in den Hin-
^Iiund vor der zwingenden Macht seines kritischen Denkens.
Üi'r? viÄen Jahren hat Kuno. Fischer den Ruf „Zurück
üKarit" erhoben: es sindi neue Systeme, die an die erste
^yule Korrt's eeinnern, entstanden, aber das Beste und
A^peste jst doch Kant's eigene Lehrc. Eine Lehre von solcher
N^l^'Eraft kann nur ans der Einheitlichkeit einer geschlosse-
Nio Persönlichkeit entstammen, es muß in ihr persönliches
d>c1s ünd das trisst hier in vollem Maße zu. Man sagt

U,^?ch- das Hauptverdienst Kant's sei, daß er die Mctaphysik
stch'töÄich gemacht, daß cr die Unerkennbarkeit des Dinges an
liegj"?chMchesen have, aber die Bedeutung seiner Geistesarbeit
-rj? tiefer; sie läßt sich mtt seinem eigenen Wort am besten be-
ex haste d-as Wissen aufheben müssen, nm dem Glauben
erxl^bu machen. Kant setzt fest. wieweit die menfchlicheVernunst-
z^^tnis reicht, in welchen Kreis unfere Vernunftserkenntn-is
Dium- Ü'O 'tber er läßt nicht im Zweiftl, daß überall das
t>eZ f,,ch^ ,auf das Ucberfinnliche hinwcist, daß die Annahme
>ve1-^t>erfinnlichen ein vernunftgemäßeS Erfordernis ist. Wir
ch'r Ueberfinnliche mit der Erkenntnis nie erfassen,

ltz^rt^rden es n-ie beweisen; wir werden den Gegensatz zwischen
t und Erkenntnis, zwischcn Sinnlichcm und Uebersinnlichem

n-ischen Landesteilen und Anbringung der Unfallverhütungs-
vorschriften in polnischer Sprache.

Nach einigen persSnlichen Bemerkungen wird die Weiter-
Leratung um- 61h Uhr auf morgen 1 Uhr vertagt, autzerdcm
Wahl eines Schriftführers, Wahlprüfungen.

B e r I i n, 12. Febr. Die B u d g e t k o m m i s s i o n
des Neichstags setzte die Beratungen des Militär-
etats bei Titel „Miete für Kasernen usw." fort und
nahm die Resolution Paasche an, wonach dieKaserne n-
neubauten möglichst nicht durch städtische Verwal-
tungen, sondcrn durch das Reich errichtet werden soüen;
ebenso wurde die Resolution Speck angenommen, den
Reichskanzler zu ersuchen, vor dem endgültigen Abschlusse
von Verträgen die betreffenden Pläne, Kostenanschläge und
Vereinbarungen dem Reichstage zur Prüfung und zur Be-
schlußfassung vorzulegen, bei allen künftigen Mietsver-
trägen das Lbaufrecht znm Buchwerte abzüglich Amorti-
sation kontraktisch vorzubehalten und dem Reichstage in
der kommenden Session eine Uebevsicht vorzulegen, in
welchem Umfang für die 1898—1901 hergestellten Dienst-
wohnungen und Kasernen nebst Zubehör die ursprüng-
liche Höhe der Kostenvoranschläge überschritten wurde.
Die Kommission lehnte darauf die Forderung für Saar-
brücken ab.

Deutschcs Neich.

—- 'Eine allerhöchste Kabinettsordre vom 3. Jebruar
1898 hatte Versetzungen von Offizieren der
'J n f a n t e r i e zu den Pioniere n und umgekehrt
befohlen; jedoch'scheinen fich die daran geknüpften Erwar-
tungen nicht in dollem Umfange ersüllt zu haben, da diese
Maßregel in Zukunft in Wegfall kommt. Es sollen
nie wieder. gegenseitige Kommandierungen ftattfinden.
Zlußerdeiu geht ein >Gerücht, wonach 160 Offiziere dsr
Feldartillerie zur Jnfanterie versetzt werden sollen, um
hier den Maiigel an Ersatz auszugleichen; an den maß-
gebestden Stellen ist jedoch von einer beabsichtigten der-
artigen Maßregel nichts bekannt.

Baden.

Karlsruhe, 13. Febr. Der Beginn der diesjährigeu
S t a a t s p r ü f u n g im Baufach ist auf Moutag, den
11. April, festgesetzt. Anmeldungen hierzu haben bis späte-
stens 12. März d. I. zu erfolgen.

— Dcr Großherzog hat mit Staatsministerialentschließung
die staatliche Genehmiguntz dazu ertcilt, daß eine evangelische
Kirchcngemeinde Radolfzell mtt eigener Pfarrei
errichtet werde und datz das neue Kirchfpiel die Gemarkuntz
Radolfzell umfasse.

Karlsruhe, 12. Febr. Der Engere Aus-
s chuß , in Nerbindung mit den Reichs- und Landtags-
abgeordneten der n a t i o n a l l i b e r a l e n Partei
Badens hält am Donnerstag den 18. Februar hier eiue
Sitzung ab. Zur Beratung steht die WahIrechts -
vorlage und die Stellung der nationalliberalen Par-
tei zu derselben. Demnächst wird 'dann auch, wie früher
schon mitgeteilt, der g r o ß e L a n d e s a u s s ch u ß zur
Beratung desselben hochwichtigen Gegenstandes einbe-
rufen wer'den.

nie beseitigen ode-r wegdisputieren können, crber wir könncn
ihn praftisch überbrücken. Das gerade ist, wie Kant lehrt,
Zweck und Sinn des Lebens. Der Kernpunkt der Lehre Kant's
ist seine Stellung in dom- Gegensatz der finnlichen zur über-
sinnlich-en Wclt. Mit seiner Erkenntnistheorte trat Kant in
Widersprnch mit der gefamtcn Philosophie seiner Zeit; diese
suchte den D-ualismus wegzuschaffen oder wegzuleugnen. Er
Ibetrachtete ihn kriftsch und fand ihn als bestehend. Er leugnet
thn n-icht; sondern dieser Gegensah ist für ihn vielmehr eine
Tatsache, um die sich seine ganze Philosophie dreht. Ls hal
langcr Geistesarbeit bednrft, bis er sich zu seiner Erkenntnis
durchgerungen. Es bleibt ein Geheimnis, >wann dies geschehen
ist, aber wir sehen an ihm die Wandlung doch anch äußerlich.
Zucrst war er ein Philosoph sür die Welt, später ein einsamer
Gelchrter; zucrst schrieb cr flott, flüssig, leicht bewegt, dcmn
aber gibt seine tiefsinn-ige Untersuchung seiner Dikfton etnen
gedankenfchtreren Gang mit vielen Einfchrän-knngen un-d Ein-
schachtelungen. «eine sich immer wiederholenden Definitionen
sind sch'wankend. Er wird dustkel und undentlich, sodaß die
Nachfolgcr aus ihm Verfchiedenes herauslasen — man denke
an Fries und Hegel, die hier nacheinanider in Heidelberg
wirkten. Es geht ein negativer nnd ein positiver Zug durch all
seine Geistesarbeit. Beide sind von den Rachfolgern einseitig
fortgeführt und haben infolgedessen auf unfruchtba-rem Ge-
biet geendet. Die kritische Erkenntnistheortc führt Kant auf
den Gcgenfatz von Stnnlichkeit unid Verftand. Die Welt ist
erne Erscheinnng; sie ist lediglich unsere Porstellung. Zlber bei
dem- Negativcn bleibt Kant nicht stehcn. Wohl sindet der Ver-
stand keine geschlossene Totalität in seinem Erkenntnisbereich;
und solgt er der Notwendigkeit, sie zu denken, sich ubcr
seincn Erkenntnisbereich hinaus Vorstellungen zu mahen. so
verfällt er dem tranfzendenta'len Schein. Aber dieses Le-
m-nhen ist eine innere Notwendigkeit und fü'hrt zu den Jdeen:
Secle, Welt, Gott.' Es sind in logischer Hinsicht hypostasierte
Jdeale; das Wiffen dar-nber ist uns verfa-gt, ihre Erkenn-ftfts-
quelle ist das Gew-issen. Kant ist -ein strenger Gegner aller

Vadischer Landtaq.j

Karlsru 'he, 13. Febr. Die Budgetkommisfion
des Landtags erklärte sich danüt einverstauden, daß aus
dem allgemeinen Fonds für die im Staatsbudget nicht
vorgesehenen Bedürfnisse persönlicher nnd sachlicher Art
der Betrag von 40 000 Mk. zu Beihilfen öehufs Ver-
schaffung elektr. Antriebes sür die notleidende H a u s-
weberei im südlichen Schwarzwald verwen-
det wird. Die der Budgetkommission gemachten Mittei-
lungen über die Stenereingänge im Jahre 1903 lassen,
wie der „Bad. Beob." berichtet, leider noch keine wesent-
liche Hcbung des wirtschaftlichm Lebens im Lande er-
kennen.

Äus der KarlSruiier ^citunsi.

— Seine Königlichc Hoheit der Großhcrzog h-aben
dem Fabrikanten I. G. Dobler in Landsberg a. L. das
Verdienstkreuz vom Zähringer Löwen und dem Hofrat Dr.
Heinrich Caro in Mcmnheiin das Ritterkreuz erster Klaffe
des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen.

— Den Postverwaltern Georg Treiber in Helmstadt
und Augnst Weirich in Weisenbach, sowie dem Postassistenten
Friedr. Nicklas in Karlsruhe ist der Titel Postsekretär ver-
lie'hen worden.

— Betriebssekretär Phil. Leibrecht in Jazstseld wurde
zuni Güterexpeditor daselbst ernannt, Betrtebsassistent Otto
Mayer in Singen nach Neckarau versetzt.

— Bezirksgeometer Äug. Bach in Donaueschingen wurde
nach Waldshut unb Bezirksgeometer Max Beutler in
Gernsbach nach Donaueschingen versetzt.

— Es w-urden in gleicher Eigenschaft versetzt; Buchbalter
Jakob Baschang beim Dvnänenamt Mannheim zu jenem
in Karlsruhe nn'd Bnchhalter Aug. WeItin beim Domänen-.
amt Freiburg zu jenem in Heidelberg.

— Finanzassistent Otto Müller beim Finanzau.. Horn-
berg wnrde als Buchhalter daselbst etntmäßig angesreüi.

KarIsruhe, 12. Febr. Der Großherzog hörte
heute Vormittag von 11 Uhr an den Vortrag des Äga-
tionsrats Dr. Seyb. Nachmittags 4 Uhr empsing Seine
Königliche Hoheit den Generaladjutanten von Müller und
nm halb 5 Uhr den Ge'heimerat Dr. Freiherrn von Babo
zur Vortragserstattung.

Ausland.

Austrnlien.

S y d n e y, 12. Febr. Eine gestern abgehaltene Ver-
sammlung hiösiger Arbeitgeber aller Stände
hat eine g e m e i n s a m e B e k ä m p f u n g der S o z i a°
Iisten 'beschlossen.

Aus Ztadt uud Land.

Hcikelbero t3. Febrnai.

X Von der Universität. Die gestr-ige Gedächtnis-
rede des Herrn Geh. Rat Windelband auf Kant ist
schon heute im Druck erschienen. (Verlag von Karl Winters
Univerfitätsbuchh-andluiig. Preis 60 Pfg.) Wir gehen wöhl
nicht fehl, wenn wtr an-nehmen, daß viele der gestrigen Zu-
hörer und namentlich d-ie meisten Zuhörerinnen sich in die
schwterigen Gedankengänge der Kanftschen Philosophie nmr
mit Mühe hineingefnnden haben. Jhnen wird es sehr will-
kommen sein, mit Muße nachlesen zu können, was sie gestern
gehürt haben. Die Durcharlieitung der gedrnckt vorliegcn-den

Trtnkgeldmoral, jener Tuzend, die mit eine"i Ange
nach der Belohnung schielt. Niemand hat von der Würde der
Persönlichkeit höher gedacht wie er, rftemcmd aber kat sie anch
strenger als cr dem Gesetz der autonomen Sittlichkeit unter-
worfen. Wer an die Müglichke-it sittlichen Handelns glaubt,
mntz nach Kant der Realitnt der übersinnlichen Welt gewiß
sein. So siird ihm Unsterblichkeit übersinnltche Persönlichkeit,
urrd Gott Postulate. Wohl ist die Erscheinnngslvelt für nnsere
Erkcnntnis nnr eme Vorstellnng, allein das Gewissen lehrt,
daß ihr einc Realität innewohnt. Das letztc, höchste Problem
der Vhilosophie ist die Grunbfrage, ob die empirische Wirklich-
keit so gefchaffen ist, daß sie für die Venwirklichung einer über-
sinnlichen Zweckgesetzgcbung bedeutsam ist. Kant bejaht diese
Frage in der Kritik der Urtei'Iskraft, seinem bedeutfamsten
Werk. Die Ver-Wirklichnng geschieht dnrch cme Tat der Frei-
heit, sowöhl im inncrn Leben, dcr Religion, wie im äußern.
der Geschichte. Die Entwicklung der siftft-hen Geiinnung Im
Jnnern des Menschen imd ihrer Hcrrschaft üver das gesammic
Leben ist ftir Kant das letzte und ftesste,Wcsen :er Religwrr
uns ihrer Geschichte. Ter Weltprozeß ftft r.nch Kant an> die
Gestaltung derSinnenwelt nach dcn Zwecken der Vernunft
gerichtet.

Jedensalls kann man nach dem ungemetn inhaltsreichen
Vortrag des Redners leicht begrcifcn, daß allerwärts un-d
heute stärker als je der Ruf erschallt; Znrück zu Kant, der mit
vcllkommenem Bewußtsein von deni dnrchgehenden Antagonis-
mus, der die Wett durchzieht, in die anch wir gestellt sind, uns
gezeigt hat, daß unser Feld die Erfahrung und die wertvollfte
aller Erfahrnngen das Gewiffen ist.

Wohl dem, den die Zeit nicht bricht,

Der jung darf fallen im Heldenkrris,

Dcm Blitz gleich, der in Entzückung
Gnt lacht, zerschmettert und stirbt.

I. L. Runeberg, „König Fjalar."

Die yeurige Nirmmer umfaßt vier Btärier, zufammen 16 Seiten.
 
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