Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 102-125 (2. Mai 1904 - 31. Mai 1904)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14240#1111

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erstes Blatt

46. W,az. - -4Z 125

IicMz, 31. M°i!SV.

M»Vch«t»t tt«Nch, «»»>»>«»1». Pr«» «lt FamtlienblSttern monatlich 50 Pfg. in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 4V Pfg. Dnrch dt« V»ß

be,og»n vierteljährlich 1.85 Mk. auSschließlich Zustellgebühr. , ^ . - ... ..

A»AchH«»»r«tI 20 M. fZ- dt» ^ettchett, »d« deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Fllr hiesige Geschäfts- und Privatanzeige» erwäßigt. — Fur dte «nsnahme v» Angev»

La»« »trd ketne Bermt»ortlichkett übernomme». — Anschlag der Jnserate auf den Pla lattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprech« S>.

«

Nochmals der Kamps um Kintschou.

Aus dem Vericht des Generals Oku über die
^äiiipfe wird noch solgende die bisherigen Mittei-
üingen ergänzende Tarstellung mitgeteilt: Bei ,T a-
.Ungsangduschen und im Süden von Hauhau
^?tten die Russen vier Geschütze ausgestellt, welche aus
^uier Enlsernung vou 7000 Meteru bis 7 Uhr abcnds
unsere dritte Division schossen uud unser Feuer un-
^rksam machteu. Unsere 'Geschütze taten ihr Aeußerstes,
^ber die russische Infanterie verteidigte sich hartnäckig
Isud es konnte bis o Uhr abends keine Bresche für einen
'^orstoß unserer Insanterie gelegt werden. Während des
^eiteren Kampses drang unsere dritte Divrsion so weit
daß sie vom Feinde ganz umzingelt wurde. Die
^ussen verstärkten ihre Jnfanterie zu unserer Linken.
osvei russische Batlerien beteiligten sich bei N a u k w a n-
sn g an dem Gegenangrisf, der sich gegen unsere dritte
"Uibision richtete. Der Schießvorrat unserer Batterien
s^Urde knapp; die Geschütze waren beinahe zurückgezogen.
^uher entschlossen wir uns zu einer letzten großen
siustrengung mit gesamter Macht. Unsere Batte-
^ou gaben schärfstes Feuer und die Infanterie unserer
^sten Division ging mit unglaublicher Tapferkeit vor;
^ erlitt durch das feindliche Feuer schwere Verluste und
buirde aufgehalten, ehe sie die vorderste Stellung gewin-
konnte. Glücklicherweise begannen unsere Schiffe
^ieder auf die linke Flanke zu feuern, unterstützt durch
^user viertes Artillerieregiment. Unsere vierte Division
^sff mit gewaltiger Anstrengung die Russen auf dem
!fuken Flügel an und gewann die Höhen mit einem niäch-
ssSen Ausbruch der Begeisterung. Tarauf nahmen die
ft-ruppen der ersien und dritten Division, die iiber die
^dichen ihrer Kameraden fortstürmten, die russischen
rUiifgräben und Forts ini Kampfe Mann gegen Mann.

mit Schwert, Pistole und Bajonnett ausgefochten
?Urde, und vertriebeu den Feind in wirrer Flucht von den
otzten Verteidigungslinien. Ein Teil unserer Truppen
^»folgte den Feind und unsere Geschütze sandten ihm
^Uer nach. Die Truppen feierten das Ende des stolzen
^ugewerkes mit Fubelrusen. Dann schliefen sie auf dem
A>lachtfelde. Wir machten eine Anzahl Offiziere und
'mnnschaften zu Gefangenen; ferner fielen in unsere
Hande eine Lokomotive, drei Scheinwerfer, ein Dynamo,
^Uufzig Minen, zahlreiche Gewchre, viel Schießvorrat und
uderes Kriegsmaterial. .

- Die großartigen Leistungen der Japaner erregen
. berall Bewunderung; aber auch die Russen, die erheblich

ber Minderzahl waren, haben sehr tapfer gekämpft.

- us Lob muß ihnen sogar der gegnerische General
^Uenden. Den vier japanischen Divisionen stand nur
Utze russische gegenüber.

General Stössel, der Befehlshaber von Port
.-^tzur, will jedenZolI breit Land zwischen Kint-
und Port Arthur verteidigen. Damit soll
us Vorriicken der Japaner auf Mukdenverzögerk
^drden, da gegenwärtig Zeitgewinn für Kuro-
utkin alles bedeutet. Dies erklärt auch, wa-
Kuropatkin Port Arthur nicht aufgegeben hat.
^Uossel hatte eiligst Reihen von Befestigungen zwischen
^sstschau und Port Arthur aufgeworfen. Diese erste
hat Oku nach sechstägigem Kampfe genommen.

^ Russen sollen sich auf eine zweite Reihe Be°
fgiingen und eine starke StelIung außer-
des Umkreises von Port Arthur zurückgezogen
, den. Diese zweite Srellung beherrscht die Stadt und
d Hafen von Dalny.

Deutsches Reich.

l ^ ^ Tie Ansiedlung von K r i e g s f r e i w i l
^ gen iu Südwestafrika scheint tatsächlich vo
i R Gouvernenient in größerem Umfange geplant zi
L d. Sg lesen wir in einem Privatbrief, den die Ham
^achrichten verösfentlichen, den folgenden Satz
ser o Kriegsfreiwilligen der Gouverneur durch un
en Oberleutnant sagen ließ, erhalten wir nach Been
^gung des Krieges enlweder eine Kriegsfarm oder einei
sg ^ des Beutevichs. Konrme ich mit heiler Haut davon
ich ja eventuell etwas Färmer spielen."

^ /^otsdam, 30. Mai. Der Katser begrüßt
- w Morgen acht Uhr beim „Neuen Palais" das Regi
^ut Garde du Corps und übergab demselben nach eine
r i.drache die neuen Behänge zu den Kesselpauken. Da
^ der Kaiser an der Spitze des Regiments durcl
ds^^fouci nach Potsdam, wo um 9 Uhr im Lustgartei
Barade über die Potsdamer Garnison stattfand. Dei
nahm an der Parade als Kompagniechef teil
ei„ch dor Parade fand im Marmorsaal des Stadtschlossei
Baradefrühstück statt.

Baden.

Freibu r g , 30. Mai. Heute tagte hier die Jahres-
versammtung des Vereins akademisch gebil-
deterLehrer an Mittelschulen Badens, die von un-
gefähr 140 Teilnehmern besucht war. U. a. waren auch
die Oberschulräte v. Sallwürk und Rebmanu erschieuen.
Deu Jahresbericht erstattete der Vorsitzende, Gymnästums-
professor Baumann von Mcmnheim. Tarin teilte er die
A n t w o r t des Obsrschulrats auf die demselben
untevbreiteten Wünsche, die in sechs Punkten bestanden,
mit; dieselben betrasen: 1. Gleich'berschtigung der Ober-
realschulabiturienten mit denen der Gymnasien: eine
bindende Zusage erfolgte nicht; 2. Meichstellung der aka-
demischen Lehrer mit den Juristen im Gehaltstaris, wobei
Aussicht auf Gewährung im Budget für 1906—-07 er-
öffnet wurde; 3. die äußerliche Gleichstellung derselben
mit Einrerhung in die Hofrangliste wurde abschlägig be-
schieden; 4. betrefss der Satzungen der Reatmittelschulen
soll ein richtiges Verhältnis von Professoren und Lehr-
amtspraktikanten in der Art hergestellt werden, daß ein
Praktikant auf vier Professoren zu rechnen sei; der Bitte
wurde Aussicht anf Gewährung eröffnet; 5. die Gewähr-
ung größerer Zuschüsse zu Wissenschaftlicher Ausbildung
(Reisestipendien usw.) wird in Erwägung gezogen wer-
den; 6. Umgestaltnng des Gesangunterrichts: hier er-
folgte nnbedingte Zusage. In dem Bericht über die
Kammerverhandlungen wurde besonders anerkennend
hervorgehoben, daß Standesgenossen (Oberschulräte) auf
die Regierungsbank zugezogen worden seien. Besonderer
Dank wurde dem Abgeordneken Obkircher und den Kol-
legen im Landtag für die Wahrung der Standesinteressen
der akademischen Lehrerschaft ausgesprochen. Erfreulich
sei, daß zwei Gehaltsklassen im neu-en Gehaltstaris nach
dem Dienstalter geschaffcn würden, sowie daß im Nach-
tragsbudget 11 neue Stellen angefordert werden. Das
Vermögen des Vereins befrägt 11 340 Mk. Aks Ort der
nächsten Versammlung wurde Karlsruhe bestimmt,
womit zugleich die Feier des 20jährigen Bestehens des
Vereins verbunden werden soll. Gymnasiumsdirektor
Mathy berichtet über den bekannten Vorfall am
Konstanze r Gymnasium. Er bezeichnete die Dar-
stellung desselben als reich an Uebertreibungen und dankte
den Kollegen im Lcmdtag, dem Oberschnlrat und dem
Minister für die Zurückweisung der Angrifse auf die
Anstalt, das Lehrerkollegium und den Beirat. Jn Kon-
stanz seien die 'Verhältnisse insofern schwierig, als man
vielfach alte Schüler (sogar bis zu 23 'Jahren) habe, das
Pensionswesen oft nicht zweckentsprechend sei und die
Schüler der obersten Klassen von der Bewohnerschast als
Studenten behandelt würden. Der Redner stellte zwei
Anträge: 1. ein Ehrenamt zu bilden, an dem man
einen Rückhalt gegen ungerechtferUgte Angriffe habe,
und 2. st a a t l i ch e I n t e r n a t e zu schaffen an solchen
Qrten, wo viele auswärttge Schüler sind, Jnternate an
deren Spitze ein verheirateter Professor zu stellen sei un'd
an denen von jüngeren 'Kräften Nachhilse gegeben werden
solle. Solche Jnternate hätten sich in der Schweiz Schü-
lechäuser genannt, gut bewährt. Der Vortrag fand
großen Beifall und den Dank des Vorsitzenden mit der
Zusage, daß die gegebenen Anregungen auf der nächsten
Tagnng erörtert werden sollen. Den Schluß der Tagung
bildeten einige wissenschaftliche Vorträge. Die Vorstands-
wahl ergab die Wiederwahl der seitherigen Mitglieder,
nur Professor Höfliu (Gymnasium Hei-delberg) scheidet
auf Wunsch aus, für welchen Professor Robert Böhringer?
(Oberrealschule -Freibuvg) eintritt. Danach fand gemein-
sames Mittagsmahl im „Zähringer Hofe" statt.

Frei-bnrg, 30. Mai. Jn einer Vorstandssitzung
des hiesigen Jungliberalen Vereins fand der
preußische Schulantrag^ einstimmig die
schärsste V e r u r t e i l u n g. Die Anerkennung der
Konfessionsschnle bedeute die Aufgabe etnes liberalen
Prinzips. Es sei deshalb im höchsten Grade bedauer-
lich, daß die Preußischen Nationalliberalen die Hand zu
einem dcrartigen Vorgehen bieten wollten.

Karlsruhe, 30. Maü Jn dem Feldznge in
Südwestafrika stnd verhältnismäßig viele Badener
heworgetreten. Der bisherige Kommandeur der Schutz-
truppe, Oberst Lentwein, ist Badener, desgleichsn
der Oberst Dürr, der wegen Krankheit zurückkehren
mußte. Jn einem der verlustreichen Gefechte fiel der
Oberleutnant R e i ß, in einem anderen wurde der Ober-
lentnant Frhr. v. Schön-au erh-eblich verwnndet; dieser
befindet sich jetzt auf der Heimreise. Ein fünfter Badener,
der Oberleutnant Gras v. Kägeneck, führte die von
Hendrik Witboi gestellte Htlfstruppe in dem Zuge gegen
die Bondelzwarts nnd soll jetzt Stationsches in Warmbad
sein. Weiter ist der zum Kommandeur des 2. Feld- ^

Regiments ernannte Oberst Deimling ein Badener; er
war bisher Kommandeur des 4. Bad. Jns.Mgts. Nr. 112.
Vermutlich befinden sich auch unter der Zahl der Aerzte
und Oberbeamten Badener. Auch im ostasiatischen Feld-
zug waren mehrere Landsleute Kriegsteilnehmer. Bekannt
sind uns: Generalmajor v. Hoffmeister, Kommandeur der
55. Jnf.-Brig., Leutnant Freiherr v. Schönau-Wehr vom
5. Bad. Jnf.-Regt. 1l3 und Oberarzt Dr. Ambros, der
sich heute noch beim Ostasiatischen Jnf.-Regt. befindet.
Vielleicht sind unseren Leseru weitere Namen bekannt.
Diese Liste zeigt, daß das kleine Baden auch bei dieser
Gelegenheit viele tüchtige Männer in den Dienst des
Vaterlandes gestellt hat.

Karlsruhe, 30. Mai. Eine Konferenz sozial-
demokratischer Gemeindevertreter tagte gestern im Möhr-
lein'schen Saal. Baden zählt heute, wie wir einem Be-
richt des „Volksfreund" entnehmen, etwa 1000 (?)
sozialdemokratische Gemeindevertreter, daruuter 3 Bürger-
meister. Reichstagsab-geordneter Dreesbach führte
aus, der Versuch, ein Gemeindeprogramm aufzustellen,
das für alle Vevhältnisfe passend' sei, wäre aussichtslos
nach den früher gemachten Erfahrungen. Das Programm
könne nur in großen Umrissen das zeigen, was Aufgabe
der Sozialdemokratie in der Gemeinde sei. Die Tättg-
keit der Sozialdemokratie in der Gemeinde sei noch jung,
erst anf dem Parteitag in Halle wurde der Beschluß ge-
faßt, überall bei allen Wahlen, auch denen zu der Ge-
meinde, sich zu beteili-gen. Die Stärke der Partei habe zu
Anfang in der Kritik gelegen, bei der Betätigung in der
Gemeinde sei aber nicht nur die notwendige Kvitik zu
üben, hier sett"ruch p o s i t i v e A r b e i t zu leiten. Diese
praktische Arbeit sei denn auch überall geleistet worden.
Jn Baden habe sich die Sozialdemokratie seit Ende der
70er Jahre an der Arbeit in der Kommune beteiligt.
Dreesbach entwickelte alsdann in großen Zügen ein Ge-
meindeprogramm, das u. a. folgende Fordernngen ent-
hält: Aenderung der Städte- nnd Gemeindeordnung, Be-
soldung der Stadträte, allgemeines, gleiches Gemeinde-
wahlrecht, Unentgeltli-chkeit des Volksschulunterrichts und
der Lehrmittel, Anstellung von Schulärzten, Errichtung
von Schnl-bädern, von Schüler- und Volksbiblioth-ecken,
obligatorische Fortbildungsschulen, bessere Wohnung-
und Armensürsorge etc., der Kostenpunkt machte Herrn
Dreesbach wenig Kopsschmerzen. Er meinte, die dadurch
bedingte Steigerung der Umlage könne nicht in Betracht
komm-en.

Durlach , 30. Mai. An der Volksschule in S ö l-
lingen wirkten bis jetzt vier Lehrkräfte; die Zahl der
Schüler betrug laut Skatistik vom 1. Mai d. I. 428,
gegenwärtig 430. Der älteste Lehrer kann seinen Dienst
seit Ostern wegen Erkrankung nicht persehen; der Orts-
schulrat suchte schon vor etwa jechs Wochen vergeblich um
einen Hilfslehrer nach. Vor einigen Wochen benach-
richtigte bie Gr. Kreisschulvisitatur den Ortsschulrat, datz
die Oberschulbehörde einen solchen anweisen werde, sobald
ihr „eine Lehrkraft zur Verfügung stehe". Zwei Lehrer
unterrichten — oder besser gesagt „hüten" —- täglich je
163 bezw. 151 Klnder in jeweils drei Klassen mit täglich
je zweistündigem Unterricht.

Kadischer Landtag.

85. Sitzung der Zweit-en Kammer.

Karlsruhe, 30. Mai. Eingegangen ist eine Pe-
tition von Angestellten badischer W-arenhäuser betr. dis
Warenhaussteuer. Die allgemeine Beratung über das
Domänenbudget wird fortgesetzt.

Abg. Dr. Heimburger (Dem.) unterftützt die Wünsche
der Forstbeamten und spricht sich gegen die Verpachtungen aus
freier Hand aus. Weiter begrüßt Redner die Maßnahmen zum
Vogelschtitz.

Geh. Rat Reinhard betont, daß die Wirtschaftsordnung
den Gemeindebehörden sehr weitgehende Beftlgnisie einräumt.
Wenn die Gemeinden davon Gebrauch machen, kann man von
Bevormundnng durch die Forstamtsvorftände nicht mehr sprechen.
Ein Käufcr für die Staatsbrauerei Rothaus hat sich bis jetzt
nicht gefunden; es ist auch karim wahrscheinlich, daß jemand
einen Preis bezahlt, welcher der jehigen hohen Rente entspricht.

Abg. Breitner (Ztr.) ersucht die Regierung, der ange-
regten Verlegung der Forstabteilung von der Lechnischen Hoch-
schule keine Folge zu geben. Redner fragt weiter an, ob sich die
Laubstreufrage nicht vom prinzipiellen Stcmdpnnkt regeln läßt,
und bringt schließlich einige Lokalwünsche aus dem Bezirk Phi-
lippsburg-Bruchsal vor.

Geh. Rat Reinhard betont, daß überall da, wo eine
regelmäßige Streuabgabe stattfindet, Normativbestimmungen
bestehen.

Finanzminister Becker verbreitet sich über die Rechtsver-
hältnisie der Bruchsaler Hofkirche und betont, daß der Staat
jederzeit die Baupflicht abgelehnt habe. Lediglich aus Gründen
der Billigkeit eine Banpflicht anzuerkennen, gehc schon um der
Konsequenzen willen nicht an.

Abg. Birkenmayer (Ztr.) bringt Lokaltvünsche aus
dem Amt St. Blasien vor.
 
Annotationen