Erscheint tciglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch dte Pgft
bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Mr die Aufnahme von An-rlge»
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommeu, — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher A.
Dmttckg, 8. ZM 1884.
Erstes Blestt.
46. ZllhkMW. — 132.
Teutscher Reichstag.
Berlin, 8. Jufii.
Münzgesetznovelle
bcfürwortct die Neuprägung bon 3-
süddcutschlcmd der prcutzische Taler gro-
, Das Haus Lerät öie
iveiter.
Wg. Osel (Ztr.)
Markstücken, da sich in 'Z
tzer Beliebtheit erfreue.
Baprischer Ministerialrat v. Burkhard bestreitet lehteres
Und betont, die bayrische Regierung würde lieber auf die neucn
oO-Pfennigftücke verzichten, als ncue Taler ausprägen, die im-
wer wieder in die Staatskasse zurückfliehen.
Abg. Pichler (Ztr.) führt aus, die Frage dürfe nicht
^?ch persönlichen Neigungen, sondern nur nach Verkehrsbedürf-
tzissen der Gesamtheit cntschieden werden. Geschäftswelt und
Handelskammern mühten gehört werden. Die Taler seien kei-
veswegs beliebt. Jn den Reichsbankkcllern lagern 170 Millionen
Ealer in Ballen. Der Berkehr weist sie immer wieder zurück.
Hingegcn seicn 5-Markstücke bei Arbeitern und Fabrikanten
auherst beliebt. Die Rcichsbankstellen können der Nachfrage
8ar nicht genügen.
Abg. Kirch (Ztr.) glaubt, die Talcr fliehen darum nur in
aie Reichsbankkafse zurück, wcil die Bcvölkerung eiue Einziehung
dcr Taler befürchte.
Abg. Raab (Antis.) tritt für dic Neuprägung von Talern
^in auch aus währungspolitischen Gründen.
Wg. Sartorius (fr. Vp.) befürwortet die Unterlassung
der Prägung von Talerstücken.
Wciter sprechen die Abgg. Arendt (Rp.), Osel (Ztr.)
Und Gothein (fr. Vg.).
Das Haus nimmt hierauf den ganzen Rest des Gesetzes in
der K o mm i s s i o n s f a s s u n g an. (Der Bundesrat wird
es wegen der darin festgesetzten Prägung weiterer Talerstücke
Sweifellos aülehnen).
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs be-
treffenö Kaufmannsgerichte in Verbindung mit
einem von den Abgg. Lattmann (dsoz.), Liebermann von
Donnenberg (dsoz.) und Graf Reventlow (dsoz.) bean-
tragten Gesetzentwurf jcher denselben Gegenstanö.
Nach dcm Referat des Berichterstatters Dr. Hicber (ntl.)
degründet ,
Wg. Lezinski (Soz.) den Antrag Auer, der die Errich-
mng von Kaufmannsgerichten obligatorisch macht.
Abg. Trimborn (Ztr.) bittet, deu Antrag Auer abzu-
whnen, da in den meisten Gegenden absolut kein Bedürfnis nach
Errichtung kaufmännischer Sondergerichte bestehe.
Die Abgg. Sperka (Soz.) und Dowe (fr. Vg.) wenden
gegen den Antrag Auer, während Lattmann (dsoz.) da-
tür eintritt.
Abg. Heming (kons.) crklärt, daß den Konservativcn ge-
rade der fakultativc Charakter dcs Gesetzes die Zustimmung cr-
wögliche.
. Abg. Müllcr - Mciningen (fr. Vp.): Seine Freunde
uimmten dem Gesetz unter der Voraussehung zu, datz sich das
Wort des Staatssekretärs bewahrheite: Bis hierher und nicht
weiter mit den Sondcrgesetzgebungen.
Abg. Semler (natl.) äutzert Bcdenken gegen das Gcsctz;
ein Bedürfnis dafür liege nicht vor und sei auch in der Kommis-
Von nicht nachgewiesen worden.
Ttaatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Die Lang-
lamkeit des amtsgerichtlichen Verfahrens sei für die Hand-
uingsgehilfen sehr nachteilig. Die Bemerkung Semlers über
"rs Zustandekommen der Vorlage sei unzutreffend, da sie doch
?us den Kundgebungen der öffentlichen Meinung hervorgegangen
l?i. Am besten sci allerdings eine Beschleunigung des amtsge-
Achtlichen Verfahrens gewesen., Auf weitere Einzelgerichte
aürfe man sich nicht mehr einlassen.
Abg. Singer (Soz.) wendet sich in längeren Ausführun-
öen gegen Dr. Semler.
Nach weiteren Ausführungen ciner ganzen Reihe von Abge-
urdnetcn wird Z 1 des Gesetzes unter Ablehnung des An-
Eine Tänzerin vor 100 Zahren.
- b. II. Bei Gelegenheit des Auftretens der Jsadora
uncan dürfte cs die Leser interessieren, von einer Tänzerin
Su hören, die schon vor hundcrt Jahren, wenn auch anderen
?harakters. so doch von eincr verwandtcn Begabung geleitet,
Uch von dem üblichen Ballet unterschieden hattc und das Ent-
Sücken, pw Bewunderung eines, für die Antike bcgeisterten,
mustsinnigen und cdelsten Mannes crregte.
Wilhelm von Humboldt schreibt in einem Briefe
vorn 12. Jnnuar 1706 aus Bcrlin an seinen Freund Schil-
Ier:
,,Von der Oper mutz ich Jhnen doch noch einigc Worte sa-
^fu.rvas dns diesjährigc Carneval auszeichnet, ist cine
e^nzcrin aus Wien, Mad. Vigano, die wirklich jede Be-
Ichreibnng übertreffen würde. Jch gäbc viel darum, wenn Sie
U? sehen könnten. Eindrücke dieser Art Pflegen schon durch ihre
^eltenheit stark auf Sic zu wirken. Die Vigano glänzt uicht
^sgentlich ^durch die gewöhnlichen Tänzerkünste, durch grotze und
welsache Sprüngc, sondern allein durch cine unbegreifliche An-
!?ut und Grazie der Stcllungen. Jhre sehr grotze Stärke braucht
ue allestn dazu, ihrer Grazie Fundament und Festigkeit zu ge-
uen. Sie scheint mir mchr für den niedrigeren und komischen
chs für den patetischen Tanz gemacht. Aber in jcnem bcsitzt
Uv auch eine wahrhaft rührende Naivetät. Schon ihr Anzug
?e.rkundet einen edlen und schönen Geschmack. Ohne auch das
lernste Gefühl zu beleidigen, lätzt er fast den ganzen Körper
.T>i?mer natürlichen Anmut sehen. Jhre Tänze an sich haben
^ucg Charaktertstisches, überhaupt wird man gar nicht an
-Auü und nur sehr wenig selbst ans Theater erinnert. Man
wyt cme liebenswürdigc wcibliche Figur mit immer gleicher
w? k Wahrheit und Grazie mit durchgängiger Harmonie und
. BÜcit eine Menge wechselndc Stellungen und Gänge machen;
- Isi. >venn aller übrigcr Tanz bald. pittoresk durch die Mannig-
er Ä - ^ Beivegungcn, bald charakteristisch durch das, was
ki ^vkllt, wirtt, so wirkt dicser, ohnc jene Vorzüge (die nur
^or dem überwicgenden vcrschwindcn) zü cntbehren,
rch den Chnraktcr, dcn cr sclbst durchaus an sich trägt. Ge-
tragcs Auer nach der Regierungsvorlage ange-
nommc n.
Zu § 2 sicht die Kommission Kaufmannsgcrichte vor für
Gcmeinden mit mchr als 20 000 Seelen gegen 50 000 der Rc-
gierungsvorlage. ß 2 wird ohne wcitcre Debattc a n g e n o m-
inen, ebenso die 'unverändert gebliebenen §§ 3 und 4.
Morgen, Tonnerstag, Fortsetzung der heutigcn Beratung
und Rcblausgcsctz.
Deutsches Reich.
Baden.
Karlsruhe, 8. Znm. Generalintendant Dr.
B ü r k I i is hat anf Grnnd feiner privaien Berpflichtnn-
gen, die durch einen Todesfall in der Famtlie in jnngster
Zeit sich für ihn außeroröentlich vermehrten vor kurzem
beim Großherzog die EntIas s u n g aus seinem für das
Knnstkeben unferer Stadt so bedeutsamen Amte nachge-
'sucht. Der Großherzog hat diesem Ersuck)en nnninehr
statt g c g eb en, indem er in nachstehend'em äußerst
huldvoll gehaltenen Handschreiben die Grünide, welche
Exz. Bürklin zu seinem Ersuchen veranlaßten, würdigte,
und ihm für die 16 Jahre erfolgreicher Wirksamkeit in
der obersten Leitnng des Hoftheaters seine dankbare An-
erkennung anssprach. Als äußeres Zeichcn seiner Wcrt-
schätzung hat der Großherzog Dr. Bürklin zugleich zum
Wirklichen Geheimen Rate ernannt.
Lieber Herr Generalintendant Dr. Bürkliul
Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Jhr schr wer-
tes Schrciüen vom 1. Juni, das meine ganze Teilncchmc in
Anspruch gcnommen hat. Sie haben mich in vcrtrauensvollcr
Weise über dic bcdcutungsvolle Lage unterrichtet, die Jhnen
neuerdings durch verschiedenc wichtige Ereignisse in Jhrcr Fa-
milie zu Teil ivard, nnd ich erkenne daraus in treuem Mitgc-
fühl, welchc vielseitigen Pflichten Jhnen zu erfüllen nun auf-
erlegt sind, denen gegenüber Sie sich in Hingcbung gcbunden
fühlcn.
Auch ich mutz diese Verpflichtungen in ihrer ganzen Be-
rcchtigung und Bedeutnng würdigen und ich habe mich mit Be-
dauern überzeugt, datz es Jhnen nicht länger mehr möglich ist,
die Leitnng mcines Hoftheaters mit den von Jhnen näher ge-
schilderten vielerlei Aufgaben fortan zu verbindcn. Jhre Bitte
um Enthebnng von der Generaldircktion des Hofthcatcrs ver-
pflichtet mich daher, ihr zu entsprechen.
Jndem ich Jhrem Wunsche entgegenkomme, gcdenke ich der
15 Jahre Jhrer erfolgreichen Wirksamkeit mit den wärmsten
Dankgefühlen. Jhrc sclbstlose Hingebung an die Pflichten
des Dienstes, die trcue Anhänglichkeit, mit der Sie stets ver-
trauensvoll mir begcgneten, veranlassen mich, Jhnen noch in be-
sonderer Weise meinc Anerkermung kuud zu gebcn, um dadurch
auch öffentlich zu bezcugen, wie dankbar ich Jhrcr treuen Dienste
gedenkc.
Möge Jhneu eine geseguete Zukunft zu Teil werden, dies
wünscht von Herzcn Jhr sehr wohlgeneigter
(gez.) Friedrich.
Schlotz Badcn, den 5. Juni 1904.
Württemberg.
Stuttgart, 8. Jimi. Die Kammer der
S t a u d e sh e r r e u nahm mit 13 gegen 11 Stimmeu
deu Antrag des Fürsteu Quadt au, dte staailiche Beztrks-
schulaufsicht inr Hauptamte, jedoch ausschließlich au Geist-
liche, zuzulassen, woraufMiuisterprästdent Dr. v. Breitling
auf Allerhöchsten Befehl den Gesotzentwurf betr.
die Vo I k s s ch u I n o v e 11 e zuriickzog. J'm Laufe
der Sitzung gab Minifterpräsident Dr. v. BreitIing
solgende Erkläruug namens der gesamten Rsgie-
rung ab: Die königliche Staatsregiernng ist überzengt,
datz der durch Rücksicht auf eine gedeihtiche Entwicklnng
der Volksschnlen gebolene Regiernngc'enlwnrf berechlig-
ten kirchlichen Interessen in keiner Weise zu nahe tritt,
un'd erachtet sich für verpflichtet, darauf hinzuweisen, datz
eine in der Kammer der Standesherren erfolgende W-
lehnling des Eniwlirfs über dessen linmittelbaren Bereich
hinans dte vorhandenen Gegensätze auf denl Gebiet
des Verhältnisses von Staat nnd Kirche zur
V o l k s s ch u l e in eruftem Maße verschärft und die
auf eine Ausgleichung der Gegensätze gerichtete Politik
der Regienlug erschweren müsfe. Ter LRinisterpräsideut
empfiehlt die Annahme des Entwurfs. Nach der Zlirück-
ziehung des Gesetzentwurfes' brachte Erbprinz zu Lowen-
stein-Werthelin-Rosenberg einen Znitiativgesetzentivurf
etn, aus denl der Ilrtikel 4 des bisherigen Entwurfs
(Schulaufsicht) an dem diefer gescheitert ist, ausgeschieden
ist. Dieser Jnitiattvgesetzentwurf wird morgen in der
Kammer der Standesherreu zur Verhaudlung kommen.
Ter Entwurf iu dieser Fassuug beschräukt sich damit auf
das rein Schultechnisch e, als Neuregelung und
Erweiterung der klnterrichtsfächer, Bestiniulung über die
Schülerzahl. Also nach wie vor wird die Oberschulbehörd'e
ein Teil der Oberkircheubehörde bleiben und der Geist-
liche der geborene Lokal- und Bezirksschulinspektor sein.
Der vielgenannte Kompromißantrag in Preußen sieht ge°
genüber der württembergischen Regeluug der Vokksschul-
verhältnisse ganz revolutiouär aus.
Badischer Landtag.
11. Sitzung der Ersten Kammer.
Karlsruhe, 8. Zuui. Die Erste Kmumer er-
ledigte heute das Eisenba'hnbudget. Zm Laufe der Be-
ratung erklärte Staatsmiuister v. Brauer, er bedauere^
daß der rechte Zeitpunkt der Schaffuug von Reichs-
eiseubahueu verpaßt sei. Bäden denke nicht da-
rau, mit Preußeu iu Eifenbahugemeiuschaft zu treten,
wie öies Hessen getau habe. Eiue Betriebsmittel-
genieinschaft sei geboteu und in dieser Richtung habe
in Frankfurt eine vertrauliche Bespreäiuug stattgefunden,
der auch er augewohnt hätte. Weitere Schritte werdeu.
'hier geprüft werden. Auch die Persouentariffrage ser
besprochen worden, hier liege die Schwierigkeit bei Ba-
den, das nur ungern seine Kilometerhefte aufgeben wolle
und die Einführung der vierten Wagenklasse zurückweise.
Näherer Bericht über die Sitzung folgt.
(S3. Sitzung der Zweiteu Kammer.)
Karlsruhe, 8. Juni. Eiiigcgangeu stnd zwer
Auträge betr. die Wasserkräfte des Ober-
r h eins und eine I n te r p e l l a t i o n betr. Staats-
hitfe für die H o ch w a s s e r b e s ch ä d i g t e u in den
Bezirken Meßkirch-Stockach (s. unten). Wg Krlechle-
(natl.) erhält Urlaub wegeu Erkrantung. Die allgemeine
Beratung über das Eisen b ahubaubudget wird
fortgesetzt.
rade aber dnrch diese cinfache und natürliche Wahrheit macht cr
anf mich cincn ganz vorzüglichen Eindruck, und noch nie habe ich
das Bild der Leichtigkeit und Grazie so rcin aus eincm leben-
digen Anblick geschöpft. Man würde diese Tänzerin nicht mit
Unrecht mit einer lebenden Antike vergleichen, wcnn nicht fast
allc weiblichen Antiken ein gcwisses Pathos an sich trügen, das
ich wenigstens bis jetzt in ihr nicht kenne, ob ich sie gleich dessen
nicht unsähig halten möchtc. — Da dic Menschen Alles, was
graziöZ nnd einfach ist, Griechisch ncnnen, so erhält die Vigano
diesen Namcn in doppeltem Grade. Jndcs ist cs mir anffallend
gewcsen, wie sehr, ungeachtet jener hervorstechend einfachcn
Naivetät der Charakter dcs Modernen ihrem Tanz anfgc-
prägt ist."
Wenn anch die Analogie dieser Tänzerin mit der Jsadora
Duncan nicht in allen Beziehungen eine vollkommcnc ist, so
spricht aus diesen Worten, die Hnmboldt ihr widmet, doch ge-
nng Vcrwandtschaft, dah wir uns ihrer crinnern dürfen. Die
ganzc Bricfftellc aber bcwcist, wie sehr es schon damals als eine
Wohltat und ein scltener Genuh empfunden wurdc, wenn ein-
mal cine wirkliche Künstlerin anftrat, dic wahrhaften Ausdrnck
und sprechende, anmutende Grazie in cdel-schöncm Tanzc zu
geben sich bemühte.
Anch das Gcdächtnis an eine andcre ähnliche Erscheinung
jener Zeiten mag bei dieser Gelegenheit crneuert werden. Er-
zählt doch Goethc von jener Freundin des Lord Hamilton in
Reapel, in der diescr „nach so langer Knnstliebhaberei, nach so
langem Naturstndium den Gipfel aller Natur- und Kunst-
freunde" gcfunden habe. Jn der „Jtalienischen Reisc" heitzt es
nnter dem 16. Mürz 1787 von ihr: „Sie ist sehr schön und
wohlgebant. Er hat ihr ein Griechisch Gewand machen lasscn,
das sie trefslich kleidet, dazn löst sie ihrc Haare auf, nimmt ein
paar Shamls nnd machte eine Abwechslung von Stellnngen,
Gebärden, Mienen nsw., dah man znletzt wirklich mcint, man
tränme. Man schaut, was so viel tausend Künstler gerne ge-
lcistct hätten, hicr ganz fcrtig, in Bcwegung und überraschen-
dcr Abweckslung. Stehcnd, kniccnd, sitzend, liegend, ernst, trau-
rig, neckisch, ansschweifcnd, bnhsertig, lockend, drohend, ängstlich
usw., eines folgt anfs andere und ans dem anderen. S-ie weitz.
zu jedem Ausdruck die Falten des Schlciers zu wählen, zu
wechseln, und macht sich hundert Artcn von Kopfputz mit den-
sclben Tüchcrn. Der alte Ritter hält das Licht dazu nnd hat
mit ganzer Seele sich diesem Gcgcnstand ergeben. Er sindet in
ihr allc Antikcn, alle schöncn Profile der Sicilianischen Mün-
zcn, ja den Bclvcder'schen Apoll sclbft." —
Kleine Zeitung.
— BcnShcim a. d. Bergftraße, 7. Zmii. Jn Lem
benachbarten Lorsch wurde heute Nacht der Polizeidiener
Johaun Schneller erfchosse n anfgesnnden. Mmr
nimmt an, daß er von Einbrechern, die er verfolgt, ge-
tötet worden ift.
Mcisrcn^ im Zuni. Ain 16. i>Nai d. I. fand in
Meißen die erfte Generalversanlnitmig des Verbandes
deutscher Kachelofenfabrikanten statt.
Während setnes kurzen erst einjährigen Bestehens hat der
Verband fich ganz bedentend mtwtckelt. Seine Mitglie-
der breiten sich ichon über ganz Deutfchland ans, nnd noch
immer neue Mftglieder auch aus Len eirtferntesten Gegen-
den Deutschlands ei'len herbei, um geeint im wirtschast-
lichen Kamps zu stehen nnd die Znteresseil der einzelnen
Mitglieder nach allen Seiten zu sördern. Schon in dem
ersten Fahre ist der Verband für manche Gegenden
Dentschlands' ein Schutz nnd Schirnl gewesen gegen wirt-
schaftliche Stürme, die den einzelnen Fabrikanten ohne dsn
Schlitz der Dereinigung sicherlich enipfindlickie Opfer gs-
kostek hätte.
— Wegcn fahrlässiger Körpcrverletznng mittclst des
Tclephons hatte sich ein in Hamburg prakftzierender Arzt
bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Mr die Aufnahme von An-rlge»
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommeu, — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher A.
Dmttckg, 8. ZM 1884.
Erstes Blestt.
46. ZllhkMW. — 132.
Teutscher Reichstag.
Berlin, 8. Jufii.
Münzgesetznovelle
bcfürwortct die Neuprägung bon 3-
süddcutschlcmd der prcutzische Taler gro-
, Das Haus Lerät öie
iveiter.
Wg. Osel (Ztr.)
Markstücken, da sich in 'Z
tzer Beliebtheit erfreue.
Baprischer Ministerialrat v. Burkhard bestreitet lehteres
Und betont, die bayrische Regierung würde lieber auf die neucn
oO-Pfennigftücke verzichten, als ncue Taler ausprägen, die im-
wer wieder in die Staatskasse zurückfliehen.
Abg. Pichler (Ztr.) führt aus, die Frage dürfe nicht
^?ch persönlichen Neigungen, sondern nur nach Verkehrsbedürf-
tzissen der Gesamtheit cntschieden werden. Geschäftswelt und
Handelskammern mühten gehört werden. Die Taler seien kei-
veswegs beliebt. Jn den Reichsbankkcllern lagern 170 Millionen
Ealer in Ballen. Der Berkehr weist sie immer wieder zurück.
Hingegcn seicn 5-Markstücke bei Arbeitern und Fabrikanten
auherst beliebt. Die Rcichsbankstellen können der Nachfrage
8ar nicht genügen.
Abg. Kirch (Ztr.) glaubt, die Talcr fliehen darum nur in
aie Reichsbankkafse zurück, wcil die Bcvölkerung eiue Einziehung
dcr Taler befürchte.
Abg. Raab (Antis.) tritt für dic Neuprägung von Talern
^in auch aus währungspolitischen Gründen.
Wg. Sartorius (fr. Vp.) befürwortet die Unterlassung
der Prägung von Talerstücken.
Wciter sprechen die Abgg. Arendt (Rp.), Osel (Ztr.)
Und Gothein (fr. Vg.).
Das Haus nimmt hierauf den ganzen Rest des Gesetzes in
der K o mm i s s i o n s f a s s u n g an. (Der Bundesrat wird
es wegen der darin festgesetzten Prägung weiterer Talerstücke
Sweifellos aülehnen).
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs be-
treffenö Kaufmannsgerichte in Verbindung mit
einem von den Abgg. Lattmann (dsoz.), Liebermann von
Donnenberg (dsoz.) und Graf Reventlow (dsoz.) bean-
tragten Gesetzentwurf jcher denselben Gegenstanö.
Nach dcm Referat des Berichterstatters Dr. Hicber (ntl.)
degründet ,
Wg. Lezinski (Soz.) den Antrag Auer, der die Errich-
mng von Kaufmannsgerichten obligatorisch macht.
Abg. Trimborn (Ztr.) bittet, deu Antrag Auer abzu-
whnen, da in den meisten Gegenden absolut kein Bedürfnis nach
Errichtung kaufmännischer Sondergerichte bestehe.
Die Abgg. Sperka (Soz.) und Dowe (fr. Vg.) wenden
gegen den Antrag Auer, während Lattmann (dsoz.) da-
tür eintritt.
Abg. Heming (kons.) crklärt, daß den Konservativcn ge-
rade der fakultativc Charakter dcs Gesetzes die Zustimmung cr-
wögliche.
. Abg. Müllcr - Mciningen (fr. Vp.): Seine Freunde
uimmten dem Gesetz unter der Voraussehung zu, datz sich das
Wort des Staatssekretärs bewahrheite: Bis hierher und nicht
weiter mit den Sondcrgesetzgebungen.
Abg. Semler (natl.) äutzert Bcdenken gegen das Gcsctz;
ein Bedürfnis dafür liege nicht vor und sei auch in der Kommis-
Von nicht nachgewiesen worden.
Ttaatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Die Lang-
lamkeit des amtsgerichtlichen Verfahrens sei für die Hand-
uingsgehilfen sehr nachteilig. Die Bemerkung Semlers über
"rs Zustandekommen der Vorlage sei unzutreffend, da sie doch
?us den Kundgebungen der öffentlichen Meinung hervorgegangen
l?i. Am besten sci allerdings eine Beschleunigung des amtsge-
Achtlichen Verfahrens gewesen., Auf weitere Einzelgerichte
aürfe man sich nicht mehr einlassen.
Abg. Singer (Soz.) wendet sich in längeren Ausführun-
öen gegen Dr. Semler.
Nach weiteren Ausführungen ciner ganzen Reihe von Abge-
urdnetcn wird Z 1 des Gesetzes unter Ablehnung des An-
Eine Tänzerin vor 100 Zahren.
- b. II. Bei Gelegenheit des Auftretens der Jsadora
uncan dürfte cs die Leser interessieren, von einer Tänzerin
Su hören, die schon vor hundcrt Jahren, wenn auch anderen
?harakters. so doch von eincr verwandtcn Begabung geleitet,
Uch von dem üblichen Ballet unterschieden hattc und das Ent-
Sücken, pw Bewunderung eines, für die Antike bcgeisterten,
mustsinnigen und cdelsten Mannes crregte.
Wilhelm von Humboldt schreibt in einem Briefe
vorn 12. Jnnuar 1706 aus Bcrlin an seinen Freund Schil-
Ier:
,,Von der Oper mutz ich Jhnen doch noch einigc Worte sa-
^fu.rvas dns diesjährigc Carneval auszeichnet, ist cine
e^nzcrin aus Wien, Mad. Vigano, die wirklich jede Be-
Ichreibnng übertreffen würde. Jch gäbc viel darum, wenn Sie
U? sehen könnten. Eindrücke dieser Art Pflegen schon durch ihre
^eltenheit stark auf Sic zu wirken. Die Vigano glänzt uicht
^sgentlich ^durch die gewöhnlichen Tänzerkünste, durch grotze und
welsache Sprüngc, sondern allein durch cine unbegreifliche An-
!?ut und Grazie der Stcllungen. Jhre sehr grotze Stärke braucht
ue allestn dazu, ihrer Grazie Fundament und Festigkeit zu ge-
uen. Sie scheint mir mchr für den niedrigeren und komischen
chs für den patetischen Tanz gemacht. Aber in jcnem bcsitzt
Uv auch eine wahrhaft rührende Naivetät. Schon ihr Anzug
?e.rkundet einen edlen und schönen Geschmack. Ohne auch das
lernste Gefühl zu beleidigen, lätzt er fast den ganzen Körper
.T>i?mer natürlichen Anmut sehen. Jhre Tänze an sich haben
^ucg Charaktertstisches, überhaupt wird man gar nicht an
-Auü und nur sehr wenig selbst ans Theater erinnert. Man
wyt cme liebenswürdigc wcibliche Figur mit immer gleicher
w? k Wahrheit und Grazie mit durchgängiger Harmonie und
. BÜcit eine Menge wechselndc Stellungen und Gänge machen;
- Isi. >venn aller übrigcr Tanz bald. pittoresk durch die Mannig-
er Ä - ^ Beivegungcn, bald charakteristisch durch das, was
ki ^vkllt, wirtt, so wirkt dicser, ohnc jene Vorzüge (die nur
^or dem überwicgenden vcrschwindcn) zü cntbehren,
rch den Chnraktcr, dcn cr sclbst durchaus an sich trägt. Ge-
tragcs Auer nach der Regierungsvorlage ange-
nommc n.
Zu § 2 sicht die Kommission Kaufmannsgcrichte vor für
Gcmeinden mit mchr als 20 000 Seelen gegen 50 000 der Rc-
gierungsvorlage. ß 2 wird ohne wcitcre Debattc a n g e n o m-
inen, ebenso die 'unverändert gebliebenen §§ 3 und 4.
Morgen, Tonnerstag, Fortsetzung der heutigcn Beratung
und Rcblausgcsctz.
Deutsches Reich.
Baden.
Karlsruhe, 8. Znm. Generalintendant Dr.
B ü r k I i is hat anf Grnnd feiner privaien Berpflichtnn-
gen, die durch einen Todesfall in der Famtlie in jnngster
Zeit sich für ihn außeroröentlich vermehrten vor kurzem
beim Großherzog die EntIas s u n g aus seinem für das
Knnstkeben unferer Stadt so bedeutsamen Amte nachge-
'sucht. Der Großherzog hat diesem Ersuck)en nnninehr
statt g c g eb en, indem er in nachstehend'em äußerst
huldvoll gehaltenen Handschreiben die Grünide, welche
Exz. Bürklin zu seinem Ersuchen veranlaßten, würdigte,
und ihm für die 16 Jahre erfolgreicher Wirksamkeit in
der obersten Leitnng des Hoftheaters seine dankbare An-
erkennung anssprach. Als äußeres Zeichcn seiner Wcrt-
schätzung hat der Großherzog Dr. Bürklin zugleich zum
Wirklichen Geheimen Rate ernannt.
Lieber Herr Generalintendant Dr. Bürkliul
Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Jhr schr wer-
tes Schrciüen vom 1. Juni, das meine ganze Teilncchmc in
Anspruch gcnommen hat. Sie haben mich in vcrtrauensvollcr
Weise über dic bcdcutungsvolle Lage unterrichtet, die Jhnen
neuerdings durch verschiedenc wichtige Ereignisse in Jhrcr Fa-
milie zu Teil ivard, nnd ich erkenne daraus in treuem Mitgc-
fühl, welchc vielseitigen Pflichten Jhnen zu erfüllen nun auf-
erlegt sind, denen gegenüber Sie sich in Hingcbung gcbunden
fühlcn.
Auch ich mutz diese Verpflichtungen in ihrer ganzen Be-
rcchtigung und Bedeutnng würdigen und ich habe mich mit Be-
dauern überzeugt, datz es Jhnen nicht länger mehr möglich ist,
die Leitnng mcines Hoftheaters mit den von Jhnen näher ge-
schilderten vielerlei Aufgaben fortan zu verbindcn. Jhre Bitte
um Enthebnng von der Generaldircktion des Hofthcatcrs ver-
pflichtet mich daher, ihr zu entsprechen.
Jndem ich Jhrem Wunsche entgegenkomme, gcdenke ich der
15 Jahre Jhrer erfolgreichen Wirksamkeit mit den wärmsten
Dankgefühlen. Jhrc sclbstlose Hingebung an die Pflichten
des Dienstes, die trcue Anhänglichkeit, mit der Sie stets ver-
trauensvoll mir begcgneten, veranlassen mich, Jhnen noch in be-
sonderer Weise meinc Anerkermung kuud zu gebcn, um dadurch
auch öffentlich zu bezcugen, wie dankbar ich Jhrcr treuen Dienste
gedenkc.
Möge Jhneu eine geseguete Zukunft zu Teil werden, dies
wünscht von Herzcn Jhr sehr wohlgeneigter
(gez.) Friedrich.
Schlotz Badcn, den 5. Juni 1904.
Württemberg.
Stuttgart, 8. Jimi. Die Kammer der
S t a u d e sh e r r e u nahm mit 13 gegen 11 Stimmeu
deu Antrag des Fürsteu Quadt au, dte staailiche Beztrks-
schulaufsicht inr Hauptamte, jedoch ausschließlich au Geist-
liche, zuzulassen, woraufMiuisterprästdent Dr. v. Breitling
auf Allerhöchsten Befehl den Gesotzentwurf betr.
die Vo I k s s ch u I n o v e 11 e zuriickzog. J'm Laufe
der Sitzung gab Minifterpräsident Dr. v. BreitIing
solgende Erkläruug namens der gesamten Rsgie-
rung ab: Die königliche Staatsregiernng ist überzengt,
datz der durch Rücksicht auf eine gedeihtiche Entwicklnng
der Volksschnlen gebolene Regiernngc'enlwnrf berechlig-
ten kirchlichen Interessen in keiner Weise zu nahe tritt,
un'd erachtet sich für verpflichtet, darauf hinzuweisen, datz
eine in der Kammer der Standesherren erfolgende W-
lehnling des Eniwlirfs über dessen linmittelbaren Bereich
hinans dte vorhandenen Gegensätze auf denl Gebiet
des Verhältnisses von Staat nnd Kirche zur
V o l k s s ch u l e in eruftem Maße verschärft und die
auf eine Ausgleichung der Gegensätze gerichtete Politik
der Regienlug erschweren müsfe. Ter LRinisterpräsideut
empfiehlt die Annahme des Entwurfs. Nach der Zlirück-
ziehung des Gesetzentwurfes' brachte Erbprinz zu Lowen-
stein-Werthelin-Rosenberg einen Znitiativgesetzentivurf
etn, aus denl der Ilrtikel 4 des bisherigen Entwurfs
(Schulaufsicht) an dem diefer gescheitert ist, ausgeschieden
ist. Dieser Jnitiattvgesetzentwurf wird morgen in der
Kammer der Standesherreu zur Verhaudlung kommen.
Ter Entwurf iu dieser Fassuug beschräukt sich damit auf
das rein Schultechnisch e, als Neuregelung und
Erweiterung der klnterrichtsfächer, Bestiniulung über die
Schülerzahl. Also nach wie vor wird die Oberschulbehörd'e
ein Teil der Oberkircheubehörde bleiben und der Geist-
liche der geborene Lokal- und Bezirksschulinspektor sein.
Der vielgenannte Kompromißantrag in Preußen sieht ge°
genüber der württembergischen Regeluug der Vokksschul-
verhältnisse ganz revolutiouär aus.
Badischer Landtag.
11. Sitzung der Ersten Kammer.
Karlsruhe, 8. Zuui. Die Erste Kmumer er-
ledigte heute das Eisenba'hnbudget. Zm Laufe der Be-
ratung erklärte Staatsmiuister v. Brauer, er bedauere^
daß der rechte Zeitpunkt der Schaffuug von Reichs-
eiseubahueu verpaßt sei. Bäden denke nicht da-
rau, mit Preußeu iu Eifenbahugemeiuschaft zu treten,
wie öies Hessen getau habe. Eiue Betriebsmittel-
genieinschaft sei geboteu und in dieser Richtung habe
in Frankfurt eine vertrauliche Bespreäiuug stattgefunden,
der auch er augewohnt hätte. Weitere Schritte werdeu.
'hier geprüft werden. Auch die Persouentariffrage ser
besprochen worden, hier liege die Schwierigkeit bei Ba-
den, das nur ungern seine Kilometerhefte aufgeben wolle
und die Einführung der vierten Wagenklasse zurückweise.
Näherer Bericht über die Sitzung folgt.
(S3. Sitzung der Zweiteu Kammer.)
Karlsruhe, 8. Juni. Eiiigcgangeu stnd zwer
Auträge betr. die Wasserkräfte des Ober-
r h eins und eine I n te r p e l l a t i o n betr. Staats-
hitfe für die H o ch w a s s e r b e s ch ä d i g t e u in den
Bezirken Meßkirch-Stockach (s. unten). Wg Krlechle-
(natl.) erhält Urlaub wegeu Erkrantung. Die allgemeine
Beratung über das Eisen b ahubaubudget wird
fortgesetzt.
rade aber dnrch diese cinfache und natürliche Wahrheit macht cr
anf mich cincn ganz vorzüglichen Eindruck, und noch nie habe ich
das Bild der Leichtigkeit und Grazie so rcin aus eincm leben-
digen Anblick geschöpft. Man würde diese Tänzerin nicht mit
Unrecht mit einer lebenden Antike vergleichen, wcnn nicht fast
allc weiblichen Antiken ein gcwisses Pathos an sich trügen, das
ich wenigstens bis jetzt in ihr nicht kenne, ob ich sie gleich dessen
nicht unsähig halten möchtc. — Da dic Menschen Alles, was
graziöZ nnd einfach ist, Griechisch ncnnen, so erhält die Vigano
diesen Namcn in doppeltem Grade. Jndcs ist cs mir anffallend
gewcsen, wie sehr, ungeachtet jener hervorstechend einfachcn
Naivetät der Charakter dcs Modernen ihrem Tanz anfgc-
prägt ist."
Wenn anch die Analogie dieser Tänzerin mit der Jsadora
Duncan nicht in allen Beziehungen eine vollkommcnc ist, so
spricht aus diesen Worten, die Hnmboldt ihr widmet, doch ge-
nng Vcrwandtschaft, dah wir uns ihrer crinnern dürfen. Die
ganzc Bricfftellc aber bcwcist, wie sehr es schon damals als eine
Wohltat und ein scltener Genuh empfunden wurdc, wenn ein-
mal cine wirkliche Künstlerin anftrat, dic wahrhaften Ausdrnck
und sprechende, anmutende Grazie in cdel-schöncm Tanzc zu
geben sich bemühte.
Anch das Gcdächtnis an eine andcre ähnliche Erscheinung
jener Zeiten mag bei dieser Gelegenheit crneuert werden. Er-
zählt doch Goethc von jener Freundin des Lord Hamilton in
Reapel, in der diescr „nach so langer Knnstliebhaberei, nach so
langem Naturstndium den Gipfel aller Natur- und Kunst-
freunde" gcfunden habe. Jn der „Jtalienischen Reisc" heitzt es
nnter dem 16. Mürz 1787 von ihr: „Sie ist sehr schön und
wohlgebant. Er hat ihr ein Griechisch Gewand machen lasscn,
das sie trefslich kleidet, dazn löst sie ihrc Haare auf, nimmt ein
paar Shamls nnd machte eine Abwechslung von Stellnngen,
Gebärden, Mienen nsw., dah man znletzt wirklich mcint, man
tränme. Man schaut, was so viel tausend Künstler gerne ge-
lcistct hätten, hicr ganz fcrtig, in Bcwegung und überraschen-
dcr Abweckslung. Stehcnd, kniccnd, sitzend, liegend, ernst, trau-
rig, neckisch, ansschweifcnd, bnhsertig, lockend, drohend, ängstlich
usw., eines folgt anfs andere und ans dem anderen. S-ie weitz.
zu jedem Ausdruck die Falten des Schlciers zu wählen, zu
wechseln, und macht sich hundert Artcn von Kopfputz mit den-
sclben Tüchcrn. Der alte Ritter hält das Licht dazu nnd hat
mit ganzer Seele sich diesem Gcgcnstand ergeben. Er sindet in
ihr allc Antikcn, alle schöncn Profile der Sicilianischen Mün-
zcn, ja den Bclvcder'schen Apoll sclbft." —
Kleine Zeitung.
— BcnShcim a. d. Bergftraße, 7. Zmii. Jn Lem
benachbarten Lorsch wurde heute Nacht der Polizeidiener
Johaun Schneller erfchosse n anfgesnnden. Mmr
nimmt an, daß er von Einbrechern, die er verfolgt, ge-
tötet worden ift.
Mcisrcn^ im Zuni. Ain 16. i>Nai d. I. fand in
Meißen die erfte Generalversanlnitmig des Verbandes
deutscher Kachelofenfabrikanten statt.
Während setnes kurzen erst einjährigen Bestehens hat der
Verband fich ganz bedentend mtwtckelt. Seine Mitglie-
der breiten sich ichon über ganz Deutfchland ans, nnd noch
immer neue Mftglieder auch aus Len eirtferntesten Gegen-
den Deutschlands ei'len herbei, um geeint im wirtschast-
lichen Kamps zu stehen nnd die Znteresseil der einzelnen
Mitglieder nach allen Seiten zu sördern. Schon in dem
ersten Fahre ist der Verband für manche Gegenden
Dentschlands' ein Schutz nnd Schirnl gewesen gegen wirt-
schaftliche Stürme, die den einzelnen Fabrikanten ohne dsn
Schlitz der Dereinigung sicherlich enipfindlickie Opfer gs-
kostek hätte.
— Wegcn fahrlässiger Körpcrverletznng mittclst des
Tclephons hatte sich ein in Hamburg prakftzierender Arzt