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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 126-150 (1. Juni 1904 - 30. Juni 1904)
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AeM, 14. Zm 1M.

Erstes Blatt.

46. Mm. — 136.


Erscheint töglich. Sonntags ausgenoinmen.

Preis mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition mid den Zweigstationen abgeholt «i> Pf,.

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an bestimmten Tagen wird ketne Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen «nschlagstellen.


JungUberaler Verbandstag in Offenburg.

^ (AuMhrlicher Bericht.)

Der Vorsitzende, Landger.-Nat Scherer, eröffnete nnd
^eitete die Verhandlungen. Er brachte zunä-chst eine Mt-
'eilung der nationalliberalen bad. Landtagsfraktion zur
Keuntnis, wonach bieselbe nicht in der Lage sei, die Ver-
iammlung mit einem Vertreter zu beschicken, weil 'die
Fraktion mit Geschäften überhäust sei. Er erteilte sodann
Zu dem ersten Punkt der Tagesordnung betr. den Schul-
vnrrag in Preußen dem Referenten Prof. Metzger-
Heidelberg das Wort, der etwa Folgendes ausführte:

Man hat uns aus Zcnrrumskreisen dcn Vorwurf gemacht,
bür Junglibcralcn seien Kulturkämpfer: diesen Vorwurf können
svir ruhig hinnchmen. Wir müssen unscrn Vätern danken, datz
Ue den Kampf für deutsches Recht, Freiheit und Sitte aufge-
Uommcn habcn; ihnen verdanken wir allcs, was wir in unserem
iiaterland Gutcs habcn. Wir Jungen haben uicht den Willen,
oen Kulturkampf wiedcr aufzunehmen, aber wenn uns der
Kampf aufgezwungen wird, ist es unsere heilige Pflicht, ihn
ourchzukämpfcn. Redner geht sodann mif dcn Kompromißantrag
^er preutzisäien Nationalliberalen und Konservativen ein. Die
^age pxx Volksschule in Prcutzen lasfe sehr viel zu wünschcn
P>rig. Mit dem Schulunterhaltungsgefetz sollc das ganze
^>chulwesen geregelt werden. Der Gohlersche Volksschulgesetz-
s-ntwurf vom Jahre 1891 sei vom Zentrum zu Fall gebracht
^orden; der Zedlitzsche Entwurf vom Jahre 1892 hatte die
^chule der Kirche mit Haut und Haar ausliefern wollen. Er
ucl trotz der im Parlament vorhandenen Mehrheit lvegen des
^nmütigcn Protestes allcr liberalen Elementc. Der jetzige
^cbulantrag täm ganz überraschend: cs ist nicht blotz ein neües
^chuluntcrhaltungsgesetz, sondern cin ganz neues Schulgesctz,
u>as xx bezwcckt. Wir stchen vor der verblüffendcn Tatsache,
oatz Konservativc und Nationalliberalc gemeinschaftlich die Schule
wnfessionalisicrcn wollen. Der Hauptrufer im Strcit sür den
beuen Schulantrag ist merkwürdigerweise dersclbe Dr. Fried-
der den Zedlitzschen Antrag seinerzeit aufs schärfste be-
Anpft hat. Die Bestimmungen übcr die Schuluntcrhaltungs-
osticht können außcrhalb des Bereiches unserer Erörterungen
ostiben, sie berührcn uns tatsächlich nicht; anders ist es iüit
?or Frage: Wie verhält cs sich mit der Haltung der National-
jpseralen in Sachen der Konfessionsschule zum Liberalismus?
gxht auch die nichtprcußischeu Nationalliberalen an. Aus
Entwurf crgibt sich, dah die Regelung der Schulfrage o'hne
.wt mit der Fragc über deren Unterhaltung verquickt worden ist,
.-?v dic paritätischc Schule dcm Untergang preisgegeben werden
Zur grotzen Uebcrraschung der Antragsteller hat sich aus
Rcihen der nationalliberalen Wählerschast selbst ein heftiger
^idcrstand erhoben. Es ist verwunderlich, wcnn National-
.verale auherhalb dcr Zcit Agitationsreisen halten. Wenn sie
äe Wähler vorher über ihre Absicht befragt hätten, so hätte
ihnen ein tauscndstimmiges Neinl entgegengerufen. Die
§vtriedigung und Zuftimmung der konservativcii und Zentrums-
o repe müsse uns stuhig maeken, aber wir Junglibcralcn mühten
- ?En die Verdächtigung Stellung nehmen, wir wären Stören-
Aber auch die nationalliberale preuhischc Landtags-
ii Eion müssen wir Jungen verurteilen, weil sie die nationalcn
dw ^beralen Grundsätze nicht seftgehalten hat. Wir halten
dst ^onfessionalisierpng der Schule für vcrhängnisvollcr als
läli shebung des ^ 2 des Jesuitengcsetzes und sogar für ge-
I^ss'cher.^als die Zulassung dcr marianischen Kongrcgationen.
opch Dr. Friedberg sei dcr jetzige Antrag grundvcrschiedcn vom
aber dic Tcndcnz ist dieselbe. Die Hcrren Fried-
^rg.ilnd Hackcnbcrg scheinen sich nicht bewuht geivcsen zu sein,
schl-ch^enschwcr ihr ?lntrag ist. Wir habcn es mit cincm Rück-
Kcgen die libcrale Bcwegung zu tun, gcgen die Forderung
ber,U"Sliberalen, die oft nur mit Mitzbehagcn in den Reiheii
kekr "on gcsehen wcrdcn. Das Kompromih bedeute eine Rück-
Kartellpolitik und ein Tlbrücken von den liberalen Eini-

gungsbestrebungen. Die nationalliberale Fraktion im preuhi-
schcn Abgcordnctcnhaus habc die sogcnannte Sammlungspolitik
mitgemacht, sic habe wcder national, noch wcniger liberal, aber
„nationalliberal" gehandclt. Leidcr habe ein Tcil dcr national-
liberalen Prcsse siih nuch nicht auf der Höhe dcr Situation bc-
funden. Dic Erklärung dcr nationalliberalcn Partcilcitung
Badens habe uus enttäiischt. Die Vcrfasscr derselbcn würden
uns heute die paritätischc Schule nicht crkämpfen. Der Libc-
ralismus sci nach dcr Ansicht dcr Junglibcralcn in dcu vcr-
schiedenen Bundesstaatcn nicht verschiedeu, sondcrn sci gleich
für Süd und Rord. Mit Ausnahme von Frciburg und Bruchsal
haben sich alle jungliberalcn Vcreine Badcns gcgen dcn preuhi-
schen Schulantrag ausgcsprochen. Wir wollcn cinmütig Stel-
lung nchmen gcgen einc Verletzung dcs libcralcn Programms
und unserer Ansicht an zuständigcr Stcllc Geltung zu verschaf-
fen suchen. Den Gang der preuhischen Nationalliberalcn nach
Kgnossa machen wir nicht mit. Wir habcn bisher trotz manchen
Spottes und mancher Anfeindung in dcn Neihen der Slltcn
mitgearbeitet auf Grund des nationalliberalcn Programms,
aber ein solchcs Vcrhalten, wic das der preuhischcn Landtags-
fraktion mache es uns nahezu unmöglich und es müsse in dicser
Angelegenheit einc Entscheidung getroffcn wcrden.

Der Referent bringt zum Schluh die schon gestern niitge-
teilte Resolution zum Vortrag.

Jn der Diskussion nimmt zuuächst Staatsanwalt v. R ö d c r -
Osfenburg das Wort uud slimmt im allgcmeinen dcn Ilussüh-
rungen des Referenten bei. Er sucht aber die nationalliberale
Partei Badcns gegen die Angriffe des Refcrenten iu Schutz
zu nchmcn und warnt vor ciner spaltung, die der jungliberalen
Sache nur schadcn würde. Er hat staatsrechtlichc Bedenkcn ge-
gen einen llcbergriff in prcutzische Angclegenheiten und glaubt,
cine Rcsolution in dcm Sinne würde genügen, wcnn die Badische
Rcgierung aufgcfordcrt werde, an dcr Simultanschule scstzu-
haltcn.

Amtsrichter Dr. Koch - Mannhcim crläutert die Resolution
und wcist dcn Einwand zurück, als ob uns die Sache nichts an-
gchc. Was in Prcutzcn gcschehc, wirke auf die kleincn Bundes-
staatcn zurück. Er Vcrtvics auf die veränderte Stellungnahme
der badischen Regierung bei dem Jesuitcngesctz. Die Simultan-
schule sei ein wesentlicher Punkt des libcralen Programms. Wir
halten es für gut, wcun Preuhen ctwas Libcrälismus von uns
lerncn wolltc ?luch er warnt vor einem Rih zwischen Alt und
Jung und bedauert, datz dicse Frage crörtert wordcn sei.

Lehramtspraktikant Th o r b e cke--Heidelbcrg verurtcilt die
Erklärung der badiscbcn Parteileitung wcgcn ihrer Unbestimmt-
bcit. Die Bolksschulfrage sci die dcutschc st e Frage. Tüs
Wcgbleibc» der natiouallibcralen Partcileitung vom Vertreter-
tag sci nicht zu cntschuldigen; es bedeute: „Macht Jhr, w>as Jhr
wollt, wir machcn es auch sol"

Dcr Refcrcnt Mctzger - Heidelbcrg wollte nicht die Partci
angrcifcn, sondern nur bctonen, dah die Haltung dcr badischcn
uationalliberalcn Partci zu unbcstimmt war. Dcm Vcrtreter
von Mannheim erwidert er, wenn nichts als ein schüchtcrnes
Bedauern von den Alten erfolgt sei, sei die Frage cines fcrneren
Zusammenwirkens erlanbt. Er möchte nicht vor die Wähler
treten, ehe dic Fragc cntschiedcn ist.

Prof. F i s ch c r - Karlsruhc entwirft cine Skizze, wie es
nach seincn cigcncn Erlebnissen in dcr Konfessionsschule zugcht.
Wacker habe einmal gcsagt, die badische Schulfrage wcrde in
Prcutzen gelöst. Er will dcr prcuhischcn nationallibcralcn Frak-
tion nicht bloh dic Mihbilligung ausgcsprochcn haüen, sondcrn
er verurteilt ihre Haltung.

Redakteur Kölblin - Baden möchtc die ?lltcn zu weiterein
Liberalismus crzichcn und die Prcutzen von dcm bctretencn
Weg zurückhaltcn, abcr cinen Bruch herbcizuführen, wärc vcr-
fehlt.

Stiftungsvcrivaltcr L o h r - Konstanz vcrtritt den Stand-
punkt der vorgeschlagcncn Resolution. Das Wegbleibcn der
nationalliberalcn Parteileitung halte er für eine Mitzachtung
und Gcringschätzung dcr Junglibcralen, die sich dcn „Ober-
bürgcrmeistcrton", d. h. den unbestimmtcn Ton dcs dermaligcn
Partcichefs, nicht zu cigen machen dürfe.

Lic. theol. Wielandt - Heidelberg meint, so wie die badi-
schcn Junglibcralcn jetzt sind, kviincn dic Zlltcn sic nicht brauchen.
Differcuzcn sind vorhanden in Bezug aus Zentrum und So-
zialdemokratie. Wir wollcn den Liberalismus retten. Wir
wollcn uicht abschliehcn mit dem Hoüimut der „bürgcrlichen"
gegcnüber dcr arbeitenden Klassc. Wir dürfcn unscru Charakter.
nicht prcisgeben, aber wir wollcn mit den Alten zusammenarbei-
ten. (Lebhaftcr Bcifall.)

Der V o r s i tz e n d c nimmt dic nationalliberalc Landtags-
fraktion in Schutz. Sie sei tatsächlich mit Llrbcit übcrhäuft.
Auch die ?llten wollen mit uns zusammengchcn.

Bci dcr Abstimmung wird dic R e s o l u t i o n cinsiimmig
angenommcn.

Zu Absatz 2 der Tagesordnung crklärt dcr Vorsitzcnde, datz
auf dcm letzten Vcrbandstage bcschlosscn wordcn sci, Professor
B ö h t l i n g k - Karlsruhe nicht als Rcdncr in jungliberaleir
Versammlungcn zu nehmcn.

Koelsch - Karlsruhe gibt dic Erklärung ab, dah Böhtlingk
nicht Mitglicd des jungliberalen Vereins Karlsruhe sei und nichb
als Rcdncr dcs Vcreins ausgetreten sci.

Lohr - Konstanz versucht noch klar zu machcn, aus welchen
Gründcn der Vcrcin Konstanz den Fall Böhtlingk auf die Tages-
orduung zu sctzcn beschlossen habc. Nachdcm aber vom Verein
Heidelbcrg dcr Zlntrag gestellt war, den Fall Böhtlingk von den
Tagesordnung abzusctzcn, crklärt sich dcr Vcrtreter von Konstanz
im Hinblick aus dic Erklärungen von Scherer und Kölsch damit
einverstanden.

Punkt 3, den Entwurf des O r g a n i s a t i o n s st a t u t s
der nationallibcralcn Partei bctr. die Vcrtrctung der dcm Reichs-
verband der nationallibcralcn Jugcnd nicht angchörcndcn jung-
liberalen Vcrcine im Zentralvorstand dcr nationalliberalen
Partei in dcr ursprünglichcn Fassung wicdcrhcrzustellcn, so datz
auch diese Vereinc einc cntsprechende Vertrctung bckommen
wllrdcn, wird von K ö l s ch - Karlsruhc bcgründct und aufK
wärmste bcfürwortct. Dcr Refercnt kanii nicht vcrstehen, datz
die dcm Rcichsverband nicht angehörigcn junglilieralen Vereine
im Zentralvorstand nicht vertreten sein sollcu, serner bcdauert
cr, dah Mannhcim bcantragt hat, dcm Reichsverband feriistehende
Wcrcinc von ciner Vcrtretung im Zcntralvorstand auszu-
schliehen.

Kölblin - Badeu bittct, dcm Slntrag Karlsruhe Aolge zu
gcbcn un^ ist Lbcr dcn Mannheimer Zlntrag sehr crstaunt. Der
Gcist, nicht das Sllter der Vereinsmitglicder sci ausschlag-
gebend.

Dr. K o ch - Mannhcim verteidigt den Äntrag Maunheiiu.
Ntir in grotzcu Verbäiideu könnc man ctwas erreichcn.

Dr. Kiiittel - Karlsruhe vcrwahrt sich dagcgcn, dah der
Karlsruhcr junglibcrale Verein dcm Rcichsvcrband fcindlich
gegenüberstehe. Wer bürgc uns dafür, dah die norddcutschen
Nationallibcralen uns zu Wort kommcn lasscn. Die schärsere
libcrale Tonart in Baden sei neu. Dic pckuniären Tlnsorderun-
gen, dic an dcn Beitritt zum Reichsverband gcknüpft sind, seien
zu groh, auch dic „kindisck)e" Altersgrcnze müsse fallen gelassen
werden.

Der Vcrtrctcr von Freiburg bckämpst dcn Ilntrag KarlSruhe»
der von Mctzger - Heidclbcrg bcftirwortet wird.

Lohr - Konstanz stimmt für dcn dlntrag Karlsruhc, veran-
laht durch das sonderbare Verhalten Mannheims.

Nachdcm sich noch Dr. 5l o ch - Mannheim gegcn den Vor-
wurf, dah der Mannheimcr Vercin mit scincm Antrag den
übrigcn Vercincn in dcn Rückcn gesallcn sci, vertcidigt hatte,
wird die Diskussion gcschlosscn und dcr 'Antrag Karlsruhc gcgen
die Stimmen von Mannhcim und Frciburg angeuommcn.

Hicrauf schlicht der Vorsitzcndc mit kurzcn Worten des
Dankes dic Sitzung und kündigt an, dah auf dcm nüchsten Vcr-
tretertag cin atlgcmcincs Thema: „Zusammcnschliih der vürger-
lichcn Partcicn — Zusammcnschluh dcr Libcralen", bcsprochcir
wcrdcu soll.

des Gesangvereins Oesterreichischer
Eisenbahnbeamter aus Wien.

14, Juni. Stunden währer Herzensfreude und
^^Ebrnderschaft waren es wiederum, welche aw! Sonntag
Sänger mit lieben Gästen aus Wicn in unserer
berlebten. Wie wir bercits in Kürze meldeten, trat
EisA?8cnen Samstay der „Gesangverein Oesterreichischer
vuz s'ahnbcamter in Wien" eine Sängerreise nach dem Haag
leiu London an, um dortselbst in Wohltaftgkeitskonzerten
rz - ^nbekanntes Können zu zeizen. Die Wiener unterliehen
Niyn °ch nicht, auf dicscm langcn Wcg in Alt-Heidelberg kurze
chachen, iim daselbst ihren bekannten >Sangesbrüdern
^rle abzustakten nnd zugleich die Herrlichkeiten der

. s Neckartales bewundern zu können, dic auch in
Ach gepi-iesen wurdcn nnd werden. Freudigen Serzens
" stun -Sonntag vormittags am Bähnhof die „Hei-
^ieues^'—.^berkränzler", geschaart um ihre Fähne, die
^tt" ustd sreudig erregtc musikalische „Grüh

'chastft ben im Extrazug einsahrendcn Gästcn entgegen-

Mche . 'i bensebben gewiß schon im vorhinein ein Zeichen,
Liederkranz über den Besuch empfand. Jn
^rstan^? persönlichen Erscheinen ver'hinderten erstcn

chupfing mit hcrzlichen Worten Herr H. Erhardt
jUngx, ^witglied des Heidelberger Liederkranzes, die Wiener
Mer '

^Ncr'n^-''^ in ebensolcher Weise der zweite Vorstand des
(ANg Herr Fischmeister, für den Emp-

i^reius,an r.-erwiderte. Nach Ilbsingung der beiden
i " M<rni> begaben sich die Wiener Gäste (welche

, ilhr n eintrasen) nach ihren Hotels. Gegen

stbter fanden sie sich wieder zusammcn, um

Upprn Liederkränzler, geteikt in verschiedene

r°nnen. H-I^^^^ergs Sehenswürdigkeiten besichtigen zn
tz^Ähenrn"i7i<..-- <.^'-^Edung, -welche sich nach einer ununter-
>kEncr„ „b'gen Fahrt natürlicherwcise anch bci den
Heriii^ die Begeistcrung der Wiener fiir

und Lchone unserer Stadt groh, was man aus

dcn Aussprüchen eines jeden Einzelnen der Gäste deutlich
entnehmen konnte. Von 1 bis 3 Uhr nachmittags wurde zu
Mittag gcgessen und schon punkt 3 Uhr sah mau wieder die
fröhlichen Sänger in der Fortsetzung Ler Besichtigung Heidcl-
bergs begriffen. Voll des Lobes beendigten sie die Besichtigung
gcgen 6 Uhr abcnds nnd begaben sich dann nach ihrcn Hotels,
um sich! dortselbst für das abends l/>9 Uhr angesctzte Bankett,
welches der „Heidelberger Liederkranz" in seinein Heim seinen
Wiener Gästen zn Ehren veranstaltete, vorzuberelten. Uebcr
300 Personcn waren es wohl, die schon lange vor Beginn
des Banketts das sür derartige Veranstaltungen doch etwas
zu klciuc Vercinslokal vollständig besetzten. Wahrlich, cs ge-
'hörtc nicht zu dcn Annehmlichkeiten des Tages, welche man
den Wienern zu bietcn bestrebt war, in diesem Raume zu ver-
weileu, und trotzdcm überall helle Freude, uirgends eiu un-
mutiges Wort über dcn etwas uuangenehmen Zustand. Gcgen
9 U'hr abends erösfnetc Herr Erhardt mit trefflichen Worten
den Abend. Er schildcrte die grohe Freude der Liederkränzler
über den Besuch der Wiener und schloh mit einer herzlichen
Begrühung seine Ansprache. Herr Fischmetster, zweiter
Borstand des Wicncr >Eisenbahnbeamten-Gesangvere1ns, dankte
im Namcu seines Vereins nicht bloh dem Borredner für seine
Worte, sondern anch dcm ganzen Heidelbergcr Liederkranz für die
übcraus herzl. Ilnfnahmc. Mit der Versicherung, dah der Tag von
Heidelberg ihm und seinem Vereine stets ein iinvergeßlicher
bleiben wird, schlieht er unter iubelnder und begeisterter
Zustimmung seiner Herren die Rede. Nun erfrevten die
Wiener Sänger durch Vortrag mehrerer Männerchöre die
Heidelberger und diese lohnten mit stürmischein nnd nicht
enden wollendiem Beifiall di!c jprächtigen Leistungen. )D«r
Verein unter vorzüglichcr Lcitnng scines Dirigenten Herrn
Reim bictet Mustcrgiltiges. Cs ist ein wahrer Sochgeniih,
seinen Vorträgen zu lauschen. Er ist gnt geschult niid vcrfügt
übcr cin ausgezcichnctes Stimmatcrial, woruntcr sich die
wunderbar klingenden Tenöre besonders angenehm! bemerkbar
machten. Schade, dah wir nicht Gelegenheit hatten, in einem
grohen Konzcrt die Leistimgen 'dicses prächtigen Männrr-

chores zu würdigen. Nach den Gästen tratcn, von den Wienern
stürmisch bcgrüht, auch unscre Sänger auf, um unter Leitung
Weidts i'hr Können zu zeigen. Nicht zu.ihren Ungunsten
fiel das Urteil dcr sangeskundigen Wiener Gäste über ihre
Leistungen ans, denn der Beifall, der jedem einzelncn Vortrag
Lcr LiederkränzUr fokgte, Ivar nicht bloß cjn stürmischer, son-
dern auch cin aiifrichtiger. Der „Liedcrkranz" bot an diescm
Abcnd auch wirklich Gutcs und kann init scincm wvhlvcrdien-
ten Erfolg ganz zufrieden sein. —- Jn launtgcn Wortcn fei-
erte iiun Herr Dr. Stolz ans Wien den „Liederkranz".
worauf der inzwischen erschienene 1. Vorstand der Heidel-
berger, Herr Dr. Huber, dankte. — Hcrr Musikdirektor
C. Weidt entzückte hierauf mit seiner schönen 'Stimme alle
Anwesenden und entfachte Surch Wiedergabe prächtig gesun-
gener Lieder stürmischen unS lautzujubeliideii Beifall. — Einen
vorzüglichen Humoristen besitzt der Wicner Vereiu iu Herrn
Weise, der durch seine Vorträge im, Lnufc des Abends die
Lachmuskeln der Zuhörer manchmal gar zu stark in Anspruch
nahm. Rcichlichcr Beifall wurde ihm zuteil, cbenso seinem
hiesigen Kollcgcu, der cbcufalls in Humoristica scin Bestcs
tat. — Nur zu rasch verflogcu auf dicse Weise
die schünen Stunden mit den FreuNden aus der Ostmark, und
ehe man es ahnte, ivaren auch schon die Schlutzworte des
Vorsitzenden diescr seuchtfrühlichen Sihung da, Ivelche zum
Aufbruch niahnteu. Langsam leerte sich das Heinr des Lieoer-
kranzes, welches aber immer uoch nicht das ENdziel der früh-
lichen Sängerschar war, da dieselbeu uoch dem Cafe Jmperial
einen Besuch abstatteten und dort noch einige ^Stunden ver-
weilten. Montag früh 7,26 Uhr verließen die lieben Wiener
Gäste per Extrazug nnsere Stadt. Heil ihnen! — Nicht un-
erwähnt wollen wir die Ghrung der Wiencr lassen, die sie in
überaus pietätvoller Weise durch Nicderlegung eines Riesen-
kranzes mit mächtigen, in den Wiener Stadtsarben „tveih-rot"
gehaltcncn Schleisen mn hiesigen Gedenksttzin ani Elisabeth-
wegc ihrcr unglücklichen Kaiserin erwiesen.
 
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