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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0221

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Eestes BlrrLt.

^8. Ashrzasß. — 27


Liesstllg, 2. Feküllk M.

Srscheint täglich, SonntagS auSgenommen. Prei» mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in'S Hau» gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post

bezogen vierteljährlich 1,85 Mk. auSfchließlich Zustellgebühr.

AnzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Beschäfts- und Privatanzeigen ermähigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
an bestimmteu Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnseratc auf den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

M februar-Märr

sind die Bestellungen auf die „H e i d e Ib e r g e r Zei -
tun g" jetzt sofort beim Briefträger, beim Postamt oder
bei unseren Boten und Agenten zu machen.

Die Post nimmt auch für den Monat Februar allein
Bestellungen an.

DeutsHes Reicy.

— Zum H s r e r o - A u f st a n d in Deutsch-
Südwestafrika ergreift der bekannte deutsche Ko-
lonialpolitiker Dr. Carl Peters noch einmal das
Wort, und zwar diesmal in der Londoner „Finanz-
Chronik." Der Verfasser erklärt auch hier wieüerum,
daß es kaum richtig sein könne, den Ausbruch der Re-
bellion auf das Konto der zu großen Strenge der deut-
schen Verwaltung oder gar des Gouverneurs der Kolonie
zu schreiben. Jm Gegenteil, wenn den Gouverneur tat-
sächlich eine Schuld trifft, so wäre sein Fehler nach den
Ausführungen von Dr. Peters zu urteilen höchstens der
der zu großen Milde göwesen. „Aus meinen eigenen
afrikanischen Erfahrungen heraus", heißt es in dem Ar-
tikel, „möchte ich aussprechen, daß ich es unter allen lkm-
ständen Mr keine große Aufgabe betrachten kann, irgend
eine Negerbevölkerung mit einigen hundert gut diszipli-
nierten Weißen in Zucht und Ordnung zu haltcn. Frei-
lich gehört dazu hier und da rücksichtslose Strenge, und
freilich ist es fehr gefährlich, wcnn die europäische Minder-
heit fich überhaupi auf irgend welches Fraternisieren mit
den Afrikanern einläßt. Aber die Buren ha'ben doch klar
gezeigt, was eine Hand voll 'Weißer, welche diese beiden
Gssichtspunkte festhält, an Autorität über Millionen von
Afrikanern zn erreichen vermag. Non der Algoabucht
bis zum Zambefi, bei allen Stämmen. wel-che ich kennen
gelernt habe, ist der Burenuame gefürchtet, und ich glaube
nicht, daß auch heute noch selbst ein einzelner Bur in Süd-
afrika für sein Leben in 'Gefahr durch Schwarze ist. Ebenso
wenig bin ich selbst in solcher Gefähr da, wo mein Name
den Eingeborenen bekannt ist." Freilich setzt Dr. Peters
selbst gl-eich entschuldigend hinzu, man könne uicht erwar-
ten, daß Beamte eines europäischen Staates mit solcher
individueller Willkur aufträten, wie dies dcm eingoborenen
Arikander möglich war. 'Ganz besonders werde sein ei-
genes S-chicksal und sein eigenes Beispiel deutschen Reichs-
beamten die Lust hierzu benehmen. Jst aber Dr. Peters
der Ansicht, daß man für den südw-estafrikanisch-en Auf-
stand unser deutsches Kolonialsystem als solches nicht ver-
antwortlich machen kann, so erklärt er anderseits, daß der
Borwurf des Ueberraschtwerdens ohne Frage schwerer auf
einer teueren Militärverwaltung laste, als auf einer rein
bürgerlichen Verwaltung, für welche der Staatsschutz ge-
wissermahen ein Nebenamt ist.

— Na-ch dem „Militärivochenblatt" scheiden aus dem
Heere aus und werden mit dem 1. Februar zur Verwen-
dung 'beim Stabe des Führers des Marineexpedi-
tionskorps für Sü d w e st a f r i k a im zweiteu

Seebataillon angest-cllt: Salzer, Hauptmann des großen
Generalstabs, Bayer, Oberleutnant aggregiert dem Ge-
neralstabe, unter Beförderung zum Hauptmanir, Reiß,
Oberlbutnant im 22. Dragoner-Regt., von Estorsf, Oder-
lcutnant im Alexander-Garde-Grenadier-Regiment, von
Dobschütz, Leutnaut im Feldartillerieregiment Nr. 62.
Ferner scheiden aus: v. Bosse, Oberl-eutnant im dritten
-Garderegiment, behufs Eintritts in das zweite Seebatail-
lon, und wird zum Ad-jutanten des Marineexpeditions-
korps' für Südafrika ernannt.

— Jn einer sozialdemokratischen Versammlung hatte
der Abg. -Schippel die Kühuheit gehabt, zu sagen, der
neue Zolltarif schließe angemessene Handelsverträge nicht
aus. Darob großes Hall-oh bei den Genossen, sodaß fich
Schippel veranlaßt sah, in öffentlicher Reichstagsfitzung
seine Aeußerung zurückzunehmen. Er machte s-eine Nnter-
werfung durch eine h-öchst merkwürdige Erklärung im
„Vorwärts" noch eindrucksvoller. Schippel bezeichuets
darin zwar den Versammlungsbericht des „Vorwärts"
als irrefiihrend, setzt aber hinzu: „w-as übrigens nicht d-en
geriugsten Borwurf gegen den Berichterstatter einschließen
soll". Er schloß dann seine Erkläruug: „Nach wie vor
vertrete ich die beim Zollkampfe und Wahlkampfe von der
Partei und mir betätigten Ans-chauungen." Nun ist es ja
begueni. die eigenen Sünden der Preßberichterstattung
in die Schuh-e zu schieben, indessen d-er Berichterstatter des
„Vorwärts" ist nicht geneigt, den Sündenbock ,zu spielen.
Der Genosse Reinke meldet sich als Verfasscr des Berichts
über die Versammlung und vertvahrt fich dagegen, daß
diescr 'Bericht irreführend gewesen sei. Niemand sonst als
Genosse Schippel selbst habe diese Jrreführung verschuldet.
Ein so gewandter Redner wie Schippel hätte sich durch
einen einzigen Satz davor schützen können, daß die von
ihm vorgctragenen gegnerischen Ans-chauungen als seine
cigsnen aufgefaßt werden konnten. Er selbst habs die
Versammlung mit Einschluß des Berichterstatters irre-
geführt.

Badcn.

Offenburg, 1. Febr. Unter den Offenburger
Volksparteilern -hat die gemeldete Zustimmung eines
Teiles der „demokratischen Bürgerausschußmitglieder zur
Einführung des Oktrois auf Bier, Wein und Obstwein
einen Sturm im Glase Wasser hervorgerufen. Wie der
„Volksstimme" mitgeteilt wir'd, g'ing es in einer Versamm-
lung der Demokrateu sehr heftig zu. Die Oktroidemo-
kraten traten aus, der Chef M u s e r bekam vom Stadt-
rat Menzer die Leviten gelesen. Muser legte sein A m t
als Vizeobmann des Stadtverordnctenvorstandes nie -
d e r. Er war, wie erinn-erlich, gerade vor der Abskim-
mung ü'ber das Oktroi nach iKarlsrühe abgereist und hatte
seinen Getreucn anheimgestellt, wie sie stimmen wollten.

Karlsruhe, 1. Febr. Die Regierung hat nach-
träglich zur Beschickung der W e I t a u s st e l l u n g in
St. Louis 40 000 Mark angcfordcrt, 'die von der Budget-
kommifsion der Zweitcn Kammer genehmigt wurden. Jn
der Haiiptsache s-oll das badische K u n st g e w e r b e un-
terstützt werden. Die Regiernng wird zwei Vertreter nach
St. Louis entsenöen, die den Besuchern mit Rat nnd Tat

zur Seite stehen sollen. Anck> die Rei-chsregierung wird
für die badischen Aussteller einen Beitrag gewähren.

Kartsriihe, 1. Febr. Das hier und auswärts
umlaufende Gerücht, daß die Fürstin zur Lippe nach
Straßbnrg überfiedeln wolle, entbehrt, wie wir von zuver-
lässiger Seste hören, d-er Begründnng. Dagegen ift es
nicht unwahrscheinlich, daß die Erbprinzessin E m i ch zu
L e i n i n g e u, 'bckanntlich eine Tochter d-es Statthalters
in Elsaß-Lothringen, mit ihrem Gemahl wenigstens anf
einige-Zeit, so lange der hochbetagte, ini 74. Lebensjahre
stehende Fürst Ernst zu Leiningen dis Stütze feines Sohnes
entbehren kMN, in Straßburg Wohnnng nehmen wird,
nm ihrem Vater bei der Erfüllnng llon Repräsentations-
pflichten zur Seite zn stehen.

— Die Mannheimer „Wolksstimme" veröffentlicht fol-
gende Erklärung:

Wir erklären mit B-czug auf den in Nr. 296 dcr „Volks-
stimme" vom 29. Oktober 1908 cnthalt-en-cn Artikel: „Frted-
richsfcder Wahlmanöver", datz es nicht unsere Absicht war,
gcgen das Grotzh. Amlsgericht Schwetzingen den Vorwurf zu
erhcben, es habe durch die Verhaftung des Schreibgehilfon
Josef Setzler von Fricdrichsfeld w-egcn Vcrdachts des Mein-
eids zu unsauberen Wahlmanövcrn der Dehoust-Partei sein-e
Hilfe geliehen. Eine tatsächliche Grundlag-e zur Erhebung eines
solchen Borwurfs lag für uns nicht vor, und wir bedaueru, datz
die Fassung dcs Artikels dem Grotzh. Amtsgericht Schwetzingen
Vcranlassung zn der Auffassung gegebcn hat, als ob wir einen
solchen Vorwurf hättcn erhebcn wollen. Die Redaktion.

Prcußcn.

BerIin, 1. Febr. Der Kaiser hat das INitglied
des Herrenhanses, Fürst Maximilian Egon zu Für -
st e n b e r g zum O b e r st - M a r s ch a I l ernannt. Der
Oberst-Marschall gehört zti d-en o „Obersten Hofchargen"
des preußischen Hofes. Nach dem Hof-Rangreglement
folgen 'sich der Oberst-Kämmerer, d-ie Generalfeldmarschälle
nnd der Ministerpräfid-cnt nach dem Datum ihrer E.r-
nennung, dann der Oberst-Marschall und hintcr ihm na-ch
dem Datum der Emennung der Oberst-Trnchseß, der
Oberst-Schenk »nd der Oberst-Wgermeister. Die Stelle
des Oberst-Marschall war bishcr unbesetzt, 'd-ie übrigen
„Obersten Hofchargen" werden wahrgenommen von Fried-
drich Graf Solms-lBaruth, Fürst Pleß, Herzog zu Trachen«
berg und Fürst Radolin.

Aus der Karlsruher Zeitunq.

— Seine Köuigliche Hoheit der Grotzhcrzog haberr
den Bezirksgcomet-er K-arl Brunner in Waldshut zum
Vermessungsre-visor bei der Ober-direktion des Wasser- unü
Stratzcnbaues ernannt.

— Es wurdcn die Eisenb-ahnpraktikanten K. Dietsche u.
Karl Singrün mit de: Amtsbezeichnung „Betricbsassistent"
zu Expeditionsassistenteu ernannt.

— Der Gcometer Karl Rudolph ist mit der Verlvaltung
der Bezirksgeometer-stellc Waldshut betraut worüen.

K arlsruhe , 1. Febr. Sicherem Vernehmen nach
beginnt die im Frü'hjahr 'dieses Jahres abznhaltende
e r st e j u r i st ische S taatspr ü fnng am Freitag
den 4. März. Diejenigen Rechtskandidaten, wel-che sich
daran beteiligen wollen, werden daher ihre Anmeldnngen
zweckmäßig schon zu Anfang Febrnar einreichen, damit
etwaige 'Anständ-e hinfichtlich der zu erbringenden Nach»

Fünftes Abonnementskonzert des
Bachvereins.

Heidelberg, 2. Febr.

Es ist merkwürdig: nachdem eine Reihe von Jahren die
Verbreitung der Schöpfungen G u st a v Mahlers nur in
Ungemein langsamem Feitmatz sich vollzo-g, ist es gerade seine
Uinfcmgreichste und gröhtange-legt-e Symp'honie, dic'ihm allent-
stalben die Psorten der Konzertsäle erschlietzt. 'Seit dem ko-
^ossalen Erfolg, den der Tondich-ter mit seiner gewaltigen D-
Uiag-Sr>mphonie Nr. 3 anlätzlich der 38. Tonkünstlerversamm.-
sl'n-g in Krefeld errungen, 'hat dies Werk bereits eine grotze
-steihe von Aufführungen erlebt, deren lehte wo'h-l die in Frank-
lurt am> 2. Dezem-Ler v. I. un>d die in Zürich am 19. Jan.
u^aren. Und fast stets hinterlietz das Wcrk dank der Monu-
Uientalität seiner Gedankenanlage und der Reinheit und über-
Ieugenden -Eiirdringlichkeit seincs Stiles einen starken und
Urerwältigenden Eindruck.

Autzergewöhnlich ist die Symphonie nicht allein -durch i'hr-e
paimenstoneu, sondern auch in der Zusam-men-stellung und der
^erwcndimgsweise ihrer Ausdrucksmittel. Noch immcr herrscht
u wetten Kreis-en des Piiblikums allerorten ein tiefeinge-wur-
afües Vorurteil gegen moderne Tonkunst. Modern gilt fast
'Ur gleichbedeutend- mit „unLerständlich" und 'darum auch mit
--Ungenietzbar". Wer freilich einer modernen Tonschöpfung
nt diesemi Vorurteil naht, gleichsam entschlossen, sic „unv-er-
«suudlich" zu- fin-den, der wird schwerlich das zuin künstlerischen
PVerziptcren erforderliche Mah von eigcncr 'Geistestätigkeit
wswxnden, sondern eher dein Wcrke unwillig und widerspen-
^'6 gegenübertreten. Jn diesem Falle darf sich dann aber
Och Niemand wundern, wcnn er nicht zum Genietzen kommt.
st^l'ber niacht nian sich ja aus diese Weise cin Werk ungenietz-
ei-i' gcistige Tätigkeit, gcistiges Mitarbeiten des Hörers

E Wrdert jedes mustkalische Kunstwerk grötz-eren Stiles — ich
lnriere nur an Beethovens Symphomen. Mit bequemem,

denkträgem Ansichherankoniwenlasscn wird man auch von üer
Eroika keinen Genutz haben können, sondern- zu der M-einung
jener wackeren Rheinländerin kommen, die, als sie auf des
alien Wüllner Winterprogram'm mehrere Bceth-oveii-sche Sym-
phonien fand,.unwillig ausries: „Jmmer der ewige Beethoven!
Es wird eiincm chanz laffl"

Jhrer Art nach wird die geistige Tätigkeit eines Zuhörers
natürlich vorwiegend in ciner Konzentration der Aufmerks-am-
keit zu bestchen haben. Denn nur so ist es möglich, die zeit-
lichcn Einheiten cines Mustkstückes, seine Themen, als Einhei-
ten zu erfass-en, und nur nach diesem Erfasscn ist es möglich,
ste wieder zu erkennen imd durch ein grötzeres Tonstück hin-
durch zu vcrfolgen, mithin die Logik seiner Anlage zu v c r-
st e h e n. llnd worin anders bestünde denn das „Verstehen"
ciner musikalischen Schöpfung, als in dcm Erkennen seiner
Einheitlichkeit als Ganzes vermittels der logischen Gliederung
und Entwickelung seiner Einzelheitcn? Das „Verstehcn" ist
eine Funktion des Verstandes und mntz bei Üem! musikalischen
Kunst-werk Hand in Hand gehen mit dem rein sinn-lichen Nuf-
nchmen des Klangbildes und mit dem Hingeben dcs Gcsühls
au die musikalischen Stimmungcn und deren lebhaftcm Wei-
terempfiiiden

Mahlers symphonisches Schaffen macht cs in seinen erstcn
Sähen sel'bst dem willigsten Hörer nicht gerade lcicht, die Ein-
heit seines künstlerischen Rohstoffes, seiner Grundgedanken zu
erkennen; denu- wie die Ausdehnung seiner niustkalischen Or-
ganismen, der Um-fang seiner Formen weit über das ge-wohnte
Matz hinvusschreitet, so sind auch die Elementc diefer Formen,
ebcn dic Themen, von entspi-echcnder Breite. Diese Beobach-
tung lätzt fich ja bereits an Beethovcns „Neunter" machen,
die auch, wenn wir hcute sie unvorbcreitet zum erstcn Mal hö-
ren würden, unserem Verstäitdnis die nämlichen Schwicrigkei-
ien machen würdc, wie unseren Grotzvätern — wir überfehen
das gar kcicht bei Schöpfim-gen, die unö van Jugend auf so
vcrtraut sind, d-ah wir uns cigentlich auf das erste Hören
kaum besinnen können.

Also Sam-m'lung und guter Wille zur Aufmerksamkeit ge-
hört zum Genicßen Mahlerscher Mu'sik, und selbst dann noch
wird der er-ste Satz seiner „Drittcn" erhebliche Schwierigkei-
ten machen, 'dieweilen gerade bei ihm das Hauptthcma in sei-
ner Entsaltung noch schwerer zu „überschcn" — wenn man so
sagen darf — als Einheit nufzunehmen ist. Es dauert näm-
lich ziemlich genau fünf Minuten.

Ein musikalisches Formgebilde, -das -aus solchen „Einhei-
ten", Keimcn' sich entfaltet, niuß als-o in noch. 'höhereni Diaße,
als es sür jedes Tonwerk Wesensbedingung ist, klar und-
„überstchtlich" gegliedert sein, um ü-berhvnpt verständlich zu
sein. Zum Glück ist cines der bestimmendstcn Kennzeicheri
des M-ahlerschen Stiles -der energisch ausgeprägte Sinn für
die Logik der Form, für klarcn Ausbau und organische Entiwick-
lung. Jn einem Satz, wie der in Rede stehende — den er aus
Themen gestaltet, wie weim er mit F-clsblöcken jonglierte —
verlangen die einzelnen Abschnitte naturgemätz einen ihren
Dimcnsionen proportionalen A'bftand von einander, damit die
Konturen mit der erforderlichcn Teütlichkeit hervortreten.
Mähler gehorcht dieser ästhetischen Notwendigk-eit, indem cv
zwischen dic einzelnen Satzglicder. nämlich zwischen Einlcitunz
und Exposition, zwischen Turchführung und Reprise, inner-
halb der Exposttion, dann wicdcr zivischcn Hanpt- und Seiten-
sah scharfe Zäsuren treten lätzt. Auf füns Takte oöer sclbst
mehr lützt er das ganze Orchcster schtvingen und dic unge-
wöhnlich l-an-ge Generalpause nur durch einen Rhythnius von
Schlaginstrumen'ten gliedern. Dieses Mittel wird niindev
kühn und g-eivagt erscheinen, wenn man in Betracht zieht, datz„
als die rhythmische Einhcit in diesem Satze grötztenteüs die
ganze Note anzusehen ist, daß also eine sokche Generalpaufe
nur etwa anderthalb der so entftehendvn Gruppentakre bildet

immerhin eine so lange Pause, datz cS gewagt wäre, fte
wirklich im buchstäiblichen Sinne als Pause auszuhalten. —.

Diese Generalpause tverden den gänzlich unvorbereitetcn
Hörer wohl nicht bcfremden; dem jedoch, der auf diese ihre Be-
dcutung aufmerksam- gemacht ist, wevd-en sie den Ucberblict
 
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