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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0417

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Eestes. Biatt

.N 49

Smstsg. 2?. Wmr!V4.

>rschei«t täglich. SonntagS auSgenommen. Prei» «U Famtlienblätter» monatlich Sv Pfg. in'» Hau» gebracht, bri der ikxpedttion «nb de« Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Dnrch bi« PH

bq-gen vierteljShrlich 1.85 Mk. au»schli<chl«ch Zuftellgebühr.

tlnsrigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile »der derr« Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Aür hiestge SeschästS- und Privatanzeigen ermähigt. — Wr die Aufnahme »on Anzeigeir
»n bestimmten Tagen wird keine Berantwortlichkeit übernomme». — Bnschlag der Jnserate auf den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und den städttschen Anschlagsteüen. Fernsprecher 8L.


Deutscher Reichstaft.

^ B e r l i n. 26. Februar.

Fortsetzung der Beratung über die Resolution zuin
.^'halt des Staatssekretärs. zunächst über diejenige be-
^^isend A u t o m o 'b i l s ch ä d e n.

Prinz Schönaich - Carolath (natl.) bc-
^ Undet sctne Resolutionen, von denen die eine Len baldigen
einheitlicher landesgesehlicher Bestimmungen zum
s.^utze der Gesundheit. des Eigentums Reichsangesessener und

Ünfälle Emtschadigungen fordert, die durch übermätzig
Fahren von Automobilen auf öfsentlichen Stratzen
Plätzen verursacht werden. Die zweite Refolution fordert

?Nd ^.^. ^ o..

keü ^orlegung «ines Gesetzentwurfes, wodurch die Verbindlich-
^ ZUr Leistung von Schadencrsah durch von Automobilen
^.^ueigeführte SHädigungen, Körperverletzungen ufw. geregelt
2 ssu. Redner ist der Ansicht, datz die Antomobile eine grotze
^Eunst vor sich haben, auch sei die deutschc Automobtlindustrie
.bedeutend und beschäftige eine große Anzahl Arbeiter. Es
jü^lche aber im allgemeincn ein großer öffentlicher Unwille
die Rücksichtslosigkeit der Automobilfahrer. Das Publi-
^ u sts Lebens nicht mehr sicher, dcshalb sei ein grötze-

gesetzlicher Schuh nötig; wenigstens müßten einheitliche
h^uesgesetzliche Bestimmungen ergehen; vielleicht sollte man
u^den Fahrern die Ablegung eincs Examens verlangen.
h. .Staatssekretär Dr. Niebcrding: Die Vorarbeiten über
^ ü Materie seicn im Gange. Es fei abcr schwierig, übcr
^ stch erst entwickelnde Sache Vorschriften zu erlassen, ohne
i4 ^udustrie Abbruch zu tun. Die Vorarbeiten Ivürdcn aber
h.,Bcht zu langer Zeit abgeschlossen werden können; er hoffe,
^ zu etner reichsgefetzlichen Negelung zu komnien.
st ^bg. Gröber (Ztr.) begründet seine Resolntion, wonach
Äm ^^usonen- und Sachfchäden dcr Betriebsunternehmer des
fal< ^wbils haftbar sei, wenn er nicht nachlweist, daß der Un-
„Z durch höhere.Gewalt oder eigene Schuld des Geschädigten
. U- verursacht wurde. Trotz aller Anerkennung der Vorteile
P ° des Fortschrttts des Automobilwesens für Jndustrte und
de/dürfe man die grotzen durch die Rücksichtslosigkeit
sali '^^uer entstandenen Nachteile nicht übersehen. Dte Ge-
tz^sten beUu Autoniobil seien noch größer, als bei der Eisen-
^ine reichsgesetzliche Regelung sei einsacher, als eine

^setzliche- '

k>tes , 8rhr. v. Malhan (deutsch-kons.) bcgründet seine
s^ulution, wonach die Automobilfahrer zu einer Genossen-
den ^ ^ch dem Vorbild der Unfallgenossenschast vereinigt wer-
stm die Gcnossenschaften für den den Vcrunglückten ent-
n,„sd^uen Schaden aufzukommen haben. Jn diesem Sinne
d«r m reichsgesetzlich vorzehcn, zur grötzercn Sicherheit
.flmssanten gegenüber den rücksichtslosen Fahrern. Ein
d«r lür die Jndustrie sei durch eine gesehliche Regelung
Angestgenheit nicht zu befürchten.

Ir^ Üdg- Dr. Müller - Meiningen (fr. Bp.) : Seine Partei
die^ür die Resolution Schönaich und Groeber und gegen
-lesolution v. Maltzan stimmen.
divp ^dtssekretär Dr. Nteberding: Borrcdner scheine
ii, " Beschluß des Reichstags von 1903, wonach cine Petition
rii^nchen Automobilwesens dem Reichskanzler zur Be-
^i^'dtigung überwiesen wordcn, vergcssen zu haben. Dieser
habe die Regierung nicht zu vermehrtcr Tätigkeit
^lassen können als sie ohnehin schon entwickelt habe.
die m - Stadthagen (Soz.) will nsit seinen Freunden für
bg^.^ewlutionen stimrnen. Nach weiterer unerheblicher De-
dwrden alle drei Resolutionen angenommen.

Liii ^olgt Beratimg der Resolution Spahn wegen
Gesetzentwurfes betreffeud di? Sicherung der F o r-
vo„s^"9en der Bauhandwerker, hiermit wird
"Unden die Besprechung einer Resolutiou Burlage
betreffend eiuheitliche Bestimmuugen über die
^4?üigkeit von Gefängnisarbeiten in den

Einzelstaaten und Deseitigung ber durch diese Arbeit den
Handwcrkern entstaudeneu unbilligeu Koukurrenz.

Abg. Burlage (Ztr.) besürwortet seine Resvlntion.
Die Gefängnissc sollten nur Arbeitcn für die eigencn Anstalten,
für Kulturzwecke, für andere staatliche Anstalten, wie für ras
Militär liefcrn. Statt dessen bestelle das Militär bei Unter-
nehmern, die ihrerscits in dcn Ciefängnissen arbeiten lasien.
Redner bcgründet dann die Resolution Spähn.

Abg. Burlage Lemerkt: Habe der Handwerker seine
Arbeit für dcn Bau geliefert, sci jede Sicherheit für ihn dahin;
wollte er sie wicder herausnehmen, so küme er noch mit dem
Strafgcsehbuch in Konflikt. Die unsoliden Elementc mützten
immer mehr aus den Kreisen der Unternehmer herausgedeängt
werden.

Staatssekretär Dr. Ntcbcrding: Nach den früheren
Verhandlungcn de§ Rechstags über die Baühandwerker wurde
die Rcgierungskomission eingeseht, die den Entwurf ausarbei-
tete, der dann in der üfsentlichen Kritik sehr schlecht wegkam.
Auch zwei weitere von der Kommission ausgearbeitete Ent-
würfe fandcn kcinen Beifall. Es wurde dann ein neuer Ent-
wnrf ausgearbeitet, der setzt den einzelnen Ressorts vorliegt
und demnüchst dem- prcußiichen Ministerium zugeht. Dic Re-
solutionen dürften nicht nötig sein, da in kurzer Zeit die ver-
bündeten Regierungen zu einem Beschlutz kommen dürften. Die
Tendenz der Nesolution Burlages wird von den Regierungen
dnrchaus geteilt; sie seien unausgesetzt bemüht, m diesem Sinne
zu wirken.

Abz. Wallbrecht (natl.) erinnert daran, datz schon im
Jahre 1890 im preutzischen Abgeordnetenhause die Errichtung
eines Bauschöffenanites von ihm beantragt wurde, das Lie
Bauschwindler abzuweisen hätte.

Abg. Ga m p (Reichsp.): Scine Freunde würden für die
Resolution, betrefsend die Gefangnisarbeit, stimmcn.

Abg. Fröhlich (Refp.): wünscht schnelleres Vorgehen
der Regierung zum Schuh der Handwerker. Als Rcdncr auf
die Warenhäuscr zu sprechen kommt, rust ihn der Präsidem
zur Sache.

Nach Bemerkungen des Abg. Lipinski jSoz.i wcrden
beide Resolutioncn angenommen; die Weiterberatung wird auf
nwrgen 1 Uhr vertazt.

Berlin, 26. Febr. Die Kvmmission zur Berntung
der Vorlage über die Entschädigung nnschuldig verhafte-
ter Personen lehnte die Bestimmung betrefsend den Ver-
stoj; gegen die guten Sitten ab und ersetzte sie aus An-
trag des Abg. Burlage mit 10 gegen 4 Stimmen dnrch
folgende Bestimmung: „Der Anspruch auf Entschädignng
ist ansschließbar, wenn die Dat grobe Unredlichkeit oder
Unsittlichkeit in sich schließt oder in die freie Willensbe-
stimmung ausschließender Trunkenheit begangen ist, oder
wenn der Verhastete die Verübnng eines Verbrechens
oder eines Dergehens ersichtlich vorbereitete." Die Be-
stimmung bezüglich der Vorstrafen usw. wurde nach einem
Antrage Bnrlage mit 11 gegen 3 Stimmen folgender-
maßen abgeändert: „Der Anspruch ist ausschließbar,
wenn der Verhaftete bei der Verhastung nicht die bürger-
lichen Ehrenrechte besaß oder unter Polizeiaufficht stand
oder innerhakb der letzten drei Jahre der Lanidespolizei-
behörde überwiesen wurde; ferner wenn der Verhaftete
mit Zuchthaus bestraft ist nnd seit der Verbüßnng der
Strafe noch nicht drei Jahre verflossen sind."

Deutsches Reich.

Baden.

Karlsruhe, 26. Febr. Der Großherzog hat

sich von seinem leichten Unwohlsein, das sich in einer ge-
wissen Mattigkeit und körperlichen Abgespannthmt nu-
ßerte, völtig er'holt und verbringt mehrere Stnndeir
im Arbeitsziminer, mn Vorträge entgegenzunehmen und
Reg-ierungsgeschäfte zu erledigen. Die Kronprin-
zessin von Schweden, 'die sich seit einigen Wochen hier
aufhält, wird in den nächsten Tagen ihre Reise nach Capri
sortsetzen.

Karlsr n h e, 26. Febr. Die im 70. Lebensjahr
stehenüe Für st i n znr Lipp e, eine Konsine des
G r o ß h e r z o g s, ist nicht nnbedenklich erkrankt.

Vadischev LandLafl.

Karlsruh e, 26. Febr. Die Kommission der
Zweiten Kammer zur Vorberatung der S chulan -
träge hielt heute ihre erste Sitzung ab. Sämtliche 19
Mitglieder waren zugegen. Den Vorsitz führte Abg.
Fehrenbach (Ztr.), Berichterstatter ist Abg. Roh r-
h u r st (ntl.). Man einigte sich dahin, zunächst die auf
die Lehrerbildnngsanstalten bezüglichen Anträge und
Fragen zu behandeln und trat in die Erörterung von
Punkt 1 des na'tionalliberalen Antrages ein, dcr tautet:
Einrichtung eines sechsjährigen Lehrgangs auf
den Lehrerbildungsanstalten. Dieser Antrag will aljo
die bestehenden Präparandenschulen mit dcn Seminarien
verschmelzen, wobei nicht ausgeschlossen ist, datz Einzelne
der Ersteren anch örtlich getrennt von den Seminarien.
bestehen können. Mer jedenfalls sollte der Lehrplan eiir
einheitlicher, für sechs Jahreskurse (nicht mehr fünf) be-
'stinimter, organisch ansgebauter sein. Ausgeschlossen ist
dabei nicht, daß anch Schüler der Mittelschulen mit dem
Zeugnis der absolvierten llntersekunda in den vierten
Jahreskurs eintreten können, was auch jetzt schon vor-
toninit. Tem Antrag der Nationalliberalen stand ein
anderer von der demokratischen Partei gegenüber, der die
Absolvierung der llntersekunda als Regel für den Eintritt
in die Seminarien fordert, 'diese Letzteren dann als drei-
jährige Fachschulen eingerichtet wissen will. Nnr für
eine Uebergangszeit giebt auch der demokratische Antrag
sechsjährige Kurse zu. Nach einem einleitenden Vortrage
des Berichterstatters fand eine nahezn dreistündige De-
batte statt, in der die prinzipiellen u. praktischen Gesichts-
Punkte beider Anträge erörtert wnrden. Darauf nnirde
zunächst über den demokratischen Antrag abgestimmt, der
mit allen gegen drei Stimmen abgelehnt wnrde. Als-
dann wurde der nationalliberale An'trag einstimmig in
folgender Fassung angenommen: „Errichtung eines
fechsjährigen Lehrgangs auf den Lehrerbildnngsanstal-
tsn, in welche überzutreten den Schülern von Mittelschu-
len tunlichst erleichtert werden soll. JnsbesoNdere sollen
solche Schüler in den vierten Jahrgang einer Lehrer-
bildungsanstalt nach Slbsolvierung der tlntersekunda! ohne
Ablegung einer besonderen Aufnahmeprüfnng eintreten
'dürfen.

Aus der Karlsruher Zeituna.

— Seinc Kömgliche Hoheit der Grotzhcrzo g taben
dem Kätserl. Gescmdten zu Tanger Frhrn. v. Menhingen

d.
Z?tt.

Deutscher Abend.

ex E^.^lberg, 27. Febr. Der Deutsche ALend, welchcn gestern
^Udeutsche Verband und seine Brudervcreine veranstclltet

tnar sehr gnt besucht. Den Abend leitcte der zwcite
^ beride des Alldeutschen Verbandcs, Stadtpfarrer Schnc i-
f "ls Stelle des ersten Vorstandes, Fabrikant Daecke, wel-
>!: Eerufsgeschäften abwesend war, Lcc Ill'rsammlnnz aüer

^ Herzltchstem Tone y-.halren<n Aegrüßungstele»
^tte der Fernc gedachte. Stadtpfarrer Schneidcr

^grüßung der Versammlung übernommen und gaü
Betzjjst areude über das zahlreiche Erscheincn der Hcidelberger
sti oj^h"? aus allen Ständen lebhaften Ausdruck. Dies
Zeicheu, datz der dcutsche vaterländische Gedanke im
Bchte c"" Heidclberger Bevölkerung lebendig sei. Er ge-
«lten Fchlers der Deutschen, ihres mangelnden
?«!,„!, -h^tstms, und betonte, datz wir noch langs nicht deutsch
Pfarrer Christlieb von Neusrcistett, früher
Japan, loar für den Hanptvortrag des AbendS
dst worden. Er sprach über „Das modernc Japan und

gisT ^estchr". Zunächst zog er eine Parallele zwischen
dov „ "iporkommen Japans u. Deutschlands. Niemand hat noch
i>er Jahrzehnten an eine Machtstellung beider Länder in
gcdacht, mie sie jctzt ist. Die Japaner haben den
l«ru „4 und danach getrachtet, den abendländischen Völ-
lein H^uoürtig zu werden. Noch vor wenig Jahren konnte
Die bon einem japanischen Gericht verurtetlt werden.

^illenen " hatten sich ausdrücklich vorbedungen, von ihren
>vux . Mulatsgerichten verurteilt zu werden. So tvenig
Gericht mit seinen Folterstrafen anzesehen.
Neu Flclir Gerichte bildeten also etnen Pfahl im eige-

dcu x llapans. Hcute habcn dic Japancr ein auch von
^ürsvFi^^ anerkanntes Gesetzbuch, welches genau unserem
ü>elche ^lesctzduche, mit Ausnahmc etniger Abschnitte,

'Hcute beu' st^'B'lüsischen Recht entliehen sind, nachgeütldet ist.
ugen sich pjc Fremden vor den sapmiischen Richtern,

welche Recht zu sprechen h-aben nach dem deutschen Bürgerlichen
Gesetzbuch, eingcführt am 19. Juli 1899, also ein halbes Jahr
früher, wie das Bürgerliche Gesetzbnch in Deutschland selbst.
Die Japaner trachten danach, datz die Ausländer ihr Land
nicht nur als das der Geishas und Chrysanthemen ansehen, son-
dern als cin Land mit dem ehrlichen Streben, in der Welt einc
niachtgebietendc Stellung einzunehmen. Der Kvmpf mit
China 'hat gezeigt, daß sie ein gutes Volk in Waffeu sind.
Redner bezeichnet sich als eincn Freund dcr Japaner nnd hat !
die Japaner licb gewonnen; auch er kann sich von der Unart
der Deutschen nicht freisprcchen, für Japan im Herzen Partei
zu nehmen, dem Verstande nach weiß er nicht, wohin sich seine
Shnipathie bei dem gezcnlvärtigen Kriege zwischen Japan und
Rutzland wenden soll. Ob Rutzland dcr wahrc Vertrcter
abendländischcr Kultur und Gesittung ist, das scheint ihm
zweifelhast. Japan hat sich jedenfalls Mühe gegeben, so west-
lich wie möglich zu werden. Japan ist jcdenfalls als Kultur-
träger anzusehens wenn es nach Korea gcht und dort Reformen
einführen will, Rutzland ebenso ist ein Kulturträger für die
Mantschurei. Znr Klarlegung der Zustände verliest der Vor-
trageNde einige Abschnitte aus dem bekannten Romane „Briefe,
die ihn nicht crreichten" und bestätigt auch hierdurch, wie im
fernen Osten derjenige das meiste zu sagen hat und das meiste
errcicht, der dic grötzte Macht hat und das meiste Geld zur Be-
stechung. Gerade Bestechung liegt uns Dentschen aber so fern,
datz wir cben kcine jener Mächte als die wahren Kulturträger
ansehen können, sonderu daß wir cben die deutsche Kultur als
die beste bctrachten. Und doch ist für die nicht ziviltsierten
Völkerschaften durchaus ntcht alles als das Beste anzusehen,
was deutsche Kultur brinzt. Redner geht sodann auf die Ge-
schichte Japans ein und weist nach, datz das, was sür nns
das alte römische Reich und Griechenland bedeutet, für Japan
China ist. Er beschreibt die Rasse der Japaner, ihre Stämme
und ihre Kasten. Er erzählt von der Klugheit der Japaner,
die in der neueren Zeit ntcht Ivie andere Völker die Fremden
ausgeschlossen habcn, sondern sie zum Bcsuche Japans cingc- .

ladcn habcn. So haben sie von allen Völkern den Fortschritt
zu lcrnen gewuht. So haben die Japaner zum Fortschritt
vom Mittelalter zur Ncnzeit nur 25 Jahre gebraucht, während
die abendländischen Völker dazu 250^ Jahre gebraucht haben.
Nun dürfen sich die Japaner deswegen nicht einbilden, datz
sie zehnmal klüger wären, wie wir Dcutschen. Wir Tentschen
haben uns unsere Kultur eben erringen müssen, die Japaner
-haben sie von uns entlchnt. Die japanische Verfassung ist der
prentzischen nachgebildet. Die Bestechlichkeit der Verwaltur/zs-
beamtcn ist dort ganz selbstverständlich und wird cben nnr
von uns Deutschen getvdelt. Das Militär ist gur. Es steht der
Regierung etn gutes Material zur Versügung. . Dte J-apaner
sind tapfer und 'haben sich von preuß. Offizieren die preußische
Taktik beibringen lassen. Sie habcn gclcrnt, daß für ihr Tcm-
peramcnt dic offcnsivc Kampfeswcise die beste ist, ivährend
im jetzt tobenden Kampfc thncn die Russcn gegenüberste'hen^
die vermöge ihres zähen Aushaltens die defensive Kampfcsweise
als dic für fie passendste gefunden haben. Die Frau hat in
Iapan bedentend Ivcniger zu sagen wie bci mis in Dcutschland.
Keine Frau wird es wagen, gegen ihren Mann wegen Ehe-
scheidung zu klagen. Die Japaner, wclche von der Regierunz
nach Deutschland gcschickt Iverden, zeichnen sich durch hohe Be-
gnbung und Fleitz ans, sie sind nnr ausgesuchtc Leute. Die
Medizin wird nach deutschen Lehrbüchern gehandhabt. Ein
großer Hinderungsgrund liegt sür die Japaner in dem Ge-
brauch der chincsischen nmständlichen Schrist, die für
icdes Wort ein anderes Schriftzeichen enthält. Die Fa-
milienehrc wird dort höher gepflegt, als bei uns in Dcutsch-
land, obgleich es in Japan durchaus nicht als Schande gilt,
wenn arnie Leute ihre Töchter an öffentliche Häuser verkaufen.
Auf den zweiten Tcil dcs Vortragcs, die sogcnannte gclbe
Clefahr, übergchend, kann Rcdner eine solche überhaupt nur in
dcr Weife als bestehend anerkennen, datz cs dem lebhaften
japanischen Bolke gelingt, die 400 Millioncn Chinescn auS
ihrcm Schl-afe aufzutrecken und so das Abcndland zu nber--
schwemmen. So könnte es als Lehrmeister Chinas die abend-

Die Heutige-Nummer umsaßt vier Blätter, zusammen 18 Seiten.
 
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