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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 (2. April 1904 - 30. April 1904)
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Dollnerstag, 7. April 1V4«

Grstes Blatt. 46. zllhrgasll. — ^l.

Arschei»t täglich, Sonntag» au»genommen. Prri» mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. In's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstattonen abgrholt 40 Pfg. Durch di«

bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag dcr Jnserate aus den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und dm städtischen Anschlagstellen. F^nsprecher 82.


^ie Antwort des Oberkirchenrats anf die
Mannheimer Eingabe.

- Karlsrnhe, 6. April. Dem evangelisch-prote-
!^Utischen K i r ch e n g e m e i n d e r a t in Mann -
^ i ni ist aus seinen durch die Tagesblätter bekannt ge°
°rdenen Antrag von dein evangelischen Oberkir -
^nrat am ö. d. M. nachstehende Antwort zugesandt
^rden:

. Auf Ihre Eingabe vom 16. v. M. haben wir in tleber-
!chtinimnng mit dem Grosthcrzog zu erwidern, daß wir
Max pjx Ruhe und Sachlichkeit Jhrer Auseinandersetzun-
^ mit Befriedigung anerkennen, aber gleichwohl uns
ch t in der Lage befinden, die oorgetragenen
^iiusche der kommenden 'Generalsynode zu iibermitteln
gax zur Billigung zu empfehlen.

. Tchon der Weg, auf welchem dieselüen zu einem Be-
^chiusse des Kirchengemeinderats geworden sind, nämlich
eben ausreichende Mehrheit üerjenigen, welche ihn
Men, sowie die ablehnende Stellungnahme sämtlicher
d iurrer und auch schon länger im Dienste befindlicher
^ichsten, iinb gceignet, bezüglich der Zulässigkeit und
^eckmäßigkeit des eingeschlagenen Verfahrens ernste Be°
^ken zu erregen. Aber selbst wenu wir davon völlig
2 ibhen, und lediglich den Jnhalt der an uns gerichteten
^lchrift ins Auge tassen, können wir nur zu einem ver-
^Nenden Ergebnis gelangen.

^ iks ist unzweifelhaft, daß in der evangelischen Kirche
lange her zwei Strömungen vorhanden sind, die beide
^io nattirlich wie unentbehrlich erscheinen; auf der
.lien Seite diejeuige, welche den von der Reformation
^drkommenden Besitzstand ungeschmälert zu wahren, auf
^ andern eine folche, die ihn stets von neuem zu prüfen
nüt üer modernen Weltanschauung in Einklang zu
j.-.^sten sucht. Gerade in unserm Heimatland war und
c üies in hervorragendem Maße der Fall, und niemand
ij^tet den Vertretern der zwei Richtungen, so lange sie
^ch keine verfassungswidrigen Ausschreitungen zu schulden

,b>Men lassen, ein Hindernis. Die seitherige Entwick-
io ^ der Dinge in Mannheim liefert hierfür einen be-
^rs schlagenden Beweis.

zw Dieser Zustand entspricht dem schon so oft erörterten
^ kemitnjAjwnd unserer 'Kirche. Jhn zu Lndern und zu
b^iten einer der zwei genannten Richtungen oder voll-
^ § einer einzelnen Gemeinde zu ergänzen, liegt kein
^ vor. Wohl aber sind dergleichen Bestrebungen
itz^6net, die übelsten Folgen nach isich zu ziehen. Die
d rhondiungen über die sogenannte lGleichberechtigung
^tichtungen, wie sie auf den Generalsynoden von 1861
^ . namentlich 1867 gepflogen wurden, leben mit der
il». lleknüpften tiefen Erregung der Gemüter und mit
zp Esn.orgebnislosen schließlichen Ausgang vielen in noch
^ i^ischer Erinnerung, als daß sie eine Wiederkehr sol-
^orgänge fiir angezeigt oder ungefährlich zu erachten
m'vöchwi, Wjr jedenfalls sind iiberzeugt, und bedauer-
Wirkungen der durch die Presse geschehenen Ver-
^OPIichung der Mannheimer Eingabe befmrken uns in


ernationaler Kongreß für Schulhygiene.

^ ^ürnberg,

^ t i 0 nale

^ heute Vormittag
^ 1 d'

I.

5. April. Der e r st e inter -
K 0 ngreß für Schulhygiene
durch den Priuzen Ludwig

^ ' v 1 ua n d von Bayeru mit einer Ansprache eröffnet.

. ^'rselben wird auf die große Aufgabe der Schul-
hingewiesen, vom zarteu kiudlicheu Organismus
quj, ^chiidlichkeiteu abzuhalten und ihu zu stärken gegen
^^0 ,,nd innere Einflüsfe. Der Prinz gab der Er-
Ausdrnck, daß der Kongreß den weiteren Kon-
'Io>i vorarbeiten werde.

^'r Vorsitzende, Profesfor Griesbach aus Straß-
' ^Ee dem Prinzen, sowie den Ehrenpräsidenten,
Rch.-'^Eusminister Dr. v. Wehner und dem Staats-
^.^Itex Junern Dr. Freiherrn v. Feilitzsch; er schloß
Hoch auf den Prinz-Regenten, den Kaiser nnd
^rinzen Ludwig Ferdinand.

Ni^^'llienlngspräsident 'Frhr. v. Welser sprach na-
^ri? bayerischen Staatsregierung, der zweite Bür-
der Stadt Nürnberg, Dr. v. Iäge r, sür die
iitiirnberg, Regiernngsrat Wntzdorf als Dele-
kaiserlichm Gesund'heitsamts, Geheimec Ober-
tyA ^vslgsrat Dr. Mathia s sür das preußische Kul-
sch^"P'ierium, ferner der Delegierte der württembergi-
-'iegieruug, Regierungsrat Jehle.

Obermedizinalrat Dr. Merkel sprach sür die

der Gewißheit, daß ein Trängen nach diesem Ziele zumal
in der Gegenwart leicht zu einer sörmlichen Spal-
tung nnserer Landest'irche führen könnte. Hierzu die
Hand irgendwie zu bieten, würde Uurecht uud Verkennuug
unserer Aufgabe seiu.

Ob die Urheber und Freunde des uns vorgelegten
Antrages, deren Berechtigung innerhalb der 5lirche und
ihrer unentbehrlichen Ordnmigen ja uiemand angetastet
hat, trotzdem an die Generalsynode geheu und üie schwere
Verantwortnng einer verhängnisvollen Krisis überneh-
men wollen, müssen wir ihrem Ermessen anheimgeben.

Aüer im Hinblick aus die eineii festen Zusammenschluß
so driugend erheischeude Gesamtlage der evaugelischeu
K'irche in der Gegenwart fühleu wir uns einmütig ver-
pflichtet, ihnen die Tragweite eines derartigen Tchrittes
zu eriistester Erwägung aufs Gewissen zu legeu.

Vou solcher Auffassimg geleitet, dürfen wir selbstver-
stündüch davon Umgang nehmen, die aufgezählten ein-
zelnen füns Anüegen hier genauer zu erörtern. Ueber
die in Ziffer 3 und teilweise in Ziffer 4 erwähnten Fra-
gen ivird ohiiehin die Generalsynode in anderem Zusam-
menhang iyre Eiitscheidiing treffen, nnd gegenüber einer
mehrfach künstüch verursachten und noch gänzüch unabge-
klärten Bewegung wie der in Ziffer 5 beruhrten, diirfte
besounenes Zuwarten uuter alleu Umständeu aiu Platze
sein.

Wie es indes damit stehen und gehen mag, so werdeu
wir nnserseits nie dazu mitwirken, daß das bewährte
Fundameut unserer Landeskirche durch unsichere Versuche
erschüüert uud so ihre Zugehörigkeit zu der ganzen evan-
geüschen Kirche im Deutschen Reiche wankend gemacht
werde. Wir geben uns iudessen zugleich der Hoffuuug
hin, daß es mcht minder dem Mannheimer Kirchen-Ge-
nieinderat nnd seinen dermaügen Wortführern gefallen
möge, zum Segen der Allgemeinheit auf die angeregten
Neuerungen Verzicht zn leisten.

Deutschcs RerH.

Bade«.

— Staatsminister v. Bra u e r, dessen Genesung die
erfreuüchsten Fortschritte gemacht hat, wird, wie ver-
lautet, Mitte Mäi aus dem Südeu zurückkehreu. Die
Bemühungen einzelner Blätter eiueu Nachfolger sür
Herru v. Brauer ausfindig zu machen, smd hiernach voll-
stündig überflüssig.

F reib u r g, 6. April. Hier findet am 10. d. M.
im großen Harmoniesaale die diesjährige Tagung der
s ü d w e st d e u t> s ch e n H a n d l u n g s g e h i I f e n
statt. Zur Beratung stehen: die Peiksionsdersicherung
der Privatangestellten, Kaufmannsgerichte nnd Waren-
hanssteuer in Baden.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Hof-Ansage. Wegen des hcute erfolgten 'IlkleLens Jhrer
Grotzherzogüchen Hoheit der verwitweten Fürstin S 0 phie
zur Lippe, Prinzessin nnd Markgräsin von Badcn, legt
der Grotzherzogüche Hof von heute an dic Trauer auf sechs
Wochen Lis zum l7. Mai einschlietzlich an, und zwar vom 6.

drei ärztüchen Vereine Nürnbergs, Stadtschutreferent
Professor Dr. Gtauning als Vertreter der Volks-
schule, Frau Hofrat Dr. v. F 0 rster als Delegierte des
allgemeineu deutscheu Frauenvereins und des Bundes
deutscher Frauenvereine.

Aus dem Kongreß sind sämtliche europäischeu Staa-
ten außer der Türkei vertreten; des weiteren befiudet sich
auf demselbeu auch eine Vertreümg Japans. General-
sekretär Schubert dankte den Regierungen und Be-
hörden und den Orgauisatiouskomitees in den verschie-
denen Staaten.

Bisher ivurden 1130 Besucher angemeldet. An den
Prinzregenten und den deutschen Kaiser wurden Huldi-
gungstelegramme abgesandt.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Nachbem der Tübinger autzeror-
'dentüche Prosessor Dr. Kornemann einen Ruf nach Gietzcn ab-
gelehnt hat, ist der Privatdozent für alte Geschtchte in B 0 n n
Prof. Dr. M. Strack als autzerordentücher Professor sür
alte Geschichte an die Universität Gietzen berufen worden.
— Als Nachfolger des zurückgetretenen a. 0. Proscssors der Mi-
neralogie iri Kiel Dr. Joh. Lehmann. ist Prof. Dr. Reinh.
Brauns in Gietzen berufen worden. Er hat dcn Ruf an-
genomnien und wird im Herbst nach Kiel übersicdeln. — Am
Charsreitag starb in Leipzig sast 90 Jahre alte Otto v 0 n
Böhtlingk, der Scnior der Sanskritisten, von dcn dreien
der letzte, der neben Rudolf Roth und Mbrecht Weber zu den
Begründern der Sanskritphilologie in Dentfchlcmd zu zählen ist

April bis 26. 'April nach der 3., vom 27. April bis 17. Mai
nach der 4. Stuse der Trnuerordnung.

Karlsruhe, den 6. April 1904.

Grohherzogliches Oberstkammerherrn-Amt.

Karlsruh e, 6. April. Der Großherzog nnb
die Gr 0 ßherz 0 gin waren gestern Abend 5 Uhr im
Palais der Fürstin zur Lippe anwesen'd', nm sich nach
deren Befinden zu erknndigen, uüd' die Großherzogin
brachte gestern Abeud zwischen 10 und 11 Uhr nochmals
längere Zeit im Palais der Fürstin zu. Die verewigte
Fürstin war bis zu ihrem Ableben bei vollem Bewußtsein.
Tieselbe wurde in den letzten Tagen von schweren Leiden
heinigesucht und erst ivenige Stunden vor dem Tode trat
mehr Ruhe ein. Gestern Abeitd weiüe Ktrchenrat Fin- "
gado längere Zeit am Sterbelager der Fürsün und spen-
dete derselben geistüchen Trost. Die Großherzogin be-
gab sich heute früh 5 Uhr nach dem Tranerhanse- und ver-
weilte üingere Zeit bei der sterbüchen Hülle der heimge-
gangenen Verwändten. Die Erbprinzessin Renß, ge-
borene Prinzessin Hohenlohe-Langeiiburg, Nichte der ver-
ewigten Fürstin, ist heute Nacht von Pallanza hier ein-
getrofsen, nnd dcr Fürst zu Hohenlohe-Langenbnrg wird
noch heute Bormittag hier erwartet. Die Fürsün zu
Leiningen ist heute früh 9 Uhr von hier abgereist. Der
Großherzog empfing heute Vormittag den Geheimerat
Dr. 'Freiherrn von Babo, den Mnisterialdirektoc Ge-
heimerat Freiherrn von Marschall, den Regierungsrat
Seldner, Direktor der Markgräfüchen Domänenkanzlei
der Wodenseefideikommisse, den Praktischen Arzt Dr. Doll
und den Generaladjutanten von Miller. Danach fuhren
der Großherzog und die Großherzogin in das Palais der
verewigten Fürsün zur LiPPe, nm daselbft den Fürsten zu
Hohenlohe-Langenbnrg un'd' die Erbprinzessin Reuß zu
besuchen. IHre Königüchen Hoheiten verweilten einige
Zeit am Totenbette dec verstorbenen Fürstin. Zur Früh-
stückstafel der höchsten Herrschäften erschien die Prinzessin
Wilhelm. Um 3 Uhr empfingen Jhre Königüchen Ho-
heiten der Großherzog und die Großherzogin den Weih-
bischof Dr. Knecht in Andienz. Jm Laufe des Nachmit-
tags hörte der Großherzog die Vorträge des Geheimerats
Dr. Freiherrn von Babo und des Präsidenten Dr. Nicolai.

Nationalliberale Versammlnng.

Heidelberg, 7. April.

Die gestrige notionalliberale Versammlung in der Har-
monie fand unter dem Vorsitz von Prof. R 0 h r h u r st statt
und war von etwa 200 Personen besucht.

Nach der Begrützung der Versammlung durch den Vor-
sitzendeu ergriff Reichstagsabgeordneter Oberamtmann Beck,
dem es ein Bedürftris war, den Wählern setnen Tank auszu-
sprcchen und mit i'hnen in VerLindung zu treten, das Wort.
Aus seinen besonderen Wunsch 'war diese Versammlung anbe-
raunit worden. Herr Beck wies zunächst «uf die Lehren hin,
die 'wir aus den letzten Wählen zu ztehen haben, vor allem auf
dic, datz nur eine eifrige Tätigkeit und vollständige Organisation
einen so glänzenden Sieg erzielen kann, wie wir ihn hier in
unserem Wahlkreis bei den letzten Wahlen errungen haben.
Dann ging Redner zu den veränderten Verhältnissen, die er
im Reichstag vorgesunden hat, über. Manche bekannte Gestalt,
so führte er aus, ist nicht wieder erschiencn. Jn der eigcnen
Fraktion hat eine gewaltige Personalveränderung stattgcfun-
den; über die Hälfte der Mitglieder ift neu. Leider sehlt

und dessen Name zusammen mit all den Gelehrtcn genannt
zu werden verdient, oie je dazu beigetragen haben, die Achtung
vor dcutschem Flcitz und dcutscher Gelehrsamkeit im AuSland
zu sichern, und damit eine im. hächsten Sinnc nationale Täüg-
keit entsaltet 'haben. Von deutsch-russisck>er Abstammung —
er wurde, wie den „Münch. iNeuest. Nachr." geschrieben wird,
1815 zu Petersburg geboren -— widmetc er einen grotzen Teil
seiner Mannesjahre'zwar der kaiserlichen Akademie von Peters-
burg, deren ordentliches Mitglied er 1856 wurde, kchrte aber
danu im' Fahrc 1868 nach Dcutschland zurück, wo er, zuerst in
Jena, später in Leipzig, nicht als dekoratives, sondern als ein
bis zu seinem Tode cifrig tatiges und produktives Mitglied Ler
sächsischen üiesellschaft der Wissenschaften lcbte, ausgezeichnet
durch die Würde eines Geheimen Rates und den Titel Ex-
zellcnz.

— Ein Richtschwert von Amberg. Jn der hervorra-
genden Waffensarnnilimg des Königs von England in
Windsor Castle, über welche gerade jetzt eine
große Pubükaüon erschienen ist, Lefindet sich
ein Amberger Richtschwert aus der Zeit von
nngefähr 1720. Es ist von einem Baron Liet-
gendorf gestiftet und hat zur Erkläriing solgende
Beischrift: „Dieses Richtschwerk gchörte dem Henker Von
Amberg in Baiern nnd hat wahrscheinlich mehr Blnt ver-
gossen, als irgend ein Schwerl in Enropa. Der Amber-
ger Henker hat 1400 (sage Merzehnhundert) menschüche
Köpfe damit abgeschlagen, nach welchen das Schwert ge-
mäß altem Branch sein Eigentum wurde. Er hielt es in
gcoßen Ehren, weil es geholfen habe, die Menschheü von
so viel Laster zn befreien."
 
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