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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-101 (2. April 1904 - 30. April 1904)
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an bestimmten Tagen wird keine Berantwortlichkeit übernommen. Anschlag der Jmerate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitnug uud d>.!i siädtischen Anscklagstellen. Frrr'prschcr 82.


Kreitiz, A.

Erste« Blatt.

46. zchznz. — ^ 100.

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Entschließen Sie sich zu einem
Lrobe-Bezug

der

Heidelberger

Zeitung

für -en Monat Mai

und Sie werden diese reichhaltige, billige Zeitung
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Das Kaiserpaar in Karlsruhe.

Karlsruhe, 28. Aprsl. Der Kaiser und die
Kaiseriu traseu heute Nachmittag 5 Uhr ,mit Sonderzug
aus Straßbuvg hier ein und wurdeu am Bahnhvf von
'dem Grotzherzog und der Grotzherzogiu, dSm Erbgrotz-
'herzog und der Grbgrohherzogin und der Prinzessin
'Wilhelm ernpsangen. Außer>dem waren am Bahnhof er-
'schienen der Reichskanzler Graf von Bülowt und dvr

Äöniglich Preußische Gesandte von Eisendecher.

Nachdem Jhre Masestäten ihre Verwandten und die
übrigen ANwesenden begrützt hatten, fuhren die Aller-
höchsten Herrschasten, nnd zwar der Kaiser m'it dem Groß-
'herzog, >die Kaiserin mit der Grotzherzogin, sowie die
Erhgrotzherzo'glichen Herrschaften durch die festlich ge-
'schmückten Straßen, in denen die Vexsnne, die Studenten-
schaft und die Schnlen Spalier gobildet. hatten, und ein
zahlreiches PublikuM lebhafte Huldigungen darbrachte,
nach dein Grotzherzoglichen Schlotz.

Am Rathaus hielt der Oberbllrgermeister' an der
Spitze des' Stadtrats imd des Stadtverordnetenkollegiums
eine begrüßende Ansprache, worauf Seine Majestät in
guaöiger Weise mit folgenden Wovten antwortete:

Zunächst fveue ich mich, Jhnen für den herzlichen Emp-
fang zu danken. Jch hätte 'geglaubt, einer Pflicht nicht zn
genügen, wenn ich auf meiner Rückkehr hier bei meinen
teueren Verwandten nicht Einkehr gehalten und zugleich
den Beweis für meine vollständize Gesundung gegeben hätte.
Der sreundlichc Empfang der hiesigen Bevölkerung reiht sich
an die vielen schönen Empfänge, die ich in Jtalien gefunden
hcrde. Jch hake mich gefreut, zu sehen, daß der dentsche
Kaisergedanke, trotzdcm 'J-ahrhunderte . darüber hinweggc-
gangen sind, in Jtalien so hoch gehaltcn und gepflegt wird,
wiesin keinem anderen Lande. Das ist mir, in Erinnerung
an den großen Kaiser Friedrich II., dcn Hohenstaufen, in
Anreden, Kundgebungcn und Aussprachen immer znm Aus-
druck gebracht worden. Sic haben richtig bemerkt, daß die

Charbin.

Unter deni Titel „E i n e -S ch m u tzbeIagerun g"
hcingi bas „Daily Chronicle" eine Schilderung! der
stage in Charbi n, die zum mindesteu sehr anschaulich,
ü>ahrsck)einlich auch sehr zutresfeud ist. „Der Tau ist ge-
' kommcn", 'heißt es darin. „Jür diese Stadt des
I Sunrpfes, ohne Trottoir, ohne Ärinalsystem, ohne alles,
lvas zur Gesundheit der Städtc notwendig ist, bedeutet
chrs Tauwetter den Eintritt eines fürchterlichen Chaos.
Da der Boden noch gefroren ist, kann der Schnee nicht
eindringen und wird in eine 'Art Schlam-ni Verlvandelt,
der im Jnnern der Stadt zn einer Pestilenzialischen Suppe
brird, einer Brutstätte für Cholera und Typhus. Die
Stratzen werden Sammelgruben stinkenden Schmutzes,
in den die Wagen bis an die Achsen einsinken. Glücklich
öer, welcher die hohen Droschkenpreise zahien und sich
in dem alles bedeckenden Schlamme uinherfahren lassen
^ann. Mer seit gestern streikt der Droschkenkutscher, oder,
ivas dasselbe ist, er hat seine Preise zu einer unerschwing-
Üchen Höhe heraufgeschraubt, indem er sür weniger als
^ine Meile sechs oder sieben Schillinge berechnet. Er ist
nber schon dafür gestraft worden, dcnn die schwarze
Suppe in den Stratzen ist so dick und fo stef, daß die
Pferde nicht mehr durchkönnen. Alle Tente, welche in
öndercn Stadteilen oder autzerhakb der Stadt Geschäste
ixrben, müssen zu Hause bleiien. Wenn die Sonne heraus-
^ormnt, ist es möglich, datz der Schmutz ein wenig ge-
irocknet wtrd, nnd die 'schwarze Snppe sich verdampst.
Sollte es aber regnen, so ist schlver abzusehen, wann die

Aufgabe dcs deutschen Volkes eine schwere ist. Jm Hinblick
auf die großc Zeit, die das deutschc Volk zusammengebracht,
auf die Kämpfe van 'Wörth, Weißenburg nnd Sedan, und in
Erinnerung an den Jubelrus, mit dem der Großherzog von
Baden den ersten deutschen Kaiser begrüßte, wird sich die
lleberzeugung festigen, daß der liebe Gott uns helfen wird
ütcr den inneren Parteihader hinweg-zukommen. Die großen
Ereignisse, üie die Welt bewegen, wenn wir nach Osten blicken,
sollten dcn inneren Zwiespalt vergessen lassen. Fch hoffc,
daß unser Friede dadurch niemals gestört werdc, und datz
die großen Ereignisse, die sich dort abspielen, dazu beitragen
werden, die Geister auf eine Linie zu lenken, das Auge klarer
zu machen, den Mut zu stählen uud daß, wenn es notwendig
werden solltc, in die Weltpolitik ernzugreifen, man uns ein-
heitlich findcn wird.

Hievaus hielt vor dem Rathcmse auch der zweite
Wagen mit 'der K aife r i n und der Grotzherzogin, wo-
durch Herr Oberbürgernieister Schnetzler noch Gelegenheit
hatte, der Kaiserin den ehrfnrchtsvollen Grnß der Stadt
zn entbieten, wom-uf Jhre Müjestät aufs l-iebenswürdigste
dnnkte. So'dann setzte der lange Wagenzng die Fahrt
zum Schlosse fort.

Jm Großherzoglichen Schlosse war der gesamte Hos-
stavt zum' Enipfange versammelt. Der Grotzherzog und
dte Großherzogin geleiteten Jhre Majestäten in die sür
dieselben bestimmten 'Geniächer. Kurz -daraüf wurde der
Tee eingenommen. Aben'ds 8 Uhr fand Familientafel
nnd 'Marschalltafel statt. An ersterer nahmen antzer den
Majestäten nnd dem Grohherzogspaar das Eüchgroßher-
zogspaar und dre 'Prinzessin Wilhelin svwie der Reichs-
kanzler teil.

'Der Kaiser -sieht vortrefflich aus. Das' Gesicht ist von
der Sonne des Südens stark gebrännt. Die Stimme
k l ang k r ä f t i g, wenn auch nicht voIlständig
r e i n. Auch dem Großherzog ist augenscheinlich der
Aufenthalt ani Genfer See se!hr gut bekommm. Mst
gespannter Ansmerksamkeit solgten beids Fürsten dec
geistoollen, p'ackenden Rsde des Oberbürgermeisters nnd
drückten ihm warni öie Hand.

Vormittags nm.11 Uhr war der Karser auf der Hoh-
königsberg eingetroffen und haste dort Kvei Stunlden
lang die 'Fortschritte des Burgba-us nnter Führung des
Architesten Ebhardt besichtigt, dann war er nach Sstatz-
burg gefahren, wo er mrt der Kaissri-n znsammen-staf.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 28. April.

Zunächst ersolgt die dritte Beratung des Gesetzent-
Ivurfs betr. idie Kran 'k e ir fürsor g e sür See -
l e rr t e.

Die in zweiter Lesung abgelehnten sozialdenwkratischen
Anträge liegen wiederum vor, auherdem Anträge Savignys
(Zentr.) und Kirsch's (Zentr.) auf redaktionelle Aenderungen.

Staatssekretär Graf Posadowsky sagt, die sozialdemo-
kratischen Anträge seien unannehmbar wegen Ueberlastung der
kleinen Rheder, dic ohnchin schon schtver mit der Großschiff-
fahrt zn kämpfen haben.

Das Haus nimmt schließlich Art. 1 in der Regierungs-
fassung untcr Ablehnung der sozialdemokratischen Abänder-
ungsanträge an.

Die Gesamtabstiimnung über die Vorlage s-oll aus Ge-
schäftsordnungsgründen erst im späteren Verlauf der Sitzung
stattfinden.

Hierauf berät bas Haus die Börsennovelle weiter.
v. Kardoff (Rp.) führt aus: Das Börsengesetz versagte ii»
dcn wichtigsten Punkten. Die Geschäftslcute verweigerten die
Eintragung in das Börsenregister und fanden Mittel, das Ter-
minhandelsverbot zu umgehen. Auch die Erhebung des Difse-
renzeinwandes wurde in einem solchen Umfange nicht voraus-
gesehen. Jch halte im Gegensatz zu den Kouservativen eine
Aenberung für nötig; doch ist es recht zweifelhast, Ivie weit
der Entwurf für die Rcchtsprechung brauchbar ist. Die Fas-
fuug des Entwurfs ist vielsach unklar.

ALg. Kämpf (frs. Bp.) wendet sich gegen die Vorschläge
Kardorffs bezüglich der Aktiengesctzgebuug, die eine Beschrän-
kung der Judustrie bedeuten uud die Älktiengesellschaften zu
Kapitalserhöhungen führen müßten. Die Ausleguug des Bör-
sengesetzcs durch das Reichsgericht sei bezüglich 'der Absicht des
Gesctzgebers unrichtig. Das haüen die Erklärungen des Regie-
rungsvertreters im Börsenaussch-utz und in der Börsenenquöte-
kommission zugegeben.

Es sprechen weiter die Abgg. Lucas (natl.) und Dove
(freis. Ver.).

Es wird dann der Gesetz-cntwurf betreffend Kranken-
fürsor -ze für Seelente angenommen.

Weiterkeratung der Börsennovelle morgen.

DerrLsches Reich.

— Die von der „Nastonalzeitung" verbreitete N'ach-
richt, Legationsrat Dr. Bumiller (der frühere Be-
gleiter -des Majors von Wi'ßmann, der jetzt der Pariser
Botschaft als Sachverstän'diger m Kolonialangelegenhei-
ten zn'geteilt ist) sei als Oberleiltn-ant in die südwest-
afrikanische Schutztcuppe eingetreten, entbehrt jeder Be-
grün'dung.

— Der „Vorivärts" meldet: Bei de-r 3. Lesung des
Etats wird die sozialdemokratische Fraktion Mißstände in
den Gefängnissen zur Sprvche hringen.

Hambnrg, 28. April. Der Schnelldam-
pfer „Columbi-a" der Hamburg-Amerikalinie ist
hierher beordert worden und bleibt anf der Unterelbe lie-
gen. Die ganze Besatzung wstd üm SamLtag abgenrn-
stert, da der Abschlutz der Verkaufsverhandlungen init
rusfischen Käufern bevorsteht.

Preuße».

Berlin, 28. April. A b ge o r d n e t e n h a u s.
Die Beratung der w a sse rwi r tscha s t l i ch e n
Vorlagen, nstt Ausnahme der eigeistlichen Kanalvor-
lage, begann hente unter mätziger Teilnahme des Publi-
kums im Abgeordnetenhause. Minister Budde leitete die
Vorlagen mit einer Rede über Lie Bedentnng dieser Ge-
fetzgebnng ein. Vovausgeschickt hatte der Mnister rm
Aufstag 'des Nstnisterpräsidenten Grafen Milow eine Er-
klärung, wvnach derselb-e zunr Kaiser besohlien uind des--
halb verhindert sei, der henstgen wichstgen Beratung bei-
zuwohneir.

Badischer Landtag.

62. Sitzung der Zweiten Kammer.

Karlsruhe, 28. Upril. Eingegangen: Eine Pe-
tition des südwest'deutschen Hanidtungsgehi'l'sentages in
'Freiburg betr. die Wareich'aus'stensr. Die allgemeine
Beratung über das Budget der Mittel - nnd VolkA-
's ch n l e n witd sortgesetzt.

Schmutzbelagernng nstt all ihrem Elend ein End-e finden
wird. Charbin ist während der verflossenen zwei Jahre
von der C h olera heimgesucht worden, und jetzt ist der
Typhus hier. Jn diesenr T'ahre wird die Stadt viel-
leicht ein Opfer derrPest. Wor den Häusern h'aben die
Besitzer em tiefes Loch gegraben, das mit Brettern bedeckt
wird, um dcn Fnßgängern eine Passage zu bieteir. Unter
diesen Brettern stagniert stinkender Schlamm, der nie-
mals nbläuft. Man kann sich die Zustände in der Som-
merlsitze vorstellen. Erinnert man sich daran, daß im
'Julr un'd August starke Regenfälle eintreten, 'so ist das
Bild vollkommen. Die Verwlindeten der Russen werdcn
nach Charbin gebracht, aber es stellt keinen Vorteil für
sie dar, wenn sie hier an Cholera sterben. Jn Rußland
werden kolossale Summen sür die Verwnndeten gesam-
melt, — es wäre vielleicht ganz gnt, wenn ein kleiner
Teil des Geldes zur Reinigung und Desinfiziernng von
Charbin Verivendet würde. Gegenwärtig ist es ein schreck-
licher Platz fiir Kranke.

Kleine Zeitung.

-- Hochschulnachrichien. Aus Straßburg wird der
„Frankf. Ztg." gcschriebcn: Außer Lem Theologen Holtzmann
Iverden sich auch Prof. Naunyn, der hevvorragende innere
Kliniker, und der Mathematiker Prof. Roth (unseres Wissens
der einzige deutsche Univevsitätsproscffor, der den Doktortttel
nicht hat) im Herbste von der 'Lehrtätigkeit zurückziehen. —
Aus Marburg wird geschriebeu: In der philosophischen Fa-
tultät der hiesigen Univevsität wird sich am Samstag als Pri-
vatdozcnt Dr. Rupp mit einer Antrittsvorlesunz über die
„Chemie der Alkaloide" habilitieren. — Man berichtet aus

Jena: Der PrivatL'ozent au der Uuiversität Berlin Dr.
Bodo Graef wurdc als außerordentlicher Profeffor für Kuust-
geschichte und Archäolötzie an die hiesige Universität berufen
und an Stelle von Prof. Dr. F. Noack, der einem Nuf au die
Universität Kiel Folge geleistet hat. zum Direktor des archä-
ologischen Museums eruauut.

— Berlin, 28. April. Der srühere Heilgchülfe Hugo
W a l t h e r, gebürtigt aus Bischofswerda, Sachsen,
wurde heute uach 'dreitägiger Verhaudlung schuldig
gesprochen, seine Ehcfrau Meta, geb. Mehlhorn auf der
Dallgower Feldmvrk bei Berlm im Septeniber 1903
ermovdet zu haben. 'Er wurde zum Tode verurteilt.

— Eine keckc Antwort. Als der Zimmermann An-
'dreas Holznogel in Nerden eines Tages von der Zstbeit
heimkehrte, hatte chm der b i s s i g e H u n!d eines Müllers
ein grotzes Loch in die Manchesterne (Hose) und einige
'kleinere m die linke Wade gerissen. Einem Angrifs auf
'die rechte jedoch kam Holznagel zuvor, indem er seinem
Angreifer mit der ?lxt 'den Kopf spaltete. Darob ist er
nun vom Miller verklagt wotden usid vor das Antts-
gericksi zu Verden gekommen. .„Wie mir scheint", spricksi
'der Richter, als Holznagel seine Aussage gemacht hast
„sind Sie in Jhrer allerdings berechstgten ^Notwehr doch
zu weit gegaugen; Sie hätten den Hund statt init der
Schnei'de der Axt niit dem Stiel abwehren können." „Ja,
Herr Alntsrsichter", sagt Andreas, „dat harr ick ok dahn,
wenn ntt de lorksche Taw'l (Hun!d) mit'n Swanz, nn nich
mit >de Tähnen bäüm harre." Fiir diese Bemerkung mutz
Holznagel „wegen llngebühr vor Gericksi" 5 Mk. zahlen,
wnrde im übrigen aber freigefprochen.

Die heutige Nummer «msaßt drei BLätter, zusammen 1ü Seiten.
 
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