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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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D- AhMW.

MovtW, 8. Aebrmr W4.

32.

Srscheint täglich, SonntagS auSgenommen. Prei» mit Familienblättern monatlich 5V Pfg, in'S Hau« gebracht, bei der Lxpedition und den Zweigstationen abgcholt 40 Pfg. Durch die P»K

bqogen vierteljährlich 1,3ö Mk. auSfchlietzlich Zustellgebühr.

AnzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile -ber deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiefige SeschästS- und Privatanzeigen ennäßigt. — Mr die Aufnahme von Anzeigen
an befiimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aus den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und dcn städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 8L

Abbruch der russisch-japarrischenBtzlelulnqen.

St. Petersburg. 7. Februar.") Eine im „Re-
gierungsboten" veröffentlichte Zirkulardepesche an die rus-
sischen diplomatischen Vertretungen im Auslande be-
sagt: Der Petersburger japanische Gesandte ü'ber-
gab der russischen Regierung eine N o t e, durch die er
dieselbe von der Entscheidung der japanischen Re-
gierung, die w e i t,e r e n V e r h a n d l u i: g e n ein -
zustellen und von der Abberufung des japa -
nischen Gesandten und des ganzen Gesandtschafts-
Personals aus Petersburg in Kenntnis setzte. Jnfolge-
dessen befahl Kaiser Nikolaus, daß der rus-
sische Gesandte mit dem gesamten Gesandtschaftsper-
sonal T o i' i o unverzügIich zu verlassen habe.
Die russischc Zirt'ulardepesche stellt fest, datz die Hand-
lungsweise des Kabinetts von Tokio Iapan die ganze
V e r a n t w o r t u n g für die aus dem Abbruch der
russisch-japanischen Veziehungen evwachsenden Folgen
zuwälzt.

Wenu man bei den Nachrichten über die fortdauern-
den Rüstungen und Truppenanhäufungen Rußlands und
Iapans im ferncn Osten fich auch sagen mutzte, solche
kostspieligen Aufwendungen mache kein Stsat gerne ver-
geblich; wenn nian sich sagen mutzte, daß mit der Zahl
der ausgewendeten Millionen im gleichen Matze die Kriegs-
gefahr wachse, so konnte man andererseits doch darauf
hinweisen, datz beihss Mächte fich der Schwere ihrer Ver-
antwortung bewutzt sind, datz beide durchaus nicht gerne
in den Kricg ziehen, daß der Gang der Vevhaudlungen
An langsamer war und daß der Zar sich persönlich als
lriedliebend zeigte — kurz, man konnte hoffen, datz die
Sacheidoch ohnc Blutvergießen vorläufig beigclegt werden
würdc. Jetzt, nach der Ab'berufung der japanischen Ge-
sandschaft aus Petersburg, die unmittelbar mit der Ab-
oerusung des russischen Gesandten in Tokio beantwortet
lvurde, ist die Hoffnung auf Erhaltung des Frie-
dens geschwunden. Die Frage, wer Vormacht in
.Hstasien sein soll, ist zur Entscheidung gestellt worden.
^ine solche Entscheidung aber fällt den Säbeln, Flinten
und Kanonen zu, trotz Allem, was man über den fried-
iichen Ausgleich der Streitfragen unter den Völkern auch
schon gcsprochen, geschrieben und gedruckt hat. Es ist
stewiß keine geri'nge Jronie des Schicksals, daß der Ein-
beruser der Haager.Friedeiiskoiifcrenz sich genötigt sieht,
^ einen aller Voraüsficht nach schr heftigcn und blutigen
Kstieg zr, ziehen. Es gibt eben Fragen zwischen den Völ-
fkrn, die nur durch die Waffen, das heitzt nach dem Recht
des Stärkeren entschieden werden könncn. Eine solchc ist
die Frage, ob Rußland, ob Japaii im äutzersten Ostcn
herrschen soll. Man hätte durch Verhandlnngen das

) Wiedcrholt aus cincm von uns gestern angeschlagenen
^Nrablatt.

StaÄttheater.

Heidelberg, 8. Febr.

2- »Die FIedermaus". Komische Operette bon Jolhann
^Gauß.

, Aehnlich wie „Der Freischütz" aus dcm Operngebicte, hat
ein ^ Operettcn „Die Fledermaus" auf unsercr Bühne
äiemlich glcichbleibcnde Physiognomie angenommcn, üie
^uu> durch üie verschiedenen Neubesctzungen jeder Saison nicht
iai .beränderung erleidet. Obwohl nun auch unter der dies-
'^rigen Leitung des Kapellmcflers de Klark wieder eine
tüchtige Aufführung des beliebten Werkes zustande kam.,
aiyeu wir doch wiedcruni aus den schon früher an üieser Stelle
„m'llesprochencn Wunsch zurückkonimen, nian möge der „Fleder-
einmal cine durchgreifendc Ncubeleüung zuteil werden
R ivdem man ihre vollständige Neueinftudierung Direktor
H? ^ überträgt, das Orchcstcr vervollständigt un-d alIe
Ivi ^ipartien darin wirklichen- Sängern üüergi'bt. Der Erfolg
äweifellos alle Erwartungen übcrtreffen.

Herr v. Eisenstein bot gestern Herr Hc y scin Bestes.
sprudelnder Humor, sein gc'w-andtes Spiel unü scine mitsi-
a, Üwb Sicherheit vereinigten sich zu einer höchst anziehenden
^ lanitleistunz. Frl. 5lornar sührte dic Rolle der Rosalinde
Outem Gelingen durch. Diesc junge Sängerin wciß inimer
^ -pathisch wirken und ist gesanglich stets korrekt und sicher.
ffchwgex tabellos ist ihre Prosa, die häufig gänzlich unverständ-
' wn ^ibt. Dic Adele des Frl. Koppenhöfer stebt nach
lrül' der gleichcn HSHc; es erscheurt überflüssig, das

^sesagte zn wiederholcn. Wie sonst, War auch gestern
Deu Arie ini letzten Akt der Höhepunkt ihrer Leistung.

F.Z Gefängnisdirektor spielte Herr S ch n e i d e r wieder mit
S, Komik; Frl. Pilna versuchte sich als Orlossky und Herr
v'l l e r t sang den Alfred sehr hübsch und führte ihn
d^'Z^xiuspielerisch angemesscn durch. Herr PIank spielte
Falke ohne viel Jndividnalität, es wäre hier etlvas
^ w L'etonunz des Sartästischen vonnöten. Ten Frosch hatte

Anfrolleri der Frage verschiebeii tönnen, Rutzland insbe-
sondere wäre dazu gerne bereit gewesen, indessen Fapan
scheint geglaubt zu haöen, daß der gegenwärtigc Augen-
blick für es günsliger sci, als ein späterer und dariim
ruft es die Entscheidung der Waffen schou heute an.

Jm Allgemeiiien uimmt man an, daß R u ß l a n d
der st ärtere Teil ist und sicgen wird. Die rus-
sische Flotte sei stärker, die russische Kavallerie der ziemlich
minderwertigen japanischen stark überlegen; auch die rus-
sische Bnsanterie sei wuchtiger, die japanische dafür be-
weglicher, doch die russische schließlich überlegen. Die ja-
panische Artillerie habe vor der russischen vielleicht ein
wenig voraiis. Dafür habe Rußland unerschöpflichc
Reserveu. Wir sagen mit Absicht und Vorsicht: Man
ii i m mt an , daß Rußland siegen werde. Etwas Be-
stimmtes ProP'hezeien zn wollen, wäre gewagt, denn es
geraten zwei ganz verschiedenartige Gegner aufeinander;
da könnten Erscheiniingen zutage treten, auf die Niemand
gefaßt war, es können Ereignisse und Wendungen ein-
trcten — man denke z. B. an das Verh'alten Chinas —
auf die Niemand vorbcreitet war. Jm Kriege ist alles
imgewiß, nicht zum Acindesten der Ausgang.

Sind direkt nnr Rußland und Japan an dem Krieg be-
teiligt, so ist imierlich u. mit ihrenJnteressen doch die ganze
Wclt darin verwickelt. Die innere Stellungnahme
der meisteii eiiropäischen Mächte ist von vornherein sicher:
Fränkreich wird seinem Verbündetcn, Rußland den Sieg
wünschen, England würde von einer Niederlage seines
Rivalen befriedigt sein. Deutschlands Gefühle siud zwie-
spa'ltig. Einerseits hat man bei nns große Sympathie
für die schneidigen kleincn Japaner, 'die Deutschland ver-
ohren und die von Deiitschland so viel gelernt haben —
nem'it man die Japaner doch die Preiißen Ostasiens. An-
dererseits ist Rußland unser Nachbar, mit dem wir nie
eine wirkliche Kollision gehabt haben. Auch müssen wir
uns sagen, daß Rnßland doch die europäische Art ver-
tritt un'd daß e!n Sieg Japans einen in seinen Folgen
nach gar nicht vorauszilseh'eiiden nnd ani letzten Ende
bedroh'lichen Aufschwung der gelben Rasse bedeuten würde.
So ist uns in Deiitschland die innerliche Parteinahme
für eine der beiden kcimpfenden Parteien besonders schwer
gemacht.

Detttfchev Reichstttg.. *

B e r l i n, 6. Fe'bruar.

Das Haus nimmt in dritter Lesung eilistimmig den
Gesetzeiitwurf betreffend die cinjährigc Verlängernng der
Friedenspräfenzstärke an.

Jn dcr sodann fortgesctzten Etatsberatung des Reichsamts
des Jnnern crörterte

Abg. Ruegcnberg (Ztr.) das Verhältnis der Aerzte
zu den Krankenkassen. Redncr befürwortet die freie Aerzte--
wahl. Die von den Sozialdemokraten hierbei gerügten Män-
tzel ließen sich ja abstellen. Jm KLlner Aerztestreik sei zu be-
achten, daß sich' ünter den 20 Ilerzten, die sich gemeldet hatten,
vielfach schon vorbestr-afte befanden, daS heißt, die Hefe dcs
Qandes. Jm allgcmeincn säßen die Störenfricde in Lcn K a s-
s e n b o r st ä n d e n, tvo die S o z i a l d e m o k r a t e n ihre
politischen Jntcressen durckzusetzen suchen.

Abg. Mugdan (fr. Vp.) hebt gegenüber Fräßdorf her-
vor, daß nachweislich Tausende von Sozialdemokraten, z. B.
die Maurer, sich für die freie Acrzt.cwahl ausgesprochen hät-
tcn, und weist ocn Vorwurf zurück, er hünge nur ein sozialpo-
litisches Deckmäntelchen um.

Abg. Dr. D a v i d (Soz.) bestrcitct, daß die Sozialdemo-
kraten dic Krankenkassen zu Ägitationszwecken mißbrauchten. »

Abg. Heyl (natl.): Die Sozialdemokratie habe überhaupt
noch nichts Positives gelcistet, sondern nur Reden gehalten.
Posadowskys Erklärung über Arbcitskammern sei vicl mchr
wcrt, als solche Reden. Warnm gründe die 'Sozialdemokratie
kcine produktive Gcnossenschaft, warum nicht aus den reichen
Mitteln der Gewerkschaften eine Textilsabrit.

Abg. Korsanty (Pole): Auf seine nculichen Beschlver-
den habc der Staatssckretär mit Phrasen geantwortet.

Vizepräsident Grnf Stolberg crklärt diesen AuSdruck
für unzulässig.

Abg. Korfanty: Die Losreißung der Provinzen mit
polnischcr Bevölkerung von Prcußen sci ein Phantom. Tie
großpolitische Agitatioü wünsche nur Erhaltung der polmschen
Sprache und Nationalität.

StaatSsekretär Dr. Graf v. P o sadu w s k y verwährt
sich gegen den Ausdruck „Phrasen", der Bundesrat werde sich
eine solche Behandlung von keinem Abgeordneten gefallen
lassen. Die Aeutzerung Korfanty'S, die Rcgierung wolle die
polnischc Bevölkerung zum Aufstand reizcn, sei für seden Ken-
ner Schlesiens und des kleinen Kreises der Ilnhängerschaft
Korsanty's lediglich eine komische Behauptung. Preußen Iverde
sich nie und niinmer die Losrcißung jener wichtigen Grenzpro-
vinz 'gefallcn lassen. Dis Besch.werden übcr die Behandlung
dcr vberschlesischen Polen gehörten vor den Landtag.

Präsident Graf B a l l c ft r e m erteilt nacheinander vier
sozialdcmokratischen Rednern das Wort, dic sämtlich nicht an-
wesend sind.

Abg. Stolle (Soz.) stellt einen Vertagungsantrag, der
abgelehnt wird, unü bespricht dann ausführlich den Krivimit-
schauer Ausstand. Wenn die Arbeitcr dort auch maieriell un--
tcrlegen seien, hätten sie doch moralisch gesiegt.

Sächs. Bundesbevollmächtigter Dr. Fischer: Prof. Boeh-
mert habe lediglich als Privatmann einen Einigungsversuch in
Krimmitschau unternommen. Er, Redner, habe nicmals Par-
tei für die Arbeitgeber ergrisfen und auch nicht gesagt, datz
KrimMitschauer AuSständige Fensterscheiben cingcworse«
hätten.

Nach einer Erwiderung des Abz. Stolle (Soz.) Ivird die
Diskussion geschlosscn. Es folgt noch eine Rei'he persönlicher
Bemerkungen. Darauf wird das Gehalt des Staatssekretärs-
bewilligt.

— Der zFrmikf. Ztg." znfolge 'siiid in das neue P e n-
sionsgesetz eingeschlosseii alle Kriegsiiivalideii nnd
K r i e g s t e i l n e h m e r , sowie alle jene, welche am 1.
April im aktiven Dien'st ste'hen oder verwendet sind, bis
znr Oberstleutnantscharge einschtießlich, wenn nicht ein
Oberstleutncmt das Gchalt eines Regimentskommaiideurs
bezieht. Vom Oberftcn an bleiben die Pensionsbezüge die
g'leichen wie bisher; a n s g e s ch I o s s e n von den Wohl-
taten des neuen Gesctzes sind somit jene Offiziere, wel-che
an k e i n e m Feldzug teilgeiioiiimeii haben unü v o r d-em
t. April 1904 aus dem aktiven Dienst geschieden sind.

BttÄischer LttrrLtttsi.

24. S i tz u n g der Zweite n K a m m e r.

K a r l s r n h e, 6. Febr. Eingegangcii ist eine Pe°
tition der K'aminfeger nm Verüesser'nng' ihrer Lage.

Hoxr R. Becker übermmmwn, der diese ihm wöhl eiyenllich
fernlicgende Rolle mit dem ihm eigcnen einfachen Humor
ausstattete und so cine Leistung aufwies, welche schr vortcilhast
von den früher hicr geseheneu abstach. Die kleine Rolle dcs
Dr. Blind war bei Herrn Brenner in guten Händcn. ,
Abgesehcn von einigen störenden rhythmischen Schwankungen )
der Ensem'ble- und Chorszenen im zwciten Akt, ließ dic musi- )
kalische Wiedergabe der Operette Ivenig zu wüusch'en übrig.

Jnszenicrung und Rcgic unterschieden sich kaum von dcn
Aufsührungen des Wetkes in üen letzten Jahrcn. O. S.

Großer städtifcher Maskenbttü.

Heidelberg, 8. Febr.

Der erste, große Mäskenball in dcr neuen Stadkhallc ist
glänzcnd verlnufcn und hat die kühnen Erivartun-gen, die von
tanzluftigen' Hcrrcn und' Damen gehcgt worden, aufs schönste
erfüllt. Schon vor 8 Uhr waren die Plätze des Balkons bcsctzt !
und wagte es im Saalc von Maskierten. Die Bühne war
ver'hängt. Geheimnisvolle Dinge berciteten sich vor. Die
erstcn Begegnungen und Bcgrützungen, die Tanzfreudigkeit,
die Schaulust! Schöne Damen schauen munter vom beteppichten
Balkon, doch dic rechte ist nicht drunter nnt Üer rechten Lorbeer-
kron'. Vermutlich ist sie jener gelbe Domino, oder jcne
Bäucrin oder jene blaugeschmückte jun-ge Schöne. Mitten in
das immer dichter sich drängende Gewüiül traaen »wei Dienst-
männcr ans einer Tragvahre einen Mumiensarg, drin in
stummer Majcstäl König Ramses ruht. Alles drängk herzu,
Pfälzer Laute dringen an das Ohr des stillcn Herrschers.
Der eine neckt ihn mit der Tabakspfeife, der andere rcitzt cinen
Witz. Jn dem majestätischen Antlitz rührt sich nichts, während
rings das bunte Lebcn braust. Vagabundcn ziehen ein. Ein
Bruder Straubinger auf cinem nnmodernen, aber gerade noch
brauchbaren Zweirad. Er sreut stch, daß es Frühling wird
und schaut ungläubigen Lächelns die drei Schneemänner an,
deren Exjstenz so unwahrscheinlich dünkt, La im milden Lichte

der Lenz leuchtet. Ja, dort drüben ist es schon Sommer, zwei
müchtige Blumcnsträuße, ciner in silberner Manschette, ein
nnderer nach neuen Mcthoden automatisch ivandclnd. Hereros
nahen mit ihrcm Jmpresario. 'Eine Negeii-Gauklertruppe
kündigt sich durch schaulusterweckenden Lärm an und zeigt ihce
Tänze und Akrobatenkünste. Jhre Schuhe sind priniitiv. Sie
sollten ihren Bedarf in jener g-cmütlichen Werkstatt decken,
Ivo Meister und Lehrbnü — ein l'ästliches Jdyll in der rau-
schenden großen Wclt — einmütigen Sinnes schnsfen. Es ist
eine gute Zeit für Stiefclmacher, denn dort .nähnt man uns,

^ daß der Schmutz in der Bergheinierstraße groß sci. Ein Amts-
l diener erscheint und vcrkündet, datz jede lcuäc Belustizung ver-

> boten sei. Eine Komödiantcngruppe auf ciuem Eselwagen
! kommt hereingezogcn und erhält die Erlnubnis, ihre Künste zu
j zcigcn. Die prinntive, auf Bierfässern in der Eilc hergerichiete

> Bühne wird der Schauplatz eiyer grählichen Mordsgeschichte
und Staatsaktion aus Spanien: „Don Carlvs" oder der Fluch
der Mutterlicbe. Unbekümmert um das Spiel lärmts in den
Ecken des Saales fort, sodatz die armen Komödianten bei die-
sem Mangel au Jnteresse für die höhere Bühnenwelt ihre un-
sreiwillig komischen Darbietungen um zwei ganze Akte vcr-
kürzten und beschlossen, die noch auf dem Programm vorge-
sehenen Nunimeru, woruntev sich der „Lustige E'hcmann"
vou Bierbaum-Strauß befand, ausfallen zu lasscn. Doch für

^ fehlende lustige Ehemänner war ja hinrcichend Ersatz. Bald
nach dem Endc des TheaterstiickeK berteitte d?r bekannte Auaust
eine Extra-Ausgabe der „Heidelberger Zeitung", .welche einen
Situ-ationsbericht und ein Theaterreferat über dcn gehabten
künstlerischen Genuß enthielt. Die Zwschauer von den Bal-
konen waren zum Teil in die reizenden oberen Sälc geströmt,
wo festlich und dann und wann in innigem Vereine getafelt
wurde. Mancher holte sich unten eine Abkühlung bei Selzer-
brunnen zum Zorn des Kellners: „Kerlc, sauft doch kein
Wasser". Die Nebenräume bis zum Souterrain waren hübsch
gefüllt und gewährten alle Gemütlichkeit, allein im Saale war»
öfters fürchterlich, eingekeilt in drangvoller Enge, kam man
 
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