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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0266

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Minister Frhr. v. Dusch 'legt einen Gesetzentwurf
vor betresfend das Grundbuchwesen und die Zwangsvoll-
streckung der Grundstiicke. Der erste Teil beziehe sich auf
die sogenannten Unschädlichkeitszeugnisse, der zweite Teil
auf eine Reihe von Verbesserungen des Verfahrens, ins°
besondere dem Wunsche entsprechend sei beabsichtigt, die
Rechte des Grundbuchbeamtcn zu erweitern. Ferner
sollen die Einnahmen, die srüher dem Staate aus dem
Grundbuch zuflietzen, demselben wieder zugesührt werden.

Abg. Eichhorn (Soz.) begründet sodann die Inter -
pell a t ion, die Mißhandlung des Schulknaben
inBrötzingcn betr., dcr acht Tage nach der Mißhandlunz
'den Tod des Knaben an der Lungenentzündung folgte. Jn der
Jnterpellation wird auch angesragt, was die Regierung zu tun
yedenke, urn in Zukunft dic Anwendung der körperlichen Züch-
tigung in der Volksschule möglichst zu verhindern. Der Jn-
terpellant erörtert eingehend den Fall und führt qus, daß
der Lehrer Eckert, den das Schlvurgericht freigesprochen, als
Prüzelpädagoge bekannt gewesen fei. Erschwerend sei, das; die-
ser Lehrer den schwächlichen KnaLen in einer Stunde dreimal
geschlagen hab«. Für die Volksvertretung sei der Fall nicht
rrledigt, denn dieselbe habe über die Schule zu wachen, und da
scheine es ihin vor allern geboten, daß der Lehrer Eckcrt seines
Amtes enthoben wcrde, denn er habe nicht das Talent, Kinder
zu erziehen, und ihm fehle auch das Vertrauen der Eltern.
Aus dem ganzen Lande seien ihm Zuschriften zugcgangen, datz
in den Schulen geprügelt werde; auch er sei der Freund einer
ftraffcn Schulzucht, doch dürfe dieselbe nicht in Prügeln beste-
hen. Die bädische Schulordnung, die Dienstbestimmungen
seien gute und nur anzuerkennen, Las Traurige sei nur, datz
dieselben nicht eingehalten würden. Die Sozialdemokratie geh«
freilich noch weiter und verlanze direkte Abschaffung der Prü-
gelstrafe in der Schul«, werde doch auch von Comenius bis
Diesterweg die Prügelstrafe verurteilt. Der Stock erziehe nicht,
fondern mache die Kinder verstockt und heim-tückisch. Auf die-
fer Bahn komme man nicht weiter, fo lange nicht die Einheits-
fchule eingeführt werde. Notlvendig sei also, datz vor allem
die Diensworschriften streny eingehalten und das Nichteinhal-
ten streng geahndet werde. Nicht die Lehrer treffe die Haupt-
schuld, sondern die vic'lfache Ueberlastung der Lehrer, die ge-
ringe Zahl der Lehrer und die Bezahlung derselben. Aber
auch in der Schulaufficht mache sich manche „Flachsmännerei"
geltend, das enff'chuldige vielfach die Lehrer, doch entlaste die-
felben nicht.

Minister Frhr. v. Dus ch will nicht auf die sämtlichen
Fragen des Vorredners näher eingehen, darüber werde sich ja
'beim Volksschulbudget Gelegenheit bicten. Was dcn Fall selbst
anbelange, so fei er im allgemeinen richtig dargestellt worden.
Auf das Schwurgerichtsurteil wolle er nicht eingehen, dvch
uehme er keinen Anstand, zn erklären, daß ihm das Ur -
teil unverständlich sei, denn unzweifelhaft habe eine
gezen die Dienstordnung verstoßende Misthandlung vorgelegcn.
Er halte übrigenS nicht für ausgeschlosscn, daß das Urteil, ge-
gcn das die Revision angemeldet, ausgehoben und
eine mehr dem öfscntlichen Rechtsbewutztsein entsprechende Lö-
fung gefnnden werde. Was die Oberschulverwaltung gegen
den schuldigen Lehrer noch weiter tun werde, entzieht sich ge-
gcnwärtig der Bcurteilung, doch möchte ich darauf hinweisen,
daß der OLerschulrat in seinem Vorgehen durch die Bestim-
mnngen des Beamtcngesetzcs gehemmt sei. Auch er sei der An-
ficht, daß die Bestimmungen der Dienftordnung ausreichen,
uur bedürfe es der fachgcmäßen Einhaltung derselben. Die
Frage der Beseitigung des Prügelns sei noch nicht spruchreif,
doch liege auch die Befürchtung nahe, daß dann erst recht ge-
prügelt werde. Er nrüfse aber doch auch betonen, daß der Jn-
terpellant schwarz in schwarz gemalt habe, denn im allgemei-
uen werde von dem Züchtigungsrecht kein mahloser Gebrauch
gemacht.

Oberschulratsdirektor Arnsperzcr hebt hervor, daß
der beklagenswerte Fall ein Ausnahmefall sci. Eme gewisse
Disziplinargewalt müssc dem Lehrer zugesprochen loerden, daS
werde auch von bedeutenden Pädagogen anerkarmt. Was ge-
gen Eckert zu geschehen habe, könne er heute nicht iagen, da die
Untersuchung noch nicht beendet, doch sei eine Strafe allerdings
qm Platze. Der Oberschulbehörde sei es ernst, die Prügel-
strafe nach Möglichkeit einzuschränken und man werde es zu er-
örtern hochen. ob nicht das „Stöckchen" zu beseitigen und an
dessen Seite die Rute zu setzen sei.

Abg. Dr. Wilckens (natl.) erklärt dic Antwort der Re-
gierung als befriedigend; gewiß sei der Lehrer, der am meisten
prügcle, au<b der sebleckteste. aber äls nltimo ratio müsse auch
das Züchtigungsrecht fortbestehen, aufgehoben aber sollte es bei
Mädchen und den jüngeren Knaben werden.

Abg. Heimburger (Tem.) verurteilt gleichfalls die
Verfehlungen dcs Lehrers auf das schärfste, doch körme er nicht
zugeben, daß es in der Volksschule Uebung sei, zu prügeln;
auch auf die Zuschriften aus dcm Lande gcbe er nicht viel, die-
felben kämen bei solchen Anlässen immer und könnten nur
schavcr nachgeprüst werden. Man dürfe aber auch den El -
tern zurusen, dasür Sorge zn tragen, dah im Elternhans
die Autorität des Lehrers nicht untcrgraben
werde und daß' tm Hause die Prügelstrafe nicht übermäßig an-
gewendet >wcrde, denn wer zn Hause erst nach einer Tracht
Prügel gehorche, der bedürfe derselben zum Gehorchen in Ler
Schüle ost recht mehr.

Abg. Frühauf (freis.), der den Lehrer Eckert seiner
Zeit vor dem Schwurgericht verteidigt hat, trägt nochmals allc
Verteidigungsmomente zu Gunsken Eckerts zusainmen und
inacht das System für die Hanülnngsweisc verantwortlich. Be-
denklich halte er es abcr vor allem, datz der Justizminister
das Urteil bekrittclt, obschon der Jnstanzenweg noch nicht er-
schöpst sei.

Minister Frhr. v. Dusch hebt hervor, daß die Vornnter-
fuchung glatt die schwere Ueberschreitung dcs Züchtigunzsrechts
nachgewiesen habe, so daß seine Kritik wohl berechtigt sci.

Abg. Fehrenbach (Ztr.) bedauert, daß heute eigeut-
lich nicht viel mehr als ein Gerichtsfall berhandelt worden sei
mit Staatsanwalt und Verteidiger, das gehe doch kaum an.

manchmal nicht vom Fleck. Später wurde es besser. Als die
Musik, die nach dem ins Wasser gefallenen Mim-
versuch auf der Bühne Platz zenom.men hatte, bessere
«kustische Bedingungen hatte, hallten die nächften Sälc von dcn
fröhlichen Weisen wieder und überall tanzte man. Besonders
auf dem schönen breitcn Erstenranzbalkon konntc man mit
Hingebung und Eleganz walzen. Die Preisverteilung vollzog
sich unter lebhafter Aufmerksamkeit. Es wurden vier Grup-
penpreise vertcilt, 10 Damen- und 10 Herrenpreise. Reihen-
folge der Prämiierten. Gruppenpreise: 1. Hereros,

2. dic Schneemänner, 3. die Negerturner, 4. die Kaffeeschwe-
stern. Damenpreise: 1. Schusterbube, 2. Spinnerin,

3. Landfrau mit Erdbeeren, 4. das Silberbukett, 5. das Rosen-
bukett, 6. der Christbaum, 7. der Nordpol, 8. die Sandfrau,
9. das Warenhaus, 10. die neue Elektrische uach Handschuhs-
heim. H e r r e n p r e i s e: 1. die Mumic, 2. der Schuster,
3. der Flickschneider, 4. dcr Rattenfallenhäudler, 5. der Dienft-
mann August, 6. der Lockenfranzel, 7. der Schulbub mit
Schlitten und Kreisel, 8. Herr Bilse aus der kleiuen Garnison,
8. Bruder Straubinger mit dem Zweirad, 10. der Schnee-
inann. Der Ball war nach 5 Uhr aus. Aus dem heißen, hellen
Festhaus in deu milden, stillen, dunklen Morgen. Drüben der
Heiligenberg, grotze, rühige Linien und der liebe Fluß rau-
fchend. Stimmung.

Er und seine Partei stehe aus dem Standpunkt der Dienstan-
weisung und erblicke in dem Prügelpädagogen keineswegs das
Jdeal eines Lehrers.

Nach weiteren Bemerkungen der Abgz. Lutz, Hennig
und des Jnterpellanten wird die Sitzung gegen 2 Uhr geschlos.
sen.

Montag 4 Uhr: Budget des Ministeriums des Jnnern.

K arlsruhe , 6. Februar. Die Verfassungs-
kommiision der Aweiten Kammer trat gestern im
Beisein des Ministers Schenke l und des Min.-Rats
Glocknerindie Spezialberatung desLand-
tagswahlgesetzes ein. Die Beftimmungen üder
die Wahl der grundherrlichen Wgeordneten, der Abg. der
Hochschulen und der Berusskörperschasten (Handels-,
Landwirtschafts- und Handwerkskammern) zur Ersten
Kammer fanden fast durchgängig unveränderte Annahme.
Nur hier und da wurden kleine redaktionelle Aende-
rungen angeregt. Bindende Beschlüsse wurden noch nicht
gefatzt. Das bleibt der 2. Lesung vorbehalten. Die Be-
ratung der 88 1 bis 25 ging demnach recht rasch von-
statten. Weniger glatt verlief die Beratung des Wahl °
gesetzes sür die Zweite Kammer. Zü 8 28, der sich
mit der Aufstellung der Wählerlisten befaßt, beantragten
die sozialdernokratischen Vertreter die Aufnahme einer Be-
stimmung, wonach die Wwhler von der geschehenen Auf-
nahme in die Liste zu benachrichtigen stnd. Die beiden
großen Parteien wie auch die Regierung erklärten sich
aber gegen die Aufnahme des Benachrichtigungszwanges
in das Gesetz. Auch der weitere Vorschlag der sozialdemo-
kratischen Vertreter, eine Bestimmung aüsznnehmen, wo-
nach die Gemeindebehörden verpslichtet sind, aus Ver-
langen der Parteien eine Wschrift der Wählerliste zu
verabfolgen, ssteß aus starken Widerspruch. Vermutlich
hästen bei einer Abstimmung die beiden Sozialdemokraten
allein gestanden, deshalb zogen sie vorerst die Anträge zu-
rück. Die 88 29 bis 35 wurden wieder unter nnwesent-
licher Debatte und mit geringen Abänderungen geneh-
migt. Jn 8 31 wnrde aus Anregnng der Nationallibe-
ralen neu hinzugesügt, daß nach Schlutz der Wählerliste
auch niemand mchr gestrichen werden darf und daß die
während der Einspruchsfrist gestrichenen Wähler benach-
richtigt werden müssen. Jn 8 35 wollten die National-
liberalcn aus Zweckmäßtgkeitsgründen den Satz gestrichen
haben, daß Staatsbeamte nicht in die Wahlkommission
berusen werden dürsen. Mit 10 gegen 6 Stimmen be-
schloß die Kommission Aufrechterhalsting dieser Bestim-
mung. Die Mehrheit wurde gchildet aus Zentrnm, So-
zialdemokraten und Demokraten. Die 88 36 und 37
fanden fast unverändert Annahme,- 8 38 setzt die W a h l-
zeit auf die Stunden von 12 Uhr mittags bis 7 Uhr
abends feft. Die Sozialdemokraten beantragten, es bei
der alten, bisher üblichen Zeit von 12 bis 8 llhr zu be-
lassen. Einige Mitglieder des Zentrnms erklärten sich
dagegen, ste wollten licker von 10 bis 7 Uhr. Auch die
Nationalliberalen waren geteilter Meinung. Schließlich
wurde von Zentrumsseite der Vorschlag gemacht, von 11
bis 8 Uhr zu wählen. Zugunsten dieses Norschlags zogen
die Sozialdemokraten ihren Antrag zurück. Zu einer Ab-
stimmnng kam es nicht, da die Nationalliberalen sich über
die Frage vorher in der Fräkston verständigen wollen.
Damit wurde die Sitznng abgebrochen. Nüchsten DUtt-
woch wird der M i n i st e r über die von der Kommission
b e a n st a n d e t e n Verfassungsfragen Ausiknnst gcken.

Aus Stadt und Land.

Heidelbero 8. Februar.

V Amtlickies zur Massenerkrankung. Das Grotzh. Bezirks-
arnt teilt uns mit: Jn hiesiger Stadt find nach den amtlichen
Erhebunzen, insbesondere nach den Mitteilungen der Herren
Aerzte, im Laufe der verslossenen Woche eine größerc Anzahl
Personen — ettva 50 -— unter Erscheinungen erkrantt, die
auf den Genuß schädlichen Fleisches hintveisen. Es handelt
sich meist um leichte Fälle; die meisten Erkrairkten siüd
bercits wieder hergestellt und voraussichtlich wird dies
bei den übrizen auch bald der Fall sein. Die Ursache
der Erkrarckungen ist bis jetzt noch nicht bestimmt f e st-
gestellt, doch find eingehende Erhebungen und llnter-
suchungen darüber im Gange.

/V, Bockbier-Jubelfcst im Hotel Adler. Das von Jahr zu
Jahr sich immer größerer Beliebtheit ersreuende Bockbicr-
Iubelfest im Hotel Adler nahm gestern seinen Aniang. Die
Räume des Hotel Adler sind sestlich geschniückt und wurden
gestern sehr stark besucht von denen, die sich an dem vorzüg-
lichcn Thomasbräu-Bock laben wollten. Der Orchcstcrverein
unter Meiiter Lehmanns Leitimg leistete Vorzügliches und
brachte rechte Feststimmung in die Teilnehmer. Das Bockbier-
fest dauert bis einschließlich Donnerstag.

-p Oelgemälde-Bersteigcrung. Wie uns von dem Direktor
der Gemäldeausstellung in der Hauptstraße mitgeteilt wird
und wie auch aus dem heuttgcn Jnserate ersichtlich ist, wurde
von den Eigentümern die Vesttmmung getroffen, sänitliche
daselbst ausgestellten Kunstioerke (mit Ausnahme von Grützner
und Lenbach) öffcntlich 'vcrsteigern zu lassen. Die Auktion
findet Donnerstag den 11. d. M. statt. Dic Ausstellung bleibt
daher noch bis Mittwoch Abend geöfsnet. Kenner und Kunst-
freunde seien auf die günsttge Gelegenheit ausmerksam ge-
macht. Auf Wunfch einiger auswärtiger Käuser werden die
Bilder von Prof. G. Galeazzi, Achenbach, Rob. Schlcich und
F. Stuck präzise 12 Uhr zum Vcrkaus ausgeboten, Alles
Nähere siehe Jnferat.

X Schwer verbrannt hat sich gestcrn Abend die 14 Jähre
alte Tochter des Schreiners Trautmarm, Kleinschnndtstrahe.
Während sich die Eltern bei einer Abeitdunterhaltünz befan-
den, wollte das Mädchen dcn Petroleumbehälter aus einer
Hängelampe nehmen, derfelbe fiel ihr aber aus den Händen
und aufs Bett, wvbei er explodierte. Das brennende Petro-
leuni ergoß sich aufs Bett und auf die Kleider des Mädchens,
wclchcs an der Brust Brandwunden dabontrug, svdah es ins
akadcmische Krankenhaus verbracht werden mußte. Das Feuer
wurde von den Hauseinwohnern gelöscht.

— Polizeibericht. Verhaftet wuvden eine Dicnstmagd
und ein Fabrikarbeiter wegen Bruchs der Ausweisung, ein
Schreiner und ein Spengler von Handschuhsheini wegen fort-
gcsetzter Ruhestörung und Widerstands, eine Frauensperson
tvegen fortgesetzter Ruhestörung und Beleidigunz und 2 Pcr-
sonen wegen Mttelns. Zur Anzeige kamen 18 Pcrsonen
wcgen Rühestörung bezw. Unfflgs und ein Schuhniacher wegen
Körperverletzuny; derselbe schlug gestern Nacht einem Arbeiter
mit einem Stock derartig auf den Kopf, daß der Getroffene
eme 3 Zenttmeter großc Wunde am Kopf dcrvontrug.

Theater- und Kunstnachrichteu.

-p Heidclberg, 8. Febr. (Stadttheater., Tie aw
halteüd stete Zugkraft, welche die Oper „Hoffmanns Srzähluw
gen" bisher ausübte, veranlaßt die Theaterdireition, daS
nannte musikalische Werk nächsten Donnerstag wiederholt zvr
Aufführung zu bringen. Eine Iveitere Wiederholung kuüü
in der nächsten Zeit Ivogen Vorbercitung anderer NovitäteN
nicht stattfinden.

Drittes (letztes) Symphoniekonzert des städt. Orchesters-

Das am Dienstag, den 9. Februar stattfindende letzte populäre
Symphoniekonzert unseres Orchesters dürfte durch sein Prh'
gramm, sowie durch den Solisten des Abends, Herrn Dr. H'
Copony, welcher dem Heidelberger Publikum als früheres
Mitglied der hiefigen Oper wohl noch recht gut erinnerlich stw
witd, cin reges Jnteresse erwecken. Der lyrische Tenor, Her^
Dr. Copony, seit Jcchren der Liebling der Freiburgcr Theater-°
besucher, singt Walthers Preislied aus den Meistersingern
und einige Lieder am Klävier. Es ist sicher anzunebmen, duv
der Sänger, der als fertiger Künstler an seiner einstigen Wü'
kungsstätte erscheint, dieselbe warme Anerkennung und Wert'"
schätzung sindet, die er in so reichem Mahe hier besessen ba>-
Vom Orchestcr wird zuerst Franz Liszts populärste und docv
hier seit Jahren nicht gehörte symphonische Dichtung:
Preludes" gespielt, ihr folgt Dvoraks Karnevals-Ouvertürc,
ein orchcstrales Stimmungsbild, das uns mit den ersten Akkor-
den in tollwildcs Faschingstreiben versetzt und diescS biö aul
cine kurze Liebesepisod« in fortgesetzter Steigerung scfthülü
Tiese Ouverturc, wie die letzte Piece des Programms, siür
für Heidelberg Novitäten. Bizets, des unvergeßlichen CarnüiZ
komponisten vierfätzige, großzügige Roma-Suite, die der leider
so früh gestorbene Meister der mnfikalischen Deümmalerei u»'
ter dem <Ändruck seines Aufenthalts in Rom geschriebcn hat,
bildet den Schluß des vielversprechenden Konzerts.

Hcidclberger Bireinsanüelegenheiten.

V Harinonie-Gesellschaft. Zum humoristischen FamilieN^
abend hatten sich gestern Abend eine große Anzahl buntbemütz^
ter Mitglicder eingefunden, um auch ihrerseits dem Prinzeü
Karneval den gebührenden Zoll zu entrichten. Ein auher^
ordentlich vielseitiges, abwechslungsvolles Programm, daS slott
durchgeführt ivurde, unterhielt die närrische Schar aufs k«ste-
Auf seine Eiuzelheiten einzugehen, würde zu weit führeü»
die Mitwirkenden wctteiferteu in dem Bestreben, ihr Beste^
zn geben, und so konnte ein durchfchlagen'der Erfolg nicht auö^
bleiben.

Vom Vrandunglück in Aalesund.

Christiania, 6. Febr. Flstgeladjutant, FregaO
tenkapitän Grumme nüt Gemcchlin ist heute Nachnrit"
tag von Drontheim hier angökommen. Aüf dern Bahü'
hof hatte sich eine große Menschenmenge eingesunden, dm
runter der deutsche Generalkonsul und Professor Fritjol
Jansen. Ten Ankommenden wurden Blumen zugSvor'
sen. Kapitän 'Grumme wird heute Nachmittag vow
Kronprinzen empsangen und reist dann nach Deutschland
weiter.

Neukste Nachrichten.

Darmstadt, 6. Fckrnar. Die „Darmst. Ztg." bringk
einen längeren vorläufigen Bericht von Prof. Gafski'
Giehen in der V e r g i f t u n g § f a che in der Alico'
K o ch s ch u l e. 'Darnach erscheint es nach llntersuchuüg
der Büchsen und nach Tiewersuchen hinreichend begrüN'
det, 'daß es sich um ein sogen. Bakterien-ToxiN
handelt und es ist wo-HI zwekfellos, daß ein Anaerobew
Keini als Krankheitserreger in Betracht kommt. Die Ilw
tersuchung wird fortgesetzt. Es ist anzunehmen, daß dst
Keinre, die in Sporen- oder Dauerform dem Boden ange'
haftct, das Kochen der Büchsen überstanden, in deneN
der Jnhalt sich vermehrte und das Gift erzeugt habeN-
Die Reste der an jenem Unglückstage in der Kochschu^
vcrwendeten Bohnen waren in einen Ascheneimer gÄvo'k'
fen worden und wurden von dort znr Ilnteri'uchung wie'
der heraiisgesucht. Außerdein fand stch auch eine
angÄrochene Michfe mit Bohnen vor, die anch untersuchk
wnrde. Dic Büchse war mit Gummiring und Deckel vek'
sehen, der Deckel durch einen federnden Bügel feftgchalten,
Auf dem Transport war ctwas Flüssigkeit aus der
Büchse ausgesickert, nnd trotz des Verschlusses entiviäien
Gasblasen aus dem Jnnern. Die uneröffnete Büchse lieb
also bereits erkennen, daß ihr Jnhält einer mit Gasbil'
dung einhergchenden Zersetzung anheimgefallen war-
Die Büchse verbrcitete einen widrig ranzigen Bilttew
säuregernch, wie ihn auch die aus dem Ascheneimer
sammelten Bohnenreste auswiesen.

Newyork, 7. Febr. Jn Baltimore entstand lt. „Frankl-
Zeitnng" in dem Geschäftshanse von Hnrst u. Co., einew
Ellenwarengeschäft en pros, ein Riesenbrand nnd oer-
nichtete einen großen Teil der Waren. Vier Häustr'
gevierte an der Balümoreftraße zwischen Howard- und
Laightstraße wnrden vollständig zerstört. Feuerwchr stnw
den Flammen Einhalt zu tun, indem sie Häuserrei'hoN
mittels Dynamit niederlegt. Der Verlust wird auf lOtl
.Millionen Dollar geschätzt.

Zum Aufstand in Südweftafrika.

Berlin, 6. Fchruar. Der Kommandant des
bicht" meldet aus Swakopmund zur Besetzung von O w o'
rurn noch: Der Feind hat große Verluste an Toten u>lu
Verwundeten. Häuptling Michael ist ziemlich stcher tot-
Auf unserer Seite sind tot: Feldwebel Müller, llnte>'
offizier Otto Pries, Gefreiter Linke, Scherrer, Neservü
Seelmand, Landwehrmann Perlitz; verwnndet sind: Leut'
nant Driesbach, Nathufins, Wollwerth, Sergeant Tam^
Unteroffizier Hecker, llllrich, Gesreiter Milke, Kaul, tsie'
servist Hofstnann, Lazemann, Wahl; vermißt: eine
trouille, ein llnteroffizier nnd sechs Mann. Verwundet
scheinen außer Gefahr. Der Feind schließt Omarurn eü*'
Jch. habe daZl Korps vom „Habicht" und das Kovp-
Winkler nach Karibib zurückberufen, von wo voransstai'
lich morgen Äer Vormarsch nach Omarnru erfolgt. D'
Bahn ist bis Mndhnk wieder befahrbar und nach Moö'
lickLeit in Sicherheit 'gebracht. .

Berlin, 6. Februar. Die Kompagui
Franke, welche von Okahandja über Karibib zum
satz von Omaruru abmarschiert war, ist, wie die Kolouiu
 
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