46. ZchWH. — U4<
Lienstag, U. Mni 18lt4.
(s pstcs BlÄtt.
G«sch«i»t t»,Nch. Somtta«» auG»««»».
mtt Familienblättern monatlich Sv Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und dm Zweigstationen abgeholt 40 Pfg.
bezogen vierteljährlich 1,SS Mk. ansschließlich Zustellgebühr.
A»tzMM»»prei>: 30 Bfg. fjir die Istzaltige Petttzeile od« deren Raum. Reklamezeile 4V Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme do«
Lagen wtrd keine Beraittwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernipreqer
Deutsches Reich.
— Eine O r g a n i s a t i c> n der tech n i sch en A n-
gesteItten hat sich in Berlin gebildet. Gegen 2000
Jngenieure, Techniker, Chemiker, usw. aller Berussklassen
und Mldungsstusen haben sich znsammengetan, rim sür
sich als Arbeitnehrner in der Jndustrie eine große, um-
sassende Organisation zu schafsen. Won ihnen wurde eine
Berussorganisation mit dem Namen „Bund der industri-
ellen Beamten (Arbeitnehmerbund)" und Äem Sitz in
Berlin gogründet zu dem Zwecke, der technischen Aüb-eit
eine Hnstanz zu schasfen, welche ihrer weiteren Benach-
teilignng im Erwerbsleben entgegentreten soll. Der
Bund soll eirre Organisation ohne politischen Eharakter
sein, jedoch mit einer scharf ausgeprägten wirtschaftlichen
Tendenz. Fn erster llinie soll ein Zentralarbeitsnachweis
und ein klntersrützungssortds sür notleidende, unverschul-
det erwerbslos gewovdene Mitglieder geschaffen werden.
Baden.
— Die Liberalen werden, wenn sich die Einreihung
öer Volksschullehrer in den Gchaltstaris auf diesem Land-
tag nicht erreichen läßt, einen Antrag einbringen, >den
Lehrern eine außerordentliche Gehaltszu-
I a g e zu ^bewilligeu.
Elsaß-Lothringen.
Metz, 16. Mai. Der „Temps" berichtet über den
Eiwpsang des B i s ch o f s B e n z l e r durch den K aiser
W Metz allerhanü K'ombinationen, die sreie Ersin-
öung sind. Tie Tatsache ist die: Der Kaiser hatte dem
Bischof aus dessen Schreibeü von der Rücknahme des
Fntekditts iiber den Friedhos von Fameck ein sehr sreund-
liches Schreibsn zugehcn lassen. Am Samstag Morgen
3ing dem Mschos eine Tepesche des Oberhof- und Haus-
Niarschalls Grasen Eulenburg zu, in welcher dem Mschos
Nritgeteilt wurde, daß 'der Kaiser ihn vor der Abfährt im
Kaisersalon des Bahnhoses zu sehen wünsche. Diese Zu-
lammenkunst hat denn auch statkgesunden,' der Kaiser war
Nach Aussage aller Zeugen sehr sreundlich zu dem
Bischof, als dieser sich dem Kaiser näherte. Die Unter-
tedung sÄbst sanö 'dann, wie berests gemeldet, nur in
'^egenwart des kaiserlichen Statthalters in Elsaß-
Lothringen statt.
Badischer Landtag.
74. Sitzung der Zweiten Kammer.
Karlsruhe, 16. Mai. Spezialberatung des
^ i s e n ba h n bu d g e t s.
Der Antrag der Midgstkommission, die Stelle des
^orstandes der Hauptwerkstätte von I) 1 nach 0 2 des
^eamtentarifs einzureihen, wird mst allen gegen 6 Stim-
tten angepommen. Bei den einzelnen Titeln bringen
^erschiedene Abgeordnete Wünsche lokaler Nakur vor,
^enen gegenüber Generaldirektor Roth eingshende Prü-
kung verspttcht. Mg. Wittum bemerkt, 'daß sich die
^isenbcchnverwaltung in Psorzheim über Roheiten in den-
Ärbeiterzügen beschwere. Mg. Eichhorn weist diese
Behauptung als nnwahr, bezw. ungerechte Verallgeinei-
nernng zurück. Generaldirettor R o t h ettlärt hierzu,
daß längere Zeit die Arbeiterzüge mit Po 1 izei
versehen werden mußten. Abg. Armbruster wünscht
cine Erweiterung des Lokalverkehrs von Frttburg aus.
Wg. Frühauf kündigt ttnen Anttag an aus Strei-
chung des Staatsznschusses von 2s^ Millionen zur Eisen-
bahnschuldentilguugskasfe. Generaldirektor Roth bittet,
von diesem Antrage äbzuseh>en, da das Budget des Eisen-
bahnbetriebes sonst an die Wudgettommission zurückver-
wiesen werden müßte.
Fortsetzung morgen 9 Ilhr.
K arls r nhe, 16. Mäi. Am Donnerstag soll mit
der Beratung der W e r f a s s u n g s v o r l a g e im Ple-
nnm 'der Zweiten Kammer begonnen werden. Nach
Pfingsten würden dann die Volksschulfragen Erledigung
sinden und sodann der Rest des Budgtts ausgearbeitet
werden. Wann die Flut von 'Gesetzenkwürfen un'd An-
trägen zur Beratung kommen soll, ist nicht abzusehen.
Wahrscheinlich sällt sehr viel unker den Tisch; denn über
den Juni hinaus ist der Landtag kaum zusammen zu
hälten.
'Karlsruhe, 16. Mai. Dem Präsidinm der
Zwesten Kammer ist ein Schreiben des M annhei m e r
Oberbürglermeisters zugegangen, in welchem die Freude
der Stadt Mannheim ü'ber den morgigen Besuch der Ab-
geordneten ausgedrückt nnd bemebkt wird, daß sür die
Wgeordneten an- der Landungsstelle Straßenbahnwagen
bereit stchen zur Fahrt durch die Stadt nach dem Rosen-
garten. Es' werden sich voraussichtlich smntliche Ab-
geordnete, serner eine Anzähk Regierungskommissäre mit
dem Geh. Rat Reinhard an der Spitze und Vertreter
der Presse an der Fährt nach Brichk-Mannheim btteiligen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dcm Steuerkommissär für den Bezirk Bruchsal, Bezirksstcuer-
inspcktor Karl Wolf, den Dienst des Steuerkommissärs für
den Bezirk Baden und dem Vermessungsrevisor Johann Maier
bei der Oberdirektion des Wasser- und Strahenbaues unter
Ernennung zum „Obergeometer" die etatmähige Stelle eines
Bureauvorstehers bei der genannten Behörde übcrtragen.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Kanzlelassistenten Smil Friedrich beim Oberhofmar-
schallamt zum Expediturassistcnten ernannt.
Karlsrnhe, 16. Mai. Gestern, Sonrstag, 15.,
besnchten der Großherzog und die Großherzogin, der Erb-
großherzog und die Erbgrvßherzogin den Goüesdienst in
der Schlotzkirche. Nachmittags 4 Uhr 40 Mnuten reisten
'der Großherzog und- die Großherzogin nach Baden-Baden
zum Besuch des Großfürsten Mchatt von Rußland. Tie
Großherzogin reiste, von der Erbgroßherzogin beglestet,
heuke 'Vormitkag halb 10 llhr nach Zell a. H. Während
eines ttirzen Ausentha'lts in OssenburF besuchken Jhre
Königlichen Hohesten eine dort stattsindende Handarbests-
Ausstellnng. Jn Zell a. H. bösichtigten dieselben mehrere
Fabriken, so'wie die Ausstellung der Handarbeitsschuten.
'des Amtsbezirks, wobtt Frauenverttnsangetegenhesten er-
Errglische Komödiarrten in Heidelberg.
.. Die über das Meer herüber gekommencn englischen Komö-
"ranten sind für das dcutsche Theater bor allem dadurch epoche-
^achcnd, daß erst im Zusammenhang mit ihnen ein berufs -
'ääßiger Schauspielerstand sich auch bei uns heraus-
vildet. Gerade ihren schauspielerischeu Qualitätcn hatten sie
Ae glänzeude Aufnahme in deutschen Landen zu berdanken.
^enn der Text ihrer Werke war, da sie anfangs in englischer
^Prache spielten, dem Publikum unverständlich, und um dieses
chenigstens über den Gaug der Handlung im großen zu unter-
^schten, sührten sie hauptsächlich biblische Stücke bekannten
>Mhalts auf. Mit ihrer wachsenden Kenntnis der deutschen
^Vrache dehnt sich nun das Repertoire auf den ganzen
tteichtum und die grohe Mcmnigfaltigkeit der englischen Bühne
'u der Elisabethanischen Epoche aus. Und hierdurch wurde auch
deutsche Eigenproduktion vielfach in ihren Kunstmitteln be-
^wflutzt, ja (Jakob Ayrerl) neu belebt.
. Jm Jahre 1586 werden zuerst englische Komödianten auf
^utschem Boden erwähut. Die literarhistorische Forschung der
^Hten 15 Jahre, welche fleitzig ihre Spuren aufgedeckt hat, er-
jUoglichte uns, ein Charakterbild der einzelnen Trnppen und ihr
ÄUnerar in den Hauptzügen festzuhalten. Es dürfte von
wkalgcschichtlichem Jntcresie sein, einmal die Beziehungen dieser
^uglLnder zu unserem Heidelberg, soweit bisher bekannt,
buiammenzufaffen.
. Gleich die erste und in mancher Hinsicht bedeutendste Truppe
,stchcint in Heidelberg zu cinem Gastspicl. Jm Jahre 1598.
^ ist die Truppe Robert Brow u's, welche seit 1592 auf dem
^ontinent, bisher in den Diensten des Herzogs Heinrich Julius
D>i Braunschweig zu Wolfcnbüttel und dann dcs Landgrafen
^saritz von Hesien zu Kasiel gestanden hatte, zweier mcrk-
uwrdigcr dcutscher Kleinfürsten, welche leidenschaftliche Theakcr-
"lacenc und zugleich selbst fruchtbare Schauspieldichter ge-
Ttten sind. Ein hervorragender KLnstlcr und gcdiegener Cha-
^urter, tritt Brown uns ilbcrall als die sympathischste Erschei-
nung unter den vielcn fragwürdigen Gestalten seiner damaligen
Berufsgenossen entgegen. Als er an den Hof des, dem Land-
grafen befreundeten, Kurfürsten Friedrich IV. nach Heidelberg
zog, erhielt er von Moritz 300 Taler zur „Abfertigung". Von
seineu Bcgleitern werden Robert Kinigsmann und Robert Led-
better namentlich genannt. Kinigsmann wurde später Handels-
mann und Bürger in Stratzburg. Georg Webster, dem man in
Kassel „zur Reise nach Hcidelberg 20 Taler" schenkte, hat wohl
damit die Beziehungen zum Landgrafen nicht gelöst, denn er
erscheint später als Leiter der „fürstlich-hessischen Komödianten".
Wie lange und welche Stücke dic Engländer hier 1698 gespielt
haben, wird uns nicht überliefert. Jm nächsten Jahr bemüht
sich die Gesellschaft vergeblich um Zulassung in Frankftirt; der
Rat antwortet, mit Rücksicht auf die herrschende Pest, abschlägig.
Noch einmal taucht viel später der alte Komödiant im Gefolge
des pfälzischen Herrscherhauses auf, am vcrhängnisvollen Wende-
punkt pfälzischer Geschichtc: im Winter 1619/20 spielt er mit
seiner Truppe in Prag nnd trägt hier am 1. November sein
Teil bei zu den pomphaften Krönungsfeierlichkeiten Fried-
richs V.
Als dcr nächste englische „Bandenführer" in Heidelberg
wird Spenccr genannt. Er gastiert hier am Hofe Fried-
richs IV. im Winter 1613/14, von Anfang Dezember an, bis
ihn dic Ostermcsie nach Frankfurt lockt. Seinc Truppe war
ungcwöhnlich zahlrcich: 19 Schauspieler und 15 Musiker. 1604
zuerst in Deutschland genannt, in Diensten des brandenburgischen
Kurfürsten Johann Sigismund, lcgtc Spcncer cin grotzes Gc-
wicht auf eine prächtige Ausstattung. 1615 trat er in Köln,
aus pureu Geschäftsrücksichteu, mit 8 Personen seiner Gesell-
schaft zum Katholizismus über. Jn den Stürmen des 30jäh-
rigen Krieges cntschwindct er unseren Augen.
llud wie 1598 der c r st e , so berührt nach 60 Jähren auch
der Ictzte der cnglischeu Theaterunternehmer Heidelbcrg auf
seincn Wandcrfahrtcn. 1658 kommt George Jolliphus
hierhcr. An ihm können wir stndicren, wie das lange Wmidcr-
leben diese Äomödiantcn cntsittlicht und ihre „Kunst" hinab-
ledigt wurden. Die Rückkehr Jhrer Königlichen Hohttten
nach Kärlsruhe erfokgt abendS hakb 9 Uhr. Seine Kö-
nigliche Hoheit der Großherzog eMpftng heute Vormittag
10 Uhr 'den Ge'httmerat Dr. Freiherrn von Dnsch zur
Vorkragserstaüung und erteilte von> 11 Uhr an Audienzen^
darunter dem Prorektor der Universität, Hofrat Professor
Dr. Braune in Heidelbevg.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn.
Budapest, 16. Mai. 'Jm Budgelausschuß der
öslerreichischen Delegation gäb der Mnister des Äeußern
Golu -chowski einExpos 6 über die poIitische
La g e. Zu erwähnen ist daraus, daß er die feste Hosf-
nung aussprach, der Kcieg in Ostasien werde nicht auf
an-dere- Mächke übergreifen und d-aß er den- Fortschritt des
Reform'weMes auf 'dem B alkan anerkannte. Fmmerhin
ließ er die 'Warnnng an die Türkei einsließ-en: Kommt
die Türkei unseren Wünschen nicht nach, dann wird sie
sich selbft außer der Fortdauer unserer direkten Jnter--
ventton ernste Gefähren zuMschrei'ben haben, denen si-e sich
nnausweichlich aussetzen dürfke. Bttreffs der Handel s-
v e r t r a g s - D e r h a nd l u n g e n mit Deutsch -
land und Italien sagte Goluchowski: Es sind ni-cht
nnerhebliche Schwiettgkeiken noch zn 'beheben, bevor ttne
sichere Basis g-esnnden wir'd, auf welcher der Ausbau
unferer zukünfttgen kommerziellen Beziehungen zu diesen
Nachbarrttchen -erfol-gen kann. Der 'Minister sieht dem
Ansgang dieser Arbeit vettrauensdoll entgeg-en.
Nationalliberale Versammlung in Rohrbach»
Rohrbach b. H., 16. Mai.
Die auf vergangencn Samstag anberaumte Versannnlung
der Mitglieder dcr n a t i o n a l l i b e r a l e n Partei war
ziemlich gnt besucht, bcsonders war auch eine stattliche Anzahl
von Mitgliedern des nationalliberalen und des jungliberalen
Vcreins Heidelberg der Einladung gefolgt. Die Versammlung
wurde durch den Vorstand des nationalliberalen Vereins Rohr-
bach, Gärtnermeister Sommer, eröffnet nnd geleitet.
Als erster Rcdncr trat Reallehrer Dr. Roser von hier auf
und hielt einen lehrreichcn Vortrag übcr das Deutschtnm im
Auslandc, wobei er insbesondere über das Auftrcten der Deut-
schen im Auslande, unsere Kolonien und dcren Schutz sprach.
Der zwcite Rcdncr, Profesior Metzger aus Heidelberg, re-
ferierte in klarer, sachlicher und verständlicher Weise über die
Verfasiungsreform, namentlich über den von der Regierung
dem Landtagc vorgclcgten Gesetzentwurf betresfend die Einfüh-
rung des direkten Landtagswahlrechts und die verlangte Ver-
stärkung der Beftignisse dcr 1. Kammer. Lehrer Heine-
mann dankte hierauf namens des nationallibcralen Vereins
Rohrbach sür diese belchrenden Vorträgc u. billigte den von den
Jungliberalcn Badcns in Karlsruhe gcfatztcn Beschlutz, wonach-
das Budgetrecht der 2. Kammer nicht durch Konzsiionen an die 1.
Kammer gesckmiälert werdcn soll.
Professor Quenzer aus Hcidelberg sprach dann in mei-
sterhafter Rede übcr das Deutschtum im Jnlandc und schilderte.
wic es zur Zeit im innern Deutschland ausschc und wie Deutsch-
land troh des Dreibundes von allcn Nationcn gehatzt und ge-
fürchtct und auf seine eigenc Macht angewiescn sei.
Bankkassicr Dorn und Finanzassessor H a u s e r sprachen
ebenfalls noch über dic Vorteile und Nachtcile dcr Verfassungs-
rcform, insbcsondere über das direkte Wahlrecht und die künf-
tigen Verhältnisie zwischcn der 1. und 2. Kammcr.
gedrückt hat. Jolliphus wird als ein roher, gcwalttätigcr, nur
auf Gelderwerb bcdachter Patron geschildcrt, seine Zugstücke
als eine maßlose Anhäufung von grätzlichen Blut- und Greuel-
szenen und gemcinster Possenreitzerei. Jn dcr Theatergeschichte
bleibt sein Siame dadurch denkwürdig, datz er zuerst weibliche
Schauspieler nnter scincr Truppc zählte. Mit ihm warcn 1654
auf der Hcrbstineffe zu Frankfurt die erstcn Darstellcrinnen in
die alte Reichs- nnd Krönungsstadt gckommen. Nachdem dis
Jtalicner in der „commedia dell arte" dcr Frau den Weg zur
Bühne gcöffnet hatten, verschaffte ihr erst Jolliphus dauernd
Bürgerrccht auf dcm dcutschen Theater. Zu dcm Gastspiel ur
Heidelberg hatte er sich mit der Truppe zweier, sonst grunmig
befehdeter, deutschen Konkurrenten associiert, mit Peter Schwartz
und Crnst Hosfmann. Am 31. Januar 1660 wird Jolliphus
znm lehtcnmal erwähnt, und mit diescm Totum geht fur nns
eine hochwichtigc, 75 Jahre umfassende, Epyode der deutschen
Theatergeschichte zu Ende.
Leider ist uns, wie gesagt, kcin Bcricht erhalten, welche
Stückc die Engländcr in Hcidclberg aufgeführt haben. Brown
und Spcnccr,'die sick längcr hier qufhicltcn, habcn in dieser
Zeit wohl ihr ganzcs Repcrtoir vorgeführt. Ueber dcn Umfang
des Spielplans dcr Engländer sind wir aus gelegentlich einge-
reichten Verzeickniffen und zwci gedrnckten Samstilnngen („Eng-
liscke Comcdien und Tragcdien", Leipzig 1620 ünd 1624; „Lie-
beskampff", 1630) gut unterrichtet. Von der Bühnenlitcratur
der Elisabethanischcn Zeit traten die historischen Damen natur-
gemäh in dcn Hintergrund, dasür liebte man die phantastisch-
heitercn Stücke Grcens und seincr Genossen, die biblischen
Dramcn, vor allem aücr die bombaftischen Blut- und Mord-
tragödicn nach Art von Kyds „The spanish tragedy". Der
„Faust" Christoph M a r l o w e s, dic grötzte künstlerische Fas-
sung dcs gcwaltigcn Themas vor Goethc, wurde damals den
Dcutschcn vermittelt. Von dcn 36 Dramen Shakespeares
sind sicher 7, wahrsckeinlich noch wciterc 4 in Dentschland auf-
gcführt wordcn. Dic Gattung des S i n g s p i e l^s kam über-
hanpt crst damals dnrch die Engländer zu uns. Freilich haben
Lienstag, U. Mni 18lt4.
(s pstcs BlÄtt.
G«sch«i»t t»,Nch. Somtta«» auG»««»».
mtt Familienblättern monatlich Sv Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und dm Zweigstationen abgeholt 40 Pfg.
bezogen vierteljährlich 1,SS Mk. ansschließlich Zustellgebühr.
A»tzMM»»prei>: 30 Bfg. fjir die Istzaltige Petttzeile od« deren Raum. Reklamezeile 4V Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme do«
Lagen wtrd keine Beraittwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernipreqer
Deutsches Reich.
— Eine O r g a n i s a t i c> n der tech n i sch en A n-
gesteItten hat sich in Berlin gebildet. Gegen 2000
Jngenieure, Techniker, Chemiker, usw. aller Berussklassen
und Mldungsstusen haben sich znsammengetan, rim sür
sich als Arbeitnehrner in der Jndustrie eine große, um-
sassende Organisation zu schafsen. Won ihnen wurde eine
Berussorganisation mit dem Namen „Bund der industri-
ellen Beamten (Arbeitnehmerbund)" und Äem Sitz in
Berlin gogründet zu dem Zwecke, der technischen Aüb-eit
eine Hnstanz zu schasfen, welche ihrer weiteren Benach-
teilignng im Erwerbsleben entgegentreten soll. Der
Bund soll eirre Organisation ohne politischen Eharakter
sein, jedoch mit einer scharf ausgeprägten wirtschaftlichen
Tendenz. Fn erster llinie soll ein Zentralarbeitsnachweis
und ein klntersrützungssortds sür notleidende, unverschul-
det erwerbslos gewovdene Mitglieder geschaffen werden.
Baden.
— Die Liberalen werden, wenn sich die Einreihung
öer Volksschullehrer in den Gchaltstaris auf diesem Land-
tag nicht erreichen läßt, einen Antrag einbringen, >den
Lehrern eine außerordentliche Gehaltszu-
I a g e zu ^bewilligeu.
Elsaß-Lothringen.
Metz, 16. Mai. Der „Temps" berichtet über den
Eiwpsang des B i s ch o f s B e n z l e r durch den K aiser
W Metz allerhanü K'ombinationen, die sreie Ersin-
öung sind. Tie Tatsache ist die: Der Kaiser hatte dem
Bischof aus dessen Schreibeü von der Rücknahme des
Fntekditts iiber den Friedhos von Fameck ein sehr sreund-
liches Schreibsn zugehcn lassen. Am Samstag Morgen
3ing dem Mschos eine Tepesche des Oberhof- und Haus-
Niarschalls Grasen Eulenburg zu, in welcher dem Mschos
Nritgeteilt wurde, daß 'der Kaiser ihn vor der Abfährt im
Kaisersalon des Bahnhoses zu sehen wünsche. Diese Zu-
lammenkunst hat denn auch statkgesunden,' der Kaiser war
Nach Aussage aller Zeugen sehr sreundlich zu dem
Bischof, als dieser sich dem Kaiser näherte. Die Unter-
tedung sÄbst sanö 'dann, wie berests gemeldet, nur in
'^egenwart des kaiserlichen Statthalters in Elsaß-
Lothringen statt.
Badischer Landtag.
74. Sitzung der Zweiten Kammer.
Karlsruhe, 16. Mai. Spezialberatung des
^ i s e n ba h n bu d g e t s.
Der Antrag der Midgstkommission, die Stelle des
^orstandes der Hauptwerkstätte von I) 1 nach 0 2 des
^eamtentarifs einzureihen, wird mst allen gegen 6 Stim-
tten angepommen. Bei den einzelnen Titeln bringen
^erschiedene Abgeordnete Wünsche lokaler Nakur vor,
^enen gegenüber Generaldirektor Roth eingshende Prü-
kung verspttcht. Mg. Wittum bemerkt, 'daß sich die
^isenbcchnverwaltung in Psorzheim über Roheiten in den-
Ärbeiterzügen beschwere. Mg. Eichhorn weist diese
Behauptung als nnwahr, bezw. ungerechte Verallgeinei-
nernng zurück. Generaldirettor R o t h ettlärt hierzu,
daß längere Zeit die Arbeiterzüge mit Po 1 izei
versehen werden mußten. Abg. Armbruster wünscht
cine Erweiterung des Lokalverkehrs von Frttburg aus.
Wg. Frühauf kündigt ttnen Anttag an aus Strei-
chung des Staatsznschusses von 2s^ Millionen zur Eisen-
bahnschuldentilguugskasfe. Generaldirektor Roth bittet,
von diesem Antrage äbzuseh>en, da das Budget des Eisen-
bahnbetriebes sonst an die Wudgettommission zurückver-
wiesen werden müßte.
Fortsetzung morgen 9 Ilhr.
K arls r nhe, 16. Mäi. Am Donnerstag soll mit
der Beratung der W e r f a s s u n g s v o r l a g e im Ple-
nnm 'der Zweiten Kammer begonnen werden. Nach
Pfingsten würden dann die Volksschulfragen Erledigung
sinden und sodann der Rest des Budgtts ausgearbeitet
werden. Wann die Flut von 'Gesetzenkwürfen un'd An-
trägen zur Beratung kommen soll, ist nicht abzusehen.
Wahrscheinlich sällt sehr viel unker den Tisch; denn über
den Juni hinaus ist der Landtag kaum zusammen zu
hälten.
'Karlsruhe, 16. Mai. Dem Präsidinm der
Zwesten Kammer ist ein Schreiben des M annhei m e r
Oberbürglermeisters zugegangen, in welchem die Freude
der Stadt Mannheim ü'ber den morgigen Besuch der Ab-
geordneten ausgedrückt nnd bemebkt wird, daß sür die
Wgeordneten an- der Landungsstelle Straßenbahnwagen
bereit stchen zur Fahrt durch die Stadt nach dem Rosen-
garten. Es' werden sich voraussichtlich smntliche Ab-
geordnete, serner eine Anzähk Regierungskommissäre mit
dem Geh. Rat Reinhard an der Spitze und Vertreter
der Presse an der Fährt nach Brichk-Mannheim btteiligen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dcm Steuerkommissär für den Bezirk Bruchsal, Bezirksstcuer-
inspcktor Karl Wolf, den Dienst des Steuerkommissärs für
den Bezirk Baden und dem Vermessungsrevisor Johann Maier
bei der Oberdirektion des Wasser- und Strahenbaues unter
Ernennung zum „Obergeometer" die etatmähige Stelle eines
Bureauvorstehers bei der genannten Behörde übcrtragen.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Kanzlelassistenten Smil Friedrich beim Oberhofmar-
schallamt zum Expediturassistcnten ernannt.
Karlsrnhe, 16. Mai. Gestern, Sonrstag, 15.,
besnchten der Großherzog und die Großherzogin, der Erb-
großherzog und die Erbgrvßherzogin den Goüesdienst in
der Schlotzkirche. Nachmittags 4 Uhr 40 Mnuten reisten
'der Großherzog und- die Großherzogin nach Baden-Baden
zum Besuch des Großfürsten Mchatt von Rußland. Tie
Großherzogin reiste, von der Erbgroßherzogin beglestet,
heuke 'Vormitkag halb 10 llhr nach Zell a. H. Während
eines ttirzen Ausentha'lts in OssenburF besuchken Jhre
Königlichen Hohesten eine dort stattsindende Handarbests-
Ausstellnng. Jn Zell a. H. bösichtigten dieselben mehrere
Fabriken, so'wie die Ausstellung der Handarbeitsschuten.
'des Amtsbezirks, wobtt Frauenverttnsangetegenhesten er-
Errglische Komödiarrten in Heidelberg.
.. Die über das Meer herüber gekommencn englischen Komö-
"ranten sind für das dcutsche Theater bor allem dadurch epoche-
^achcnd, daß erst im Zusammenhang mit ihnen ein berufs -
'ääßiger Schauspielerstand sich auch bei uns heraus-
vildet. Gerade ihren schauspielerischeu Qualitätcn hatten sie
Ae glänzeude Aufnahme in deutschen Landen zu berdanken.
^enn der Text ihrer Werke war, da sie anfangs in englischer
^Prache spielten, dem Publikum unverständlich, und um dieses
chenigstens über den Gaug der Handlung im großen zu unter-
^schten, sührten sie hauptsächlich biblische Stücke bekannten
>Mhalts auf. Mit ihrer wachsenden Kenntnis der deutschen
^Vrache dehnt sich nun das Repertoire auf den ganzen
tteichtum und die grohe Mcmnigfaltigkeit der englischen Bühne
'u der Elisabethanischen Epoche aus. Und hierdurch wurde auch
deutsche Eigenproduktion vielfach in ihren Kunstmitteln be-
^wflutzt, ja (Jakob Ayrerl) neu belebt.
. Jm Jahre 1586 werden zuerst englische Komödianten auf
^utschem Boden erwähut. Die literarhistorische Forschung der
^Hten 15 Jahre, welche fleitzig ihre Spuren aufgedeckt hat, er-
jUoglichte uns, ein Charakterbild der einzelnen Trnppen und ihr
ÄUnerar in den Hauptzügen festzuhalten. Es dürfte von
wkalgcschichtlichem Jntcresie sein, einmal die Beziehungen dieser
^uglLnder zu unserem Heidelberg, soweit bisher bekannt,
buiammenzufaffen.
. Gleich die erste und in mancher Hinsicht bedeutendste Truppe
,stchcint in Heidelberg zu cinem Gastspicl. Jm Jahre 1598.
^ ist die Truppe Robert Brow u's, welche seit 1592 auf dem
^ontinent, bisher in den Diensten des Herzogs Heinrich Julius
D>i Braunschweig zu Wolfcnbüttel und dann dcs Landgrafen
^saritz von Hesien zu Kasiel gestanden hatte, zweier mcrk-
uwrdigcr dcutscher Kleinfürsten, welche leidenschaftliche Theakcr-
"lacenc und zugleich selbst fruchtbare Schauspieldichter ge-
Ttten sind. Ein hervorragender KLnstlcr und gcdiegener Cha-
^urter, tritt Brown uns ilbcrall als die sympathischste Erschei-
nung unter den vielcn fragwürdigen Gestalten seiner damaligen
Berufsgenossen entgegen. Als er an den Hof des, dem Land-
grafen befreundeten, Kurfürsten Friedrich IV. nach Heidelberg
zog, erhielt er von Moritz 300 Taler zur „Abfertigung". Von
seineu Bcgleitern werden Robert Kinigsmann und Robert Led-
better namentlich genannt. Kinigsmann wurde später Handels-
mann und Bürger in Stratzburg. Georg Webster, dem man in
Kassel „zur Reise nach Hcidelberg 20 Taler" schenkte, hat wohl
damit die Beziehungen zum Landgrafen nicht gelöst, denn er
erscheint später als Leiter der „fürstlich-hessischen Komödianten".
Wie lange und welche Stücke dic Engländer hier 1698 gespielt
haben, wird uns nicht überliefert. Jm nächsten Jahr bemüht
sich die Gesellschaft vergeblich um Zulassung in Frankftirt; der
Rat antwortet, mit Rücksicht auf die herrschende Pest, abschlägig.
Noch einmal taucht viel später der alte Komödiant im Gefolge
des pfälzischen Herrscherhauses auf, am vcrhängnisvollen Wende-
punkt pfälzischer Geschichtc: im Winter 1619/20 spielt er mit
seiner Truppe in Prag nnd trägt hier am 1. November sein
Teil bei zu den pomphaften Krönungsfeierlichkeiten Fried-
richs V.
Als dcr nächste englische „Bandenführer" in Heidelberg
wird Spenccr genannt. Er gastiert hier am Hofe Fried-
richs IV. im Winter 1613/14, von Anfang Dezember an, bis
ihn dic Ostermcsie nach Frankfurt lockt. Seinc Truppe war
ungcwöhnlich zahlrcich: 19 Schauspieler und 15 Musiker. 1604
zuerst in Deutschland genannt, in Diensten des brandenburgischen
Kurfürsten Johann Sigismund, lcgtc Spcncer cin grotzes Gc-
wicht auf eine prächtige Ausstattung. 1615 trat er in Köln,
aus pureu Geschäftsrücksichteu, mit 8 Personen seiner Gesell-
schaft zum Katholizismus über. Jn den Stürmen des 30jäh-
rigen Krieges cntschwindct er unseren Augen.
llud wie 1598 der c r st e , so berührt nach 60 Jähren auch
der Ictzte der cnglischeu Theaterunternehmer Heidelbcrg auf
seincn Wandcrfahrtcn. 1658 kommt George Jolliphus
hierhcr. An ihm können wir stndicren, wie das lange Wmidcr-
leben diese Äomödiantcn cntsittlicht und ihre „Kunst" hinab-
ledigt wurden. Die Rückkehr Jhrer Königlichen Hohttten
nach Kärlsruhe erfokgt abendS hakb 9 Uhr. Seine Kö-
nigliche Hoheit der Großherzog eMpftng heute Vormittag
10 Uhr 'den Ge'httmerat Dr. Freiherrn von Dnsch zur
Vorkragserstaüung und erteilte von> 11 Uhr an Audienzen^
darunter dem Prorektor der Universität, Hofrat Professor
Dr. Braune in Heidelbevg.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn.
Budapest, 16. Mai. 'Jm Budgelausschuß der
öslerreichischen Delegation gäb der Mnister des Äeußern
Golu -chowski einExpos 6 über die poIitische
La g e. Zu erwähnen ist daraus, daß er die feste Hosf-
nung aussprach, der Kcieg in Ostasien werde nicht auf
an-dere- Mächke übergreifen und d-aß er den- Fortschritt des
Reform'weMes auf 'dem B alkan anerkannte. Fmmerhin
ließ er die 'Warnnng an die Türkei einsließ-en: Kommt
die Türkei unseren Wünschen nicht nach, dann wird sie
sich selbft außer der Fortdauer unserer direkten Jnter--
ventton ernste Gefähren zuMschrei'ben haben, denen si-e sich
nnausweichlich aussetzen dürfke. Bttreffs der Handel s-
v e r t r a g s - D e r h a nd l u n g e n mit Deutsch -
land und Italien sagte Goluchowski: Es sind ni-cht
nnerhebliche Schwiettgkeiken noch zn 'beheben, bevor ttne
sichere Basis g-esnnden wir'd, auf welcher der Ausbau
unferer zukünfttgen kommerziellen Beziehungen zu diesen
Nachbarrttchen -erfol-gen kann. Der 'Minister sieht dem
Ansgang dieser Arbeit vettrauensdoll entgeg-en.
Nationalliberale Versammlung in Rohrbach»
Rohrbach b. H., 16. Mai.
Die auf vergangencn Samstag anberaumte Versannnlung
der Mitglieder dcr n a t i o n a l l i b e r a l e n Partei war
ziemlich gnt besucht, bcsonders war auch eine stattliche Anzahl
von Mitgliedern des nationalliberalen und des jungliberalen
Vcreins Heidelberg der Einladung gefolgt. Die Versammlung
wurde durch den Vorstand des nationalliberalen Vereins Rohr-
bach, Gärtnermeister Sommer, eröffnet nnd geleitet.
Als erster Rcdncr trat Reallehrer Dr. Roser von hier auf
und hielt einen lehrreichcn Vortrag übcr das Deutschtnm im
Auslandc, wobei er insbesondere über das Auftrcten der Deut-
schen im Auslande, unsere Kolonien und dcren Schutz sprach.
Der zwcite Rcdncr, Profesior Metzger aus Heidelberg, re-
ferierte in klarer, sachlicher und verständlicher Weise über die
Verfasiungsreform, namentlich über den von der Regierung
dem Landtagc vorgclcgten Gesetzentwurf betresfend die Einfüh-
rung des direkten Landtagswahlrechts und die verlangte Ver-
stärkung der Beftignisse dcr 1. Kammer. Lehrer Heine-
mann dankte hierauf namens des nationallibcralen Vereins
Rohrbach sür diese belchrenden Vorträgc u. billigte den von den
Jungliberalcn Badcns in Karlsruhe gcfatztcn Beschlutz, wonach-
das Budgetrecht der 2. Kammer nicht durch Konzsiionen an die 1.
Kammer gesckmiälert werdcn soll.
Professor Quenzer aus Hcidelberg sprach dann in mei-
sterhafter Rede übcr das Deutschtum im Jnlandc und schilderte.
wic es zur Zeit im innern Deutschland ausschc und wie Deutsch-
land troh des Dreibundes von allcn Nationcn gehatzt und ge-
fürchtct und auf seine eigenc Macht angewiescn sei.
Bankkassicr Dorn und Finanzassessor H a u s e r sprachen
ebenfalls noch über dic Vorteile und Nachtcile dcr Verfassungs-
rcform, insbcsondere über das direkte Wahlrecht und die künf-
tigen Verhältnisie zwischcn der 1. und 2. Kammcr.
gedrückt hat. Jolliphus wird als ein roher, gcwalttätigcr, nur
auf Gelderwerb bcdachter Patron geschildcrt, seine Zugstücke
als eine maßlose Anhäufung von grätzlichen Blut- und Greuel-
szenen und gemcinster Possenreitzerei. Jn dcr Theatergeschichte
bleibt sein Siame dadurch denkwürdig, datz er zuerst weibliche
Schauspieler nnter scincr Truppc zählte. Mit ihm warcn 1654
auf der Hcrbstineffe zu Frankfurt die erstcn Darstellcrinnen in
die alte Reichs- nnd Krönungsstadt gckommen. Nachdem dis
Jtalicner in der „commedia dell arte" dcr Frau den Weg zur
Bühne gcöffnet hatten, verschaffte ihr erst Jolliphus dauernd
Bürgerrccht auf dcm dcutschen Theater. Zu dcm Gastspiel ur
Heidelberg hatte er sich mit der Truppe zweier, sonst grunmig
befehdeter, deutschen Konkurrenten associiert, mit Peter Schwartz
und Crnst Hosfmann. Am 31. Januar 1660 wird Jolliphus
znm lehtcnmal erwähnt, und mit diescm Totum geht fur nns
eine hochwichtigc, 75 Jahre umfassende, Epyode der deutschen
Theatergeschichte zu Ende.
Leider ist uns, wie gesagt, kcin Bcricht erhalten, welche
Stückc die Engländcr in Hcidclberg aufgeführt haben. Brown
und Spcnccr,'die sick längcr hier qufhicltcn, habcn in dieser
Zeit wohl ihr ganzcs Repcrtoir vorgeführt. Ueber dcn Umfang
des Spielplans dcr Engländer sind wir aus gelegentlich einge-
reichten Verzeickniffen und zwci gedrnckten Samstilnngen („Eng-
liscke Comcdien und Tragcdien", Leipzig 1620 ünd 1624; „Lie-
beskampff", 1630) gut unterrichtet. Von der Bühnenlitcratur
der Elisabethanischcn Zeit traten die historischen Damen natur-
gemäh in dcn Hintergrund, dasür liebte man die phantastisch-
heitercn Stücke Grcens und seincr Genossen, die biblischen
Dramcn, vor allem aücr die bombaftischen Blut- und Mord-
tragödicn nach Art von Kyds „The spanish tragedy". Der
„Faust" Christoph M a r l o w e s, dic grötzte künstlerische Fas-
sung dcs gcwaltigcn Themas vor Goethc, wurde damals den
Dcutschcn vermittelt. Von dcn 36 Dramen Shakespeares
sind sicher 7, wahrsckeinlich noch wciterc 4 in Dentschland auf-
gcführt wordcn. Dic Gattung des S i n g s p i e l^s kam über-
hanpt crst damals dnrch die Engländer zu uns. Freilich haben