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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 (2. Januar 1904 - 30. Januar 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0119

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19.

Erstes Blatt.

15.

Erscheint täglich. Sonntags auSgenommm. Prei» mit Familienblätter« monatlich 50 Pfg. in'S HauS gebracht, bci der Expeditio« und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post

bezogrn vierteljährlich 1,35 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.

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Zum Aufstand der Herero in Deutsch- .
Südwestasrika.

Die li rsache des Aufstandes ist vermutlich darin zu i
suchen, datz üie Herero, die nur widerwillig die deutsche s
Herrschast dulden, von den Vorgängen im Süden gehört
und daraufyin angenommen haben, es sei ein geeigneter
Augenblick gekommen, um die deutsche Herrschaft abzu-
schütteln. Natürlich sind sie sehr im Jrrtum; sie kennen >
eben die Mächt Deutschlands nicht.

Nach einer Tarstellung in der „Frankf. Ztg." wäre
ein Hanptgrund des Aufstandes der Hatz der Herero gegen
die deutscheir Händler, bei denen sie tief in det Schuld
stehen und die ihre Guthaben scharf cintreiben.

Ueber die Iokalen Verhältnisse in der vom !
Aufstand heimgesuchten Gegend ist folgendes zu bemerken: s
Die Eisenbahnstation Karibib lisgt 180 Kilometer nord- ^
östlich von Swakopmund, von wo sie die Züge in vier- ?
zehnstündiger Fcchrt erreichten. Es besindet sich dort die
Hauptwerkstatt -der Eisenbahn. Die weihe Bevölkerung l
wurde auf 164 gezählt, wovon 150 Deutsche waren. s
'Oljimbingwe liegt am Swäkopflutz, also südlich üer '
Cisenbahn, etwa 50 Kilometer s.-s.-östlich von Käribib; !
Uach den jetzigen Feststellungen wohnten in Oljimbingwe >
59 Weiße, davon 58 Deutsche. Okahandja ist Station der s
Cisenbahn Swakopmund-Windhoek und liegt an der ;
Stelle, wo die Linie die östliche Richtung verlätzt und sich s
Nahezu im rechten Winkel nach Süden wendet. Es ist ^
öon Swakopmund 310, von dem Gouvernemenssitz Wind- -
hosk nur 72 Kilomieter eütfenrt. Die Miilitärstation i
Dkahandja ist mit 90 Mann, Windyoek mit 100 Mann s
Tchutztruppe besetzt. Die weiße Bevölkerung ist in den s
Bezirken Windhoek, Swakopmund,' Karibib und Oma- s
ruru, die zunächst in Betracht kommen, zählt nach den :

^etzten Aufnahmen rund 1000 Erwachsene. Von ihnen i

stnd uatürlich eine Reihe auf den Farmen verstreut, deren s
es in den genannten Bezirken etwa 100 gibt. Verschiedene s
Farmeu fielen den Herero zum Opfer, die sich mit den s

geraubten Pserden und Waffen ausgerüstet haben. Jm i

Egemeinen seien die Herero mit Vorderladeru, aber auch '
wit Henry Martinigewehren bewaffnet, und jetzt sind i
ihnen noch moderne Mehrladcr in die Hände gekommen. s
Hesonders beliebt bei den Herero war immer die Wurf- >
keule, der Kiri, in dessen Gebrauch sie eine außerordent- !
Cche Geschicklichkeit besitzen. Autzerdem führen fie den '
Assagai, den Wurfspietz. Jn Karabib hat sich der von der s
^üste dorthin geschickte Leutnant d. R. Lau b schat mit s
hem Stabsarzt Kuhn Versinigt, und ihre Streitkräfte ;
^etragen 100 Mann mit 30 Pferden. Weiter östlich ist
^ie Eisenbahn unbenutzbar gemacht. Jnfolgedessen be- s
iindet sich die Kolonne des Oberleutnants v. Zülow, die
'is auf wenige Kilometer an Okähandja heran war, in
^iner gefährlichen Vereinzelung. Hoffentlich gelingt es -
ihr, nach Okahandja durchzudringen. s

Ohne Uniformen

^cheiut cs im deutschen Vaterlande nicht inehr „gehen"
.Zb wollen. Zur Fllustration dieses, prinia vista etwas

Das Orgelkonzert in der bhristuskirche.

Heidelberg, 19. Jan.

- Es war eine ganz ungetrübte, reine Sonntagsfveüde, die
Bcsuchern des Orgetton-zerts in der Christustirche lehten
s^pnntag zuteil wur-de, cchte Freude, die reicher, inn-crlich-er,
l'Nedvoller macht. So etwas wie eine geheirne Se!hnsucht nach
>flchxx Fr>xude mutz es gewesen setn, was die grotze Zähl der
^orrr hinausgczogen hat in das schöne, neuerbaute Gottes-

e Was stir eine starke Stimm-nng doch gleich dic Kirchc sellbst
^ä-obbringt, beson-ders der Jnnenraum! Als das Konzert
Mann, sant draußen langsam der AbenL auf dte Erde heräb.

Fensterbilder im Chorraum, kurze Zeit noch voll erleuchtet,
^rdiifterten sich mehr und mehr, bis endlich n-ur noch der
/^Uztragende Heiland in der Mitte matt erstrahlend das Aug-e
Dsstlte. Weihevolles Tämmern erfiillte den. Raum und wie
eingezog-enen Rudern lietz sich die S-eele von- dem Stroim
Tön-e, der von der Orgel niäderrauschte, dahintragen.

Die E-mvll-Fuge! Tieses giganstsche Wert! Diese heitz
Zlloransende, lang anhaltende Leidenschaft! — Das Prälu-
t-'stu ist der Ausdruck eines ins Unendliche strebeuden Wol-
iu sich zusammenbrechend in wehmüttzer Sehusucht
^Rzt, um- wieder und wieder desto energischer emporzulodern
^ wilde Flammen. Daun setzt Lie Fuge eiu, der zähe Ka-mpf
prakttscheu, Le-beus. Von unteu herauf rtngt es sich mühsain
sttzt im-mer wieder wie uach bitterer Enttäuschuug frisch
^ und rrcht uicht bis zum Eüde. Eicwaltig dröhnt dcr Schlutz
soollbe er sagen: so ist es — Kam-pf ist alles Dase-in. Die
^Üüuige Registrierung besonders des crsten Tetls verbun-
i» , ^ der volleudetcn Techuit des Spielers lietz das Gau-ze
wuudervoller Plasttt vor die Seele des Hörers treten. Auch
etwas herde Gesamtcharakter der Orgel stimmte gut zur
^ der Fuge.

Choralvorspiele, sowohl die von Bach als die von Wols-
üickö ^rgten Herrn Stein als Musiker im höchsten Sinn, der
r nur das Schwerste mit Verständnis sptelen kann, sondern

kühn erscbeinenden Wortes wird aus DetmoId der
erstaunten Mistnelt folgende Haupt- nnd St-aatsaktion
pemeldet:

Bei dem Hofball, dcr am- letztcn Samstag im Schlosse
zu Detmold stattfand, erschien dcr Gr-afregent, wie die „Lipp.
Tagesztg." zu bcrichten weitz, in der von ihm eingeführten
Hausuniform. Die Mehrzahl der Gäfte waren Offiziere aus
Detmold und- den benachharten Garnisoncn.

Der Graf-Rcaent ist der einztge in keinerlei Militär-
verhältnis stehende deutsche Bundessürst. Auf Mldern
erscheint er hier un-d da in Iohannrter - Unisorm,
Äe aber für sich allein wohl nicht mehr genügk hat. Eine
nähere Beschreibung der neuen „Haustmiform" wäre
uicht ohne Jnteresse — in gewisser Beziehrmg wenigstens.

DeuLscher Reichstag.

Berlin, 18. Iannar.

Präsident Graf BaIleftrem teilt mit, datz Seine
Majestät der Kaiser dem Reichstage eine vergleichende
Schifsstabelle geschenkt habe.

Bor Eintritt in dte Tagcsordnung crtlärt der Retchstanz-
ler Graf Bül o w: Er betrachte es als eine Ehrenpflicht, dem
Reichstage über die Ereignisse in S ü -dw e st a f r i k a
und die unverzügltch zu treffenden Matznäh-men Mitteilung zu
m-achen. Der Herero-Aufstand tst ohne sichtbaren Anlatz ganz
unerwartet ausgebrochcn. Die ersten Nachrichten über dic
Möglichkeit ciner solchen Erhebung erhiclten wir vor 8 Tagen.
Die w-eitercn, sämtlich sofort veröffentlichten Telegrcttnme las-
sen leider kcinen Zwcifel an dem E r n st der Lagc. Die
Frücht-e jahrelanger Arbcit sind im Aufstandgebtet vcrnichtct.
Der Aufstand- brach in einem- Zeitpuntt aus, wo sich der Gou-
verneur mit dem Gros -der Schutztruppe im Süden des Schutz-
gebietes befand u-nd 2V Tagemärsche vom Schauplatze der Ka-
tastrophe entfernt. O t j i m b i n g w e, K a r a b i b , W i n d-
hoek uüd Otahandja sind schwer b e d r o h t. Eine
ansehnliche Verstärkun-g der Schutztruppe ist nöttg. Jnfolg-e-
dessen wird die Entscndung von 5 0 0 Mann mit 6 Ma-
schincngewchren uüd 6 Maschincnkanonen vorbereitet. Die
Zusttmmung des Reichstages wtrd durch eine Vorlage
erbeten, die ich nach der bcrcits erfolgten GenehmiguNz seitens
des Bündesrates hiermit dem Herrn Präsidentcn übergebe.

Die erwähnten Truppen können n-icht vor d-em 3 0. Ia -
nuar und 5. Februar die Ausreise antreten. Die seit
Samstag eingetroffenen Nachrichten machten soforttge weitere
Matznahmen nötig. Dcshal-b sind gestern Vorbeveitnngen ge-
troffen worden, um 5 0 0 M-a n n Marine - Jnfan-
terie nebst -einigen Gcschützcn und einem Detachement
Eisenbahn-Pioniere mit grützter Beschlcunigung nach Swa-
kopmund zu senden. Diese Truppen gehcn Donnerstag Nacht
in See auf cinem Lloyddampfer, welcher am 8. 'Februar in
Swakopnnmd eintrisft. Für die noch nicht übersehibaren
Kosten witd die nachträgliche Genehmigung des Reichsta-ze-s
nachgesuckt Iveöden. Der untevwegs befindliche Ablösungs-
tvansport -von 230 Marm, -der aui 3. Februar in Swatopmund
fällig ist, wird bis zum Eintreffen der Marine-Jnfanterie
cinige Unterstützüng gebracht häben. Autzevdem trifst heute
das Kanonenboot „Habicht" von Kapstadt tommend in Swa-
kopmund ein. Die geplanten Dlaßnah-men sind das Mindest-
maß des Erforderlichen. Dic Vorgänge der letzten Tage, die
Hilfernfe unserer LaNdÄeute wcrden, so hosfen die Verbünde-
ten Regierungen znversichtlich, das deutsche Bolk und seine Ver-
treter, einmütig sinden in sofortigem Handeln zutn
Schutze der Bcdrängten, zur Verteidigung der
Ehre unserer F ah n e n. (Lübhaster Beifall.)

Der Präsident teilt mit, die angekünd-igtc Vorlage
weüde noch hente zur Verteilung gelängcn.

Es folgt die I n t e r p e l l a t i o n betr. Zolltarif.

der die innerste Seele einer Kompo-sitton erfatzt und sie so sich
aussprechen lätzt, datz der Hörer im Ticfsten ergrtffcn alles
um sich her vergißt. O-der wem e-vzings nicht so bei -den lei-
dcn Chorälen: „Her-zlich tut mich verlangen", uüd „Wachet
aus, ruft uns die Sttmane."

Au-sgezeichnet wirkten auch 'das liebliche Rheinbergevsche
Pastorale und die Mcndelssohn'sche Orgelsonate. Besoüders
das Adagio und das Allegro vivace aus der lehteren vissen
die Hörer geradezu mit fort. — Natürlich war auch die Be-
gl-eitung -dcr Solisten unbedingt sicher und entsprechend.

Mit diescm epsten selbstündigen Konzert hier hat Herr
Stein dcn toten Puükt so manches Künstlers in seiner Heimat
eüdgilttg übcrwunden. Dcr Prophet gilt nun ctwas in sei-
nem Vatcrland.

Heidel-berg scheint hi-er übcrhaupt eine Ausnahme zu
macheu. Auch den Prophettnnen wivd es gerecht. Die dcmk-
bare Ausnähmc der zivei hcrrlichen Bach'schen Lielder -war Be-
weis dafür. Frl. Sophie Erdmannsdörffcr sang dieselben mit
einer tlar- und hellklingcnden Stimime, die gut geschrllt, wenn
auch noch nicht sehr start ist. Von ungemein grotzem- Reiz und
hoher Vollkoniwenheit war der u-ngenannte Alt beim Duett.
Die Wiedergabc der Stinuimng und des geisttgen Gehalts
war vorzüglich. Angenehm berührte vor allem -bei -den Dämen
Äas schlichte Fehlenlasscn aller Konzertsängerinnen-Manier in
der Kirche.

Jn 'hohem Gra-de dantenswert war ferner die Darbietung
der beiden Violinnnmmern. J'st Bach überh-aupt noch- viel z-u
wenig unserer Zeit bekannt, seine Violintomposittonen sind es
sast am allerüvcnigsten. Es ist geradezu ein Vevdienst, diese
Seite wieder e-inmal start hervorzuheben. Herr Porges hat
das in-nige, ticfc Andante aus der H-moll-Sonate so pracht-
voll -gczcigt, dah man gern lange, lange weitcrgelauscht hätte.
Seine a-usgezeichnete Technik uüd seiu feiner Vortrag kamen
noch> ausgiebi-ger zur Gelttmg bei der Häüdel'scheu Violinso-
nate, die in ihrer Geschlofsenheit uüd grotz-artigen Rundung
eine starke Wirtung cvzielen niutzte.

ALg. Gras -K a n i tz (Kons.) begrüüdet dieselbc. Seit dem
Zustaüdebringcn des neuen Zolltarifs sei man teinen Sch-ritt
vovwärts getommcii. Man hätte vorhcr die alten Handels-
vcrträge tün-digen sollen. Es sei ein Fehler, datz man Zoller-
mätziguntzen, die nian einzelnen Ländern gegen arigemessene
Honzessionen mache, andercii ohne alle Gegellleistung gebe.
Den Amer'ikcmern gcgenüber begnügte sich die Regierung mit
dcm lächerlichen Saratoga-Abkommen.

Präsident Graf Ballestrem beze-ichnet diese Art der
Ausführungen als unzulässig.

AL-g. Graf Kanitz (Kons.) fährt fort uüd äutzert sich ab-
fällig über den neuen Zolltavif, der uns dcm Auslande gegen-
über in grotzen Nachteil -gebracht. Die Vertragsstaaten hätten
ih-ren Tavif bedentend erhöht. Redner erörtert sodann die
Frage -des Tarisvertrags mit Oesterreich-Unzarn und Jtalien
und spricht gegen die langfristtgen Tarifverträgc. Er schil-
dert als'dann die schwierige L-age der Landwirtschast, die Land-
slucht dcr Arbeiter uüd die Grötze der Polengefa-Hr. Das ganze
Ansie'delungsweE sei vergeblich ohne genügenden Fortschritt
der Landwirtschaft.

Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Ganz ohne
Zweifel ertenne di-e Regierung die sch'wiLvige Lage der Laüd-
wirtschast rückhaltlos an und sei crnstlich bernüht, ihr einen
höheren Zollschutz zu-zuwen'den. Der Unterschied- zwischen ihr
und dem Jnterpellanten bestehe led-i-gltch in der Takttt. Es
siüd glühend aktuelle Fragen, die von de>m> Jnterpellanten
Lerührt werden. Wir h-aben nie erklärt, Äatz wir die Ver-
träge zu einem bestiminten Termin kündigen wollen; unser
Program-m war aber, die alten V-erträge moglichst zu trans-
ferieren, um das deutsche Wirtschastsleben vor schweren Schä-
digungen Mi> bewahren. Aus unserer jetzigcn Tatttk dürfen
Schlüsse auf die Zukunst nicht gezogen wevden. Deutschland
ist ein sehr leistungs- und- zahlungsfähiger Kunde; wir sind
keineswegs auf cinen besttminten Markt angewiesen. Ver-
träge schlietzcn ist leicht; a-ber es komiiit auf ihr Aussehen an.
Wenn wir bis jetzt noch nicht die ersten Verträge erledigt ha-
ben, so komdnt es däher, datz wir gewisse e-lementare Forderun-
gen festhalten u. uur bei Erfüllung dieser Forderungen nene
Verträge abschlietzen können.

Die Besprech-ung der Jnterpellation wird -beschloffen.

Abg. Herold (Ztr.): Hoffcntlich werde die Regierung
von jetzt ab die ihr -gegebene Waffe in die Haüd nehmen, um
günsttge Verträge zu er-langen.

Ab-g. Bernstein (Soz.) polenttsiert gegen Graf Kanitz
und Herold.

Staatssekretär Dr. Gräf v. Posadowsky: Die Arbei-
ter nnd weite bürgerliche Kreise, sowie die Handeltreibenden,
drängen nicht anf Kündigung der bestehenden Handelsver--
träge.

Abg. Gothein (fr. Ver.) ist der gleichen Meinung.

Abg. Graf Schwerin - Löwitz (k-ons.) erkennt dant-
bar an, datz Re Regierunz die Anfrage überhaupt beantwo-rtet
habe; der Jnhalt der Antwort habe aber die beteiligten Kreise
schwer enttäuscht.

Abg. Kempf (fr. Ver.): Der deutsche Zolltarif sei zu
Vcrhäüdlunzen mit dem AuÄande ein ganz ungeeignetes Jn-
strument, da er gewisserniatzen cine Drohung sei.

Stäatssetretcir Dr. Gras v. Posadowsky: Diese Be-
mcrkung könne die Stellung des dcutschen Unterhändlers nicht
stärken. Bon diesem Standpunktc aus müßten- wir die Zoll-
tavife ciner ganzcn Neihc von Staaten ebcnso bctrachten und
doch wollcn wir Verträge mit i'hücn abschlietzen. Auch in cm-
deren Lände-rn verfol-ge man die Politik, g-anz allmähstch z»
Kompromissen zu tomlmen, und er hoffe, >datz wir zu solchen ge-
langen.

Abg. Dr. Paasche (natl.): Man solle tatsächlich die
Stellung der Regierung nicht erschwercn. Die Nattonalstibe-
ralen wollen aufrichtig äiue Besserung der Lage der Land-
tvirtschäst uüd hätten 'deshalb für die Mindcstzölle gcstimmt.

Nach Bemerkungen der Abgg. Wolf (wirtschaftl. Ver.)
und v. Czarlinski (Pole) vertagt fich das Haus äuf mor-
gen.

Endlich ist noch der Cellistin, Frl. Anna Ballio, zu geden-
ten, die sich ihrer Aufgabe in betannter Tüchtigkeit entledigt
hat.

Der Erfolg des Konzerts, mit auch das Verdienst der boi-
den eisrigen „Registratoren", war cin vollständiger uüd demr
Veranstalter uüd seinen treuen Helfern ist der Dank der Hörer
gewitz. _ —i—

Kleine Zeitung.

— Berlin, 15. Jan. Die Stadtverordnetenversamm-
lung naihm mit 62 gegeir 49 Stimmen die beantragte
Erhöhung der Uinsatzsteuer auf bebaute Grund-
stücke von auf 1 Prozent des Wertes sties veräutzerten
Grunüstückes an.

— Ncrvi, 16. Jan. Die Nachricht, daß hier rin.
deutscher Arzt wegen Ermordung s e in e «
Frau verhaftet worden sei, hat grotzes Aussshen erregt.
Dem „Berl. Tagebl." wird d-azu geschrieben: Der wegen
Gattengiftmordes in Nervi verhaftete Dr. Jwan
-B ra u n st e i n aus Wtpperfürth studierte seiner Zeit in
Bonn und machte dort das Staatsexamen. Er hatte
änßerst vornehme Allüren, hielt sich auch in seinem Ver-
kehr von anderen Studenten fern nnd drängte sich an
ihm als Studenten ferner stehende Kreise heran. Damals
verschwanden ans dein Pathologischen Jnstitut zu.Bonn
(Professor Dr. Köster) wiederholt kostbare Mkroskope.
Viele kamen in Verdacht, aber es gelang nicht, den Täter
zu fassen. Braunstein war inz-wischen dank seinen guten
Beziehungen nach Breslan als Assistent zu Professor
Porfich gegangen. Es war einige Zeit vergangen, «M
 
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