Erscheint täglich, Sonntags auSgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zwelgstationen abgeholt 40 Pfg. Dnrch dtl DM
bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzetgenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder cheren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Prtvatanzeige« ermäßigt. — Für di« Aufnah»« »»« >WchDW
an bestimmten Tagen wird ketne Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Ferufpiecher M
Mtmch, 13. zulli 1SN.
Erstes BLatt.
46. ZLhrZM
.N 137.
Jnbiläums-Kunftausstellung in Karlsruhe.
Karlsruhe, 14. Juni.
Heute vormittag 11 Uhr fand im Gebäude deS Kunst-
vereins zur Eröffnung der Jnbiläums-Kunstausstellung ein
kurzer, eindrucksvoller Fcftakt statt, nachdem bereits gestern
dormittag eine Vorbesichtigung durch eingeladene Kunstkenner
Und Kunstfreunde stattgefunden hatte.
Jn huldvollster Weise hat das Großherzogliche
Vaar dcr ihm vor einigen Tagen durch eine besondere Ab-
vrdnung vorgetragenen Bitte, der Eröffnungsfeierlichkeit durch
'«n Erscheinen eine besondere Auszeichnung und Weihe zu
Seben, entsprochen.
Die Höchsten Herrschafteu wurden im Kunstvereinsgebäude
don dem Direktor Professor Ferdinand Keller und dem Lehr-
'örper der Akademie begrüßt und nach dem großen Saal
geleitet, wo nach einem Musikvortrag der Festakt stattfand.
Prosessor Keller verlas cine an den Begründer der Akademie
öen Großherzog gerichtete Adresse und brachte eiu Hoch auf
öenselben aus, worauf der Gro ßherzog in solgender Rede
outwortete:
Meine Hcrren! Es ist ein erhebcndes Gefühl für mich, einer
veier anwohnen zu können, bci der die Gründung der zur Aka-
demic gewordenen Kunstschule seierlich begangen wird. Sie be-
Zreifen, meine Herren, wenn man auf ein halbes Jahrhundcrt
^urückblicken darf, so ist der crste Gedanke und dcr erste Aus-
oruck nur derjenige des Dankes gegcn Gott. Einc solche Zeit
^rleben und darauf cinen Rückblick werfen zu dürfen, danke ich
'shncn und der gesamten Künstlerschaft, die diese Feier angc-
ordnet und durchgeführt habcn. Jch danke für jedes Wort der
Merkennung, Liebe und Anhänglichkeit, die Sie mir aus diesem
Anlatz kundgegeben habcn. Möchte das in Erfüllung gehen, was
^ie in Jhrer Ansprache so schön bezeichnet haben. Möchte cs
Änen Allcn aber auch cine schöne Erinnerung bleiben,
oatz mir nunmehr auf eincr svlchen Höhe stehen gegenübcr dem
vescheidencn Anfangc vor 60 Jahrey. Es erübrigt mir noch
ouszusprecbcn, was Jhncn Allen von Wcrt fein wird: Jch gc-
ornke des erften Derer, die zur Bcgründung mitgewirkt haben,
ch gedenke Schirmcrs, aber ich mutz dazu bcmerken, datz
°a>nals eine Reihe badischer Künstler auf gleicher Höhe stand;
und datz gerade von ihnen ausgehend der Wunsch öindgegcben
svurde, den in der Erfahrung und im Unterricht schon bewährten
^chirmer von Tüsseldorf hierher zu berusen. Derjenige, der ihn
uvr nannte, ist unser alter Frommel. Jch nenne Jhnen
voch cine Reihe von weitcrcn Namen: Dietz, unscr guter Ar-
chbekt, der so viel geleistet, Hübsch, Werkmüller, Ra-
vsen, die mir alle in Erinnerung sind, ohne datz ich glaubc, datz
Rer uoch jcmand am Leben ist, der sie gckannt hat. Jch nenne
L^se Namen nur aus dem Grunde, weil ich wünsche, datz deren
^udenken hochgehaltenwird. Jch habe ausgeführt,
chchs sie gewünscht haben, und ich bin ihnen heute noch dankbar,
ootz es so geworden ist, datz wir heute Akademie nennen können,
svus auch schon als Kunstschule Bedeutung hatte. Wenn wir nun
.^ schönstcn Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft ins Auge
Rften, so kann ich nur hoffen, datz es Jhnen Allcn gelingt,
'e Kunst auf de.r Höhe zu halten, auf die sie
° e st iegenist , datz wir fortfahren auf dem Boden der Kunst-
«eschichtx uns mehr und mehr auch der alten Kunst wie-
»sr nähern und sie in Verbindung mit der heutigen zu
°5'ngcn. Datz wir danach trachten, die grohen Kunstwerke des
' "ertums, die immerhin die schönsten Vorbilder sind, auch künftig
ishorer Iugend vorzuführen, damit das neue Geschlecht erfahre,
,-7^ seiner Zeit geleistet worden und durch diese Vorbilder ent-
. »Nden ist. Möcksten Sie den ganzen Ernst dcr Ausbildung in
u? Tugend cinpflanzen und dadurch der Zukunft grotze Dienste
'sten. Möchte Jhnen das gelingcn! Möchten Sie mit der
U"äen Freudigkeit, die nötig ist zu Jhrem Berufe, wirken und
^offeii und dadurch auch unserer nationalen Aufgabe gerecht
j/rden. Denn ich sagc, es ist eine nationale Aufgabe,
öeutsche Kunst zu fördern, die deutsche Kunst aus der -alten
" in die neue; datz wir anderen Nationcn gegenüber stets
der Höhe der Leistungsfähigkeit bleiben
x- . vielleicht — Sie werden es mir zu Gute halten, wenn ich
ion^b — Vorbild wcrden mögen. Es ist das keinc Eitelkeit,
^tzdcrn nur ein gerechtes Urteil über die Vergangenheit, denn
^oerdcn mit mir ühereinstimmen, datz die alte deutsche Kunst
irw horbildlich war. Mit diesen Empfindungcn, meine Herren,
ich Sie nicht zu lange aufhalten, aber es liegt mir daran,
^men gegenüber mich ganz auszusprechen und zu danken,
Hr °as, was wir heute erlebten. Also herzlichsten Dank
habe^ ^üen und denjenigen, die an dern Werke mitgewirkt
, Pstchdem der Großherzog alsdann noch aus den Händen
^ ' am heutigen Tage zum Geheimen Hofrate ernanntcn,
^ ofessors v. Oechelhäuser die von demselben verfaßte Fest-
ontgegengenommen hatte, tratcn die Fürstlichen Hcrr-
d«b^^ Rundgang durch die Ausstellnngsräume an,
dvr^ große Anzahl dcr Erschienenen in gnädigstcr Weise
ch Ansprachen auszeichnend.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 14. Juni.
. äunächsr sieht zur Berätnng die- dritte Lesung des
otzentlvurss betrefsend A e n d e r n n g des Münz -
^ d 1 e tz e Z.
Kvciw^^^soetär Frhr. v. Stcngel: Die vom Reichstag in
Lcseci^ beschlosscne Acuderung des Gcsetzentwnrfs,
'vst vF. ? Marckstüac ausgcprägt wcrdcn sollcn, enthält,
-ionber gesagt, eincn Bruch mit dcm Dezimalsystcm.
! ticrcr Eingriff in das Münzsystcm käme nach Auf-
fassung des Bundcsrats nur in Fragc, 'wenn ein dringendcs
Vcrkchrsbcdürfnis vorlägc. Ein solches sei nicht nachgewicsen.
Der BunLesrat schc sich daher nicht in der Lage, seine Zu-
stimmurig zu Len Bcschlüssen des Reichstags in zweiter Lesung
in Aussicht zu stcllcn. Bleibe der Reichstag bei seincn Ent-
schlüsscn, sö sei d-ic Vorlagc fur deu Bunöcsrat unannehmibar,
und d-amit würde die seit J>ähren> als driugendes Bedürfnis
em-pfuNdcne Vcrändcrung und Werbesserung dcr Prägung vou-
50 Pfg.-Stückcn schcitcrn. Er bittc dcshalb- um Wicderher-
stcllung der Regicrungsvorlage. Der Wunsch- nach Neuprä-
gun-g von 8 Markstücken könne ja in eine Resolution auf An-
stellung einer Euquete gckleidet 'werden, der gegenüber der
Buudesrat sich- nicht ablehueNd ber'halten werde.
Ein Antr-ag des freis. Abg. Blcll fordcrt dementspre-
chcnd, Dreimarkstücke nicht in das Gesetz einzubeziehcn. Dcr
Antrag wird- indessen unter der Führung dcs bekanntcn Sil-
bcrwä'hrungsmannes Arndt abgelehnt.
Es folgt dic Beratung über die Aufnahme einer Anleihe
für Togo.
Jn der Debatte wurd-e viel über die Baumwollenkultur
gesprochen uud darüber, ob die Mähn, für welche die Anleihe
bestimmt ist, diese'Kultur wesentlich unterstützcn werde. Bei
dcr vom Abg. Dr. Müller-Sagan (freis. Vg.) beantragten
'namentlichen Abstimmung über 8 1 wird dieser mit 148 gcgen
68 Stimmen angenommen und die Resolution der Kommission
angenommen, wonach b-eiin Abschlutz grötzerer Landkäufe in
den Schutz-gebiet-en die Lebensbedingungen für dße Eingb-
borenen nicht geschädigt werden sollen.
Der Rest dcs 'Gxsetzes wird nach den Kommissionsb-eschlüssen
angenommen.
Die 'Beratung des Gesetzes betreffend Uebernahme der
Reichsgarantie für die EisenLa 'hn- Dar - es - Sal -a a m-
nach Mrogoro erklärt Staatssekretär Frhr. v. Stengel,
daß, wenn die von der Kommission vorgesch>l>agenc Spurweite
von 1 Meter >vom Reichstag beschlossen Iverde, auch ber Belrag
der zu gar-antiereuden -Summe von 18?^ auf 21 Millionen
erhöht werden müsse.
Morgen Mit-tag 12 Uhr Fortsetzung.
DeuLsches Reich.
Badcn.
* Jn der n -n t i o n a 11 i b e r a I e n P a r t e i herrscht
von je'her eine weitgehende Meinungsfreiheit; man ist in
ihr nicht engherzig. Eine Partei, welche die Beförderung
des Kultnrsortschritts durch Befreiuug des Judividuums
auf ihre Fahue geschrieben hat, darf nicht pedantisch
sein. Sie muß sich sagen, daß selbständig denkende
Männer unmöglich in den vielen und weitverzweigtei»
Fragen des öfsentlichen Lebens in Aüem genau überein-
stimmen können. Wer es muß eine gewisse Gruüdrich-
tung sestgehalten werden und es müssen die auf verschie-
denartigem Temperament oder auf verschiedener indivi-
dueller Veranlagung beruhenden Differenzen in der Auf-
sassung konkreter politischer Fragen m einer Weise inner-
halb der Partei diskutiert, behandelt und ausgetragen
werden, die den Geist der Zusammengehörigkeit nicht be-
einträchtigt. Jn letzter Hinsicht hat der IungIibe -
rale DeIegiertentag in Qffenöurg leider
zu Beanstandungen Antaß gegeben, die in einzelnen
nvtionalliberälen B'löttern, so z. B. sogar im „Mann-
heimer Generalanzeiger", der immer aufs Lebhafteste mit
der jungliberalen 'Bewegung sympathisiert Dat, sehr
scharsen Ausdruck gefunden haben. Die übermäßig
scharfe Sprache, die dort geführt wnrde, sindet in den
tatsächtichen Verhältnissen keine Rechtsertigung. Die hef-
tigen Angriffe anf die bad. Parteileitung müssen Be-
fremden erregen. Daß wir sie nicht billigen, brauchen
wir wohl nicht weiter hervorzuhe'ben, haben wir doch ost
genug Gelegenheit gehabt, anzuerkennen, daß gerade unter
der jetzigen Leitung in den Verhältnissen der Partei eine
Wendung zum Bessern eingeireten ist. Die frühereStockung
hat einer Vorwärtsbewegung Platz gemacht. Das kann
niemand verkennen. Selbst unsere Gsgner geben sie zu.
Was da>nn die Aeußerung des Herrn Pros. Metzger von
der Trennnng, die eventuell durch den preuß. Schulantrag
herbeigeführt werden müsse anbetrifft, so hat sie gleich in
Ofsenburg selbst energische Zurückweisung gefunden.
Sie darf also n-icht als Ausfassung der Jungliberalen an-
gesehen werden, sondern als die Meinung eines Einzelnen,
der nnr für sich gesprochen hat und allein für das verant-
wort'lich ist, was er gesagt hat.
Aus Baden, 14. Jüni. sJ s r a e I. L a n d e s -
synode.) Außer der Vorlage über die Ausbesserung
gering besoldeter Religionslehrer wird sich die Synode
auch noch mit einer umfassenden Aenderung
der derzeit noch zu Recht bestehenden B e z i r k s v e r -
sassungvon 1 8 2 7 zu beschästigen haben. Dagegen
ist eine Vorlage bezüglich eines nenen Gebetbuches nicht
Zu erw-arten, wenigstens für die kommende Synode nicht.
Badischer Landtag.
99. Sitznng der Zweiten Kammer.
Karlsrnhe, 14. Iuni. Präsident Dr. Gönner er-
öffnet die Sitzimg um ^/^4 llhr- Minister Freiherr v. Dusch
legt dem Hause einen Gesetzeutwurf betr. den kaufmä.'nni-
schen gewerblichen Fortbildu n g sunterrich t vor.
Diese Novelle will die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen
weiter ansbauen, vor allem den statutarischen Zwang zum
Besuch dieser Schnlen anf die gewerblichen Arbeiterinnen
und bis zum 18. Lebensjahr ausdehnen, ferner den Schülern
aus anderen Gemeinden die Möglichkeit zum Besuch solcher
Schulen gewähren und den Gemeinden einen Zwang zu Bei-
trägen eiuräumen. Endlich kann die Zahlung des Schul-
gelds auf die Prinzipale abgewälzt werden.
Der Gcsetzentwurf betr. die Auslösung des Kondomi-
nats Kürnbach wird der Justiz-, der Gesetzentwnrf betr. die
Ausscheidung von Landstraßen der Budgetkommission und
die Anträge betr. die Ausnütznng der Wasserrechte des
Oberrheins einer Sonderkommission von 9 Mitgliedern über-
wiesen.
Zur Beratung steht der Gesetzentwurf betr. das Grund-
bnchwesen nnd die Zwangsvollstrcckung.
Abg. Zehnter (Ztr.) erstattete den Kommissionsbe-
richt. Er bearitragt, den Entwurf in- der von der Kommission
Leschtossenen Fassung anzunehmen. Eine lebhafte Nleinungs-
verschiedenhcit trat in der Kommission hervor wegen der in § 3V
Abs. 5 normierten Abführung von R-einerträgen ber Ge-
meinde-grundbuchämter an- die Staatskasse. Von einer 'Seite
'verhielt man sich- zunächst grundsätzlich ablehnend gegen jede
solche Ablieferung. Jm übrigen drehte sich der Streit im
wesentlichen um die Höhe des Prozentsatzes. Drei Meinungen
kamen hier zum' Vorschein. Ein- Teil der Mitglied-er hielt an
den im Regierungsentwurf vor-gesehenen 9—10 sest; -and-ere
wollten höchstens 5 bis 10; ein Vermittlungsvorschlag, 'der
schließlich mit allen ge-gen 1 StimMenthaltung angenommen
wurde, -ging auf 75 Prozent der R-einerträ-ge. Zugleich- hat
dic Kommission die bestimmte Erwartung ausgesprochen, datz
die Grotzh. Re-gierung d!c ihr aus 'den Reinerträgen der Ge-
meindegrundbuchämter zufließendcn Mittel mit dazu verwen-
den werde, um den Wünschen der Ratschreiber wegen
Aufbesserung ihrer Ge'bühren aus der Grundbnchsührung in-
soweit entgegenzukommen, als 'diese Wünsche Lcrechtigt er-
scheinen.
Minister Frhr. v. Dus ch erklärt, sich mit der von der
Kommission beschlosscnen Ermjätzigung der >an die Staatskasse
alzuliefern-den Reinerträge vo-n 90 auf 76 Prozent einver-
standen. Bezüglich der Petition der Ratschreib-er stehe die
Regierung aus dem Standpunkt, datz den Ratschreibern minde-
stens so viel ibleiben mutz, als sie srüher bezogen haben. Jm
nbrigen sei sie bestre'bt, die Bezüge der Ratjchreiber zu stei-
gcrn, so weit dies die Finanzlage zulätzt. Eine Fixierung der
Bezüge ist aber nicht möglich. Der Gesetzent'wurf betr. die
Sicherung der Ansprüche der Geineinden aus Grnnd des Orts-
stratzengesetzes ist vollständig ausgearbcitet und wird> deny
Hause in den nächsten Tagen zugehen.
Dr. Wilckens (natlib.) hält die praktische Bedeutung
des Unschädlichkeitszengnisses für erheblich. Die Einführung,
desselben bedeute einen großen Fortschritt. Se'hr zn begrüßen
sei auch die Bestimmung des Entwurfs, datz den R-atschreibern
in gewissen Fällen eine Stellvertretung des Grund«buchführers
eingeräumt wird. Dadurch wird zweifellos eine B-eschleuni-
gung der Grundbuchgeschäfte herbcigeführt. Nicht befrcunden
kann sich dagcgcn -der Redner mit den Bestiinimnngen in § 30,
-da -es ung-erecht sei, den Städten diese Einnahmequelle zu,
verschliehen. Hätten die Gemeinden einen Ausfall zu tvagen,
so wüvde der Staat'gewiß nicht einsprin-gen (^e'hr richtig!).
Wenn er (Redner) trotzdem dcm Gesetz zusinnme, so geschehe
dies nur, weil zu Lesürchten sei, datz dic Ablehn-ung des Kom-
promißvorschla-gs wa'hrschcinlich die Annahme der Ikegierungs-
'vorlage zur Folge hät-te und >weil er den Gegensatz zwischen
Stadt u, Land nicht wieder heraufzubeschwören wünscht. Wo die
Entschädigungen unzureichend geregelt sind, sollte die Regie-
rung Mhilse eintreten lassen. Redner erwart-et zuversichtlich,
daß die Ansprüche 'der Gemeinden aus Grnnd des Or-tsstraßen-
gesetzcs noch auf diesem Landtag gesetzlich gere-gelt werden.
Mit Rücksich-t auf die Geschäftslage der Ersten Kammer bean-
trage er, den Artikel 8 der Vo-rlage dahin abzuändern, datz
das Gesetz statt a-m 1. Juli am> 1. Au-gust in Kraft treten soll.
Dr. Weiß (natlib.) steht der Borlage mit gemischten
Gefühlen gege'nüber. Ueb-er die Verwendung Ler infolge dieser
Borlage dem Staate zuslietzenden -Gelder hätte er eine be-
stimmte Erklärnng erwartet. Die RatschreiLer haben einen
Anspruch darauf, datz ihre Entlohnung nach dem Umsang
i'hrer Tätigkeit bcmessen wird. Von der Erfüllung dieser Be-
dingung mache er di-e Zustimmung zu diesem Teil ider Vorlage
abhängig.
Greiff (natlib.) begrützt die Erweiterung dcr Zustän-
digkeit der Grundbuchhilfsbeamten als einen Fortschritt. Jn
nicht allzu ferner Zeit sollte man daran denken, die Grund-
buchsührung an -geprüfte Rats- nnd Gerichtsschretber zu über-
tr-agen. Durch Errichtnng selbständiger GrnnNbuchämter in
kleineren Städten und größeren Lan'dgemeinden könnte inair
viel Geld sparen. Unsere nächste Ausgabe muß die Besser-
stellung der Ratschreiber bilden, die sür die Grnndbuchgeschäfte
lächerlich gering bezahlt werden. Redner hätte ebensalls eine
bestimmtere Erklärung vom Minister erwartet.
Neuwirth (natlib.) wünscht, daß den Raffchreibern
eine ihren 'Leistungen entsprechende Vergütung yewährt wird,
und klagt über die Höhe der Grundbuchgebühren, die einer
Aenderung dringend 'beidurfen.
Lehmann (Soz.) führt aus, es sei keine Regiernngs-
kunst, sondern eine Wnrstelei, wenn man einsach das Geld da
holt, wo etwas zu holen ist (Gelächter). Die agrarische Ma-
jorität habe die Minorität zu einer Handlung gezwungen,
die im Privatleben unter das Strasgesetzbuch falle. Eine -ge-
wisse Beruhigung sei, daß die Agrarier das Geld den Rat-
schreibern zuwenden wollen. Zu bedauern ist nur, dah-etne
entsprechende Bestimmung nicht ins Gesetz aufgenommen wird.
So lange keine unzweideutige Regierungserklärung vorliegt.
Die heutige Nvmmer rrmfaßt drei Blätter, zusammen 14 Seiten.
bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzetgenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder cheren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Prtvatanzeige« ermäßigt. — Für di« Aufnah»« »»« >WchDW
an bestimmten Tagen wird ketne Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Ferufpiecher M
Mtmch, 13. zulli 1SN.
Erstes BLatt.
46. ZLhrZM
.N 137.
Jnbiläums-Kunftausstellung in Karlsruhe.
Karlsruhe, 14. Juni.
Heute vormittag 11 Uhr fand im Gebäude deS Kunst-
vereins zur Eröffnung der Jnbiläums-Kunstausstellung ein
kurzer, eindrucksvoller Fcftakt statt, nachdem bereits gestern
dormittag eine Vorbesichtigung durch eingeladene Kunstkenner
Und Kunstfreunde stattgefunden hatte.
Jn huldvollster Weise hat das Großherzogliche
Vaar dcr ihm vor einigen Tagen durch eine besondere Ab-
vrdnung vorgetragenen Bitte, der Eröffnungsfeierlichkeit durch
'«n Erscheinen eine besondere Auszeichnung und Weihe zu
Seben, entsprochen.
Die Höchsten Herrschafteu wurden im Kunstvereinsgebäude
don dem Direktor Professor Ferdinand Keller und dem Lehr-
'örper der Akademie begrüßt und nach dem großen Saal
geleitet, wo nach einem Musikvortrag der Festakt stattfand.
Prosessor Keller verlas cine an den Begründer der Akademie
öen Großherzog gerichtete Adresse und brachte eiu Hoch auf
öenselben aus, worauf der Gro ßherzog in solgender Rede
outwortete:
Meine Hcrren! Es ist ein erhebcndes Gefühl für mich, einer
veier anwohnen zu können, bci der die Gründung der zur Aka-
demic gewordenen Kunstschule seierlich begangen wird. Sie be-
Zreifen, meine Herren, wenn man auf ein halbes Jahrhundcrt
^urückblicken darf, so ist der crste Gedanke und dcr erste Aus-
oruck nur derjenige des Dankes gegcn Gott. Einc solche Zeit
^rleben und darauf cinen Rückblick werfen zu dürfen, danke ich
'shncn und der gesamten Künstlerschaft, die diese Feier angc-
ordnet und durchgeführt habcn. Jch danke für jedes Wort der
Merkennung, Liebe und Anhänglichkeit, die Sie mir aus diesem
Anlatz kundgegeben habcn. Möchte das in Erfüllung gehen, was
^ie in Jhrer Ansprache so schön bezeichnet haben. Möchte cs
Änen Allcn aber auch cine schöne Erinnerung bleiben,
oatz mir nunmehr auf eincr svlchen Höhe stehen gegenübcr dem
vescheidencn Anfangc vor 60 Jahrey. Es erübrigt mir noch
ouszusprecbcn, was Jhncn Allen von Wcrt fein wird: Jch gc-
ornke des erften Derer, die zur Bcgründung mitgewirkt haben,
ch gedenke Schirmcrs, aber ich mutz dazu bcmerken, datz
°a>nals eine Reihe badischer Künstler auf gleicher Höhe stand;
und datz gerade von ihnen ausgehend der Wunsch öindgegcben
svurde, den in der Erfahrung und im Unterricht schon bewährten
^chirmer von Tüsseldorf hierher zu berusen. Derjenige, der ihn
uvr nannte, ist unser alter Frommel. Jch nenne Jhnen
voch cine Reihe von weitcrcn Namen: Dietz, unscr guter Ar-
chbekt, der so viel geleistet, Hübsch, Werkmüller, Ra-
vsen, die mir alle in Erinnerung sind, ohne datz ich glaubc, datz
Rer uoch jcmand am Leben ist, der sie gckannt hat. Jch nenne
L^se Namen nur aus dem Grunde, weil ich wünsche, datz deren
^udenken hochgehaltenwird. Jch habe ausgeführt,
chchs sie gewünscht haben, und ich bin ihnen heute noch dankbar,
ootz es so geworden ist, datz wir heute Akademie nennen können,
svus auch schon als Kunstschule Bedeutung hatte. Wenn wir nun
.^ schönstcn Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft ins Auge
Rften, so kann ich nur hoffen, datz es Jhnen Allcn gelingt,
'e Kunst auf de.r Höhe zu halten, auf die sie
° e st iegenist , datz wir fortfahren auf dem Boden der Kunst-
«eschichtx uns mehr und mehr auch der alten Kunst wie-
»sr nähern und sie in Verbindung mit der heutigen zu
°5'ngcn. Datz wir danach trachten, die grohen Kunstwerke des
' "ertums, die immerhin die schönsten Vorbilder sind, auch künftig
ishorer Iugend vorzuführen, damit das neue Geschlecht erfahre,
,-7^ seiner Zeit geleistet worden und durch diese Vorbilder ent-
. »Nden ist. Möcksten Sie den ganzen Ernst dcr Ausbildung in
u? Tugend cinpflanzen und dadurch der Zukunft grotze Dienste
'sten. Möchte Jhnen das gelingcn! Möchten Sie mit der
U"äen Freudigkeit, die nötig ist zu Jhrem Berufe, wirken und
^offeii und dadurch auch unserer nationalen Aufgabe gerecht
j/rden. Denn ich sagc, es ist eine nationale Aufgabe,
öeutsche Kunst zu fördern, die deutsche Kunst aus der -alten
" in die neue; datz wir anderen Nationcn gegenüber stets
der Höhe der Leistungsfähigkeit bleiben
x- . vielleicht — Sie werden es mir zu Gute halten, wenn ich
ion^b — Vorbild wcrden mögen. Es ist das keinc Eitelkeit,
^tzdcrn nur ein gerechtes Urteil über die Vergangenheit, denn
^oerdcn mit mir ühereinstimmen, datz die alte deutsche Kunst
irw horbildlich war. Mit diesen Empfindungcn, meine Herren,
ich Sie nicht zu lange aufhalten, aber es liegt mir daran,
^men gegenüber mich ganz auszusprechen und zu danken,
Hr °as, was wir heute erlebten. Also herzlichsten Dank
habe^ ^üen und denjenigen, die an dern Werke mitgewirkt
, Pstchdem der Großherzog alsdann noch aus den Händen
^ ' am heutigen Tage zum Geheimen Hofrate ernanntcn,
^ ofessors v. Oechelhäuser die von demselben verfaßte Fest-
ontgegengenommen hatte, tratcn die Fürstlichen Hcrr-
d«b^^ Rundgang durch die Ausstellnngsräume an,
dvr^ große Anzahl dcr Erschienenen in gnädigstcr Weise
ch Ansprachen auszeichnend.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 14. Juni.
. äunächsr sieht zur Berätnng die- dritte Lesung des
otzentlvurss betrefsend A e n d e r n n g des Münz -
^ d 1 e tz e Z.
Kvciw^^^soetär Frhr. v. Stcngel: Die vom Reichstag in
Lcseci^ beschlosscne Acuderung des Gcsetzentwnrfs,
'vst vF. ? Marckstüac ausgcprägt wcrdcn sollcn, enthält,
-ionber gesagt, eincn Bruch mit dcm Dezimalsystcm.
! ticrcr Eingriff in das Münzsystcm käme nach Auf-
fassung des Bundcsrats nur in Fragc, 'wenn ein dringendcs
Vcrkchrsbcdürfnis vorlägc. Ein solches sei nicht nachgewicsen.
Der BunLesrat schc sich daher nicht in der Lage, seine Zu-
stimmurig zu Len Bcschlüssen des Reichstags in zweiter Lesung
in Aussicht zu stcllcn. Bleibe der Reichstag bei seincn Ent-
schlüsscn, sö sei d-ic Vorlagc fur deu Bunöcsrat unannehmibar,
und d-amit würde die seit J>ähren> als driugendes Bedürfnis
em-pfuNdcne Vcrändcrung und Werbesserung dcr Prägung vou-
50 Pfg.-Stückcn schcitcrn. Er bittc dcshalb- um Wicderher-
stcllung der Regicrungsvorlage. Der Wunsch- nach Neuprä-
gun-g von 8 Markstücken könne ja in eine Resolution auf An-
stellung einer Euquete gckleidet 'werden, der gegenüber der
Buudesrat sich- nicht ablehueNd ber'halten werde.
Ein Antr-ag des freis. Abg. Blcll fordcrt dementspre-
chcnd, Dreimarkstücke nicht in das Gesetz einzubeziehcn. Dcr
Antrag wird- indessen unter der Führung dcs bekanntcn Sil-
bcrwä'hrungsmannes Arndt abgelehnt.
Es folgt dic Beratung über die Aufnahme einer Anleihe
für Togo.
Jn der Debatte wurd-e viel über die Baumwollenkultur
gesprochen uud darüber, ob die Mähn, für welche die Anleihe
bestimmt ist, diese'Kultur wesentlich unterstützcn werde. Bei
dcr vom Abg. Dr. Müller-Sagan (freis. Vg.) beantragten
'namentlichen Abstimmung über 8 1 wird dieser mit 148 gcgen
68 Stimmen angenommen und die Resolution der Kommission
angenommen, wonach b-eiin Abschlutz grötzerer Landkäufe in
den Schutz-gebiet-en die Lebensbedingungen für dße Eingb-
borenen nicht geschädigt werden sollen.
Der Rest dcs 'Gxsetzes wird nach den Kommissionsb-eschlüssen
angenommen.
Die 'Beratung des Gesetzes betreffend Uebernahme der
Reichsgarantie für die EisenLa 'hn- Dar - es - Sal -a a m-
nach Mrogoro erklärt Staatssekretär Frhr. v. Stengel,
daß, wenn die von der Kommission vorgesch>l>agenc Spurweite
von 1 Meter >vom Reichstag beschlossen Iverde, auch ber Belrag
der zu gar-antiereuden -Summe von 18?^ auf 21 Millionen
erhöht werden müsse.
Morgen Mit-tag 12 Uhr Fortsetzung.
DeuLsches Reich.
Badcn.
* Jn der n -n t i o n a 11 i b e r a I e n P a r t e i herrscht
von je'her eine weitgehende Meinungsfreiheit; man ist in
ihr nicht engherzig. Eine Partei, welche die Beförderung
des Kultnrsortschritts durch Befreiuug des Judividuums
auf ihre Fahue geschrieben hat, darf nicht pedantisch
sein. Sie muß sich sagen, daß selbständig denkende
Männer unmöglich in den vielen und weitverzweigtei»
Fragen des öfsentlichen Lebens in Aüem genau überein-
stimmen können. Wer es muß eine gewisse Gruüdrich-
tung sestgehalten werden und es müssen die auf verschie-
denartigem Temperament oder auf verschiedener indivi-
dueller Veranlagung beruhenden Differenzen in der Auf-
sassung konkreter politischer Fragen m einer Weise inner-
halb der Partei diskutiert, behandelt und ausgetragen
werden, die den Geist der Zusammengehörigkeit nicht be-
einträchtigt. Jn letzter Hinsicht hat der IungIibe -
rale DeIegiertentag in Qffenöurg leider
zu Beanstandungen Antaß gegeben, die in einzelnen
nvtionalliberälen B'löttern, so z. B. sogar im „Mann-
heimer Generalanzeiger", der immer aufs Lebhafteste mit
der jungliberalen 'Bewegung sympathisiert Dat, sehr
scharsen Ausdruck gefunden haben. Die übermäßig
scharfe Sprache, die dort geführt wnrde, sindet in den
tatsächtichen Verhältnissen keine Rechtsertigung. Die hef-
tigen Angriffe anf die bad. Parteileitung müssen Be-
fremden erregen. Daß wir sie nicht billigen, brauchen
wir wohl nicht weiter hervorzuhe'ben, haben wir doch ost
genug Gelegenheit gehabt, anzuerkennen, daß gerade unter
der jetzigen Leitung in den Verhältnissen der Partei eine
Wendung zum Bessern eingeireten ist. Die frühereStockung
hat einer Vorwärtsbewegung Platz gemacht. Das kann
niemand verkennen. Selbst unsere Gsgner geben sie zu.
Was da>nn die Aeußerung des Herrn Pros. Metzger von
der Trennnng, die eventuell durch den preuß. Schulantrag
herbeigeführt werden müsse anbetrifft, so hat sie gleich in
Ofsenburg selbst energische Zurückweisung gefunden.
Sie darf also n-icht als Ausfassung der Jungliberalen an-
gesehen werden, sondern als die Meinung eines Einzelnen,
der nnr für sich gesprochen hat und allein für das verant-
wort'lich ist, was er gesagt hat.
Aus Baden, 14. Jüni. sJ s r a e I. L a n d e s -
synode.) Außer der Vorlage über die Ausbesserung
gering besoldeter Religionslehrer wird sich die Synode
auch noch mit einer umfassenden Aenderung
der derzeit noch zu Recht bestehenden B e z i r k s v e r -
sassungvon 1 8 2 7 zu beschästigen haben. Dagegen
ist eine Vorlage bezüglich eines nenen Gebetbuches nicht
Zu erw-arten, wenigstens für die kommende Synode nicht.
Badischer Landtag.
99. Sitznng der Zweiten Kammer.
Karlsrnhe, 14. Iuni. Präsident Dr. Gönner er-
öffnet die Sitzimg um ^/^4 llhr- Minister Freiherr v. Dusch
legt dem Hause einen Gesetzeutwurf betr. den kaufmä.'nni-
schen gewerblichen Fortbildu n g sunterrich t vor.
Diese Novelle will die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen
weiter ansbauen, vor allem den statutarischen Zwang zum
Besuch dieser Schnlen anf die gewerblichen Arbeiterinnen
und bis zum 18. Lebensjahr ausdehnen, ferner den Schülern
aus anderen Gemeinden die Möglichkeit zum Besuch solcher
Schulen gewähren und den Gemeinden einen Zwang zu Bei-
trägen eiuräumen. Endlich kann die Zahlung des Schul-
gelds auf die Prinzipale abgewälzt werden.
Der Gcsetzentwurf betr. die Auslösung des Kondomi-
nats Kürnbach wird der Justiz-, der Gesetzentwnrf betr. die
Ausscheidung von Landstraßen der Budgetkommission und
die Anträge betr. die Ausnütznng der Wasserrechte des
Oberrheins einer Sonderkommission von 9 Mitgliedern über-
wiesen.
Zur Beratung steht der Gesetzentwurf betr. das Grund-
bnchwesen nnd die Zwangsvollstrcckung.
Abg. Zehnter (Ztr.) erstattete den Kommissionsbe-
richt. Er bearitragt, den Entwurf in- der von der Kommission
Leschtossenen Fassung anzunehmen. Eine lebhafte Nleinungs-
verschiedenhcit trat in der Kommission hervor wegen der in § 3V
Abs. 5 normierten Abführung von R-einerträgen ber Ge-
meinde-grundbuchämter an- die Staatskasse. Von einer 'Seite
'verhielt man sich- zunächst grundsätzlich ablehnend gegen jede
solche Ablieferung. Jm übrigen drehte sich der Streit im
wesentlichen um die Höhe des Prozentsatzes. Drei Meinungen
kamen hier zum' Vorschein. Ein- Teil der Mitglied-er hielt an
den im Regierungsentwurf vor-gesehenen 9—10 sest; -and-ere
wollten höchstens 5 bis 10; ein Vermittlungsvorschlag, 'der
schließlich mit allen ge-gen 1 StimMenthaltung angenommen
wurde, -ging auf 75 Prozent der R-einerträ-ge. Zugleich- hat
dic Kommission die bestimmte Erwartung ausgesprochen, datz
die Grotzh. Re-gierung d!c ihr aus 'den Reinerträgen der Ge-
meindegrundbuchämter zufließendcn Mittel mit dazu verwen-
den werde, um den Wünschen der Ratschreiber wegen
Aufbesserung ihrer Ge'bühren aus der Grundbnchsührung in-
soweit entgegenzukommen, als 'diese Wünsche Lcrechtigt er-
scheinen.
Minister Frhr. v. Dus ch erklärt, sich mit der von der
Kommission beschlosscnen Ermjätzigung der >an die Staatskasse
alzuliefern-den Reinerträge vo-n 90 auf 76 Prozent einver-
standen. Bezüglich der Petition der Ratschreib-er stehe die
Regierung aus dem Standpunkt, datz den Ratschreibern minde-
stens so viel ibleiben mutz, als sie srüher bezogen haben. Jm
nbrigen sei sie bestre'bt, die Bezüge der Ratjchreiber zu stei-
gcrn, so weit dies die Finanzlage zulätzt. Eine Fixierung der
Bezüge ist aber nicht möglich. Der Gesetzent'wurf betr. die
Sicherung der Ansprüche der Geineinden aus Grnnd des Orts-
stratzengesetzes ist vollständig ausgearbcitet und wird> deny
Hause in den nächsten Tagen zugehen.
Dr. Wilckens (natlib.) hält die praktische Bedeutung
des Unschädlichkeitszengnisses für erheblich. Die Einführung,
desselben bedeute einen großen Fortschritt. Se'hr zn begrüßen
sei auch die Bestimmung des Entwurfs, datz den R-atschreibern
in gewissen Fällen eine Stellvertretung des Grund«buchführers
eingeräumt wird. Dadurch wird zweifellos eine B-eschleuni-
gung der Grundbuchgeschäfte herbcigeführt. Nicht befrcunden
kann sich dagcgcn -der Redner mit den Bestiinimnngen in § 30,
-da -es ung-erecht sei, den Städten diese Einnahmequelle zu,
verschliehen. Hätten die Gemeinden einen Ausfall zu tvagen,
so wüvde der Staat'gewiß nicht einsprin-gen (^e'hr richtig!).
Wenn er (Redner) trotzdem dcm Gesetz zusinnme, so geschehe
dies nur, weil zu Lesürchten sei, datz dic Ablehn-ung des Kom-
promißvorschla-gs wa'hrschcinlich die Annahme der Ikegierungs-
'vorlage zur Folge hät-te und >weil er den Gegensatz zwischen
Stadt u, Land nicht wieder heraufzubeschwören wünscht. Wo die
Entschädigungen unzureichend geregelt sind, sollte die Regie-
rung Mhilse eintreten lassen. Redner erwart-et zuversichtlich,
daß die Ansprüche 'der Gemeinden aus Grnnd des Or-tsstraßen-
gesetzcs noch auf diesem Landtag gesetzlich gere-gelt werden.
Mit Rücksich-t auf die Geschäftslage der Ersten Kammer bean-
trage er, den Artikel 8 der Vo-rlage dahin abzuändern, datz
das Gesetz statt a-m 1. Juli am> 1. Au-gust in Kraft treten soll.
Dr. Weiß (natlib.) steht der Borlage mit gemischten
Gefühlen gege'nüber. Ueb-er die Verwendung Ler infolge dieser
Borlage dem Staate zuslietzenden -Gelder hätte er eine be-
stimmte Erklärnng erwartet. Die RatschreiLer haben einen
Anspruch darauf, datz ihre Entlohnung nach dem Umsang
i'hrer Tätigkeit bcmessen wird. Von der Erfüllung dieser Be-
dingung mache er di-e Zustimmung zu diesem Teil ider Vorlage
abhängig.
Greiff (natlib.) begrützt die Erweiterung dcr Zustän-
digkeit der Grundbuchhilfsbeamten als einen Fortschritt. Jn
nicht allzu ferner Zeit sollte man daran denken, die Grund-
buchsührung an -geprüfte Rats- nnd Gerichtsschretber zu über-
tr-agen. Durch Errichtnng selbständiger GrnnNbuchämter in
kleineren Städten und größeren Lan'dgemeinden könnte inair
viel Geld sparen. Unsere nächste Ausgabe muß die Besser-
stellung der Ratschreiber bilden, die sür die Grnndbuchgeschäfte
lächerlich gering bezahlt werden. Redner hätte ebensalls eine
bestimmtere Erklärung vom Minister erwartet.
Neuwirth (natlib.) wünscht, daß den Raffchreibern
eine ihren 'Leistungen entsprechende Vergütung yewährt wird,
und klagt über die Höhe der Grundbuchgebühren, die einer
Aenderung dringend 'beidurfen.
Lehmann (Soz.) führt aus, es sei keine Regiernngs-
kunst, sondern eine Wnrstelei, wenn man einsach das Geld da
holt, wo etwas zu holen ist (Gelächter). Die agrarische Ma-
jorität habe die Minorität zu einer Handlung gezwungen,
die im Privatleben unter das Strasgesetzbuch falle. Eine -ge-
wisse Beruhigung sei, daß die Agrarier das Geld den Rat-
schreibern zuwenden wollen. Zu bedauern ist nur, dah-etne
entsprechende Bestimmung nicht ins Gesetz aufgenommen wird.
So lange keine unzweideutige Regierungserklärung vorliegt.
Die heutige Nvmmer rrmfaßt drei Blätter, zusammen 14 Seiten.