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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 126-150 (1. Juni 1904 - 30. Juni 1904)
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Erstes Blatt.


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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und dcn städtischcn Anschlagstellen. Kcrnfprech« «.

Badischer Landtag.

(109 Litzung d e r Z w e i t e n K a m m e r.)

, Karlsruh e, 22. Juni. Präsident Dr. G ö n n e r
^offnet die Sitzung um 9tz^ Uhr. Die Beratung über
2s Kultnsbudget und die Jnterpellation Zehn-
und Gen. betr. die Or d en s n i e d er I a s s u n -
8 en wird fortgesetzt.

Dr. Binz (natl.): Nicht aus Kcrmpfeslust, sonderu aus
Michtgefühl lommen wir immcr wieder auf das Verhältnis des
. wateZ zur Kirche zu sprechen. Hier handelt es fich um Kul-
i?(i?agen, die zusammcnhängen mit dcm altcn grotzen Streit
^schen Staat und Kirche. Jch betrachte das als eine Errun-
chWchaft, was unsere Partei unter Führung Lameys geleistet
os kann uns nur mit hoher Befriedigung erfüllen, datz sich
. ute das badische Zentrum mit dcm abgefunüen hat, was es
„^der aufs heftigste Lekämpfte. Jene Gesetzgebung ist von uns
, Lartcm Kampfe geschaffen worden. Auch heute darf es nnS
cg - verdrietzen, in den Kampf einzutreten, wenn es gilt, die
j„^?älinie zwischen Staat und Kirche zu ziehen. Der Gegcn-
sit nicht aus der Welt zu schaffen; das Volk ist daher ge-
Mingen, Stellung zu nchmen. Muser möchte alle Schwiersg-
. aen wseri durch Trennung bon Staat und Kirche. Der Ge-
anke wäre an und für sich ganz schön; allein er ist in seinen
L°n,equenzen nichts weitcr als ein schöner Wahn. Nach den
„,,l?hrungen der Geschichte ist die katholische Kirche nicht gewillt,
ZjAchstetzlich religiöses Jnteresse zu wahren, sondern sie will
Menschen haben. Sie ist gewöhnt, auch in rein
..^ntlche Angelegenheitcn hineinzugreifen. Bei dieser Sachlage
rs nicht verwunderlich, datz wir in Baden wiedcrholt mit der
^frche über rein weltliche Angelegenheiten streiten mutztcn.

nächste Folge des Muserschen Plans wären konfessionelle
,^?'vatschulen, die sich als Konturrenzschulen des Staates ent-
ch würden. Welche Schule den Sieg erringen würde,
,,,. vicht zweifelhaft. Man braucht nur nach Frankreich zu
scb r ' Muser würde unter Umständen auch vor einem Staats-
dsi^lmonopol nicht zurückschrecken. Wir dagegen können uns sür
Npn dlvangsschute nicht erwärmen. Es ist ja richtig, datz schon
yz "gwnslehrer ihr Amt mitzbraucht haben. Muser übersieht
Nw ^^bei, datz unsere Gesetzgebung Mittcl bietet, um Ausschrei-
^ygen von Fanatikern hintanzuhalten und den konfessionellen
r„ ?nen m den Schulen zu wahren. So schlimm stcht es mit
Staatsschulen nicht, datz wir Trennung von Staat und
z^^che fordern und den Religionsuntcrricht aus der Schulc ver-
müssen. Selbstverständlich müssen die berufenen Fak-
sivt? den gesetzlichen Befugnissen Gebrauch machen, be-
^.^vs .in Zeiten, wo konfessionelle Gegensätze sich von Tag zu
Oiil ^^vschärfen. Was die Erzbisch. Seminar- und Konviktsfonds
?vgt, so gebe ich zu, datz es sich nicht um prinzipielle Fragcn
kisich^tt. Wir von der nationallibcralcn Partei haben für
^chuche Zwecke stets reichliche Mittel bewilligt, ohne freilich
t zu ernten. Jm Gcgenteil, das hat nicht gehindert, datz
tzr-,'wtionalliberale Partei als die kirchenfeindliche von den
l^?"ern und Rednern des Zentrums verschrieen wurde. Das
^ie nicht weiter angefochten, weil wir aus Ueberzeugung
»orderungen bewilligt haben. Die vorliegenden Ansprüche
w'Mn aber grotze Bedenken. Die Notwendigkeit der Sanierung
Ichon feit Jahr und Tag hervorgetrcten. Auf was hat man
t>vll ö^^chuet? Auf den Staat? Nun, diefer bcstreitet mit
Recht den Anspruch. Daraufhin droht die Kurie mit
Prozetz. Untcr solchen Umständen sollte der Staat nicht
v verhandeln. Wenn kein Rechtsanspruch besteht, darf man
ej„1 keinen Billigkeitsanspruch anerkennen. Der Staat sollte
Pj,,. chi sagen: Wir anerkennen wcder eincn Rcchts- noch einen
dj^ Lwsisanspruch, aber wir sind bcreit, das Geld zu geben, weil
Iez„ bdürftigkeit nachgewiesen ist. Die Gründe für unsere ab-
Aw/nde Haltung in der Klosterfrage sind heute in verstärktem
njch^ vorhanden, weil man von einem konsessionellen Frieden
sprechen kann. Wir stehen vor der traurigen Tatsache,
i konfessionellen Gegensätze stärker sind als je. Jeder
vlandsfreund mutz bestrebt sein, das <Sine zur Milderung

diescr Gcgcnsätze Leizutragcn. Forscht man nach den Gründcn,
so findet man, datz der konfessionelle Unfriede hauptsächlich ge-
schürt wird durch den Ultramontanismus, der mit den heiligsten
Gefühlen Andersgesinnter nach Belicben umspringt. Muscr
hat bereits cinige drastische Bcispiele angeführt. Wcnn auch das
badische Zentrum cinen eigencn Weg einschlagen und den Pfaden
des internationalen Ultramontanismus nicht folgen wollte,
so würde es doch bald von dcncn auf dcn alten Wcg zurückge-
rissen werden, die stärker sind als je. Ein chemaliger Jesuit,
Frhr. v. Berlichingen, hat in WLrzburg Vorträge gehalten, die
an konfessionellcr Verhetzung alles in Schattcn stellen und schlietz-
lich vcrbotcn wurdcn. (Zurufe: Böhtlingk, Schtvarz.) Jch möchte
Sie bitten, uns diese Herren nicht immer wieder an die Rock-
schötze zu hängen. Der „Bad. Beob." hat die Berlichingenschen
Vortäge angelegentlich als Familienbuch seinen Lesern empfoh-
lcn. Es handelt sich hicr nicht um cinen einzelnen Vorgang.
Karlsruher Geistliche haben in der Schulc ein im Verlag der
Paulinusdruckerer in Trier erschienenes skandalöses Buch emp-
fohlen, in dcm eine schamlose Hetze gegen die Protestcmten cnt-
faltet wird. Die Störung des konfessionellen Friedens hat Bis-
marck auf die Gründung eincr konfessionellen Partei des Zen-
trums zurückgeführt, die notwendigerweise eine Reaktion zur
Folge hatte und das Mitztrauen der andern Konfessionen ivach-
rufen mutzte. Es ist kein Wunder, wcnn sich nun auch die
Protestanten zur Abwehr zusammenschliehen, ivenn die Beun-
ruhigung in protestantischcn Volkskreisen fortwährend wr Wach-
sen begriffcn. Die Trennung des Volkes in konfessionelle Par-
teien wäre von Unheil. Damit würde unseren Nachkominen
eine schlimme Erbschaft hintcrlassen. (Zehnter: Sie haben sie
gestiftetl) Kommen Sic uns doch nicht immcr mit solchcn Vor-
würfen. Das Zcntrum hat auch nach Beendigung dcs Kultur-
kampfes mit der Agitation nicht aufgehört. Wir können die
Hand nicht dazu bietcn, datz ihm durch die Männerklöstcr auch
noch Hilfstruppcn gestcllt wcrdcn. Wir wollen unser badisches
Vaterland vor dem Schicksal anderer Staaten bewahren. ?lnch
gut katholische Männer, wic SchcÜ, habcn konstaticrt, datz dw
Orden unter dem Einflutz der Zesuitcn stehen, die Kardinal
Hohenlohe für cine Landplage erklärt hat. Wir können uns
nicht entschlietzen, zur Kräftigung des unheilvollen Einflusses
des Zentrums die Hand zu bieten. Die Begründung dcs Mi-
nistcrs war für mich höchst überraschend und hat mich mit Bit-
terkeit erfüllt. Er hat an unscren Liberalismus appelliert und
auf Gegeusätze iu der Fraktion hmgewiesen. Jch mutz das
zurückweisen und konstatieren, datz dies nicht der Fall ist. Auch
die Reklamation Lameys muß ich ablehnen, da,er wie die Frak-
tion jcderzeit gegen Klöster und Missionen gestimmt hat. Auch
von einem Umfall dcr Nationalliberalen iu der Jesuitenfrage
kann keine Rede sein. Die Regierung hat bisher dic Klöster
nicht zugclassen, weil sie eine Verschärfung der konfessionellcn
Gegcnsätzc sürchtete. Zlus dcm gleichen Grunde sind die Na-
tionalliberalen zu dcr Uebcrzeugung gekommen, datz heute die
Aufhcbung des § 2 untunlich ist, weil fic als eine Konzession
ans Zentrum aufgefaßt ivird und naturgemätz Beunruhigung
hervorrufen mutz. Zch habe cs auch sehr bedauert, daß der
Minister den sogenanntcu Klostersturm mit solchen Redewendun-
gen bedacht hat. Wir haben uns an der Aktion, die spontan
entstanden ist, offiziell nicht bcteiligt. Es wäre aüer ein ver-
hängnisvoller Jrrtum, weun die Regierung glaubt, datz nur
Böhtlingk dahintcr stand. Jch verweise auf die grotzartige
Karlsruher Protestvcrsammlung, an der hervorragende Beamte
teilgenommen haben. Da kann man doch nicht von einer Mache
rcden. Es ist vielmehr cine ernste Volksbewegung, welche die
grötzte Beachtung verdient, Unsere badische Geschschte verbieiet
uns, uns von Klöstern überschwemmen zu lassen. Es wird nie-
mals eine nationalliberale Partei geben, welche ihre Zustim-
mung zur Zulassung der Männerorden gibt. Die Rcgicrung
sollte es sich doppelt und drcifach überlegen, ob sie die Verant-
wortung übernehmen will. Jch gebe dem Minister zu bedenken,
yü er sich mit Fug und Recht auf eine Majorität stützen kann, die
ihm nicht cinmal das Budget bcwilligen kann. Die Regicrung
ist doch ein selbständiger Faktor, die nach freicm Ermcssen ihre
Entscheidung trifft. Es kommt dazu noch in Betracht, ob die

Regierung die, Stimme der Gelehrten und der vielen liberalen
Katholiken igiwrieren will. Das Zentrum aber sollte nicht auf
eiuer Forderung verharren, die den Frieden unseres Volkes uur
stören kann. Jch bedaure wiederholt, daß der Minister die Zu-
kassung in Aussicht gestellt hat. (Bravol bei den Natioual-
liberalen.)

?lbg. Zehuter (Ztr.): Ucber die nationalliberale Partei
hat bcreits die Gegenwart den Stab gebrochen. Die Zahl ihrer
Sitzc ist auf dic HLlfte zurückgegangen; sie kracht heute tn alleu
Fugen; in Karlsruhe wählt man bereits sozialdemokratische
Führcr in den Vorstand dcs nationalliberälen Vereins. (Hei-
terkeit.) Warum hat Binz nicht auf Böhtlingk, Gratzmann,
Hoensbroech, Schwarz, auf die Leistungen der „Wartburg" und
der „Tägl. Rundschau" hingewiesen? Die Theorie der Tren-
nung von Staat und Kirche hat fiir Deutschland zur Zeit wenig
praktischc Bedeutuug; weun es aber je dazu kämc, dann hätten
wir keincn Grund zur Beunruhigung. Was Muser aus Heiners
Schriften mitgeteilt hat, beruht auf einem Mihverständnis.
Die Kirche tritt dem Staat nicht zu nahe, wenn sie nur cine
von ihr geschloffene Ehe als vollgiltig ansieht. (Zurufe: Kon-
kubiuat.) Ja, es ift nur ein Konkubinat im Sinne der Kirche.
(Gelächter.) Was Le Lucca lehrt, geht uns nicht au. (Dr.
Schncider: Der Bischof von Siena hat das Buch approbiert!)
Der Bischof vou Siena geht uns auch nichts an; der hat nns nicht
zu lehren, ivas wir zu glauben häben. Illso berschonen Sie uns
künftig mit solchen Dingen! Frühauf hat sich despektierlich übcr
dcn Sühnegottesdienst im Fall Schwarz ausgesprochen nnd die
Aufhebung des § 166 ausgesprochen. Jch üin der Meinung»
datz wir den § 166 heute einführen mützten, wenn wir ihn
nicht schon hättcn. Es besteht doch wahrltch kein Bedürsnis zur
Beschimpfimg. Wilckens hat gestern seincn sonst so ruhigen Lon
vermissen lassen. Es schcint, datz die erzieherische Wirkung der
Jungliberalen sich bereits geltcnd macht. (Heiterkeit.) Redner
sucht dann den Nachweis zu führen, datz die Frage, ob ein Rechts-
anspruäi des Erzbisch. Ordinariats besteht oder nicht, zum min-
desten sehr zweifelhast fei. Tem Jesuitcnorden kann man aus
der Bekämpfung des Protestantismus keinen Borwurf machenl
Auch der Evang. Bund tritt der Ausbreitung der kathol. Kirche
cntgegen. Wir haben das niemals verdammt, wir verlangen
nur Gleichberechtigung. (Bravol) Mit der Erklärung der
Rcgierung zur Klostersrage lonnen wir uns nicht zufriedcn
geben. Mau mutz sich nur wundern, datz die Verhandlungen
uoch nicht zum Abschlutz gekommcn sind, denn der Minister liat
selbst dic bcsten Argumentc für uns vorgebracht. Cs ist nur die
Schuld -er Regierung, dah die Sache noch nicht erledigt ist.
Es wäre viel klüger geivcsen, wenn man die Sache zur Ent-
scheidung gebracht hätte zu ciner Zeit, wo sie noch nicht so auf-
gebauscht war. (Sehr gutl) Ganz gerechtfertigt scheint mir
die Rcgieriing dazustehen, wenn sie ihre Zustimmung zur Auf-
hebung des 8 2 gegeben hat. Auch ist es sehr erfreulich, datz sie
klipp und klar Stellung zur Ordeusfrage genommen hat. Es
wäre jetzt an der Zeit, datz der konfeffionelle Hader endlich auf-
hört. Wir stehen auf deni Bodeu der neuen Tatsachen und ivüu-
scheu nur, datz nmn der badischen lätholischen Kirche das ein-
rämnt, was in anderen Staaten schon längst bewilligt wurde.
Wir streben dcm Friedeu zu uud hofsen irr kirchenpolitischen
Dingen zu einer Verständigung mit dcr Regierung und der
nationalliberalen Partei zu gclangen, damit wir bereint uns
den Aufgaben zuwenden können, dic das Baterland an uns stcllt.
(Bravol im Zentrum.)

Ministerialdirektor Hübsch lvendet sich gegen die Ausfüh-
rungen Zehntcrs betr. die Dotation des Crzbistums.

Aüg. Obkircher (natl.): Den ivarmen Appell Zehntcrs
zur Herstellung des Fricdeiis möchte ich warm unterstützen. Wcmr
aber dieser Fricde nur erreicht iverden soll nnter Preisgabc dcr
libcralen Errungenschaften, dann wäre ich entschieden gegen den
Friedensschluh. Sie (zum Zentrum) sind die Ilugreiser, nicht
ivir. ?ln die Regierung niöchte ich die Anfrage richten, ob iie
Erhebungen über die Geheimberichte der Religionslehrer ge-
macht hat. ?luch in der Bolksschule kommen derartige Dinge
vor, wie aus dcm Schreiben eines Erzbisch. Schulinspektors «n
eincn Lehrer hervorgeht. Bezüglich der gemischten Ehe sollten

Kleine Zeitung.

Tx Hochschulnachrichten. Tdr a. o. Professor der Mathcmatik
Wellstein in Gietzen hat, wie der „Frankf.
Bx^^richtet wird, den Rnf nach Strahburg angenommen. —>
Tte>-«i 22. Juni. Die Leitung der Königsberger
??ch deren Leiter Prof. Strnvc als Nachfolger FörsterZ

Tt„( T?^tiu geht, ist dem zweiten Observator an der hiesigen
Pat j ^rte, dem Privatdozenten und Titularprofessor Dr. Hans
^rmann übertragen worden,

^rannschwcig, 20. Juni. Der Chefredakteur der
^"stchw. Landesztg.", Dr. Eugen Sierke , hat sich
"^Strafkammer wegen Beleidigung der Her-
^"phie Charlotte von Oldenburg, ältesten
hot ^es G^ßherzogs, zu verantworten. Das Blatt
kchx Mttteilung aus Lü'beck gebracht, welche die Rück-
vie^^ Herzogin nach längerem Aufenthalt an der Ri-
zum Gegenstand hatte. Jn einer Schluß-
dex ""s war eine Parallele gezogen worden zwischen
der Herzogin und. zwei Prinzdssinnen des
die q/,^2glich Strelitzschen Hauses; in letzterer erblickt
2gebehörde die Beleidigung. Der Angeschuldigte
^rcx ^ uicht bewußt gewesen, daß der Artikel straf-
w irae^ - könne, der die Ehre der Herzogin

^lus'i^ ^^^r Weise bsrühre, sondern er habe die im
enthaltene Andeutung so aufgefaßt, als sollte
hc>rwi„s Dsrhältnis bezeichnet werden, das an sich
E^isei, n' Wi-, doch aber, weil es in höchsten Hof-
^drteiwl^^ Mißdeutnngen Anlatz geben könnte. Ter
^vNtrcin^ ^ -lngeschuldigten, Rechtsanwalt Thiemann,
1 e, ^reiherrn v. Plettenberg (Washington) und

die Herzogin Sophie Charlotte noch vernehmen zu lassen.
Tie Herzogin häbe Herrn v. Plettenberg herzliche, innige
Neigung geschenkt, und das sei der Grund gewesen, wes-
hatb Herr v. Plettenberg nach Washington verseitzt worden
sei; zweifellos habe auch das Verweilen der Herzogin an
der Riviera dazu dienen sollen, die iin Herzen der Her-
zogin entfachte Liebe zn ertöten. Aufgefallen sei auch,
daß der Großherzog von Oldenburg im März d. I. nach
Washington gereist sei, wo er drei Tage geweilt und
jedenfalls eine persönliche Unterrednng mit Herrn vcm
Plettenberg gehabt 'habe. Wenn von einem Uebel die
Rede sei ähnlich jenem, das die mecklenhurgischen Prin-
zessinnen befallen habe, so könne diese Bezeichnung auch
schon dann anwendbar sein, wenn es stch nur nm ein
Verhältnis handele, bei dem so starke Standesunterschiede
obwalteten wie hier. Der Gerichtshof lehnte den Bcweis-
antrag mit der Begründung ab, daß die ihm zu Grunde
liegende Behanptung rnhig als wahr nnterstellt wevden
könnte. Das Urteil des Gerichtshoses lautete auf vier
Monate Gesängnis. — Dr. Sierke war aufge-
fordert worden, -den Einsender zu nennen, er 'selbst würde
dann nnbehelligt bleiben. Er hat ihn aber nicht genannt,
obgleich er inzwischen eingesehen, daß der Gewahrsmann
das in ihn gesetzte Vertrauen nicht verdiente.

— Vom intcrnatioiialen Franenkongrcß. Man sprach
auf dem Kongretz u. a. cmch über die Reform der
F x ä u e n k I e i dn n g. Frau Margarete Pochhammer,
die Vorkämpferin auf diesem Gebiete, sührte darüber
solgendes aus: Die Frage der Kleiderreform hätte eigent-

lich den übrigen vorausgehen müssen, da ein gssundex
Geist nur in einein gesunden Körper wohnen kann. Jndes
ist erst in den letzten Jcchren aus diesem Gebiete Ersprieß-
liches geleistet worden. Die srü'heren Resormen waren
zn auffallend und zu wenig künstlerisch. Dse heutige
Resornr läßt eine grötzere tNannigfaltigkeit zn. Sie legt
namentlich aus drei Tinge wert: 1. aus die Vereinignng
von Hemd und Beinkleid, 2. auf das Leibchen oder den
Büstenhalter, 3. auf das Kleid, das nicht sackartig herab-
hängen darf, sondern von den Hüften mit getragen werden
muß, Endlich niuß wenigstens üas -«traßenkleid suß-
frei sein. Die Rednerin wies daraus hin, daß leider dis
letzte Forderung bisher recht wenig dnrchgedrnngen ist.
Das fußsreie Kleid ist in der Tat nicht nur deshalb nötig,
um Staub zn vermeiden, sondern auch, um einen zie»
lichen Gang und einen elastischen Schritt zu erzielen.
Das Schleppenkleid macht die Bewegungen unsrei und
paßt höchstens sür den Salon. Die Rednerin sprach die
Hoffnung aus, daß aus dem nächsten Kongreß keine Frau
me'hr im Korsett zu sehen sein werde. Jn der Erörter-
ung fügte Fran Prof. Seler-Steglitz anch einen Appell
an die Männer 'hinzu, die an Taillen 35—60 Zentimeter
Weite und an niedlichen Füßchen keinen Gefallen mehr
sinden dürsten. Tas Korsett gehöre ir^ die Mnseen fiir
Folterkammern und Werglauben.

— Konstantiiiopel, 21. Juni. Der frühere Schwieger-
sohn des Sultans, KemaIeddin Pascha, wnrde
vorgestern Nacht mit einem Separatdamp'fer fortgebmcht.
Er ist nach Brussa verbannt worden. Samstag ncchm
 
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