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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1904 - 31. März 1904)
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Lienslsg, 29, Mrz

Erstes Blatt.

ä6. AchMs. — 75

Nrschei»t täglich, SonntagS auSgenommen. Prei» mit Familienblättern monatlich 60 Pfg. in's HauS gebracht. bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch di«

bezogen vierteljährlich 1,85 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.

»nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für htesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von
an bestimmten Tagen wird keiue Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aui den Pla kattaseln der Heidelberger Zeitnng und d>.n städtischen Anschlagstellen. Ferusprecher 82.

Die Geschäftslaqe im Landtag.st"^'?

K a r l s r ii h e, 28. März. Der badische Landtag
ist in die O st e r s e r i e n gegangen, nm stch 14 Tage
lang von den Parlamentsstrapazen zu erholen. Im Ber-
gleich zn der angewandtcn Mühe muß die sachliche Aus-
beute irn ersteu uud zweiteu Sessiousabschuitt eine
äußerst geringe genanut werdeu. Es wurden iu 61
Sitzuugen vou der Zweiten Kammer nur dieBudgets
der Ministerien des Innern und der Justiz und im Zu-
sammenhang darnit der Gesetzentwurs betr. 'die Versicher-
ung- der Riudviehbestände, ferner vier Jnitiativ-
anträge (betr. Errichtung von Arbeitskammern,
Ueberwachung des Verkehrs mit Nahrungs- und Genuß-
mitteln, Entschädigung der Kriegsveteranen und Ein-
stihrung von Diöten sür den Reichstag), zwei Inter -
Pellationen (betr. die Mißhandlung eines Schul-
knaben in Brötzingen und die Schiffahrtsabgaben auf den
deutschen Strömen) und einige Petitionen erledigt.

Der Verabschiedung harren noch die Budgets des
Staats-, Kultus-, Nnterrichts-, Eisenbahn- und Finanz-
ministeriums, die Gesetzentwürfe 'betr. Aenderung der
Versassung, des Gehaltstarifs, des Biersteuergesetzes, 'der
Gemeindebesteueruug und des Allmeudgenusses, des Po-
lizeistrasgdsetzbuches (Kurpfuschervorlage), des Grundbuch-
wesens und Zwangsversteigerungsverfahrens, die Aus-
gabe von Schatzauweisungen, serner die Schulanträge der
uationalliberalen, demokratischen und frerstnnigen Frak-
tion, die Anträge'betr. die Berechtigung der Realmittel-
Ichulen und die Zuwachssteuer, endlich ca. hundert Peti-
lionen. Die Landboten haben also noch ein gswaltiges
Arbeitspensum zu bewältigen, zumal alle diese Vorlagen
uoch nicht einmal vou den .Kommissionen ganz durchbe-
rateu, eiuzelne sogar noch gar uicht in Angriff genomnien
stnd.

Die lirsache dieser höchst unersreulichen Geschäftslage
ist einnral in der spätcu 'Einberufung des Landtages,
bauptsächlich aber in der ubermäßigen Ausdehnung der
Debatten zu suchen. Man kanu den Parteien — und zwar
ollen ohne Ausnahme — den Vorwurf mangelnder Selbst-
wcht nicht ersparen. Ilnbeschadet aller Grüudlichkeit der
Crörterung, die wir iu manchen Fragen für durchaus
angebracht halten, wäre es sehr wohl möglich gewesen,
burch Vermeidung der Unmeuge vou Wiederholungsredeu
die Debatten erheblich abzukürzen und so für zeitige Fer-
ligstellung des Etats, auf die viele Beamte und Geschäfts-
^ute mit Schmerzen warten, zu sorgen. Eine weitere
Folge des gerügten Uebelstandes ist, daß die Wertschätzung
^er'Kammerverhandlungen immer mehr abuimmt und das
-insehen des Parlamentarismus schwer geschädigt wird.
Wenn das Ergebnis der lauseudea Tagung ein ersprieß-
uches werden soll, daun müssen die Parteien uach Wlauf
"^r Osterferien in erster Linie darauf stnnen, wie der
wstruchtbaren Länge der Verhandlungen uüd der töt-
iichen Vielrederei ein Eude gemacht werden kann. Mit
Mten Vorsätzen allein ist es nicht getan; diese führen, w:e
uinanzminister Buchenberger zu Beginu der Sefsion in

Stadttheater.

Heidelberg, 29. März.

« ,.M aria Magdalena", Trauerspiel von Friedrich
'vebbel. Gastspiel dcs Frl. Heinrich.

Man liest dje Tagebücher des Herrn bon Varnhagen und
Mt, tvclch' trübe Zeit das gewescn sein mntz, dicse Jahre 'des
x Ulossenen Jahrhunderts bis 1850. Man sieht Maria Mag-
.Mene nnd hat den Geist jener Tagc vor sich: Autorität erhcbt
. W init ihrcr vielleicht vernunftlosen Macht über den Men-
»Pv- Was licgt daran, datz der Mensch sich cntwickle und
w ausbaue in seinen Anlagen, wenn nur der Gcist des Gestcrn
D^Achüttcrt blcibt? Was liegt daran, daß einer denkt, die
eimnat <,m anderen En'de anzufangen und eincn neuen
der Betätigung seiner Kraft zu suchen, wenn nur dic
h. "bst und starre Untcrwerfung unter vielleicht falsch verstan-
^ebotc der Vergangcnheit gerettet ist? Der So'hn dcs
Anton läuft von Hause fort, der Alte soll nicht in
dav^ Jedem seinen Kopf durchsetzen: „Jch gehe auf uno
in du'lleicht glückt's mir. Und scgelt ich auch nieinen Kahn
Grund, so war es doch hcrrlich zu fahren". Jn der
Un?- dagegcn ist kcine Widerstandskraft: das Gebot Gottes
hirm Gebot des Hauscs und der Wille des Vaters, darüber
iDj.sstw hat sie keinen Gedanken. Da ist wohl ein einziges,
du Aufleuchtcn eines Gefühls der Berantwortung: wcnn
mutzt du ein andercs, neues Lebcn mit dir in den
^»'whmen. Aber entscheidend ist für sie das Wort des Va-
Ni ' "'"chst du mir Unehre, so schneioe ich nnr den Hals ab.
«u b' c Anton so redcn und so handeln mag, das ist

Stclle vor 2 Jahren, als Frl. Heinrich hier die
ten Magdolcne und Herr Sigl den Meister Anton spiel-
hi,ö.w)w Möglichkeit entwickclt worden. Die Darstcllung
ivjZ.s/'otz nuch gestern wie damals eine große und tiefe Nach-
bon 5»^' jen« beioen Darsteller wnrden auch diesmal

st Mirspielern aufs trefflichste unterstützt. Herr HoI -

gnb mit Wärme und schöner Haltnng die sympathische

richtiger Vvrahmmg prophezeit hat, zur Hölle, d. h. zu
eineni schlimmen Ende. Präsidium und Seniorenkonvent
müssen zusammenwirten, nm endlich Abhilfe zu schaffen.
Sie dürfen überzeugt sein, daß die öfsentliche Bkeinung
ganz anf ihrer Seite steht, wenn sie energisch vorgehen.

Deutsches Reich.

— In einer Betrachtung iiber die M a ch t des Z e n-
trnms schreibt man der „Nenen Bad. Landesztg." von
sreisinniger Seite: Mit dieser Machtstellung ist es von dem
Tage an zn Ende, wo B ü rgertu m und Arbeiter
sich auf einer Basi s finden, auf welcher r e g i e r t wer-
den, kann. Das wird die Konstellation der Zuknnft sein.
Daß dazu bei der Zersplitterung des Liberalismus einer-
seits nnd der rabraten, intranlsigenten Haltnng der So-
zialdemokratie anderseits sür absehbare Zeit keine Ans-
sicht ist, muß leider nur als zu währ erkannt werden.
Die Herren Genossen, die in den Spuren des Dresdener
Parteitags weiter wandern, besorgen die Geschäfte des
Zentrums, dessen größte Stütze Herr Bebel ist. Es ist
keine 'Aussicht, daß das sür die nächsten Jahre wesentlich
besser wird. Derartige Phasen müssen sich ausleben.
Wir werden also für längere Zeit uns auf die Macht-
stellung des Zentrums gesaßt machen miissen, und viel-
leicht ist das, was nns jetzt daran nicht gefällt, noch wenig
im Vergleich' zu dem, 'w a s n o ch k o m m t.

Baden.

— Nr. 8 -es „Gesetzes- und Verordnungsblattes für daZ
Grotzherzogtum Baden" enthült eine Bekanntmachung des
Ministeriums dcr Justiz, ocs Kultus und Unterrichts betr. die
Anerkcnnung der in Badcn erworbenen Prüfungszeugnisse für
das Le'hramt an höheren Schulen in anoeren Bundesstaaten
uiid cinc Verordnung des Ministeriums des Jnncrn Letr. die
Abändcrung der Vollzugsverordnung zum Jagdgesetze.

— 'Wie bei den Staatsbahnen, so hat auch bei den
Privatbahnen der Monat Februar gnte Ein-
nahmen gebracht. Zum erstemnal sind im Personenver-
kehr bei sämtlichen 18 Bahnen Mehreinnahmen zu ver-
zeichnen. Beim Güterverkehr koinmen auf 13 Bähnen
niit Mehreinnahmen nur 5 mit Mindereinnahmen, und
das gleiche Verhültnis ergibt sich bei den Gesamteiimah-
men mit Einschluß derjenigen aus sonstigen Ouellen.
Von 'den 13 Bahnen, die am .1. April abschließen, hatten
in den abgelaufencn 11 Monaten 10 Mehr- und 3 Min-
dereinnahmen; von den am 1. Januar akschließenden
Bähnen bis jetzt 4 Mehr- und 1 Mindereinnahmen.

Prentzen.

— In dem durch Znrücknahme der Klage beendigten
Beleidigungsprozesse, den Fürstbischof Kopp g-egm den
Redakteur v. Wolski in Beuthen wegen Beleidigung an-
strengte, hat sich, wie schon knrz angedeutet, gezeigt, daß
der kacholische Klerus jetzt auf die radikal-polnische Agi-
tation schr drückt, uach'dem ihm dieselbe gefährlich zu
werden beginnt. Zur Illustration diene folgender Ab-
schnitt aus dem Zeugenverhör:

Erster Zeiigc ist Pfarrer Krummschmidk. Der Ver-
tcidiger hält ilsm einen Bricf vor. Dcmach hat der Zenge cm
cinen seiner Parochianen, eincn Häusler, geschrieben: „Von
glän'biger Seite ist mir mitgeteilt wovden, dah Sie Agitatorcn

Gcstalt des Sekretärs. Herr Stein m a n n zeichnete in ein
paar sichercn Strichen den Kaufmann, der das Haus des Mei-
sters Anton aufsucht, nm ihm -wegen dcr Diebstahlsgeschichte,
in die Karl unschuldig 'hineingezogen ist, sein Bedauern aus-
zudrncken. Karl war Herr Eckhof. Er geficl nns gestern
ausnc'hmend gut: All oas Gährende, Berheitzungsvolle, Kräf-
tige, all jenc Mächtc, die nnser neues Weltreich haben gestalten
helfen, licgcn in dicsem deutschen Jüngling angedcutet. Die-
ser Reprüsentant des Sturmes und Dranges von der Mitte
des Jahrhunderts wurdc in dcr Darstellung des Herrn Eck -
h o f lebendig. Herr Steffens hatte bcreits als Wurm nn-
scr 'Jntcresse erregt, den Leonhard, diese dem Wurni so ver-
wandte 'Gestalt, gab er mit guter Sicherheit lebendig, ge-
schmackvoll, geleitet von knnstlerischenr Takt. Frl. L e h -
m a n n war die alte Meisterin. Auch in ihrer Rolle ist diese
spitzfin'digc, cpigramniatische Diktion, die bei Hebbel vorherrschk.
Die Darstellerin wnßte eine fchöne Ruhe nber die Gestalt aus-
zugietzcn; das Gelingen des ersten Mtes ist besonders auch ihr
zu dankcn. Herr Sigl sowohl als Frl. Heinrich haben in
diesen zwei Iahren an künstlerischer Reife gewonnen. Sie
gaben dem Abend oen grotzen Zug. Mit welch' eindringlicher
Kraft war alles Einzelne 'herausgcarbeitet, und wie einheit-
lich, Icbendig u'nd wahr erschien das Ganze. Wer immer mit
erfassendem' Gefühl dieser Darstellung folgte, nmßte von dem
Geistc des Dichters mächtig bcrnhrt werden, denn hier wirk-
ten echte und hingebungsvolle Helfer am Werk. K. W.

Kleine Zeitung.

— Lcipzig, 27. März. Ein großes V e r m ä ch t n i s
ist der Stadt zugefalleii. Die hier verstorbene Sidonie
Groeppler vermachte der Stadt ihr Gesamlvermögen von
über zwei Milltonen Mark zn wohltätigen
Zwecken.

dcr radikal-polnischcn Partei in Jhrcm HaNse Aufnahme ge-
wä'hrcn. Ich kann Sie daher nicht mehr als zur katholischcn
Kirchc gchörig betrachtcn. Jch mntz Sie von dcr Spcndung
dcr hciligcn Sakramcnte ausschließen und werde bei eincr
Kollcnde Jhr Haus nicht mchr betreten." — Vert.: Gsben
Sie zu, Herr Pfarrer, die'sen Brief geschrieben zu haben? —
Zengc: Jawvhl, ich hatte von gläubiger Scite erfahren,
daß dcr Häusler Stimmzettelverteiler der radikal-polnisckM
Partci bei sich empfüngt. Da dies in ärgernis-erregendcr
Wcisc gcschehen war, so habe ich dcm Mann dicse Mittcilnng
eröffnet.

General-Vitäriarsamtsrar 'B u ch m a n n >,Brcslau) wivd
ars Sachverständiger darüber befragt, ob Psarrer Krnmm-
schmrot zn 'seinem Vorgehen berechtigt war. Er antwortet:
Die Krage lasse sich für einen Kernstehenden nicht ohne wei-
teres beantwortcn. Es hängt von den gesamten Umstünden ab.
— 'V c r t.: Haltcn Sie emen Geistlichen für üerechtigl, j>c-
mcmd dic heiligen Sakramcnte zu vcrweigcrn, bloß weil er
cin sozialistischcs Blatt oüer den Gorn-oslazak liest? — S a ch-
v e r st ä n d i g c r: Rur dann, wemi der Gcistliche dcr Ucbcr-
zeugung ist, datz der Mann nicht mchr Christ ist. — Vert.:
tzalten Sic einen Geistlichen für üerechtigt, das Lesen einer
Zeitung von der Kanzel herab zu untersagen? — Sachver st.:
Den Gornoslazak habc ich noch niemals gele'sen, weil ich der
polnischen Sprache nicht mächtig üin. Wenn aber ein Blatt
die Kirche oder die Gcistlichkeit angreift, dann ist der Geist-
liche befugt, das Lescn des Blattcs v-on der Kanzcl herab zu
verbieten.

Zeuge Hänslcr nnd Biertelbauer Czmil ('Warsowitz) :
Er habe cinmal vor cincm 'Gasthause gestandcn, da habc der
Geistliche Wahlflngblätter verteilt. Er habe die Empfang-
nahme cines Flugblattes mit dcm Demcrken abgelehnt: Ich
habe schon. Am folgcnöen Sonntag habe der Gcistliche in der
Kirche von dcr Kanzel hcrab gcsagt: Hüiet cnch bor dcn Han-
nnsseko und Czmils, das sind keine gnten Leutc. — Bors.:
Welcher politischen Organisation gehören Sie an? Zcuge:
Jch bin Katholik, gehe aber znsammen mit dcn Polcn, znmal
ich wenig deutsch kamr. — Vors.: Fnhrer dcr polnischen Par-
tei sind Sie nicht? — Zeuge: Nein.

Arbeiter Langer: Als er einmal zrir Beichte kam, habe
dcr Geistliche zn ihm gesagt: Gehen Sie aus der Kirchc, Sie
sind Sozialdemokrat. — Vors.: Sind Sie denn Sozialde-
mokrat? — Zeuge: Nein, ich bin kat'holisch. — Bors.: Wie
stimmtcn Sie bei den Wahlen? — Zenge: Für die polnische
Partei.

Kaufmnnn Karl Jagodzinski (Oppeln): Der Gcist«
lichc 'habe ihm nur unter der Bedingnng Absolntion erteilt,
datz er das Versprechen gab, die „Gazeta opolska" nicht niehr
zu le'scn. — Vors.: Welcher politischcn Partei gehören Sie
an? — Zeugc: Jch bin 'Geschäftsmann und gehöre daher zu
jcder Partei. (Heiterrert im Zuhörerraum.) — V o r s.: Sie
wählen aber mit der radikal-polnischen Partei? — Zeuge:
Jch habe den Kandidaten der Zentrnmspartei, Herrn Major
Szuma gewählt.

Tischlcrmeister Wogowski: Er habe dem Geistlichen das
Versprechen geben müssen, datz er nicht mehr die „Gazcta
opolska" lesen wcrde; erst daraufhin habe er Aüsolution er-
halten.

Hausbesitzer Mayp a (Oppeln): Der Kaplan habe ihm
die Ab'solntion nicht gebcn 'wollen, da er Leser der „Gazeta
opolsla" war. — Bors.: Sagte der Herr Kaplan, weshalb
Sie die „Gazeta opolska" nicht mehr haltcn sollten? — Zeuge:
Er sagte, die „Gazeta opolska" schimpfe auf den Geistlichen
Rat Czollckl — Vors.: Sie haben nun vcrsprochön, die „Gä-
zeta opolska" nicht mehr zn haltcn, und' haben darauf Mso-
ltnion erhalten? — Zeuge: Jawohl. — Vors: Sie haltcn
anch die „Gazeta opolska" nicht mehr? — Zeuge: Meine
Frau hält sie jctzt. (Heiterkeit im Znhörerraum.)

Jn ähnlicher Wcise sagen noch wcitcrc Zengcn aus; einige
von ihnen lescn dic von 1>cr Geistlichkcit bcnnstandcten Zei-
tungcn wiedcr, trotzdcm sie in der Beichte versprochen hatten,
sie abzubestcllen, und bernfen sich zur Entschnldigung tcils auf

— Pnris, 27. März. Die 'Jnsel Rckunion ist durch
eineu Wirbelstur m in der Nacht vom 21. ouf den 22.
ds. verwüstet worden. (Muuion, fruher Jsle 'de Bourbon
geimnnt, ist die südlichste der 'bei Asrika im Jndischen
Ozean gelegencn Maskarenen, von 1980 Quadmtkilo-
meter Flächeninhalt. Der Bodeii tst überaus fruchtbar,
das Klima vorzüglich, weshalü es von deu Jndiensahvern
häufig als 'Erholungsstation für die Mannschaft benutzt
'wird.)

— Des Opfcrs tiorwurfsvollcr Blick. Aus Phila-
delphia wird der „Nationalztg." vou Anfang März ge-
schrieben: Durch das Gericht in Philadelphia ist dieser
Tage eiu unheilbar Geisteskranker dem städtischen Frren-
hause iiberwiesen wor'den. Der Bedaueruswerte ist ein
Deutscher, eiu srüherer Lokomotivführer, und seine Ge-
schichte dürfte zu den traurigsteu ihrer Art gehören. Frey,
so ist der Name des Maunes, hatte vor etwa 6 Jahren
das Unglück, mit seiner Lokomotive einen Männ zu über-
sahreu, der weuige Miuuten nach dem llnfall starb. Der
Uebersahrene war eiu guter Freund von Frey uud hinter-
ließ eiue Frau mit sieben kleineu Kiudern, die nun ihres
Ernährers beraubt waren. Der Sterbende warf, ehe er
die Augen für immer schloß, Frey noch eineii langen
vorwurfsvollen Blick zu, der deu Lakomotivführer so er-
schütterte. daß er den Verstand verlor. Er mnßte nach
einer Heilanstalt gebracht werden, »nd als er nach län-
gerer Zeit aus der Anstalt entlassen wurde, befiel chn
tiefe ONelaucholie. Vier Jahre lang litt er an Schlaf-
tosigkeit, die seine Nerven zerrüttete und dazu beitrua.
 
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