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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-50 (1. Februar 1904 - 29. Februar 1904)
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LonselMg, K Fehrsnr IV4.

MWG —


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sn

Aus der Verfassunsiskommission der 2. bad.
Kammer.

Karlsruh e. 17. Jebruar.

Jn der Verfassungslommission der Zweiten Kammer
hat nunmehr die in Aussicht genonnnene AuSsPrache mit
dem Vertreter der Großh. Regierung stattgefunden. Es
kamen dabei die den drei Vorlagen über die Abänderung
der Verfassung, über das Wahlverfahren und die Wahl-
kreiseinteilung sür die Wahlen znr Zweiten Kammer
unterliegenden Grundgedanken zur Erörteruug. Zweck der
Aussprache war, teils Zweifel über die Tragweite einzel-
ner vorgesehener Bestimmungen zu beseitigen, namentlich
aber die Stellung der Großh. Regierung zu den iu der
Kommission in Anregung gekommenen Abänderungeu der
drei Entwürfe kennen zu lernen. Beschlüsse wurden auch
jetzt noch nicht gefaßt. Es soll den Fraktionen nun Zeit
gege'ben sein, sich zu entscheiden; sodann werden in Bälde
die Beratungen fortgesetzt und zu Ende geführt werden.

Seitens der Großh. Regierung waren der Herr M i -
nister des Jnnern und der Regierungskommissar
Herr lNeh. Oberregierungsrat Dr. Glockner erschienen.
Der erstere teilte einleitend nüt, Herr 'Stoatsminister von
Brauer bedaure, durch scine Krankheit am Erscheinen
in der Kommission vevhindert zu sein, es habe jedoch ikber
alle in Betracht kommenden Punkte zwischeu beiden Mi-
nistern eine Besprechung stattgefunden, die zu einer voll-
kommenen Einigung über die in der Kommission zu ma-
chenden Mitteilungen geführt habe, und der Herr Mi-
nister des Jnnern gebe die folgenden Erklärungen zu-
gleich auch im Auftrage des Herrn Staatsministers ab.
Aber Entschließnngen des Staatsministeriums und des
Großherzogs lägen sekbstverständlich noch nicht vor, die
ja erst auf besümmt formulierte Kommissionsbeschlüsse
erfolgen könnten. Die endgültige Entschei-
dung der Großh. Regierung über etwaige Abänderun-
gen der Entwllrfe müsse vielmehr- vorbehalten
bleiben.

Jm Vordergrund des Jnteresses stand die Stellung-
nahme der Großh. Regierung zur Aenderung derjenigen
Vestimmungen des Entwurfs über die Abänderung der
Verfassung, welche der Ersten K a m m e r in Bezug
auf die die Finanzen betreffendm Gesetzentwürfe, insbe-
sondere betreffs des Staatsbudgets und des F i -
nanzgesetzes, wesentlich größere Rechte ein-
räumen wollen. Die hierauf bezügliche Erklärung des
Herrn Ministers des Jnnern verbreitete sich zunächst über
seine persönliche Auffassung der Besümmungen in Len
Para'graphen 60 unü 61 der gegenwärtigen Verfassung.
Er meint, die Regierung dürfe auch jetzt schon solche Ge-
setzentwürse, die nach dem Vorrecht der Zweiten Kammer
dieser zuerst vorgelegt werden müssen un > von ihr abge-
lehnt werden, hierauf der Ersten Kammer unterbreiten
mit der Folge, daß sie im Falle ihrer Annahme in der
Ersten Kammer noch einmal der Zweiten Kammer zur
Beschlußfassung zukämen und eventuell eine Durchzählung
der Stimmen stattfände. Bei dieser — übrigens von

der K o m m i s s i o n nichtals richtig anerkannten
— Auffassung von der Tragweite der geltenden Bestim-
mungen enthalte der 8 60 des Enüvurfs keine Einschrän-
tung des Vorrechts der Zweiten Kainmer. Die Grotzh.
Regierung habe sich trotz mancher gewichüger Bedent'en
dazü entschlossen, den Volkswünschen. nüt der Gewährung
des direkten Wahlrechts entgegenzukommen; allein sie
könne dieses weitgehende Entgegenkommen nur dann
betätigen, wenn die Volksvertretung auch mit den von
der Regierung als notwendig erklärten G e g e n g e w i ch-
ten einverstand'en sei. Diese Gegengewichte würden in
einer Ausgestaltung der Ersten Kammer auf breiterer
und volkstümlicherer Grundlage uüd in der Gewährung
des erweiterten Rechts in Bezug auf das Staatsbudget
und das Finanzgesetz an die Erste Kammer erblickt. Dies
bilde eine w e s e n t l i ch e V o r a u s s e tz u n g für das
Z u st a n dekommen der Verfassiingsänderung über-
hanpt. Wenn sie nicht erfüllt werde, dann müsse die Re-
gierung bedauern, daß ihr loyales Vorgehen ohne
Erfolg bleibe. Dann werde aber wohl auf eine Reihe
von Jahren hinaus die Frage der Einführung des direkten
Wahlrechts seitens der Regierung nicht wieder in An-
regung gebracht, vielmehr müsse es dann einer aus dem
Landtagc selbst hervorgchenden Jnitiative überlasscn
bleiben, eine Grundlage für die Verfassungsänderung zu
finden, bei der nicht bloß die erforderliche Zweidrittel-
Mehrheit in der Z w eiten Kammer gewonnen, son-
dern auch die Zusümmung der beiden anderen
G e s e tz g e b u ii g s f a k t o r e n,. der Ersten Kammer
und der Großh. Regierung erwirkt werden könne.

' Zur Frage der Aenderung der Wahlkreis -
einteilung erklärte der Herr Minister des Jnnern,
die Oiroßh. Regierung lege großen Wert auf die Er-
haltung der S t ä d t e P r i v i l e g i e n, ivslche in-
dessen bei dem raschen Anwachsen der betreffenden kleincren
Städte seit Jnkrafttreten der Verfassung den Charakter
des Privilegs mehr und mehr eingebüßt hätten und jeden-
falls bei den großen Städten deren höherer Bed'eutung in
Bezug auf die in ihncn vereinigtcn geistigen und wirt-
schaftlichm Kräfte entsprächen. Ob man vielleicht dazu
gelangen könnte, den beiden größten Städten Mannheim
und Karlsriihe je einen Abgeordneten weiüger, als der
Entwurf vorsehe, zuzuteilen und dementsprechend die Zahl
der in den nicht-städüschen Gebieten zu wählenden Abge-
ordneten nin zwei zn verinehren, lasse er zunächst dahin-
gestellt. Die bei weitergehender Vermehrung der länd-
lichen Wahlkreise eintretende Erhöhnng der Gesamtza'hl
der Abgeordneten der Zweiten Kammer könne nicht als
Wünschenswert bezeichnet werden. Jndessen sei das keine
Sache von grundfätzlicher Bedeutung, sofern die Gesamt-
zahl der Abgeordneten nur nnwesentlich, etwa im gan -
z e n auf 71, vsrmehrt werde. Wenn sich auf einer sol-
chen Grundlage für die Abänderung der Wahlkreisein-
teilung eine Mehrheit im Landtag finde, dann werde die
Großh. Regierung die Aendernng in Erwägung ziehen.

Dcr Einführung der Verhältniswahlen in
die Wahlformen, nach denen die Mitglieder öffentlich recht-
licher Vcrtretungskörper bernfen werden, stehe die Regie-

rung zwar nicht von vornherein gruüdsätzlich ablehnend
gegenüber. Sie halte es aber nicht für angezeigt, daß
Hetzt bei der Neuregelung des Landtags-Wahlrechts ein
Versuch nüt dieser, namentlich bei der Anwendung auf
staatliche Wahlen, mancherlei grundsätzlichen Bedenken
und auch in der praktischen Handhäbung erheblichen
Schwierigkeiten unterworfenen Wahlart gemacht werde.
Sie sei daher auch nicht danrit einverstanden, wenn m-an
die Verhältniswahlen bei den Wahlen der Nbgeordneten
in den Städten nüt mehr als einem Vertreter in An°
wendung bringen wollte. Zunächsi sei abzuwarten, wie
diese Wahlart in kleineren Verbänden, also bei den Ge-
werbegerichtswahlen und bei den Wahlen von kommir--
nalen Vertretungen, sich bewähre.

Daß die W a 'h I k r e i s e in ben Städten, die meh-
rere Abgeordnete zu wählen häben, nach dem Vorschlag
des Entwrirfs durch landesherrliche Verordnung, nicht
durch Gesetz abzugrenzen seien, empfehle sich schon ans
..praktischen Gründen, namentlich im Hinblick arrf die vielcn
imd sich unter Umständen rasch vollziehenden Aenderun-
gen, die in dem Bestande der Straßen- nnd Bauviertel
der aufblühenden großen Städte erfahriingsgeniäß ein-
treten. Doch seien diese Bedenken gegen eine dauernde
gesetzliche Festlegung der städtischen Wahlkreise mehr
praktischer als grundsätzlicher Art, sodaß weitere Erwä-
gungen über die Abgrenzung der städtischen Wahtkreise
dnrch Gesetz nicht von vornherein ausgeschlossen seien.

An der Bestimmung des Entwurfs, datz der Besitz den
badischen'Staatsangehörigkeit nnd des-
Wohnsitzes im Lande cine gewisse Zeit hindurch
die Voraussetzung der Wahlberechtigung bilde, müsse in
der Hauptsache sestgehalten werden. Eine Herabsetzung
der Zeit auf 6 Monate werde äbgelehnt; wenn es bei den
im Entwurf vorgesehenen zwei Jahren blei'be, dann könns
eine Aenderiing dahin erwogen werden, daß der Z«t-
ablauf nur bezügüch der Staatsangehörigkeit oder des
Wohnsitzes gefordert wird.

Die Vorschrift in Z 35 Absatz 4 des Entwurfs der
Verfassungsänderungsnovelle wolle nur aus solche Per-
sonen, welche in schuldhafter Weise vers 8 umt
haben, der ihncn obliegenden Stenerpflicht
zu genügen, bezogen werden. Dieser Gedanke müsse
jedenfalls erhalten bleiben, wenn auch Aende-
rungen in der Fassung nicht ausgeschlossen crscheinen.

(Schluß folgt.)

Die weiteren Auslassungen beziehen sich auf die Zu-
sammensetzung der Ersten Kaminer. Auf eine Herab-
setzung der Höchstzahl vcr vom Großherzog zu ernennen-
den Mitglieder geht die Regierung hiernach nicht ein; in
den übrigen Punkten läßt sie nüt fich reden.

Da ihrerseits die Volksvertreter an diefer Frage die
Verfassungsreform nicht werden scheitern lassen, so bleibt
als der hauptfächlich gefährliche Differenz-
punkt die Erweiterung des Budgetrechts der Ersten
Kammer. Es fieht nicht darnach aus, als werde man um
diesen Punkt Herumkommen.

Sophocles oder Hofmannsthal?

(Schluß.)

Es ist dics der Mangcl an „Ge'halt", an „Jdeen", dcn
Schiller mit Recht bcim gricchischen Treiuerspiel rügt und die-
len Fehler zu bermeiden, hat Hofm.annsth.al vcrsucht. Er be-
handelt denselben Stoff, es ist d-ieselbe Zeit, es sind die glcichen
Personen. Aber bereits bei dcr Szenerie bringt er eigenes.
Nicht die Fassade des Königspalastes zu Mytenä erblicken wir,
londern einen kleinen, düsteren Hof .an der Rückseite des Pa-
lastes, umgeben von nicdrigen Dienerschafts- und Stallgebäu-
deu, ein unheimlicher Ort, wo kaum die lehten Strahlen der
siukeirden Sonne hineingelangen. Unü diese Strahlen wärmcn
und verschönern nicht, nein, alles erscheint durch sie wie in
Blut getaucht. Und Blutschuld, furchtbare Blutschuld, ruht
auf diesem Hause. Ein stolzer König ist hier vor Jahrcn von
stincr Gattin und deren Buhlen hingemordet worden. Nun
ürt sic, Klytäm'nestra, von den furchtbarsten Gcwissensqualen
gefoltert, ruhelos durch ihr stolzcs Haus. Sie vergießt Ströme
von Opserblut, bchängt 'sich mit Talismanen aller Art, um die
üiötter zu besänstigen und die sürchterlichc Erinnerung los
KU tverden. Denn gleichsam als lebendiges Erinncrungszeichcn
chvor Schuld beherbergt sie im Hause ihr eigen Kind Electra.
Und Electra, halb wahnsinnig vor Schmerz, lechzt nach Nachc.
Tn Lumpen ist sic gchüllt, unter die Mägde hat die Mutter sie
Und thre Schwcster Ehrysothemis, dte KönigÄinder verbannt.
Wann wird endlich der Tag des Gerichts kommcn? Schon
uianches Jahr .warten beide Schwestern aus Orest, den Bruder,
per die Strafe vollziehen soll, aber er kommt nicht, u. furchtbar
üt die Enttäuschung, als die Nachricht von seinem Tode cin-
tvifft. Schon will Electra verzwetflungsvoll selbst zur Mord-
^uffe greifen, da erscheint d-or Totgeglaubte und es erfolgt die
^estvafung des Frevlerpaares.

,Das ganze Süick ist mit ciner dramatischen Folgerichtigkcit
uufgebaut, die staunenswert ist. Vollständig richtig hat Hos-
wannsthal das Erscheinen des 'Orest als dcn Höhepunkt fixiert,

was sich Sophoclcs teilweisc hat entgehen 'lassen. Dcnn wäh-
rend bei lehtcrem Orest und der Pädagog schon zu Anfcmg
uns über ihre Pläne genau unterrichten, läßt der moderne
Dichter ihn erst, nachdem die falsche Nachricht von seinem Tod«
ctngetroffen ist, erscheinen. Dadurch wird d-ie (übrigens wun-
dcr'volle) Szene, wo Electra den eigenen Bruder nicht erkennt,
um vicles wirkungsvoller, denn auch der Zuschaucr wird im
ersten Augenblick nicht wissen, ob jener Jüngling Orestes ist.
Prachtvoll ist ferner die düstere Stimmung getroffen, die über
dem> Ganzen lagert. Von Anfang an wissen wir, daß Furcht-
bares geschehen ist und Furchtbares geschehen wird. Und wie
künstlerisch sind die einzelnen Charaktere in dieses Milieu
gestcllt. Was hat Hosmannsthal aus den Frauengestalten zu
machen verstanden! Groß und mächtig, wie crus Stein ge-
mcihelt, steht Electra in ihrer furchtbarcn Wildheit vor uns.
Dic Ta-uer umi den vielgeliebten Vater, der Haß gegen scine
Mörder, die Sehnsucht nach Rache und das Bewußtsein der
cigenen Schwäche, die es ihr verbietet, selbst die besreienüe
Tat zu tun, alles dies vereint sich in ihr. Allerdings hat
Electra im Laufe der Fahre verlernt, sich nur als Weib zu
fühlen, dcnn die Aufgabe, die sie sich gestellt, lastet zu schwer
auf ihr, sic aber aus diesem- Grunde kvanlhaft oder hysterisch
zu nennen, zeugt doch von ziemlichcr Verkennung, um nicht zu
sagen Nnkenntnis des ganzen 'Süickes. Daß sie auch weibliches
Empfinden besitzt, sehen wir, wenn sie lden Bruder crkennt und
ihm. gegenüber ihrer ganzen, so lang verhaltenen Zärtlichl it
freien Lauf läßt. Und als endlich die befreiende Tat vollbracht
ist, da ist das Glücksgesühl so übermächtig in ihr, daß sie keine
Worte findet, sie kann nur „schwetgen und tanzen", bis sie
zusammenbricht. Der Dichter hat uns tm Zweifel darüber
gelassen, ob seine Heldin sürbt, ich glaube, daß man die Frage
bejahen darf. Es liegt doch eine furchtbare Tragtk dartn, daß
sie, die so lange gelitten hat, gervde im Augenblicke des erstcn
Glückcs sterben muß, wo sie alles, was sie erstrebt, erretcht qat.
— Jn völligem Gegensatz zu Electra steht Chrysothemts. Auch
sie sehnt sich nach dem Bruder, aber thr ist es dabet weniger um

^ die Rache zu tun, nein, ste 'will aus dem für sie entsetzlichen
! Leben heraus, sie will Weib sein, nur Weib, und nichts
weiter. Natürlich verstchen sich beide Schwestern ganz
und gar mcht. Chrhsothemis verlangt von der harten, unbeug-
samen Elektra, dtese solle nachgeben, von ihreni Zorne abstehen,.
und andererseits hält Electra, die sonst so klugc, es für möglich,
daß die Schlvcster ihr helfen könne, die furchtbare Tat zu be-
gehen. Charakteristisch ist es auch, wie sich die Freude der bei-
den in so verschiedener Weise schlietzlich äußert. — Und endltch
die dritte mächtige Frauengestalt, Klytämnestra. Nichts als
kalte, beinähe leidenschaftslose. sondern als menschlich empsin-
dende, menschlich zu begreifende Persönlichkcit, erscheint sie
uns. Bon Gewtssensqualen gepeinigt, lebt sie in beständiger
Furcht vor der Strafe, haßt Electra, weil diesc durch thr Vor-
handensein schon sie stets an ihre gräßliche Tat ertnnert, haßt
sie nicht nur, sondern zittert vor ihr, vor dcm eigenen Kinder
sie kann nicht einen ihrer Blicke aus'halten. Die Szene, rn
der die beiden sich einander gegenüberstehen, gehört mit zu
dem Vtüchtigsten, Eindrucksvollsten, wäs moderne Dichtung ge-
schaffen hat. Klytämnestra will alles- tun, um nur aergessen
zu können, und ist so verzweifelt, daß sie sogar die verhahte
Tochter um Rat frägt. Wie dann Electra ihr allmählich zu
verstehen gibt, daß sie selbst das Sühneopser sei, welches ge-
bracht werden nüisse, und ihr frohlockend ausmalt, wie die
Strafe ste tresfen Iverde, das alles ist von einer gcradezu
schauerlichen Großartigkeit.

Die Männer spielen in dieser Frauentragödie eine ge-
ringere Rolle, mit einziger Ausnahme des Orest. Hofma'nns-
thal hat aus ihm eine durchaus liebeuswürdig wirkende Per-
sönlichkeit gemacht. Während Orest, bei Sophocles, wie er-
wähnt, mit einer gewissen kalten Ueberlegtheit an seine Aus--
gaben herantritt, scheut er sich in unserem Stück vor ter furcht-
baren Tat. Fhm graut davor, der Mutter :n die Augen sehen
zu müsscn, er sürchtet, daß sie der Schwestcr gleichen möge,
und erst als ihn Electra daran mahnt, wie grüßlich die Mutter
an dem eigenen Gatten, seinem Vater, gchandelt habc. da
 
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