Erscheint täglich. SonntagS auSgenommm. PretS mtt Familienblätter« monatlich Sv Pfg. in'S HauS gebracht. bei der Expedition und dm Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post
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DmeM, ri. Zlimr ISlst.
Erstes Blatt.
1k. MMz. — vN 17.
Deutscher Reichstag.
B erlin . 20. Ianuar.
Am Bundesratstische: Die Staatssekretäre Dr. Graf
b. Posadowsky, Tr. Frhr. v. Richthofen nnd Z-rhr. von
^tengel.
Die Nachtragsforderung betreffend Dentsch - S ii d-
estafrika wird debattelos definitiv an-
2 enomine n.
Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwucfs betref-
send die K a u f m a n n s g e r i ch t e, verbunden mit
einem Gssetzentwurf, den der Ab'geordnete Lattmann
^eutsch-sozial) und Genossen über denselben Gegenstand
^ingebracht haben. Nach dcr Vorlage soll die Errichtung
öer Kaufmannsgerichte fakultativ, nach dem. Antrag Latt-
Aann obligatorisch sein.
Wg. Lattmann lAMs.) stellt fest, dah die Bedürf-
f>isfrage lletreffs der Kanfmannsgerichte -entschieden zu beja-
«n un'd das ganze Haus wohl von ihrcr Notüoendtgkeit über-
ieugt sei . Verschiedene Autoritätcn haben sich zu Gunsten
'ines solchen Gesetzes ausgesprochen. Die Prinzipienfvage ist
?lso erledigt und es handelt sich blotz um Bedenten, die sich
ltber Einzelheiten erhoben haben. Jnsbesondere befürchtet
^ian, die Kansmannsgerichte würden ähnlich wie die Gewerbe-
2erichte die sozialdemokratische Macht stärlen. Dem kann man
^er entgegenhalten. daß gerade in diesen kaufmännischen
meisen eine starke Strömung getzen die Sozialdemokratie sich
nihlbar niacht. Leider sieht der Regierungscntwurf keine obli-
Tatorische Einführnng von Kaufmannsgerichten für alle
Mdte des Reiches vor. Wer einmal gefehen hat, mit tvelchen
Dchwiertgkeiten man bei der Errichtung von Gcwerbegerichten
A Städten unter 20 000 Einwohnern zu kämpfen hät, wird in
klescn Punkten der Vorlage ntcht beiftimtnen könmen. Min>-
?estens mützte die Grenze von SO 000 Einwohner auf 20 000
^rabgesetzt werden. Wünfchenswert würde ferner die Ausdeh-
*Ang dcr ZustänNgkeit der Kaufmannsgerichte auf die Konkur-
^zklauscl, sowie dic Ausschliehung der Möglichkeit, durch
dsnvate Vcreinbarungen die Zustärtdigtcit der Kaufmannsge-
^schte aufzüheben. Bei solchen „Vereinbarungen" ist ja der
fönndlungsgehilfe doch immer der schwächere Teil. Mein An-
M vielen Punkten mii der Regierungsvorlage,
xsonders in der Frage 'des Anfchlusscs an die Gewerbegerichte.
'mr dadurch wird Äejenige Schnelligkeit der Rechtsprechung
Asielt, die wir für notwendig haltcn. Beim Anschlutz an dic
mntsgerichte wäre bas nicht möglich. Die Rechtsprechung bei
rsn Gewerbegerichten ist auch btlltger, als die derNmtsgerichte.
^chließlich würde geräde die soziale Tätigkeit 'dcr Kaufmanns-
^fichie bei Gutachten oder als EiniznTigsamt sich kaum er-
rseglichen lassen, wenn sie an die Amtsgerichte angeschlossen
Mrden.
Wg. Trimborn (Ztr.) stimmt stch im tzanzcn züstim-
f^nd zu der Regierungsfassung aus. Ein Teil seiner Partci
L' für den Anschlutz an die Gcwerbegerichte, ein anderer für
Lssschluh an die Amtsgerichte; doch mache sie dies nicht zur
^nptfragc. Redner Leantragt die Kommisstonsberatnng bei-
^ Gesetzentwürfe.
ß. Abg. Singer (Soz.) betont, die RegierunAsfastuntz zeig«
wburen eines Geistes, der den Handlungsgehilfen keineswegs
^hlwollend sei. Seine Partei wünsche diesclben Grundla-
mie fiir die Gewerbegerichte, und hoffe eine obligatorische
^Ldehrmng. Mit der Kommststonsberatung sei seine Partei
^berstanden.
» Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Jnnerhalb
verbündeten Regierungen waren 'die Anfichtcn über die
^staltung deS Gesetzes geteilt. Der Widerspruch gewisser
Estrnämiii'scher Kreise gegen die Vorlage sei unberechtigt. Der
Nstvurf rvehme freilich den Gerichtcn einen Teil ihrer Zu-
jchndigkeit, aber die Verhältnisse der Handlungsgehilfen dräng-
^ Nach ^iner Gerichtsbarkeit, da die Reform des Amtsgcrichts-
Stadttheater.
Heidelberg, 21. Jan.
Gastfpie! von Frl. Jrene Triesch vom Deutschen Thea-
^^ln Berlin: „T h e r e s e Raquin", Drama von Emile
» .Efgentlich gehört die Thcrefe Raquin zu der Art gewister
Mrnmalgeschichten; krasse Esfekte kommen vor, ja Graustzes,
richtige Psychologie, eine Fülle von Lebenszügen,
Hx/ korifequente Entwicklung und ein paar grohe Situationen
^en Sache einen gewissen Wert.
dunklcm Grunde zeichnen sich ein paar hübsche Figu-
Iv ab aus der Welt der Pariser Spietzbüvgcr, viel treffcnd
^Mltetes ist da, sodatz wir in Heidelberg, hinsichtlich des
k^Nspiels nicht geräde verwöhnt, ein cchtes Jnteresse haben
°nen, welches denn auch in hohem Grade belohnt wurde.
lhLäwu Raquin hat Camillc, ihren Sohn, da er ein kränk-
alz ^ Kind war, nach allen Regeln der Kunst verzogen, und,
erwachsen ist, hab«r wir einen Ncurastheniker reinfter
uns. Seine reizbare Schwäche lätzt ihn nicht los. Jm
bringt er es bis zum kleinen Bureaubeamten. Es geht
Mentlich zanz gut: er quält seine Umgebung nach Noten.
lel, ^Apns des naiven Egoisten mit klcinem Znsatz vom Trot-
öhrem Jungchen hat Frau Raquin eine Frau besorgt. Sie
hft'? arme Verwan'dte zn sich, dicse wnrde ini Geiste des
Pflegedienft bei Camille drefstert, ihre frische
^Mird follte einige Freude in das Lebcn des Muttersöhnchens
hriAsu. Lange ertrug Therese den Druck ihrer Lage. Sie
geD^lte und schtoieg. l^c Widerwillen, 'den der robuste Menfch
den kranken empfindet, bäumte sich in ihr fort und sort
F-.vbcr, wie sic ohne Murren der geizi-gen Tante zu Dank
^ uerne Ladengeschäft beforgte, um ihrecseits zum Unterhalt
beizutragen, so war sie Camille eine stille, ge-
liie AE Frau. Da drautzen hinter den Bergen wohnte auch
^ ^ v«s Glück ihrer Sehnfucht. Camille bringt eines schö-
einen Kreund mit, den er nach langen Jcchren der
verfahrens gegenwärtig unerreichbar schien. Eine Einbezie-
hung der Konkurrcnzklausel in 'das Gesetz könne er nicht befür-
worten. Die Wirksamkeit der Aüwälte an 'den Kaufmanns-
gevichten sci nnentbehrlich-; gozen 'die Beteiligung der Frauen
cm den Wahlen bestehen mancherlei Bedenken.
Abg. Beck - Heidelberg (natl.) erklärt, für ihn sei der
Aiischlutz dcr Kaufmannsgerichte an -die Amtsgerichte keinc
prinzipiclle Frage; -wünschenswert sei, d-aß die Vorsitzendcn der
Kaufmannsgericht-e aus dcn Reihen der Richter genommen
werden und die Frauen das W-ahlrccht er'hielten.
Abg. Henning (konf.) steht dem Gesetzentwurf sympa-
thisch- gegenüber.
Abg. Blell (fr. Vp.) vertcidigt die freisinnigen Kom-
munalverwaltungen gegcn -die im Laufe der De'batte gegen sie
erho-benen Angriff-e. Sein-c Partei sei mit Ler An-glied-erun-g
der Kaufmannsgerichte an die Gewerbegerichte einverstanden.
die Konkurren-zklausel solle der Entscheidung dcr Kaufnimins-
gcrichte nicht unterworfen sein.
Abg. Schlüter (Rp.) erklärt die Zustimmung sciner
Partei zu 'dem Entwurft. We-itcrberatung morgen.
Deutsches Reich.
— Die B u d g e t k o m m i s s i o n d-es Reichs-
tags erledigte das Extraordinarmm ües P o st e t a t s,
darunter 22 695 000 iNk. für Fernsprechzwecke, und be°
gann dann die Berakung des Etats des Reichsamts des
Jnnern. Hierbei beantragten die Sozialdemokraten,
dcn Reichskanzler zu ersuchen, 150 000 Mk. einzustelten
zur Erforschnng nnd Bekämpfung der Wurmkrank-
h e i t. Bei der Beratung des Titets betreffend Betei-
ligung Deutschlands -an der Wettansstellung in St. Louis
führte Abg. Singer aus, die Künstler der Sezession fänden
Schwierigkeiten, dort anszustellen, und fragt an, ob die
Regierung einen Ausgleich schaffen könne. Staatssekretär
Dr. Graf v. Posadowsky erklärt: Was Kunst sei, sei eine
zweifelhafte Sache. Die Regierung könne die Aufgabe,
einen Ausgleich der Anschanungen herbeizuführen, nicht
übernehmen. Die Sezession habe eine Reihe v-on Werken
geschaffen, über dercn Wert man sehr zweifelhast sei; er
wolle aus die Gegcnsätze nicht näher eingehen. Eine de-
finitive Entscheidung zu trefsen, sei Sache der Haupstjury
in Hambnrg. Es ist den Sezessionisten durchaus nicht
verwehrt, sich an der Weltausstellung zu beteitigen. Reichs-
konimissar für die Weltausstellnng in St. Louis, Geh.
Rat Lewald, erktärt, der Annveldungsternnn sür die
Hauptjury sei bis zuin 1. Februar vertän-gert worden.
Badcn.
K o n st anz, 18. Jan. Gestern fand ein von der
Gr. Regierung angebahntes Jriedenswerk seinen
harmonischen Abschluß. Jn ber A u g u st i n e r k i r ch e,
die seit 'beimihe dreißig Jahren im Besitz der altkatholi-
schen Gemeinde gewesen wnr, wurde dor ersterömisch-
katholische G o t t e s d i e n st wieder gefeiert. Am
Sonntag zuvor hatten Lchrer und Schüler Wschied von
der Gymnasiumskirche genommen, welche jetzt den Alt-
katholiken zum alleinigen Gebrauche nberwiesen wird.
Der Geisttiche Professor Döring sprach es in ergreifenden
und versöhnlichen Worten aus, wie schwer ihnen allen der
Abschistd von 'der liebgewonnenen Stätte werde. An
d'emsetben Vormittage sagten dis A l t k a t h o l i k e n
der Augustinerkirche LebÄvohl. Pfarrer Wilh. Schirner
Trennung getrosftn. Laurent ist es recht schlecht gogangen.
Jetzt hat er eine Aeine Stelle, öfters kommt er in das Haus
dcr Raquin's, unb hier im Familienkreis regt sich ihm- die Lust,
ftine alte Kunst, der er darbend viele Jahre seiner Iugend
opferte, hervorzuholen. Er m-alt Camilles Bild. Se>ne Be-
suche tver-den häufiger, kurz, er hat ein Licbese rver-stänLnis
niit There'ft. Eines Tages sassen die Liebenden dei. Plan,
Camille aus der Welt zu schasfen. Man macht oen gewöhn-
lichen Ausflug ins Grüne und schiebt in die Vergnügungen
des Nachmittags als ein Extraordinarium eine Kahnfahrt ein.
Die Sache klappt nach dem Willen der Licibenden. Als dcr
Kcchn kippt, rettet Laurcnt Thcrese und lätzt Camille ertrin-
ken. Der Tod rcitzt hier keine Lücke, Frau Raquin allerdings
ist im Jnncrsten getroftcn. Da-S Geschäst gcht iveider. Die
Freundc kommen nach wie vor ins Haus. Bei einer der tra-
dittoncllen Dominopartien projektiert man sür die junge Witwe
eine neue Verbindung. L-aurent soll in Camillc'S Stelle hin-
ein heiraten. So wird das Liebespaar vor der Erfüllung
seiner Wünsche stehn. Die Welt geht weiter ihren Gang, aber
sür die Vereinigten tnt sich die Hölle auf. Hinter jedem Wort,
sagt Ther-ese zu Laurent, hinter jedem Wort, das Du sprichft,
höre ich an-dre. Das ist der heimliche Dialog -der Schuldigen.
Wic sich die beiden vor der Alten verraten, un-d wie sich die
Vorgänge im Hause Raquin bis zum gransigen Ende abspie-
len, das ist in dcm, Dvama mit wirknngsvollen Zügen 'heraus-
gcarbeitet.
Das Auftreten- von Frl. Triesch tvar ein Ereignis. —
Vor chr liegt die Welt oftcn. Sie ü-berschaut die menschlichen
Empfindungen, wie wir über eine Seite Gedrncktes hingehen.
Sie holt aus ihrem Schatz Ausdruck für Ausdruck hervor: das
Lncheln, das Geseufze, Töne, von- denen man nicht weitz, ob
das Reue oder geheuchelte Trauer sein soll, di« nervösen -Aus-
brüche, die Gelassenheit im Alltazsgespräch, die Beklommeni-
heit der Verstcllung, die erztoungene, aüsgeregte Gesprächlz-
keit, die Mü-digkeit und Zerschlagenheit. Dann zeigen sich, jene
sützen Töne der Erinnerung an die Tagx unschuwiger Jugenld.
--Ä
sprach -die voii edelstem Geiste christlicher Liebe durch-
wehten Abschiedsworte, deneu er die Stelle aus Josua
64, 1 zu Grunde legte: „Jch will der Güte bes Herrn
gedenkeu uud des Lobes bes Herru in allem, das uns
der Herr getau -hat." Die Schlußworte tauteten: „tlns
aber geteite der Herr mit Ged-anken des Friedens ins
neue Heim. Amen." — Die Augustinerkirche war gestern
überaus reich geschmückt und zum Erdrücken voll. Beim
Levitenamt sunktionierten drei frühere uud der jetzige
Pfarrverweser. Dekan 'Werber von Rädolfzell hielt die
Festpredigt, und betonte dariu mit Anknüpsimg an das
ita'Iienis-che Sprichwort terufii passuki: „Wir wollen uns
die Freude nicht verderben dnrch Rückblicke auf die Ver-
gangcnheit, sondern wollen fie heiligen durch Aufbticke
zum tiebeu Gott und sagen: Lasset uns Dank sagen Gott
uuserem Herru." Hoffentlich dauert diese allseitige Frie-
densstimlnung an.
Kartsruhe, 20. Jan. Geistlicher Rat Wacker
kommt irn „Bad. Beob." auf die V e r f a s s u n g s r e -
f o r m zu sprechen. Ev bezeichnet den Vorschtag, daß die
Städte eine Vertretung in die Erste Kämmer jollen wäh-
len, dürfen, als „üntuulich". Auch vou der Mannheimer
Anregung, betreffen-d die Eiiiführung einjähriger Bud-
getperioden und alljährtiche Einberufuug der Kainmer,
verspricht er sich keinen Erfolg.
KarIsruhe, 20. Jan. Mir die Bauäbteilung der
Generaldirektion wird eiu weiteres Hilfsbureau, das
Bureau für Ober b a u errichtet.
— Die „Volksstimme" schreibt: Die Wahlresorm-
vorlage der Regier u n g war der Gegenstanü einer
engeren Konserenz von Vertretern dcr sozial-
d e m o k r a ft s ch e n Partei, die dieser Tage in Karls-
ruhe stattfan-d. Außer den Mitgliederu der Laudtags-
fraktiou nahmen Vertreter ,der beiden Parteiorgane sowie
des Landesvorstandes usw. daran teil. Man einigte stch
darin über die Stellung der Partei znm Entwurf 'der
Regierung sowie über das taktische Verhalten unserer
Abgeordneten bei der Beratung der Vortage in der Zwei-
ten Kammer. Das Ergebnis der Besprechung wurde in
emer Resolution sowie in eiuer Reihe vcm Leitsätzen
niedergetegt. Sobald iiber die Stellung der einzetnen
Parteicu zum neuen Wahtgesetzentivurf einige Ktarheit
herrscht, wird die sozialdemokratische Partei im Lande
mit einer lebhaften Agitation fiir ihre Wahlrechtsfor-
derungen in W o l k s v e r s a m m I u n g e n an allen
größeren Orten emsetzen und dabei die envähnte Reso-
lution der Wählersckftift zur Abstimmung vortegen.
Sachscn.
K r i m »litscha u, 19. Jan. Die ausständigen We-
ber metdeten sich heute morgen in den Fäbriken, es wurd»
ihneu aber gesagt, da-ß sie erst nachmittags Bescheid er-
halten könuten, weil die Fabrikanten erst mit dem Vor-
sitzenden der ttnternehmervereinigung, Kommerzienrat
Vogel-C-Hemnitz, Rücksprache uehmen müßten. Das F l u g-
btatt, welches das Ende des Ausstandes verkündete, sagt
u. a.: „Der moralische Sieg ist auf seiten der Arbeiter.
Kann es den 3000 Proletariern gtcichFÜttig sein, ob ihre
Stadtgemeinde im iimersten Mark erschüttert wirü und
Dann dies: „mich schaudert", das nervöse katzeichafte Anftprin-
gen. Dann die Stadicn der Depression: es scheiirt von der
Verzweiflun'g die Energie des LeiLes faft aufgebrancht; eM-
lich jene öleierne Resignation, das Unlbe'stiin-mte unid Gteitende
der Verstellung, jener Ton lebendiger sprüdelrtdcr Gemeinheit
im letzten Akt! Und alles in eineni stcten Ueiberzan-g! Jetzt Ver-
zjwetsluntz unid Ermü'duntz, und da heöt stch, als plützlich der
Geliebte naht, ein Lachen lerchen-gleich in dic Lnft. Das ge-
hört zum Wundervollsteni: ein Aüsschwung ohne Gleichen! Ei-
genilich brancht di-e Davstellerin die Ausnützung all' dieftr Mit-
tel nicht, denn das Jnstriimcnt ist ihr verliehen, der Seele
Ausdruck zu verleiheu, welches das zarteste urrd mächtigfte
zu'gleichi rst: das Auye.
Die Darbietuny des Ganzen gehörte znm Besten, Ivas wir
von unserm Ensemble ge'sehen. Das Züsamnienspiel stand auf
der Höhc. Besonders interessant war der kranke, kin-dtsche,
verwö'hnte Camille des Herrn Steinmann. Hier war
alles wohl überdacht rmd ans eincm Gutz, alles scharf unb rich-
tig: eine vorzüzliche Figur. Von Auffassungen des Laurent
sinid verschiedene möglich. Herr Eckhos gab ihm recht kräf-
tige Aarben und ftihrte die einmal ftstgelegte Figur ficher
durch. Er stanb recht im 'Feuer nnd hielt sich wacker. Von den
übrigen Darstellern, die durchweg «indringliche Bilder gabcn,
fti mit Lefonders freüditzem. Lob Frl. Wagner genannt,
welche m-it groher Schlichthett die anmutige Gestalt der Su-
sannc schuf. Frau Lehmann gab die alte Madame, die
als ein ewiger Vorwurf sür die Unzlücklichen gelähmt in ihrem
Rollftühl sitzt, mit schönem Ausdruck. Herr Sigl und Herr
Schneider waren die beiden Philister. Sie blieben ihrer
Aufgabe nichts schuldig. K. W.
Erstes Konzert des Kaim-Orchefters.
Heidelberg, 21. Jan.
Auf 'das vorgestrize grotze Kmrzert des Bachvereins, gester«
das Konzert des Kaim-Orchesters, nnb wer weitz, was nns der
bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.
AnzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiefige Geschästs- und Privatanzcigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plackattafcln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 82.
DmeM, ri. Zlimr ISlst.
Erstes Blatt.
1k. MMz. — vN 17.
Deutscher Reichstag.
B erlin . 20. Ianuar.
Am Bundesratstische: Die Staatssekretäre Dr. Graf
b. Posadowsky, Tr. Frhr. v. Richthofen nnd Z-rhr. von
^tengel.
Die Nachtragsforderung betreffend Dentsch - S ii d-
estafrika wird debattelos definitiv an-
2 enomine n.
Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwucfs betref-
send die K a u f m a n n s g e r i ch t e, verbunden mit
einem Gssetzentwurf, den der Ab'geordnete Lattmann
^eutsch-sozial) und Genossen über denselben Gegenstand
^ingebracht haben. Nach dcr Vorlage soll die Errichtung
öer Kaufmannsgerichte fakultativ, nach dem. Antrag Latt-
Aann obligatorisch sein.
Wg. Lattmann lAMs.) stellt fest, dah die Bedürf-
f>isfrage lletreffs der Kanfmannsgerichte -entschieden zu beja-
«n un'd das ganze Haus wohl von ihrcr Notüoendtgkeit über-
ieugt sei . Verschiedene Autoritätcn haben sich zu Gunsten
'ines solchen Gesetzes ausgesprochen. Die Prinzipienfvage ist
?lso erledigt und es handelt sich blotz um Bedenten, die sich
ltber Einzelheiten erhoben haben. Jnsbesondere befürchtet
^ian, die Kansmannsgerichte würden ähnlich wie die Gewerbe-
2erichte die sozialdemokratische Macht stärlen. Dem kann man
^er entgegenhalten. daß gerade in diesen kaufmännischen
meisen eine starke Strömung getzen die Sozialdemokratie sich
nihlbar niacht. Leider sieht der Regierungscntwurf keine obli-
Tatorische Einführnng von Kaufmannsgerichten für alle
Mdte des Reiches vor. Wer einmal gefehen hat, mit tvelchen
Dchwiertgkeiten man bei der Errichtung von Gcwerbegerichten
A Städten unter 20 000 Einwohnern zu kämpfen hät, wird in
klescn Punkten der Vorlage ntcht beiftimtnen könmen. Min>-
?estens mützte die Grenze von SO 000 Einwohner auf 20 000
^rabgesetzt werden. Wünfchenswert würde ferner die Ausdeh-
*Ang dcr ZustänNgkeit der Kaufmannsgerichte auf die Konkur-
^zklauscl, sowie dic Ausschliehung der Möglichkeit, durch
dsnvate Vcreinbarungen die Zustärtdigtcit der Kaufmannsge-
^schte aufzüheben. Bei solchen „Vereinbarungen" ist ja der
fönndlungsgehilfe doch immer der schwächere Teil. Mein An-
M vielen Punkten mii der Regierungsvorlage,
xsonders in der Frage 'des Anfchlusscs an die Gewerbegerichte.
'mr dadurch wird Äejenige Schnelligkeit der Rechtsprechung
Asielt, die wir für notwendig haltcn. Beim Anschlutz an dic
mntsgerichte wäre bas nicht möglich. Die Rechtsprechung bei
rsn Gewerbegerichten ist auch btlltger, als die derNmtsgerichte.
^chließlich würde geräde die soziale Tätigkeit 'dcr Kaufmanns-
^fichie bei Gutachten oder als EiniznTigsamt sich kaum er-
rseglichen lassen, wenn sie an die Amtsgerichte angeschlossen
Mrden.
Wg. Trimborn (Ztr.) stimmt stch im tzanzcn züstim-
f^nd zu der Regierungsfassung aus. Ein Teil seiner Partci
L' für den Anschlutz an die Gcwerbegerichte, ein anderer für
Lssschluh an die Amtsgerichte; doch mache sie dies nicht zur
^nptfragc. Redner Leantragt die Kommisstonsberatnng bei-
^ Gesetzentwürfe.
ß. Abg. Singer (Soz.) betont, die RegierunAsfastuntz zeig«
wburen eines Geistes, der den Handlungsgehilfen keineswegs
^hlwollend sei. Seine Partei wünsche diesclben Grundla-
mie fiir die Gewerbegerichte, und hoffe eine obligatorische
^Ldehrmng. Mit der Kommststonsberatung sei seine Partei
^berstanden.
» Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Jnnerhalb
verbündeten Regierungen waren 'die Anfichtcn über die
^staltung deS Gesetzes geteilt. Der Widerspruch gewisser
Estrnämiii'scher Kreise gegen die Vorlage sei unberechtigt. Der
Nstvurf rvehme freilich den Gerichtcn einen Teil ihrer Zu-
jchndigkeit, aber die Verhältnisse der Handlungsgehilfen dräng-
^ Nach ^iner Gerichtsbarkeit, da die Reform des Amtsgcrichts-
Stadttheater.
Heidelberg, 21. Jan.
Gastfpie! von Frl. Jrene Triesch vom Deutschen Thea-
^^ln Berlin: „T h e r e s e Raquin", Drama von Emile
» .Efgentlich gehört die Thcrefe Raquin zu der Art gewister
Mrnmalgeschichten; krasse Esfekte kommen vor, ja Graustzes,
richtige Psychologie, eine Fülle von Lebenszügen,
Hx/ korifequente Entwicklung und ein paar grohe Situationen
^en Sache einen gewissen Wert.
dunklcm Grunde zeichnen sich ein paar hübsche Figu-
Iv ab aus der Welt der Pariser Spietzbüvgcr, viel treffcnd
^Mltetes ist da, sodatz wir in Heidelberg, hinsichtlich des
k^Nspiels nicht geräde verwöhnt, ein cchtes Jnteresse haben
°nen, welches denn auch in hohem Grade belohnt wurde.
lhLäwu Raquin hat Camillc, ihren Sohn, da er ein kränk-
alz ^ Kind war, nach allen Regeln der Kunst verzogen, und,
erwachsen ist, hab«r wir einen Ncurastheniker reinfter
uns. Seine reizbare Schwäche lätzt ihn nicht los. Jm
bringt er es bis zum kleinen Bureaubeamten. Es geht
Mentlich zanz gut: er quält seine Umgebung nach Noten.
lel, ^Apns des naiven Egoisten mit klcinem Znsatz vom Trot-
öhrem Jungchen hat Frau Raquin eine Frau besorgt. Sie
hft'? arme Verwan'dte zn sich, dicse wnrde ini Geiste des
Pflegedienft bei Camille drefstert, ihre frische
^Mird follte einige Freude in das Lebcn des Muttersöhnchens
hriAsu. Lange ertrug Therese den Druck ihrer Lage. Sie
geD^lte und schtoieg. l^c Widerwillen, 'den der robuste Menfch
den kranken empfindet, bäumte sich in ihr fort und sort
F-.vbcr, wie sic ohne Murren der geizi-gen Tante zu Dank
^ uerne Ladengeschäft beforgte, um ihrecseits zum Unterhalt
beizutragen, so war sie Camille eine stille, ge-
liie AE Frau. Da drautzen hinter den Bergen wohnte auch
^ ^ v«s Glück ihrer Sehnfucht. Camille bringt eines schö-
einen Kreund mit, den er nach langen Jcchren der
verfahrens gegenwärtig unerreichbar schien. Eine Einbezie-
hung der Konkurrcnzklausel in 'das Gesetz könne er nicht befür-
worten. Die Wirksamkeit der Aüwälte an 'den Kaufmanns-
gevichten sci nnentbehrlich-; gozen 'die Beteiligung der Frauen
cm den Wahlen bestehen mancherlei Bedenken.
Abg. Beck - Heidelberg (natl.) erklärt, für ihn sei der
Aiischlutz dcr Kaufmannsgerichte an -die Amtsgerichte keinc
prinzipiclle Frage; -wünschenswert sei, d-aß die Vorsitzendcn der
Kaufmannsgericht-e aus dcn Reihen der Richter genommen
werden und die Frauen das W-ahlrccht er'hielten.
Abg. Henning (konf.) steht dem Gesetzentwurf sympa-
thisch- gegenüber.
Abg. Blell (fr. Vp.) vertcidigt die freisinnigen Kom-
munalverwaltungen gegcn -die im Laufe der De'batte gegen sie
erho-benen Angriff-e. Sein-c Partei sei mit Ler An-glied-erun-g
der Kaufmannsgerichte an die Gewerbegerichte einverstanden.
die Konkurren-zklausel solle der Entscheidung dcr Kaufnimins-
gcrichte nicht unterworfen sein.
Abg. Schlüter (Rp.) erklärt die Zustimmung sciner
Partei zu 'dem Entwurft. We-itcrberatung morgen.
Deutsches Reich.
— Die B u d g e t k o m m i s s i o n d-es Reichs-
tags erledigte das Extraordinarmm ües P o st e t a t s,
darunter 22 695 000 iNk. für Fernsprechzwecke, und be°
gann dann die Berakung des Etats des Reichsamts des
Jnnern. Hierbei beantragten die Sozialdemokraten,
dcn Reichskanzler zu ersuchen, 150 000 Mk. einzustelten
zur Erforschnng nnd Bekämpfung der Wurmkrank-
h e i t. Bei der Beratung des Titets betreffend Betei-
ligung Deutschlands -an der Wettansstellung in St. Louis
führte Abg. Singer aus, die Künstler der Sezession fänden
Schwierigkeiten, dort anszustellen, und fragt an, ob die
Regierung einen Ausgleich schaffen könne. Staatssekretär
Dr. Graf v. Posadowsky erklärt: Was Kunst sei, sei eine
zweifelhafte Sache. Die Regierung könne die Aufgabe,
einen Ausgleich der Anschanungen herbeizuführen, nicht
übernehmen. Die Sezession habe eine Reihe v-on Werken
geschaffen, über dercn Wert man sehr zweifelhast sei; er
wolle aus die Gegcnsätze nicht näher eingehen. Eine de-
finitive Entscheidung zu trefsen, sei Sache der Haupstjury
in Hambnrg. Es ist den Sezessionisten durchaus nicht
verwehrt, sich an der Weltausstellung zu beteitigen. Reichs-
konimissar für die Weltausstellnng in St. Louis, Geh.
Rat Lewald, erktärt, der Annveldungsternnn sür die
Hauptjury sei bis zuin 1. Februar vertän-gert worden.
Badcn.
K o n st anz, 18. Jan. Gestern fand ein von der
Gr. Regierung angebahntes Jriedenswerk seinen
harmonischen Abschluß. Jn ber A u g u st i n e r k i r ch e,
die seit 'beimihe dreißig Jahren im Besitz der altkatholi-
schen Gemeinde gewesen wnr, wurde dor ersterömisch-
katholische G o t t e s d i e n st wieder gefeiert. Am
Sonntag zuvor hatten Lchrer und Schüler Wschied von
der Gymnasiumskirche genommen, welche jetzt den Alt-
katholiken zum alleinigen Gebrauche nberwiesen wird.
Der Geisttiche Professor Döring sprach es in ergreifenden
und versöhnlichen Worten aus, wie schwer ihnen allen der
Abschistd von 'der liebgewonnenen Stätte werde. An
d'emsetben Vormittage sagten dis A l t k a t h o l i k e n
der Augustinerkirche LebÄvohl. Pfarrer Wilh. Schirner
Trennung getrosftn. Laurent ist es recht schlecht gogangen.
Jetzt hat er eine Aeine Stelle, öfters kommt er in das Haus
dcr Raquin's, unb hier im Familienkreis regt sich ihm- die Lust,
ftine alte Kunst, der er darbend viele Jahre seiner Iugend
opferte, hervorzuholen. Er m-alt Camilles Bild. Se>ne Be-
suche tver-den häufiger, kurz, er hat ein Licbese rver-stänLnis
niit There'ft. Eines Tages sassen die Liebenden dei. Plan,
Camille aus der Welt zu schasfen. Man macht oen gewöhn-
lichen Ausflug ins Grüne und schiebt in die Vergnügungen
des Nachmittags als ein Extraordinarium eine Kahnfahrt ein.
Die Sache klappt nach dem Willen der Licibenden. Als dcr
Kcchn kippt, rettet Laurcnt Thcrese und lätzt Camille ertrin-
ken. Der Tod rcitzt hier keine Lücke, Frau Raquin allerdings
ist im Jnncrsten getroftcn. Da-S Geschäst gcht iveider. Die
Freundc kommen nach wie vor ins Haus. Bei einer der tra-
dittoncllen Dominopartien projektiert man sür die junge Witwe
eine neue Verbindung. L-aurent soll in Camillc'S Stelle hin-
ein heiraten. So wird das Liebespaar vor der Erfüllung
seiner Wünsche stehn. Die Welt geht weiter ihren Gang, aber
sür die Vereinigten tnt sich die Hölle auf. Hinter jedem Wort,
sagt Ther-ese zu Laurent, hinter jedem Wort, das Du sprichft,
höre ich an-dre. Das ist der heimliche Dialog -der Schuldigen.
Wic sich die beiden vor der Alten verraten, un-d wie sich die
Vorgänge im Hause Raquin bis zum gransigen Ende abspie-
len, das ist in dcm, Dvama mit wirknngsvollen Zügen 'heraus-
gcarbeitet.
Das Auftreten- von Frl. Triesch tvar ein Ereignis. —
Vor chr liegt die Welt oftcn. Sie ü-berschaut die menschlichen
Empfindungen, wie wir über eine Seite Gedrncktes hingehen.
Sie holt aus ihrem Schatz Ausdruck für Ausdruck hervor: das
Lncheln, das Geseufze, Töne, von- denen man nicht weitz, ob
das Reue oder geheuchelte Trauer sein soll, di« nervösen -Aus-
brüche, die Gelassenheit im Alltazsgespräch, die Beklommeni-
heit der Verstcllung, die erztoungene, aüsgeregte Gesprächlz-
keit, die Mü-digkeit und Zerschlagenheit. Dann zeigen sich, jene
sützen Töne der Erinnerung an die Tagx unschuwiger Jugenld.
--Ä
sprach -die voii edelstem Geiste christlicher Liebe durch-
wehten Abschiedsworte, deneu er die Stelle aus Josua
64, 1 zu Grunde legte: „Jch will der Güte bes Herrn
gedenkeu uud des Lobes bes Herru in allem, das uns
der Herr getau -hat." Die Schlußworte tauteten: „tlns
aber geteite der Herr mit Ged-anken des Friedens ins
neue Heim. Amen." — Die Augustinerkirche war gestern
überaus reich geschmückt und zum Erdrücken voll. Beim
Levitenamt sunktionierten drei frühere uud der jetzige
Pfarrverweser. Dekan 'Werber von Rädolfzell hielt die
Festpredigt, und betonte dariu mit Anknüpsimg an das
ita'Iienis-che Sprichwort terufii passuki: „Wir wollen uns
die Freude nicht verderben dnrch Rückblicke auf die Ver-
gangcnheit, sondern wollen fie heiligen durch Aufbticke
zum tiebeu Gott und sagen: Lasset uns Dank sagen Gott
uuserem Herru." Hoffentlich dauert diese allseitige Frie-
densstimlnung an.
Kartsruhe, 20. Jan. Geistlicher Rat Wacker
kommt irn „Bad. Beob." auf die V e r f a s s u n g s r e -
f o r m zu sprechen. Ev bezeichnet den Vorschtag, daß die
Städte eine Vertretung in die Erste Kämmer jollen wäh-
len, dürfen, als „üntuulich". Auch vou der Mannheimer
Anregung, betreffen-d die Eiiiführung einjähriger Bud-
getperioden und alljährtiche Einberufuug der Kainmer,
verspricht er sich keinen Erfolg.
KarIsruhe, 20. Jan. Mir die Bauäbteilung der
Generaldirektion wird eiu weiteres Hilfsbureau, das
Bureau für Ober b a u errichtet.
— Die „Volksstimme" schreibt: Die Wahlresorm-
vorlage der Regier u n g war der Gegenstanü einer
engeren Konserenz von Vertretern dcr sozial-
d e m o k r a ft s ch e n Partei, die dieser Tage in Karls-
ruhe stattfan-d. Außer den Mitgliederu der Laudtags-
fraktiou nahmen Vertreter ,der beiden Parteiorgane sowie
des Landesvorstandes usw. daran teil. Man einigte stch
darin über die Stellung der Partei znm Entwurf 'der
Regierung sowie über das taktische Verhalten unserer
Abgeordneten bei der Beratung der Vortage in der Zwei-
ten Kammer. Das Ergebnis der Besprechung wurde in
emer Resolution sowie in eiuer Reihe vcm Leitsätzen
niedergetegt. Sobald iiber die Stellung der einzetnen
Parteicu zum neuen Wahtgesetzentivurf einige Ktarheit
herrscht, wird die sozialdemokratische Partei im Lande
mit einer lebhaften Agitation fiir ihre Wahlrechtsfor-
derungen in W o l k s v e r s a m m I u n g e n an allen
größeren Orten emsetzen und dabei die envähnte Reso-
lution der Wählersckftift zur Abstimmung vortegen.
Sachscn.
K r i m »litscha u, 19. Jan. Die ausständigen We-
ber metdeten sich heute morgen in den Fäbriken, es wurd»
ihneu aber gesagt, da-ß sie erst nachmittags Bescheid er-
halten könuten, weil die Fabrikanten erst mit dem Vor-
sitzenden der ttnternehmervereinigung, Kommerzienrat
Vogel-C-Hemnitz, Rücksprache uehmen müßten. Das F l u g-
btatt, welches das Ende des Ausstandes verkündete, sagt
u. a.: „Der moralische Sieg ist auf seiten der Arbeiter.
Kann es den 3000 Proletariern gtcichFÜttig sein, ob ihre
Stadtgemeinde im iimersten Mark erschüttert wirü und
Dann dies: „mich schaudert", das nervöse katzeichafte Anftprin-
gen. Dann die Stadicn der Depression: es scheiirt von der
Verzweiflun'g die Energie des LeiLes faft aufgebrancht; eM-
lich jene öleierne Resignation, das Unlbe'stiin-mte unid Gteitende
der Verstellung, jener Ton lebendiger sprüdelrtdcr Gemeinheit
im letzten Akt! Und alles in eineni stcten Ueiberzan-g! Jetzt Ver-
zjwetsluntz unid Ermü'duntz, und da heöt stch, als plützlich der
Geliebte naht, ein Lachen lerchen-gleich in dic Lnft. Das ge-
hört zum Wundervollsteni: ein Aüsschwung ohne Gleichen! Ei-
genilich brancht di-e Davstellerin die Ausnützung all' dieftr Mit-
tel nicht, denn das Jnstriimcnt ist ihr verliehen, der Seele
Ausdruck zu verleiheu, welches das zarteste urrd mächtigfte
zu'gleichi rst: das Auye.
Die Darbietuny des Ganzen gehörte znm Besten, Ivas wir
von unserm Ensemble ge'sehen. Das Züsamnienspiel stand auf
der Höhc. Besonders interessant war der kranke, kin-dtsche,
verwö'hnte Camille des Herrn Steinmann. Hier war
alles wohl überdacht rmd ans eincm Gutz, alles scharf unb rich-
tig: eine vorzüzliche Figur. Von Auffassungen des Laurent
sinid verschiedene möglich. Herr Eckhos gab ihm recht kräf-
tige Aarben und ftihrte die einmal ftstgelegte Figur ficher
durch. Er stanb recht im 'Feuer nnd hielt sich wacker. Von den
übrigen Darstellern, die durchweg «indringliche Bilder gabcn,
fti mit Lefonders freüditzem. Lob Frl. Wagner genannt,
welche m-it groher Schlichthett die anmutige Gestalt der Su-
sannc schuf. Frau Lehmann gab die alte Madame, die
als ein ewiger Vorwurf sür die Unzlücklichen gelähmt in ihrem
Rollftühl sitzt, mit schönem Ausdruck. Herr Sigl und Herr
Schneider waren die beiden Philister. Sie blieben ihrer
Aufgabe nichts schuldig. K. W.
Erstes Konzert des Kaim-Orchefters.
Heidelberg, 21. Jan.
Auf 'das vorgestrize grotze Kmrzert des Bachvereins, gester«
das Konzert des Kaim-Orchesters, nnb wer weitz, was nns der