Abg. Mampel (Antis.) berührt die Laubstreufrage.
Abg. Schüler (Ztr.) richtet an die Regierung das drin-
gende Ersuchen, die Wünsche der Gemeinden bezüglich der Jagd
zu berücksichtigen.
Geh. Rat Reinhard kommt auf die Rede Frühaufs zurück
und weist nach, daß Baden einen grötzeren Reinertrag aus den
Forsten Hiöht, als Sachsen, und datz wir überhaupt bezüglich der
Reineinnahmen an der Spitze marschieren. De^Bergleich, den
Frühauf mit unserem Staatswald und dem württembergischen
bei Ruhstein angestellt hat, trifft nicht zu; denn der württem-
bergische Domänenwald ist ein alter Staatswald, während unser
Wald in jener Gegend sich aus Privatwäldern zusammensetzt,
die wir aufgeküuft habeg und in die Höhe bringen wollen (Hei-
terkeit).
Abg. Dr. Binz (natl.) tritt wiederholt unter Hinweis
auf seine Ausführungen bei der Beratung des Unterrichtsbudgets
für die Belassung der Forstabteilung an der Technischen Hoch-
schule ein. Redner äutzert sodann verschiedene Bedenken gegen
die Regierung und zollt dem Forstpersonal Dank und Anerken-
nung für die Erhaltung und Hebung unseres Waldes.
Geh. Rat Reinhard protestiert gegen die Acußerung
des Borredners, datz der Jagdbetrieb durch die Oberförster
heruntergedrückt iverde. Jn gewiffen Fällen mutz die Verwal-
tung das gröhte Gewicht auf die Erhaltung des Regiebetriebs
legen.
Abg. Geppert (Ztr.) begrüßt die Matznahmen zum Schuhe
der insektenfressenden Vögel.
Abg. Grciff (natl.i bekennt sich als Gegner der Regie-
jagd und bemängelt die Abstriche an den Forsthausbauten, von
denen er eine Schädigung der kleinen Gewerbetreibenden be-
fürchte.
Ahg. Sützkind (Soz.) wundert sich, datz der demokratische
Abg. Hofmann einen Staatsbeitrag für die Bruchsaler Hofiirche
berlangt, trotzdem gar keine Rechtspflicht des Staates befteht.
Er verstehe nicht, wie ein Berfechter der Trennung von Staat
und Kirchc so auftreten kann.
Abg. Kirsner (natl.) befürwortet die Wünsche der Forst-
beamten.
Abg. Harsch (natl.) hält die reichliche Anpflanzung von
Fichtenholz für ganz richtig und bittet, das jetzige System der
Holzversteigerung beizubehalten.
llm 8 Uhr wird die Sitzung abgebrochen. Es sind noch 6 (I)
RedNer vorgemerkt.
Während der Sitzung ist ein Antrag der demokratischen
Fraktion, in den Nachtrag zum Budget einen Betrag einzustellen,
um den Ansprüchen an den Gnadengabenfond nachkommen zu
können.
Morgen ö Uhr: Fortsehung der heutigen Beratung und
Biersteuergeseh.
Aus der Karlsruher Zeitung.
Hof-Ansage. Wegen des gestern erfolgten Ablebens Seiner
ÄöniglicheN Hoheit des Grotzherzogs Friedrich Wil-
helm von Mecklenburg-Strelitz legt der Grotzherzogliche Hof
von heute an die Trauer auf drei Wochen bis zum 19. Juni
einschlietzlich an, und zwar vom 30. Mai bis 8. Juni nach der
Ä., vom 9. Juni bis 19. Juni nach der 4. Stufe der Trauer-
ordnung.
Karlsruhe, den 30. Mai 1904.
Grohherzogliches Oberstkammerherrn Amt.
Karlsruhe, 30. Mai. Gestern, Sonntag Bor-
inittag, wohnten die Großherzoglichen Herrschaften mit
Ler Kronprinzessin voi: Schweden und Norwegen dem
Gottesdienst in der Schloßkapelle in Baden an, wobei
Präsident O. Helbing die Predigt hielt. Nachmittags
nach vier Uhr traf Staatsminister Dr. von Brauer mit
Gemahlin zu einer längeren Besprechung auf Schloß
Baden ein und kehrte a'bends wieder kkach Karlsruhe zu-
rück. Heute Vormittag enrpfing der Großherzog. den
Geheimerat Professor Dr. Windekband von der Univer-
sität Heidelberg zu einer Be'sprechung. Gegen 1 Uhr
trasen der Erbgrotzherzog un'd die Erbgroßherzogin, der
Prinz und die Prinzessin Max in Baden ein, wurden von
der Kronprinzessin Viktoria empfan^en und zum Schlotz
geleitet, wo Frühstückstasel stattfand. Nach dem Früh-
stück besuchten der Prinz und die Prinzessin Mar den
Großfürsten Michael und reisten um 4 Uhr 16 Minuten
nach Karlsruhe zurück. Um 3 Uhr suhren die Großher-
zoglichen und Erbgroßherzoglichen Herrschaften mit der
Kronprinzessin von Schweden und Norwegen nach Schloß
Eberstein und nahmen daselbst den Tee ein. Die Erb-
großherzoglichen Herrschaften suhren am Wend von
Gernsbach aus nach Karlsruhe, wahrend die Großherzog-
Uchen Herrschaften mit der Kronprinzsssin Viktoria nach
Schloß Baden zurückkehrten.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 31 Mai.
— Von der Universität. Auf der Versammlung der „Freunde
der Christlichen Welt" aus Süddeutschland und der Schweiz hielt
Ler hiesigc Privatdozent der praktischen Theologie Lic. F. Nie-
bergall am 26. ds. zu Basel einen Bortrag über „D i e re -
ligiösc Phautasie und die Verkündigung in
unserer Zei t", worin er ausführte, wie religiöse Erlebnisse
nur in Bildern und Analogien ihren Ausdruck finden können,
wie aber diese Bilder, deren sich die religiöse Sprache bedienen
mutz, mit den K u l t n r verhältnissen wechseln; deshalb
feien auch viele Bilder, in denen die Bibel den religiösen Erfah-
rungen Ansdruck gibt, uns nicht mehr ohne weiteres verständlich.
Für die heutige Berkündigung ergebe sich in vielen Fällen die
Aufgabe, in n e u e n B i l d e r n die religiösen Grnndberhältnisse
auszusprechen, — Gegen die religionshistorische Methode der
modernsten'Theologie, welche an unserer theologischen Fakultät
in Professor Dr. Troeltsch, dem Systematiker unter den Reli-
gionshistorikern, einen hervorragenden Wortführer hat, wendet
sich Geh. Kirchenrat Professor O. Lemme in einer soeben er-
schienenen Broschüre, auf deren Titel er die Alternaive setzt: „Re-
ligionsgeschichtliche Entwicklung oder göttliche Offenbarung". —
Der autzerardentliche Professor Dr. Walther Petersen hat
Las von ihm seit einer Reihe von Jahren bekleidete Amt als
erster Assistenzarzt für die klinische Ambnlanz der Chirurgischen
Klinik nicdergelegt. Zu seinem Nachfolger ist der bisherige
klinische Assistenzarzt Privatdozent Dr. Otto Simon ernannt
tvorden, ein Sohn des Geh. Rats Gustav Simon, der als Vor-
gänger Exz. Czernys von 1867 bis 1875 Direktor dieser An-
stalt war.
V Der Badisch-Unterländcr Fischereiverein hielt am Sonn-
tag Nachmittag in der Stadthalle in Heidelberg unter dem Vor-
sitz des Grafen von Helmstatt seine Generalversammlung ab.
Dieselbe war von ungefähr 60 Mitgliedern sowie einigen Gästen,
daruntcr Ministerialdirektor Senbert, Prinz Löwenstein-
Langenzell nnd Freiherr von Menzingen besucht. Anch eine An-
zahl Bernfssischer war anwesend. Vor Eintritt in die Tages-
ordnung gedachte Graf von Helmstatt des verstorbenen Ehren-
mitglieds Finanzministers Dr. Buchenberger, zu dessen Ehren sich
die Versamm«lten bon den Sitzen erhoben. Auch dem ver-
storbenen Vorstandsmitglied Gg. Fries wurde ein warmer Nach-
ruf gewidmet. Es folgte dann die Verlesung des gedruckten
Jahresüerichtes durch den Vorsitzenden. Das Wichtigste aus die-
sem Jahresbericht haben wir unseren Lesern bereits mitgeteilt.
Nach Erstattung des Jahresberichtes brachte der Vorsitzende ein
begeistert aufgenommencs Hoch auf Seine Königliche Hoheit den
Grotzherzog aus. Prof. Dr. Hofer, Vorstand des zoologischen
Jnstituts in München, hiclt sodann einen Vortrag über die sische-
reiliche Bewirtschaftung des Maines zwischen Bamberg und
Aschaffenburg. Er legte dar, wie es dem bayerischen Fischerei-
verein mit der nötigen Unterstützung seitens der Regierung vor
4 Jahren gelungen ist, sämtliche Fischer, ca. 700 an der Zahl,
auf der ca. 380 Kilom. langcn Strccke zu vereinigen, damit die
Gewässer gemeinschaftlich bewirtschaftet und besonders mit jun-
gen Nutzfischen besetzt wurden. Das hierdurch erzielte Resultat
kann bereits als sehr günstig bezeichnet iverden. Selbst die Be-
rufsftscher geben zu, datz sie in der durch die Abwässer der
Fabriken benachteiligten unteren Strecke viel mehr gegen
frühere Jahre gefangen haben. Besonders haben die Karpfen
in den Aliwäfsern (Buhnen) ein grotzes Wachstum gezeigt, so-
datz z. B. zwei Jahre alte Fische bereits ein Gewicht von 8 Pfd.
gehabt haben. Es ist ausgeschlossen, datz sich die Karpfen selbst-
ständig vermehren und zwar deshalb, weil die Brut im
zartesten Alter an den Wasserpflanzen festgeklebt ist und in
diesem Falle dem Wasser nicht folgen kann und infolge-
dessen zngrunde geht. Die Aussetzungen müssen deshalb immer
regelmäßig wiederholt werden. Hcrr Prof. Hofer befürwortet
dringcnd, im Neckargebiet ähnlich vorzugehen, um der Fisch-
armut abzuhelfen. An die Ausführnngen des Redners schlotz
sich ein lebhafter Meinungsaustausch an, woran n. a. Ministe-
rialdirektor Seubert, Mcdizinalrat Mittermaier,
Herr Kleinbeck, Oberförstcr Mangler teilnahmen.
Hervorgehoben wird dabei besonders, datz auch die Neckarzeilen
(Buhnen) viel zu wünschen übrig lassen, da dieselben der Zufuhr
frischen Wassers entbehren. Das Wasser wird rasch faulig
und die Fischbrut, denen diesc Bnhnen als Aufenthaltsort dienen
sollen, geht in der Regel fast immer zugrunde. Bei dem nun
folgenden Punkt 3 der Tagesordnung, Wahl des Vorstandes
- betr., wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder durch Akkla-
mation wiedergewählt. An Stelle des zurückgetretenen Herrn
Val. Fuchs wurde Herr Prof. Meixner in Pforzheim ebenfalls
> durch Akklamation gewählt. Zum Schlutz nahm der Ehrenprä-
sident, Ministerialrat Se u b e r t, noch Gelegenheit, dem Vor-
sitzenden Grafen v. Helmstatt fiir seine segensreichen Bemühungen
um das Wohl des Vereins zu danken. Nach Schlutz der General-
versammlung fand ein Ausflug in das Siebenmühlenthal statt,
wo man die interessante Forellenzüchterei des Herrn Dill in
Angenschein nähm. Jm „Kaiserhof" im Stadtteil Neuenheim
vereinigten sich dann noch zahlreiche Mitglieder zu einem gemüt-
lichen Abendschoppen.
n Oberrheinischer Jünglingsbuiid. Anlätzlich seines 7. Bun-
desfestes vereinigten sich hier, wie schon kurz gemeldet, am ver-
gangenen Sonntag untcr dcm Vorsitz des Bundespräses, Herrn
Stadtpfarrer Mühlhäutzer-Karlsruhc, mehr als 300 Mitglieder
der badischen Bundesvereinc, sowic Vertreter der benachbarten
Bündnisse. Jn der Festpredigt, welche in der Evangel. Kapelle
abgehalten wurde, legtc Herr Stadtpfarrer Mühlhäutzer auf
Grnnd des Wortes Math. 28, 18—19 die missionierende Tätig-
keit der Evang. Männer- und Jünglingsvereine dar nnd suchtc
in eindringlichen Worten der Gemeinde die Notwendigkeit und
tatkräftige Unterstütznng dieser Arbeit an der männlichen Jugend
ans Herz zu legen. Dcm Bericht des Bundessekrctärs, Pfarrer
Degcn bei der Nachfeier Ivar zu entnehmen, datz das Vereins-
werk in Baden in innerem und äutzerem Wachstum begriffen sei.
Der Bund nmfatzt z. Z. 48 badische Vereine mit etwa 1600 Mit-
gliedern. Jn einem anregenden Referat suchte Herr Pfarrer
Maurer-Ellmendingen die schlummernden Gaben zum Ausbau des
Vereinslebens zu wecken. Besonderes Jnteresse berdienen die
anfmnnternden Mitteilnngen des Bnndessekretärs Mehmke vom
Südbund (Württemberg), tvelcher die Entwicklung der Arbeit
in Württemberg innerhalb tveniger Jahre schilderte. Autzer
einem neuerbauten Vereinshaus in Stuttgart, dessen Kosten
sich auf eine Million belanfen, hat dieser Bund an den Militär-
Uebungsplätzen noch mehrcre Soldatenhcime, die sich als reiche
Segensstätten für Militärs aller Stände ertveisen und sich
grotzer Beliebtheit erfrenen. Bei der Nachfeier hielten noch An-
sprachen Herr Stadtpfarrer Mühlhäntzer, Pfarrer Hautz-Scmd-
hausen und der Vorsitzende des hiesigen Vereins, Herr Pastor
Kammerer. Die Mitwirlung der vereinigten Posaunenchöre
(etwa 80 Bläser) sowohl beim Gottesdienst, als auch bei der
Nachfeier, trug zum Gelingcn des Festes wesentlich bei. Am
Nachmittag trugen dieselben auf dem Wredeplatz, auf dem sich
eine grotze Menschcnmcngc angesammelt hatte, einige Choräle
nnV Motetten 'vor, von öeneit besonders der >28. Psalm:
„Wenn ich rufe zu Dir", sowie: „Das Gebet für das Vaterland",
sich durch Reinheit und feines Verständnis im Vortrag auszeich-
neten. Das ganze Fest lietz einen Blick tun in die sonst stille und
verborgene Arbeit der Evangel. Männer- und Jünglingsvereine.
Möge dieselbe anch in hiesiger Stadt noch mehr an Ausdehnung
gewinnen!
Ausflugsverkelir. Es kommt vielfach vor, das; Gesuche um
Bewilligung der tarifmätzigen Fahrpreisermätzigungen auf
Eisenbahncn von den Vercincn, Gcsellschaften, Schulen usw. so
verspätet bei den znsrändigen Eisenbahndienststellen emgehen,
datz die Berücksichtignng der Gesnche, sofern nicht schon betriebs-
dienstliche Gründc dercn Genehmignng cntgcgenstehen, auch des-
halb nicht mehr möglich ist, weil die erforderlichen Vollzugsan-
ordnungen wegen der hänfig nötigen Rückfragen und Verhand-
lungen mit anderen Eisenbahnverlvaltnngen nicht rechtzeitig ge-
troffen werden können. Es empfiehlt sich deshalb, die Gesuche
so frühzeitig einzureichen, daß die für dcren Behandlung erfor-
derliche Zeit gegeben ist. Gcsuche, die nur die badische Bahn be-
treffen, sollten spätestens 5 Tage, solche, die auch fremde Bahnen
berühren, spätestens 14 Tage vor Antritt der Neise emgereicht
iverden. An welche Dienststellen die Gesuche um Fahrpreisermä-
ßigung, um Bewilligung znr Benütznng von Schnellzügen usw.
zu richten sind, kann bei den Stationen erfragt werden.
— Paul N. Czerny. Ueber den Tod seines Sohncs schreibt
Geh. Rat Czerny der „Frankf. Ztg.": Die Netzhautablösung,
welche meinen Sohn von 21h Iahren befiel, und die er mit be-
wnndernswerter Gednld nnd Ergebung getragen hat, nötigte
ihn, seine anatomischen Stndien aufzugeben und zur physiolo-
gischen Chemie überzugehen. Dieses schwere Augenleiden war
aber nur eine Episode während eines seit den Entwicklungs-
jahren beginnenden periodischcn Dcpressionszustandes, für den
Professor v. Recklinghausen in Stratzburg bei der Sektion des
Gehirns bollkommen genügende Aufklärung gefunden hat. Jn
einem Zustande melancholischer Verstimmnng hat mcin Sohn
den freiwilligen Tod dem für ihn hoffnungslosen Kampf um
Glück und Zufriedenheit vorgezogcn, was ans seinem rührenden
Abschiedsbrief an Eltern und Geschwister klar hervorgeht. Für
die zahllosen Beweisc menschlicher Teilnahme bei meinem Un-
glück sage ich nochmals wärmsten Dank. Heidelberg, 29. Mai.
Prof. Dr. Czerny.
Unrichtige Behauptimgen des Abg. Eichhorn. Abg. Eich -
horn hatte in der Sitzung der 2. Kammer vom 27. Mai ans-
geführt, am 28. Mai hätte auf Station Friedrichsfeld der Nacht-
schnellzug Mannheim-Heidelberg in grotzer Gefahr geschwebt, in-
folge seiner grotzen Länge und tveil er deshalb hätte über die
Station hinausfahren müssen, mit dcm Schnellzug Heidelberg-
Mannheim zu kollidieren. Demgegenüber wird in der „Karlsr.
Zeitung" festgestellt, datz der betresiende Zug den gewöhnlichen
Halteplatz anf der Station etwas überfahren hat, vom Loko-
motivführer aber wieder an die richtige Stelle zurückgedrückt
wnrde. Der Schnellzug Heidelberg-Mcmnheim fährt dagegen
auf einem völlig unabhängigen zweiten Geleise. Desgleichen
entbehrt die Anschauung, das Fahrpersonal werde uberange-
strengt, jeder tatsächlichen Unterlage. Sowohl Zngsührer, wie
Lokomotivpersonal hatten abends nach 11- bezw. 22stündiger
Ruhezeit den Dienst angetreten.
4- Besitzwechsel. (Stadtteil Neuenheim.) Hofcat Dr.
Osthoff verkaufte die Villa Mönchhofstratze Nr. 27 an Herrn
Dr. L. Cron. Der Abschlntz'erfolgte durch Kaufmann Georg
Morr hier. — Bürgermeister Dr. Walz kaufte die ehemals
Spitzersche Villa an der Ncnenheimer Landstratze um den Prsis
von 185 000 Mk.
— Brand. Jn der Schreinerwerkstatt Hauptstratze 43 brach
gestern dadurch ein Brand aus, datz beim Kochen von Terpen-
tinöl und Wachs die Masse überlief nnd Feuer fing. Das Feuer
wurdc von dem Meister aber bald gelöscht. Doch verbrannte er
sich bei den Löscharbeiten beide Hände.
X Unfälle. Das 4 Jahre alte Söhnchen des Schreiners
Zindel geriet gestern unter ein Bierfuhrwerk. Ein Vorderrad
ging ihm über die Brnst, sodatz es, lebensgefährlich verletzt, in
die Luisenheilanstalt verbracht werden mnhte. — Jn der Berg-
heimerstratze fuhren gestern zwei Rahfahrer mntwilliger Weise
neben einander her und stietzen sich fortwährend an. Jm Ver-
lauf der Fahrt wollte der einc, der Schlosscr Simon Schmitt
von Ziegclhausen, noch vor einem elektrischen Wagcn über das
Gleis fahren. Der Wagen erfaßte ihn jedoch und schlenderte
ihn mit dem Kopf gegen den Rinnstein, datz er eine Gehirner-
schütterung, sowie zivei Risse cm der Schädeldecke und Haut--
abschürfungen davontrug. Er wnrde ins akademische Kranken-
hans verbracht.
— Polizeitericht. Verhaftet wurdcn ein Kanfmann
wegen Diebstahls,' ein Schlosser und ein Hausbursche wegen
Bettclns und cin Zwangszögling, welcher seiner Anstalt ensi
laufen ist. Zur Anzeige kamen 10 Personen wegen Ruhe-
störung bezw. Unfugs.
-s- Doffenheim, 30. Mai. (Die ersten Kirschen.)
Am letzten Samstag sind hier die ersten Kirschen gebrochen
worden, wofür ein Preis bon 60 Pfg. für das Pfund bezahlt
wurde. Heute beginnt man im Allgemeinen imt dem Brechen
und es sind dieselben schon auf 35 Pfg. vro Psund herabge-
gangen. Leider gibt es sehr wenige und GroWirschenhändler
sind bis jetzt noch gar keine eingetroffen, wie in soNstigen Jahren.
Der Bersandt an deren Adresse in den Grotzstädten gcschieht durch
die Unterhändler. Das Brechen ist sehr mühsam, da die wenigen
Kirschen, die auf dcn Bäumen hängen, zusammengesucht werden
müssen; daher auch der hohe Preis.
Karlsruhe, 30. Mai. (Die Einweihung des ncuen
chemischen Jnstituts der Technischen H o ch -
schule) fand heutc morgen unter Teilnahme einer Anzahl her-°
vorragender Jndnstrieller anf chcmischem Gebiete nnd in An-°
wesenheit des Ministers für Knltns und Unterricht, Frhrn. von
Dusch, in dem grotzen Hörsaal statt. Direktor Hasenclever über-
rcichte dcm Direktor des Jnstitnts eine Stiftung der chemischeN
Jndnstrie Dcusichlands von 200 000 Mark, die den NameN
Dr. Karl Engler-Stiftung tragen soll. Ein Rundgang durÄ
das neuc Jnstitut beendete die Feier. Erwähnenswert ist viel-
leicht noch, datz die Kosten zur Hcrstellung des Laboratoriuins,
dic in den bewährtcn Händcn dcs Obcrbaurats Prof. Warth
lag, sich auf 88 636 Mk. bekiefcn, natürlich ohne den Preis für
das Bauterrain.
Karlsruhc, 30. Mai. (Todesfall.) Obcrlandesgerichts-°
rat Dr. Julius Heinsheimer isr am Samstag Abend hier ge--
storben. Der Verstorbene war cincr dcr tüchtigsten badischen
Richter. Er war als Amtsrichtcr in Pforzheim tätig, darrN
wurde er als Landgerichtsrat nach Mosbach versctzt, von hier kain
er in gleicher Eigenschaft nach Karlsrnhe. Hier war er als
Untersuchungsrichtcr lange Jahre tätig. Dald nach seiner Be-°
förderung zum Oberlandesgerichtsrat traten Zeichen schtverec
Krankheit hervor, die ihn zwangen, in jnngen Jahren im Ja-'
nnar d. I. in den Ruhestand zu treten.
Korlsruhc, 30. Mai. (Ko nkur s.) Durch das ungünstiK
Geschäftsergebnis des Jahres 1903 jyaren der Maschinenfabrik
vorm. L. Nagel, A.-G. in Karlsruhe, 75 000 Mk. Betriebsmittel
entzogen worden. Die Bemühüngen der Verwaltung, einen
nenen Kredit zu erlangen und so die zur Weiterführung des
Geschäfts nötigen Betriebsmittel bereit zu stellen, waren erfolg-
los. Die Gesellschaft war deshalb geMungen, trotzdem die Bi-°
lanz per 31. Dezember 1903 noch das Vorhandensein des ganzen
Aktienkapitals, 600 000 Mk., und einer Rcserve zur DeckunS
zukünftiger Unterbilcmzen in Höhe von 56'si69.56 Mk. nachweist,
die Zahlungen einzustellen und den Konsiirs anznmelden.
Niiter-Schönmattenwag, 30. Mai. (Furchtbare--
Unwette r.) Das Unwctter, das von Freitag auf Scnnstag
Nacht in dcr Obcr-Absiteinacher Gegend so enormen SchadeN
vcrnrsacht hat, ist hier vorübergezogen. Dafür hatten Ivir aber
leider gcstern hier ein gleiches U n w e t t e r. Die älte-!
sten Leute cntsinnen sich seit 1845 eines solchen nicht mehc-
Glcich nach 3 Uhr fing es zu donnern an. Gegen 4 Uhr aber
entluden sich ans dcm Höhenzug zwischen hier und Finkenbach l§
gewaltige Wolkenmassen, datz die Gcbirgswege sowohl hier als
in Finkcnbach in wenigen Asinnten reitzenden Hochgebirgsbäckstit
glichen. Dic Fenerwehr mutzte alarmiert werden, nm in den
gefährdctcn Häusern schleunigst noch zu retten, was zu retten
ivar. Hier im Orte selbst liegen hnnderte von Wagen Grnnd
nnd Stcingeröll, ebenso in Finkenbach, ivo sogar Häuser star'
beschädigt sind. Der Schaden auf Wiesen und Feldern ist gang
enorm.
Aus Baden. Jn Mühlburg konnteu die Wilhelm Ruf
Ehelcute das seltene Fest der diamantenen Hochzeit begehen.
Theater- und Kunstnachrichten.
Wir lesen im „Tag": Die erste cnglische „P arsi-
fal"-Anfführung in Amerika wird in Boston statt--
findcn. Direktor Savage, der das Parsifatmonopol in un--
crlaubter Weise in englischer Sprache brechen will, weilte in Ber-
lin, um für diese Aufführungen deutsche Opernkräfte zu enga-
gieren; er hat jcdoch erfreulicherweise wenig Gegenliebe gefun-
den. Jn sciner Gesellschaft befand sich sein Oberregisseur Herr
Josef Engel, der Sohn des „Krollengel" und frühere Direktoc
des Stadttheaters in Stratzburg. Herr Savage hat der Familw
Wagner für die Sanktionierung der englischen „Parsifal"-AuE
führungen 40 000 Mark angeboten. Das Tlnerbietcn wnrde na-
türlich abgelehnt.
Der Krieg in Ostasten.
Tschifu, 30. Mai. Ain 24. ds. siud drei Torpedo-
sioote und eiu großes Kriegsschis f, wahrscheinlich
der Bajan aus Port Arthur in Talienwan eingetroffeü,
Man glanbt, daß 'der Bajan es gewesen ist, der den linkeü
Flügel der Japaner bei dem Angrifs auf Kintschou borü-
bardjerte. Chinesische Dschunken berichten, daß sie neun
Meilen von Daluy entfernt ein rnssisches Kriegsschisf be-
merki hätten. Wahrscheinlich sei es der Bajan gewesen,
der den Japanern in die Hände gefallen sein soll.
Washington, 29. Mai. Amtliche telegraphisch^
Berichte ans Japan heben die furchtbare Ge^
walt des japanischen Pulvers hervor, dessen Berei-
tung ein Geheimnis sei. Die Explosion der mit dteseiN
Pnlver gefülltm Geschosse setzte die amerikanischen
Attackpss in Siaunen. Die schwersten, panzerdurchschlagen-
'den Geschosse, obwohl sie nur eine kleine Ladung Pnlver
Abg. Schüler (Ztr.) richtet an die Regierung das drin-
gende Ersuchen, die Wünsche der Gemeinden bezüglich der Jagd
zu berücksichtigen.
Geh. Rat Reinhard kommt auf die Rede Frühaufs zurück
und weist nach, daß Baden einen grötzeren Reinertrag aus den
Forsten Hiöht, als Sachsen, und datz wir überhaupt bezüglich der
Reineinnahmen an der Spitze marschieren. De^Bergleich, den
Frühauf mit unserem Staatswald und dem württembergischen
bei Ruhstein angestellt hat, trifft nicht zu; denn der württem-
bergische Domänenwald ist ein alter Staatswald, während unser
Wald in jener Gegend sich aus Privatwäldern zusammensetzt,
die wir aufgeküuft habeg und in die Höhe bringen wollen (Hei-
terkeit).
Abg. Dr. Binz (natl.) tritt wiederholt unter Hinweis
auf seine Ausführungen bei der Beratung des Unterrichtsbudgets
für die Belassung der Forstabteilung an der Technischen Hoch-
schule ein. Redner äutzert sodann verschiedene Bedenken gegen
die Regierung und zollt dem Forstpersonal Dank und Anerken-
nung für die Erhaltung und Hebung unseres Waldes.
Geh. Rat Reinhard protestiert gegen die Acußerung
des Borredners, datz der Jagdbetrieb durch die Oberförster
heruntergedrückt iverde. Jn gewiffen Fällen mutz die Verwal-
tung das gröhte Gewicht auf die Erhaltung des Regiebetriebs
legen.
Abg. Geppert (Ztr.) begrüßt die Matznahmen zum Schuhe
der insektenfressenden Vögel.
Abg. Grciff (natl.i bekennt sich als Gegner der Regie-
jagd und bemängelt die Abstriche an den Forsthausbauten, von
denen er eine Schädigung der kleinen Gewerbetreibenden be-
fürchte.
Ahg. Sützkind (Soz.) wundert sich, datz der demokratische
Abg. Hofmann einen Staatsbeitrag für die Bruchsaler Hofiirche
berlangt, trotzdem gar keine Rechtspflicht des Staates befteht.
Er verstehe nicht, wie ein Berfechter der Trennung von Staat
und Kirchc so auftreten kann.
Abg. Kirsner (natl.) befürwortet die Wünsche der Forst-
beamten.
Abg. Harsch (natl.) hält die reichliche Anpflanzung von
Fichtenholz für ganz richtig und bittet, das jetzige System der
Holzversteigerung beizubehalten.
llm 8 Uhr wird die Sitzung abgebrochen. Es sind noch 6 (I)
RedNer vorgemerkt.
Während der Sitzung ist ein Antrag der demokratischen
Fraktion, in den Nachtrag zum Budget einen Betrag einzustellen,
um den Ansprüchen an den Gnadengabenfond nachkommen zu
können.
Morgen ö Uhr: Fortsehung der heutigen Beratung und
Biersteuergeseh.
Aus der Karlsruher Zeitung.
Hof-Ansage. Wegen des gestern erfolgten Ablebens Seiner
ÄöniglicheN Hoheit des Grotzherzogs Friedrich Wil-
helm von Mecklenburg-Strelitz legt der Grotzherzogliche Hof
von heute an die Trauer auf drei Wochen bis zum 19. Juni
einschlietzlich an, und zwar vom 30. Mai bis 8. Juni nach der
Ä., vom 9. Juni bis 19. Juni nach der 4. Stufe der Trauer-
ordnung.
Karlsruhe, den 30. Mai 1904.
Grohherzogliches Oberstkammerherrn Amt.
Karlsruhe, 30. Mai. Gestern, Sonntag Bor-
inittag, wohnten die Großherzoglichen Herrschaften mit
Ler Kronprinzessin voi: Schweden und Norwegen dem
Gottesdienst in der Schloßkapelle in Baden an, wobei
Präsident O. Helbing die Predigt hielt. Nachmittags
nach vier Uhr traf Staatsminister Dr. von Brauer mit
Gemahlin zu einer längeren Besprechung auf Schloß
Baden ein und kehrte a'bends wieder kkach Karlsruhe zu-
rück. Heute Vormittag enrpfing der Großherzog. den
Geheimerat Professor Dr. Windekband von der Univer-
sität Heidelberg zu einer Be'sprechung. Gegen 1 Uhr
trasen der Erbgrotzherzog un'd die Erbgroßherzogin, der
Prinz und die Prinzessin Max in Baden ein, wurden von
der Kronprinzessin Viktoria empfan^en und zum Schlotz
geleitet, wo Frühstückstasel stattfand. Nach dem Früh-
stück besuchten der Prinz und die Prinzessin Mar den
Großfürsten Michael und reisten um 4 Uhr 16 Minuten
nach Karlsruhe zurück. Um 3 Uhr suhren die Großher-
zoglichen und Erbgroßherzoglichen Herrschaften mit der
Kronprinzessin von Schweden und Norwegen nach Schloß
Eberstein und nahmen daselbst den Tee ein. Die Erb-
großherzoglichen Herrschaften suhren am Wend von
Gernsbach aus nach Karlsruhe, wahrend die Großherzog-
Uchen Herrschaften mit der Kronprinzsssin Viktoria nach
Schloß Baden zurückkehrten.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 31 Mai.
— Von der Universität. Auf der Versammlung der „Freunde
der Christlichen Welt" aus Süddeutschland und der Schweiz hielt
Ler hiesigc Privatdozent der praktischen Theologie Lic. F. Nie-
bergall am 26. ds. zu Basel einen Bortrag über „D i e re -
ligiösc Phautasie und die Verkündigung in
unserer Zei t", worin er ausführte, wie religiöse Erlebnisse
nur in Bildern und Analogien ihren Ausdruck finden können,
wie aber diese Bilder, deren sich die religiöse Sprache bedienen
mutz, mit den K u l t n r verhältnissen wechseln; deshalb
feien auch viele Bilder, in denen die Bibel den religiösen Erfah-
rungen Ansdruck gibt, uns nicht mehr ohne weiteres verständlich.
Für die heutige Berkündigung ergebe sich in vielen Fällen die
Aufgabe, in n e u e n B i l d e r n die religiösen Grnndberhältnisse
auszusprechen, — Gegen die religionshistorische Methode der
modernsten'Theologie, welche an unserer theologischen Fakultät
in Professor Dr. Troeltsch, dem Systematiker unter den Reli-
gionshistorikern, einen hervorragenden Wortführer hat, wendet
sich Geh. Kirchenrat Professor O. Lemme in einer soeben er-
schienenen Broschüre, auf deren Titel er die Alternaive setzt: „Re-
ligionsgeschichtliche Entwicklung oder göttliche Offenbarung". —
Der autzerardentliche Professor Dr. Walther Petersen hat
Las von ihm seit einer Reihe von Jahren bekleidete Amt als
erster Assistenzarzt für die klinische Ambnlanz der Chirurgischen
Klinik nicdergelegt. Zu seinem Nachfolger ist der bisherige
klinische Assistenzarzt Privatdozent Dr. Otto Simon ernannt
tvorden, ein Sohn des Geh. Rats Gustav Simon, der als Vor-
gänger Exz. Czernys von 1867 bis 1875 Direktor dieser An-
stalt war.
V Der Badisch-Unterländcr Fischereiverein hielt am Sonn-
tag Nachmittag in der Stadthalle in Heidelberg unter dem Vor-
sitz des Grafen von Helmstatt seine Generalversammlung ab.
Dieselbe war von ungefähr 60 Mitgliedern sowie einigen Gästen,
daruntcr Ministerialdirektor Senbert, Prinz Löwenstein-
Langenzell nnd Freiherr von Menzingen besucht. Anch eine An-
zahl Bernfssischer war anwesend. Vor Eintritt in die Tages-
ordnung gedachte Graf von Helmstatt des verstorbenen Ehren-
mitglieds Finanzministers Dr. Buchenberger, zu dessen Ehren sich
die Versamm«lten bon den Sitzen erhoben. Auch dem ver-
storbenen Vorstandsmitglied Gg. Fries wurde ein warmer Nach-
ruf gewidmet. Es folgte dann die Verlesung des gedruckten
Jahresüerichtes durch den Vorsitzenden. Das Wichtigste aus die-
sem Jahresbericht haben wir unseren Lesern bereits mitgeteilt.
Nach Erstattung des Jahresberichtes brachte der Vorsitzende ein
begeistert aufgenommencs Hoch auf Seine Königliche Hoheit den
Grotzherzog aus. Prof. Dr. Hofer, Vorstand des zoologischen
Jnstituts in München, hiclt sodann einen Vortrag über die sische-
reiliche Bewirtschaftung des Maines zwischen Bamberg und
Aschaffenburg. Er legte dar, wie es dem bayerischen Fischerei-
verein mit der nötigen Unterstützung seitens der Regierung vor
4 Jahren gelungen ist, sämtliche Fischer, ca. 700 an der Zahl,
auf der ca. 380 Kilom. langcn Strccke zu vereinigen, damit die
Gewässer gemeinschaftlich bewirtschaftet und besonders mit jun-
gen Nutzfischen besetzt wurden. Das hierdurch erzielte Resultat
kann bereits als sehr günstig bezeichnet iverden. Selbst die Be-
rufsftscher geben zu, datz sie in der durch die Abwässer der
Fabriken benachteiligten unteren Strecke viel mehr gegen
frühere Jahre gefangen haben. Besonders haben die Karpfen
in den Aliwäfsern (Buhnen) ein grotzes Wachstum gezeigt, so-
datz z. B. zwei Jahre alte Fische bereits ein Gewicht von 8 Pfd.
gehabt haben. Es ist ausgeschlossen, datz sich die Karpfen selbst-
ständig vermehren und zwar deshalb, weil die Brut im
zartesten Alter an den Wasserpflanzen festgeklebt ist und in
diesem Falle dem Wasser nicht folgen kann und infolge-
dessen zngrunde geht. Die Aussetzungen müssen deshalb immer
regelmäßig wiederholt werden. Hcrr Prof. Hofer befürwortet
dringcnd, im Neckargebiet ähnlich vorzugehen, um der Fisch-
armut abzuhelfen. An die Ausführnngen des Redners schlotz
sich ein lebhafter Meinungsaustausch an, woran n. a. Ministe-
rialdirektor Seubert, Mcdizinalrat Mittermaier,
Herr Kleinbeck, Oberförstcr Mangler teilnahmen.
Hervorgehoben wird dabei besonders, datz auch die Neckarzeilen
(Buhnen) viel zu wünschen übrig lassen, da dieselben der Zufuhr
frischen Wassers entbehren. Das Wasser wird rasch faulig
und die Fischbrut, denen diesc Bnhnen als Aufenthaltsort dienen
sollen, geht in der Regel fast immer zugrunde. Bei dem nun
folgenden Punkt 3 der Tagesordnung, Wahl des Vorstandes
- betr., wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder durch Akkla-
mation wiedergewählt. An Stelle des zurückgetretenen Herrn
Val. Fuchs wurde Herr Prof. Meixner in Pforzheim ebenfalls
> durch Akklamation gewählt. Zum Schlutz nahm der Ehrenprä-
sident, Ministerialrat Se u b e r t, noch Gelegenheit, dem Vor-
sitzenden Grafen v. Helmstatt fiir seine segensreichen Bemühungen
um das Wohl des Vereins zu danken. Nach Schlutz der General-
versammlung fand ein Ausflug in das Siebenmühlenthal statt,
wo man die interessante Forellenzüchterei des Herrn Dill in
Angenschein nähm. Jm „Kaiserhof" im Stadtteil Neuenheim
vereinigten sich dann noch zahlreiche Mitglieder zu einem gemüt-
lichen Abendschoppen.
n Oberrheinischer Jünglingsbuiid. Anlätzlich seines 7. Bun-
desfestes vereinigten sich hier, wie schon kurz gemeldet, am ver-
gangenen Sonntag untcr dcm Vorsitz des Bundespräses, Herrn
Stadtpfarrer Mühlhäutzer-Karlsruhc, mehr als 300 Mitglieder
der badischen Bundesvereinc, sowic Vertreter der benachbarten
Bündnisse. Jn der Festpredigt, welche in der Evangel. Kapelle
abgehalten wurde, legtc Herr Stadtpfarrer Mühlhäutzer auf
Grnnd des Wortes Math. 28, 18—19 die missionierende Tätig-
keit der Evang. Männer- und Jünglingsvereine dar nnd suchtc
in eindringlichen Worten der Gemeinde die Notwendigkeit und
tatkräftige Unterstütznng dieser Arbeit an der männlichen Jugend
ans Herz zu legen. Dcm Bericht des Bundessekrctärs, Pfarrer
Degcn bei der Nachfeier Ivar zu entnehmen, datz das Vereins-
werk in Baden in innerem und äutzerem Wachstum begriffen sei.
Der Bund nmfatzt z. Z. 48 badische Vereine mit etwa 1600 Mit-
gliedern. Jn einem anregenden Referat suchte Herr Pfarrer
Maurer-Ellmendingen die schlummernden Gaben zum Ausbau des
Vereinslebens zu wecken. Besonderes Jnteresse berdienen die
anfmnnternden Mitteilnngen des Bnndessekretärs Mehmke vom
Südbund (Württemberg), tvelcher die Entwicklung der Arbeit
in Württemberg innerhalb tveniger Jahre schilderte. Autzer
einem neuerbauten Vereinshaus in Stuttgart, dessen Kosten
sich auf eine Million belanfen, hat dieser Bund an den Militär-
Uebungsplätzen noch mehrcre Soldatenhcime, die sich als reiche
Segensstätten für Militärs aller Stände ertveisen und sich
grotzer Beliebtheit erfrenen. Bei der Nachfeier hielten noch An-
sprachen Herr Stadtpfarrer Mühlhäntzer, Pfarrer Hautz-Scmd-
hausen und der Vorsitzende des hiesigen Vereins, Herr Pastor
Kammerer. Die Mitwirlung der vereinigten Posaunenchöre
(etwa 80 Bläser) sowohl beim Gottesdienst, als auch bei der
Nachfeier, trug zum Gelingcn des Festes wesentlich bei. Am
Nachmittag trugen dieselben auf dem Wredeplatz, auf dem sich
eine grotze Menschcnmcngc angesammelt hatte, einige Choräle
nnV Motetten 'vor, von öeneit besonders der >28. Psalm:
„Wenn ich rufe zu Dir", sowie: „Das Gebet für das Vaterland",
sich durch Reinheit und feines Verständnis im Vortrag auszeich-
neten. Das ganze Fest lietz einen Blick tun in die sonst stille und
verborgene Arbeit der Evangel. Männer- und Jünglingsvereine.
Möge dieselbe anch in hiesiger Stadt noch mehr an Ausdehnung
gewinnen!
Ausflugsverkelir. Es kommt vielfach vor, das; Gesuche um
Bewilligung der tarifmätzigen Fahrpreisermätzigungen auf
Eisenbahncn von den Vercincn, Gcsellschaften, Schulen usw. so
verspätet bei den znsrändigen Eisenbahndienststellen emgehen,
datz die Berücksichtignng der Gesnche, sofern nicht schon betriebs-
dienstliche Gründc dercn Genehmignng cntgcgenstehen, auch des-
halb nicht mehr möglich ist, weil die erforderlichen Vollzugsan-
ordnungen wegen der hänfig nötigen Rückfragen und Verhand-
lungen mit anderen Eisenbahnverlvaltnngen nicht rechtzeitig ge-
troffen werden können. Es empfiehlt sich deshalb, die Gesuche
so frühzeitig einzureichen, daß die für dcren Behandlung erfor-
derliche Zeit gegeben ist. Gcsuche, die nur die badische Bahn be-
treffen, sollten spätestens 5 Tage, solche, die auch fremde Bahnen
berühren, spätestens 14 Tage vor Antritt der Neise emgereicht
iverden. An welche Dienststellen die Gesuche um Fahrpreisermä-
ßigung, um Bewilligung znr Benütznng von Schnellzügen usw.
zu richten sind, kann bei den Stationen erfragt werden.
— Paul N. Czerny. Ueber den Tod seines Sohncs schreibt
Geh. Rat Czerny der „Frankf. Ztg.": Die Netzhautablösung,
welche meinen Sohn von 21h Iahren befiel, und die er mit be-
wnndernswerter Gednld nnd Ergebung getragen hat, nötigte
ihn, seine anatomischen Stndien aufzugeben und zur physiolo-
gischen Chemie überzugehen. Dieses schwere Augenleiden war
aber nur eine Episode während eines seit den Entwicklungs-
jahren beginnenden periodischcn Dcpressionszustandes, für den
Professor v. Recklinghausen in Stratzburg bei der Sektion des
Gehirns bollkommen genügende Aufklärung gefunden hat. Jn
einem Zustande melancholischer Verstimmnng hat mcin Sohn
den freiwilligen Tod dem für ihn hoffnungslosen Kampf um
Glück und Zufriedenheit vorgezogcn, was ans seinem rührenden
Abschiedsbrief an Eltern und Geschwister klar hervorgeht. Für
die zahllosen Beweisc menschlicher Teilnahme bei meinem Un-
glück sage ich nochmals wärmsten Dank. Heidelberg, 29. Mai.
Prof. Dr. Czerny.
Unrichtige Behauptimgen des Abg. Eichhorn. Abg. Eich -
horn hatte in der Sitzung der 2. Kammer vom 27. Mai ans-
geführt, am 28. Mai hätte auf Station Friedrichsfeld der Nacht-
schnellzug Mannheim-Heidelberg in grotzer Gefahr geschwebt, in-
folge seiner grotzen Länge und tveil er deshalb hätte über die
Station hinausfahren müssen, mit dcm Schnellzug Heidelberg-
Mannheim zu kollidieren. Demgegenüber wird in der „Karlsr.
Zeitung" festgestellt, datz der betresiende Zug den gewöhnlichen
Halteplatz anf der Station etwas überfahren hat, vom Loko-
motivführer aber wieder an die richtige Stelle zurückgedrückt
wnrde. Der Schnellzug Heidelberg-Mcmnheim fährt dagegen
auf einem völlig unabhängigen zweiten Geleise. Desgleichen
entbehrt die Anschauung, das Fahrpersonal werde uberange-
strengt, jeder tatsächlichen Unterlage. Sowohl Zngsührer, wie
Lokomotivpersonal hatten abends nach 11- bezw. 22stündiger
Ruhezeit den Dienst angetreten.
4- Besitzwechsel. (Stadtteil Neuenheim.) Hofcat Dr.
Osthoff verkaufte die Villa Mönchhofstratze Nr. 27 an Herrn
Dr. L. Cron. Der Abschlntz'erfolgte durch Kaufmann Georg
Morr hier. — Bürgermeister Dr. Walz kaufte die ehemals
Spitzersche Villa an der Ncnenheimer Landstratze um den Prsis
von 185 000 Mk.
— Brand. Jn der Schreinerwerkstatt Hauptstratze 43 brach
gestern dadurch ein Brand aus, datz beim Kochen von Terpen-
tinöl und Wachs die Masse überlief nnd Feuer fing. Das Feuer
wurdc von dem Meister aber bald gelöscht. Doch verbrannte er
sich bei den Löscharbeiten beide Hände.
X Unfälle. Das 4 Jahre alte Söhnchen des Schreiners
Zindel geriet gestern unter ein Bierfuhrwerk. Ein Vorderrad
ging ihm über die Brnst, sodatz es, lebensgefährlich verletzt, in
die Luisenheilanstalt verbracht werden mnhte. — Jn der Berg-
heimerstratze fuhren gestern zwei Rahfahrer mntwilliger Weise
neben einander her und stietzen sich fortwährend an. Jm Ver-
lauf der Fahrt wollte der einc, der Schlosscr Simon Schmitt
von Ziegclhausen, noch vor einem elektrischen Wagcn über das
Gleis fahren. Der Wagen erfaßte ihn jedoch und schlenderte
ihn mit dem Kopf gegen den Rinnstein, datz er eine Gehirner-
schütterung, sowie zivei Risse cm der Schädeldecke und Haut--
abschürfungen davontrug. Er wnrde ins akademische Kranken-
hans verbracht.
— Polizeitericht. Verhaftet wurdcn ein Kanfmann
wegen Diebstahls,' ein Schlosser und ein Hausbursche wegen
Bettclns und cin Zwangszögling, welcher seiner Anstalt ensi
laufen ist. Zur Anzeige kamen 10 Personen wegen Ruhe-
störung bezw. Unfugs.
-s- Doffenheim, 30. Mai. (Die ersten Kirschen.)
Am letzten Samstag sind hier die ersten Kirschen gebrochen
worden, wofür ein Preis bon 60 Pfg. für das Pfund bezahlt
wurde. Heute beginnt man im Allgemeinen imt dem Brechen
und es sind dieselben schon auf 35 Pfg. vro Psund herabge-
gangen. Leider gibt es sehr wenige und GroWirschenhändler
sind bis jetzt noch gar keine eingetroffen, wie in soNstigen Jahren.
Der Bersandt an deren Adresse in den Grotzstädten gcschieht durch
die Unterhändler. Das Brechen ist sehr mühsam, da die wenigen
Kirschen, die auf dcn Bäumen hängen, zusammengesucht werden
müssen; daher auch der hohe Preis.
Karlsruhe, 30. Mai. (Die Einweihung des ncuen
chemischen Jnstituts der Technischen H o ch -
schule) fand heutc morgen unter Teilnahme einer Anzahl her-°
vorragender Jndnstrieller anf chcmischem Gebiete nnd in An-°
wesenheit des Ministers für Knltns und Unterricht, Frhrn. von
Dusch, in dem grotzen Hörsaal statt. Direktor Hasenclever über-
rcichte dcm Direktor des Jnstitnts eine Stiftung der chemischeN
Jndnstrie Dcusichlands von 200 000 Mark, die den NameN
Dr. Karl Engler-Stiftung tragen soll. Ein Rundgang durÄ
das neuc Jnstitut beendete die Feier. Erwähnenswert ist viel-
leicht noch, datz die Kosten zur Hcrstellung des Laboratoriuins,
dic in den bewährtcn Händcn dcs Obcrbaurats Prof. Warth
lag, sich auf 88 636 Mk. bekiefcn, natürlich ohne den Preis für
das Bauterrain.
Karlsruhc, 30. Mai. (Todesfall.) Obcrlandesgerichts-°
rat Dr. Julius Heinsheimer isr am Samstag Abend hier ge--
storben. Der Verstorbene war cincr dcr tüchtigsten badischen
Richter. Er war als Amtsrichtcr in Pforzheim tätig, darrN
wurde er als Landgerichtsrat nach Mosbach versctzt, von hier kain
er in gleicher Eigenschaft nach Karlsrnhe. Hier war er als
Untersuchungsrichtcr lange Jahre tätig. Dald nach seiner Be-°
förderung zum Oberlandesgerichtsrat traten Zeichen schtverec
Krankheit hervor, die ihn zwangen, in jnngen Jahren im Ja-'
nnar d. I. in den Ruhestand zu treten.
Korlsruhc, 30. Mai. (Ko nkur s.) Durch das ungünstiK
Geschäftsergebnis des Jahres 1903 jyaren der Maschinenfabrik
vorm. L. Nagel, A.-G. in Karlsruhe, 75 000 Mk. Betriebsmittel
entzogen worden. Die Bemühüngen der Verwaltung, einen
nenen Kredit zu erlangen und so die zur Weiterführung des
Geschäfts nötigen Betriebsmittel bereit zu stellen, waren erfolg-
los. Die Gesellschaft war deshalb geMungen, trotzdem die Bi-°
lanz per 31. Dezember 1903 noch das Vorhandensein des ganzen
Aktienkapitals, 600 000 Mk., und einer Rcserve zur DeckunS
zukünftiger Unterbilcmzen in Höhe von 56'si69.56 Mk. nachweist,
die Zahlungen einzustellen und den Konsiirs anznmelden.
Niiter-Schönmattenwag, 30. Mai. (Furchtbare--
Unwette r.) Das Unwctter, das von Freitag auf Scnnstag
Nacht in dcr Obcr-Absiteinacher Gegend so enormen SchadeN
vcrnrsacht hat, ist hier vorübergezogen. Dafür hatten Ivir aber
leider gcstern hier ein gleiches U n w e t t e r. Die älte-!
sten Leute cntsinnen sich seit 1845 eines solchen nicht mehc-
Glcich nach 3 Uhr fing es zu donnern an. Gegen 4 Uhr aber
entluden sich ans dcm Höhenzug zwischen hier und Finkenbach l§
gewaltige Wolkenmassen, datz die Gcbirgswege sowohl hier als
in Finkcnbach in wenigen Asinnten reitzenden Hochgebirgsbäckstit
glichen. Dic Fenerwehr mutzte alarmiert werden, nm in den
gefährdctcn Häusern schleunigst noch zu retten, was zu retten
ivar. Hier im Orte selbst liegen hnnderte von Wagen Grnnd
nnd Stcingeröll, ebenso in Finkenbach, ivo sogar Häuser star'
beschädigt sind. Der Schaden auf Wiesen und Feldern ist gang
enorm.
Aus Baden. Jn Mühlburg konnteu die Wilhelm Ruf
Ehelcute das seltene Fest der diamantenen Hochzeit begehen.
Theater- und Kunstnachrichten.
Wir lesen im „Tag": Die erste cnglische „P arsi-
fal"-Anfführung in Amerika wird in Boston statt--
findcn. Direktor Savage, der das Parsifatmonopol in un--
crlaubter Weise in englischer Sprache brechen will, weilte in Ber-
lin, um für diese Aufführungen deutsche Opernkräfte zu enga-
gieren; er hat jcdoch erfreulicherweise wenig Gegenliebe gefun-
den. Jn sciner Gesellschaft befand sich sein Oberregisseur Herr
Josef Engel, der Sohn des „Krollengel" und frühere Direktoc
des Stadttheaters in Stratzburg. Herr Savage hat der Familw
Wagner für die Sanktionierung der englischen „Parsifal"-AuE
führungen 40 000 Mark angeboten. Das Tlnerbietcn wnrde na-
türlich abgelehnt.
Der Krieg in Ostasten.
Tschifu, 30. Mai. Ain 24. ds. siud drei Torpedo-
sioote und eiu großes Kriegsschis f, wahrscheinlich
der Bajan aus Port Arthur in Talienwan eingetroffeü,
Man glanbt, daß 'der Bajan es gewesen ist, der den linkeü
Flügel der Japaner bei dem Angrifs auf Kintschou borü-
bardjerte. Chinesische Dschunken berichten, daß sie neun
Meilen von Daluy entfernt ein rnssisches Kriegsschisf be-
merki hätten. Wahrscheinlich sei es der Bajan gewesen,
der den Japanern in die Hände gefallen sein soll.
Washington, 29. Mai. Amtliche telegraphisch^
Berichte ans Japan heben die furchtbare Ge^
walt des japanischen Pulvers hervor, dessen Berei-
tung ein Geheimnis sei. Die Explosion der mit dteseiN
Pnlver gefülltm Geschosse setzte die amerikanischen
Attackpss in Siaunen. Die schwersten, panzerdurchschlagen-
'den Geschosse, obwohl sie nur eine kleine Ladung Pnlver