Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seiüe KönrAiche Hccheit der Großherzog herben
dem Pfarrer und Deian Jonas Dieterle in Dogern die
Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des ihm von dem
Papste Leo XIII. verliehenen Ehrenkreuzes „Pro Ecclesia et
Pontifice" erteilt.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Professor Dr. Bonhoefferan der Univerfität Königs-
berg zum ordenrlichen Profetzor der Psychiatrie und Direktor
der Jrrenklinik an der Univevsität Heidellberg ernannt.
—' Ober-Postpraktikant Otto Heuß aus Hatzmersheim
tvurde mit Wirkung vom 1. Juli 1903 in einer Ober-Tele-
graphenfeiretärstelle beini Postamt in Pforzheim angestellt.
Karlsruhe, 16. Jan. Der Grotzherzog und die
Großherzogin fuhren heute Vormittag gegen 11 Uhr zum
Friedhof, um der Beisetzungsfeier für den Oberschofmeister
Frecherru von Edelsheim anzuwohnen. Es waren daselbst
ferner anwesend: der Erbgroßherzog, sowie die Prinzen
Karl und Max. Die Höchsten Herrschasten wurden von
den Angehörigen des Berstorbenen in der Kapelle em-
pfangen. Die von Hofprediger Fischer gehaltene kirch-
liche Feier begann mit dem vom Hofkirchenchor gesungenen
Liede: Auserstehn, ja auferstehn wirst Du. Nachdem der
Hofkirchenchor den Choral „Jesus meine Auversicht" vor-
getragen hatte, wurde der Sarg nach der Familiengruft
perhracht. Die nächsten Angehörigen folgten mit dem
Hofprediger Jischer dem Sarg. Taran schlossen fich der
Grotzherzog mit dem Erbgroßherzog und den beiden Prin-
zen. Nachdem der Sarg in die Gruft versenkt war, sprach
Hofprediger Fischer ein letztes Gebet und den Segens-
spruch. Die Großherzogin war mit den Damen in der
Kapelle geblieben. Nach beendjtzter Feier verabschiedeten
fich die Höchsten Herrscha^ten von den Angehörigen des
Vsrftorbenen nnd verließen dett Friedho'. Die Großher-
zoglichen Herrschaften fuhren direkt zur Witwe Freifrau
von Edelsheim, trafen dort mit deren Tochter Freifrau
von Gemmingen zusammen und drückten beiden nochmals
ihr Mitgefühl aus. Jm Laufe des Nachmittags hörte
Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog die Vorträge
des Geheimerats Dr. Freiherrn von Babo und des Le-
gationsrats Dr. Seyb. Gestern Abend arbeitete Seine
Königliche Hoheit der Grotzherzog noch mehrere Stunden
mit dem Präsidenten Dr. Nicolai.
Aus Stadt und Land.
Heidelbcrg. 15. Januac.
X Rezitationsabend zum Bcsten des Lehrcrinncnvcreins»
Heute, Samstag, dcn 111, d. M. W:r> weisen nochmals auf
den Vortrag -es Münchner L-chaufplelers und Rezitators
Öskar Pogelmann-Vollc.ily hi.i, dcr übernll, wo er
fich hören lützt. den grötzten Beitall finder. Tas in diesem
Blatte vcröffentlichte Prvgcumm der Repcaüouen ist auher-
ordentlich geschickt zusammengestel t. Ter Nezitator, der tief
in den Geist der Dichtungen eindringt, rust mit feinem herr-
lichen Vorträgen einen nachhaltigen Eindrnck hervor. Das
Lokal ist der Versammlungssaal der Stadthalle.
X Experimental-Bortrag. Auf Veranlassunz des Kaufm.
Ve.reins wird morgen Abend 8 Uhr im grotzen Harmoniesaal
'der Pbysiter A. Egts aus Berlin einen Experimcntalvortrag
'halten über: „Die elektrische Beleuchtung, ihre Mängel und
Fehler und praktifche Winke für Verbefserung und Vcrbilligung
des Lichtes". Der Redner ist den Vereinen Deutschlands sehr
borteilhaft bekannt; er hat während seiner langjährigen Tätig-
teit schon mehr als 1500 Experimentalvorträge gehalten und
lhat allerorts große Erfolge zu verzeichnen. Bei der lvachfenden
Anwendung, die die Elektrizität für Beleuchtungs- n.n!d Kraft-
zwecke auch hier findet, dürste es Vielen erwünfcht fein, von
hervorragender fachmännischer Seite Winke und Ratschlüge zu
bekommen und es ist dankenswert, datz der Kaufm. Verein
hierzu Gelegenheit gibt. Wegen der Eintrittsbedingungen
verweisen wir auf dcn Anzeigenteil.
— Bolkshochschulkurse. Die geftrige Wtederholung des
Vortrags des Herrn Stadtvikar Wielandt über „Babel
und Bibel" war ebenfo stark befucht wie der erste. Auherdem
lagen noch etwa 300 weitere Anfragen nach Karten vor, die
nicht befriedigt werden konnten. Jm ganzen haben also etwa
800 Perfonen den Vortrag anzuhören gewünfcht. Den gestrigen
Dbend eröffnete Professor Brauer mlt einer Begoützungsan-
sprache namens des Komttees. Der Vortrag wurde .vieder
sehr ausmerksam und mit augenscheinlicheim Jnteresse angehöct,
fodatz die Absicht, den Hörern etwas zu bieten, was ihrem
Bcdürfnis entsprlcht und sie fördert, erreicht sein dürfte.
Drei Fragen, die der Vortrageride am- Schlusse des Vortrags
beantivortete, bewegtcn sich ungefähr in der gleichen Richrung,
wie diejenigen am Meüd vorher. Nachher nähm der größte
Teil der Zuhörer noch die ausgelegten Keilschristaibbil'dungen
In Augenfchein.
8 Generalmusikdirektor Dr. E. Lasscn ist am 15. d. M. im
hohen Alter von 74 Jahren in Welmar verschIeden. Vor
elnigen Tagen hatte der Verblichene noch der „Heidelberger
Krakelia im Perkeo", dercn Ehrenmltglied er war, ein
Zcichen selner Gunst -gegeben. Das städtische Orchester besitzt
eine Reihe seiner schönen Kompositionen, z. B. die Beethoven-
Ouverture „Festouverture über ein Thüringer Volkslied",
die reizewde Balletmusik „Ueber allen Zauber der Liebe"
u. v. a., welche stets grötzten Beifall bei dcm Publikum in dcn
Konzerten finden.
X Pensionsversicherung der Privataugeftellten. Wie wir
schon kürzlich mittcilten, soll die so -überaus wichtige Frage elner
staatlichen Pensions- uwd Hinterblieibenenverflcheruntz der Pri-
vatan-geftellten atich in hiesiger Städt nachdrücklich in die Hand
genom-mcn werden. Zur Beratung der weitercn Schritte san-
den- sich gestern Aben-d Bertreter der verschiedenen beteiligten
Vereine im Lokal des Kcrusm. Veveins ein. Nach einem sehr
eingehenden unb gewissenhast bearbeiteten Bericht des Herrn
Martin Hengstler wurde zur -Bildung eines Ausschusscs geschrit-
ten und in diesen gewählt: als Vorsihewder Herr Karl Hör -
ning (Kausm. Verein), als ftellvertretender Vovsitzeüder
Herr Martin Hengstler (Verein kath. Kausleute un-d Be-
a-mten), als Schriftführer Herr Karl Mächtel (Verein kath.
Kwufleute uüd Beamten) nrvd als Beisitzer die Herren Karl
Lenz (deutsch-nationaler Handlungsgehilsenverban'd), Jalob
Heider (Werkmeister-Bezirksverein Heidelberg) uüd P.
Hannessen (Allg. deutscher Buchhandlungsgchilfenver-
baüd). Es ist nun fiir die nächste Zeit eine grotze öffent -
lichcVersammlung geplant, in der ein berusener Red-
ner -den Gegenftand behanbeln wird und in dcr weiteren Krei-
sen Gelegen-Heit gegeben sein wird, sich der Bewegung anzu-
schließen.
— Jn dcr freireligiösen Gemeinde wird morgcn Sonutag
Nachmittag 6 Uhr im Prüfungssaale des Schulhauscs in der
drücken; der Aamenbeamte in Hami fchien eine scharfe
Zurechtweisung erhalten zu (haben, jedenfalls war er
scchm geworden wie ein Lamm.
Plöck Herr Prediger SchnÄder einen Vortrag halten über has
Thema: „Die Grnndsrage der Religion". Der Zutcitt ist
für jedermann frei.
X Das Kaiserpanorama führt uns bon Sonntag arr näch
Südafrika und lden Diamantfeldern von Kimberley. Die in-
teressante Montblanc-Besteigung ist nur noch heute ausgestellt.
Auszeichnung. Der Zwieback- u. Bisqnitfabrik, Firma:
Georg Sch-Witt, Wiesloch i. B., welche die bekannten Schmitts
Nährzwiebäcke fabriziert, wurde däs Prädikat Grotzh. bad.
Hoslieserant verliehen.
— Unser Bataillon rnckte heute früh 8.40 Uhr ans, um in
Gemeinschaft mit der Manüheimer und Schwetzinger Garnison
eine grötzere Uebung in der Nähe von Friedrichsseld zu machen.
Bei dem herrschenden schlechten Wetter mag dicher „Ausstug"
kein Vergnügen sein.
^ 8 Uhr-Ladenschluß. Jm heufigen Jnseratenteil findet
der Leser einen Aufruf an die hiesigen Ladeninhaber zur
Unterstützung der Bestrebungen betr. Ein-führung des 8 Uhr-
Ladenschlusses.
X Kindesaussetzung. Jn Mannheim ist ein etwa drei
Wochen altes Kind ansgesetzt woridon. (Siehe Ausschreiben
des Mannheimer Staatsanwalts im Jnseratenteil der henfigen
Nummer.)
X Unfall. Gestern Abend fuhr der Bierführer der Brauerei
Klernlein, Johann Grimrn, mit seinem Fuhrwerk aus der
Richtung Schrieshei-m-Heidelberg durch Dossenheim. Bei dem
Leserenzschen Klopswerk wurde das Führwerk durch den letzten
von hier abgehenden Zug der Nebenbahn überfahren. Das
eine Pferd wnrde getötet, das andere leichl verletzt. Der Fuhr-
mann kam mit dem Schrecken davon.
— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Reisender,
der von einer auswärtigen Behövde wegen Betrugs versolgt
wird, serner ein Maler, ein Dreher, ein S-teindrncker und ein
Steinhauer -wezen Bettelns. Wegen Ruhestörung beM. Un-
fugs kamen- 4 Personen zur Anzeige.
Mannheim, 15. Fan. (Der H e 'dd e sh e i m e r M o r d-
prozetz) wird am nächften Dormerstag vor dem hiesigen
Schwurgericht zur Verhandlung kommen. Der Angeklagte,
Landwirt Knapp, leugnet noch immer, doch liogt ein erdrücken-
der 'Jndizienbeweis vor. Es siüd 75 Zeugen geladen.
Mannheim, 15. Jcm. (Jür die hiesige Bahn-
hofsrestauration) sollen etwa 150 Offerten eingereicht
worden sein. Die Gebote sollen bis zu 27 000 Mk. gehen,
tvährend der Lisheri-ge Pächter, Herr Wi-lh. Kettler, 12 000
Mark zahlte.
Karlsruhe, 15. Jan. (Ueber die Beer-digung)
dcs Obersthosmeisters v. Edelsheim (siehe Hofbericht) berichtet
die „Karlsr. Zt^." noch: Der Grotzherzog legte eigen-
häüdig an dem über uüd nber mit Kränzen -bödeckten Sarge
einen prachtvollen Kranz mit einer Schlei-fe in den bad-ijchen
Farben nieder. Hosprediger Fischer gab zunächst die Perso-
nalien, aus denen zn entnehmcn ist, datz Frhr. v. Edelsheim
(geb. 1824) in Heidelberg uNd Berlin stüoierte, sich dann der
Landwirtschaft widmete und in Sachsen unter Leitung hervor-
ragender Landwirte aus verfchiednen Gütern täfig war. Jm
Jahre 1849 übernahm er das Gut Uedesheim in dcr Wetterau
zur Vevwalfimg; im Jahre vorher hatie er den Marsch der
bädischen Truppen in der 4. Kompanie des Leib-Jnfanterie-
Regiments mitgemacht. Am 6. November vermählte er sich mit
Mathilde Frciin von Spiegel -und 1860 gog er nach Karlsruhe,
um im- folzenden Jcchre den persönlichen Dienst bei Jhrer
Kömglichen Hoheit der Großherzogin zu überuehmen, den er
bis zu seinem Töde inne hatte. Jm Austrag des Großherzogs
uüd der Grotzherzogin verlas Hofprediger Fischer sodarm eine
Allerhöchste Kundgebung, die etwa folgendermaßen
lautete:
Wir erfüllen eine werte Pflicht, iüdem wir vor der letz-
ten Ruhestätte des teuren verstorbenen Obersthofmeisters
Freiherrn von Edelsheim unferen Gefühlen der Dankbarkeit
einen warmen- Ausdruck geben, soweit Worte die EmpfiNdun-
gen 'des Herzens wiederzugeben vermögen. Der Geist muß
alle Gefuhle beherrschen und unsere Gedankeri nach Obcn
richten zu dem, der uriser Lcben leitet.
Wir siüd dankbar -gegen Gott, dcssen Gnade uns mit dem
Verstorbenen verbunden hat und 42 J-ahre in treuer Ge-
meiüschaft bereinigt ließ. Jn dieser langen Zeit hatten wir
den Vorzng, vielen Rat nnd Fürsorge von ihm zu em-pfan-
gen uüd eine treue Hingebuntz von ihm zn ersahren, wie
solche nur selten erlebt wird.
Diefe trene Gesinnuntz und grotze An-Hänglichkeit an
unser Haus waren verb-underi niit einer so außerordentlichen
Selbstlosigkeit, datz mit derselben jeder Rat und jede Tat
als wohlbegründet sich erwiesen und zu deu schönsten Erfol-
gen gcsührt haben. Die Ereignisse der gemeinsamen Le-
bensjahre gehören bielsach zu den großen historischen Mo-
-menien, von denen unser öfsentliches Leben in der Entwick-
lnng bis znm Kaiserreich erfüllt war.
Jn all diesen Erlebniffen stand der Verstorbene nicht nur
tren uns zn Seite, sondern er war auch von patriofischem
Geiste erfüllt, von Mitgefühl und Teilnahme. Diese Ge-
meinfchaft rrn Wirken und Streben l-ätzt uns den Verlust
des Verklärten nur nm so schmerzlicher empsindcn. Das
-Vermrssen erhöht aber äuch das Gefühl unvergänglicher
Dankbarkeit und stärtt unseren Glauüen an die Gnade
Gottcs für die Scelenruhe des Entschlafenen.
Der Kundgebung, die auf die TrauerversarNmlu-ng einen
fiefen Eindruck machte, war aus dem 2. Kapitel des Evangel.
Lucas, Vers 29 und 30, angefügt: „Her, nun lässest Du
Deinen- Diener in Frieden hrnfahren, wie Du gesagt hast, denn
meine Augen haben Deinen Heiland gesehen".
Karlsruhe, 15. Jan. (S t u r m.) Seit drei Tagen iobi
ein gewalfiger Orkan, dcr im ganzen Lande an Häusern und
Bäumen nicht wenig Schaden angerichtet hat.
Konstanz, 15. Jan. (Vermitzt.) Jn Kreuzlingen wird
sert einigen Tagen oie 20 Jahre alte Meta von BvaNd vermitzt.
Seitens des Vaters ist anf ihre Aussirib-ung eine Belohnung
von 300 Mk. ausgesetzt.
TheaLer- und Kunstnachrichten.
4- Heibelberg, 16. Jan. (Stadttheater.) Nächsten
Montag geht das Lustspiel „Müdarne Sans Gene" von Sardou
zum letztenmal in diescr Saison in Szene mit Frl. v. Bukovics
in der Titelrolle und den Damen Bonne, Hartmann, tzvll-
mann, Hnch, Lehmann, Wagner und den Herren StesfenS, Eck-
hof, Sigl, Schneider, Hey, Steinmänn, Plcmk, Kehr, Alberö,
Stauffert u. s. w. in 'den artderen Hauptrollen.
— Nittershaus-Konzert. Am Frcitag, dcn 5. Fcbruar
webden unfere Mufikfreunde Gelegenheit habcn, einen dcr erstcn
Tcnoristen Deutschlands, den kgl. Hofopernsänger Alsred Rit -
tershaus, zu hören. Der Künstler veranstaltet an diesem
Tage im Saale der „Harmonie" einen Opern- uNd Lieder-
abend. Das Programm webden wir demnächst -mitteilen. Den
Billetverkaus hat die Musikalienhandlung K. Hochstein über-
nommen. Vormerkungen aus nummerierte Sitze L 2.50 Mk.
und 1.50 Mk. werden dort von heute ab entgegengenommen.
Haudel und Berkehr.
Eppiugen, 15. Jan. Der heuttge Schweinemarkt war gut
besucht uNd waren 268 Stück Milchschweine, sowie 15 Läuier
zugeführt. Das Paar Milchschweine kostete 18—28 Mark,
Läufer 40—75 Mark.
Wasserstandsnachrichten.
N e ck a r.
Heidelberg 16.2 80. geft. 0.38 m
Heilbronn 15.. 2.40 gest 1 68 m
Mannhetm. 15,2.65, gest 0.35 m
Rhein
Lanterburg 15. 3.33, gest. 0.39 m
Maxau, 15.3.48, gesl. 0.43 m
Mannheim, 15,2.55, gest. 0.38 m
Lbe kerllir Zcbos! ok Languager,
Hauptstrassv 12t>, 2 Iroppea.
Jnüitut zum Zwecke Le- Gtu-
dium- fremder Sprachen, sür
Erwachseue, Herren u. Damett,
unter Oberleitung des Her^n
Profcsiors
N. v. »«rlltr.
Lvvi golckene Leilnillen nnk cker knrlsvr VoltnnsstoUnng;.
Fran,»fisch, Euglisch, Jtaltentsch, Rnsstich. Spanisch.
Deutsch ffir Ausländer: unr Lehrer de« brtreffeudr« Natt»«.
«»nversation Sorrespondeuz ^ Litrratur.
Uebcr 180 Zweigschulen. 4b Prospekte gratis «. franko.
Nemste Nachrichten.
Berlin, 15. Jan. Heute Vormittag hielt der Kaiser
im Weißen Saale des Schlosses ein KaP i t e l des O r-
dens vom Schwarzen Adler ab, dem der feier-
liche Einzug der Ordensritter, die jnngsten derselben an
der Spitze, der Kaiser und der KonPrinz anr Schluß, vor-
ausging. Der Kaiser 'besfieg den Thron, während die
Ritter sich an den beiden Seiten desselben ausstellten. Der
Kaiser nahm fodann die Jnvesfitur der neuetnannten Rit-
ter, des Prinzen Heinrich der Niederlande, des Erbprin-
zen von Hohenzollern und des Wirkl. Geh. Rats v. Köller,
früheren Präsidenten des Preußischen Abgeordnetenhauses,
vor. Nach der Jnvestitur gingen der Kaiser und die Or-
densritter nach dem Kavitelsaale.
Berlin, 15: Jan. Die letztesi.Telegramme aus Swa-
kopmund melden eine Bedrohung Otjimbingwes. Auf
die Bitte um Untersfiitzung, die von dem Ansiedler von
Broen von Kubas aus telegräphisch nach Swakopmund
geri-chtet wurde, sind 31 nnverheiratete Freiwillige unter
dem Leutnant der Reserve Laubschaft Per Bahn nach
Karibib entsandt worden, denen-Hft weitere Mann folgen
sollen.
Gmundcn, 16 .Aan. Der ärztliche Bericht über das
Befinden der Königin üon Hannover lautet:
Die Bessernng in den lokalen Krankheitserscheinungen-
hält an; das Uebelbefinden hat aufgehört. Herztätigkeit
und Kräftezustand sind befriedigend.
Charlottenburg, 15. Jan. Der frühere Reichsgerichts-
präsident v. Oehlschläg e r ist gestern hier g e st o r-
b e n. Qehlschläger stammt aus Ostpreußen und hat ein
Alter von 73 Jahren erreicht. Sechs Fahre lang war er
General-Auditeur der Armee, fpÄer eine kurze Zeit
Staatssekretär des Reichsjusttzamtes. Die letzten zwölf
Jahre bis zn feiner vor einigen Monaten erfolgten Pen-
sionierung ftand der nun Verblichene an der Spitze des
Reichsgerichts.
Wic.n, 15. Jan. Der „Allg. Ztg." zufolge, beabfich-
tigt der Prätendent H e r z o g P h i I i p p von Or-
leans nach achtjähriger Che sich vvn seiner Geniahlin,
Erzherzogin Maria Dorothea, scheiden
zu lassen. Als Scheidungsgrund gibt er an, daß die Ehe
unter einem Zwange zustande kant. Den orleanistis-chen
Parteiführern gegenüber beruse er sich auf Kinderlosigkeit
der Ehe, die den Pflichten des Prätentenden widerspreche,
ein Argument, das die Parteifi'chrer, die einen schlimmen
Eindruck auf katholische Kreise fürchten, nicht gelten lassen.
Es scheint, daß denr Prinzen, der sehr lusfig lebt, seine
schöne, äber strenge Gemahlin lästig geworden ist. Der
Herzog wandte sich nach Rom, um die Unefilfigkeitserklä-
rung seiner Ehe zn erwirken unh seine Wiederverheiratung
zu ermöglichen. Wie verlautet, will der Herzog die Prin-
zessin Tifi Metternich, die Tochter des Fürsten Paul Met-
ternich, heiraten.
Pctcrsünrg, 15. Jan. Wie der „Nowoje Wremja"
aus Wladiwostok vom 12. d. W. berichtet wird, h-errscht
im Amurgebiet völlige K r i e g s b e r e i t s ch a f t
und R u h e, die leitenden Kreise Japcms durchdringe
mehr und mehr die Ueberzeugung von der Notwendigkeii
einer Verständigung mit Rußland, weil! dcr -günsfige
Augenblick für die Kriegserklärung unbenutzt blieb. Ruß-
lands Streitkräfte würden mit jedem Tag 'stärker und
Japans Aussichten auf einen günstigen Aüsgang des
Krieges nehmen dementsprechend ab. Die „Nowoje Wrem-
ja" bemerkt, sie wolle zwar nicht den Propheten in dem
russisch-japanischen Streit spielen, glaube aber zu erken-
nen, daß sin fernen Osten eine Wendung zum Bessern ein-
getreten sei. Jn hiesigen russischen amtfichen Kreison
wird versichert, daß eswederjetzt noch voraussichtlich
in irgend absehbarer Zeit zum Kriege
kommen werde.
Pctcrsburg, 15. Jan. Das Reutersche Bureau meldet:
Gestern, als am russischen Neujahrstag-s empfing der
Kaiser das diplomatische Korps im Weißen Saale des
Winterpalastes. Der Käiser machte einen- Rundgang und
richtete an jeden Diplomaten einige Worie, Mit einzelnen
sprach er längere Zeit. Besonderes Jnteresse erweckte
es, als er den japanischen Gesandten Lfiirino in besonders
herzlicher Weise ans-Prach. Er betonte, welch hohen Wert
er auf gute Beziehungen zu Japan nicht nnr fllr die
Gegenwart, sondern anch für die Zizkunft lege. Er gab
der unerschütterlichen Hofsnung Ausdruck,
daß eine für beide N a t i o n e n b e f r i ed i g e n d e
Regelung erreicht werde. E>er Gesandte war von
den Worten des Kaisers tief bewegt. Sodann spräch der
Kaiser mit dem a m e r i k a n i s ch e n Gesandten Mc-
Cormick; Rutzland, sagte er, werde dem kürzlich geschloß
— Seiüe KönrAiche Hccheit der Großherzog herben
dem Pfarrer und Deian Jonas Dieterle in Dogern die
Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des ihm von dem
Papste Leo XIII. verliehenen Ehrenkreuzes „Pro Ecclesia et
Pontifice" erteilt.
— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Professor Dr. Bonhoefferan der Univerfität Königs-
berg zum ordenrlichen Profetzor der Psychiatrie und Direktor
der Jrrenklinik an der Univevsität Heidellberg ernannt.
—' Ober-Postpraktikant Otto Heuß aus Hatzmersheim
tvurde mit Wirkung vom 1. Juli 1903 in einer Ober-Tele-
graphenfeiretärstelle beini Postamt in Pforzheim angestellt.
Karlsruhe, 16. Jan. Der Grotzherzog und die
Großherzogin fuhren heute Vormittag gegen 11 Uhr zum
Friedhof, um der Beisetzungsfeier für den Oberschofmeister
Frecherru von Edelsheim anzuwohnen. Es waren daselbst
ferner anwesend: der Erbgroßherzog, sowie die Prinzen
Karl und Max. Die Höchsten Herrschasten wurden von
den Angehörigen des Berstorbenen in der Kapelle em-
pfangen. Die von Hofprediger Fischer gehaltene kirch-
liche Feier begann mit dem vom Hofkirchenchor gesungenen
Liede: Auserstehn, ja auferstehn wirst Du. Nachdem der
Hofkirchenchor den Choral „Jesus meine Auversicht" vor-
getragen hatte, wurde der Sarg nach der Familiengruft
perhracht. Die nächsten Angehörigen folgten mit dem
Hofprediger Jischer dem Sarg. Taran schlossen fich der
Grotzherzog mit dem Erbgroßherzog und den beiden Prin-
zen. Nachdem der Sarg in die Gruft versenkt war, sprach
Hofprediger Fischer ein letztes Gebet und den Segens-
spruch. Die Großherzogin war mit den Damen in der
Kapelle geblieben. Nach beendjtzter Feier verabschiedeten
fich die Höchsten Herrscha^ten von den Angehörigen des
Vsrftorbenen nnd verließen dett Friedho'. Die Großher-
zoglichen Herrschaften fuhren direkt zur Witwe Freifrau
von Edelsheim, trafen dort mit deren Tochter Freifrau
von Gemmingen zusammen und drückten beiden nochmals
ihr Mitgefühl aus. Jm Laufe des Nachmittags hörte
Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog die Vorträge
des Geheimerats Dr. Freiherrn von Babo und des Le-
gationsrats Dr. Seyb. Gestern Abend arbeitete Seine
Königliche Hoheit der Grotzherzog noch mehrere Stunden
mit dem Präsidenten Dr. Nicolai.
Aus Stadt und Land.
Heidelbcrg. 15. Januac.
X Rezitationsabend zum Bcsten des Lehrcrinncnvcreins»
Heute, Samstag, dcn 111, d. M. W:r> weisen nochmals auf
den Vortrag -es Münchner L-chaufplelers und Rezitators
Öskar Pogelmann-Vollc.ily hi.i, dcr übernll, wo er
fich hören lützt. den grötzten Beitall finder. Tas in diesem
Blatte vcröffentlichte Prvgcumm der Repcaüouen ist auher-
ordentlich geschickt zusammengestel t. Ter Nezitator, der tief
in den Geist der Dichtungen eindringt, rust mit feinem herr-
lichen Vorträgen einen nachhaltigen Eindrnck hervor. Das
Lokal ist der Versammlungssaal der Stadthalle.
X Experimental-Bortrag. Auf Veranlassunz des Kaufm.
Ve.reins wird morgen Abend 8 Uhr im grotzen Harmoniesaal
'der Pbysiter A. Egts aus Berlin einen Experimcntalvortrag
'halten über: „Die elektrische Beleuchtung, ihre Mängel und
Fehler und praktifche Winke für Verbefserung und Vcrbilligung
des Lichtes". Der Redner ist den Vereinen Deutschlands sehr
borteilhaft bekannt; er hat während seiner langjährigen Tätig-
teit schon mehr als 1500 Experimentalvorträge gehalten und
lhat allerorts große Erfolge zu verzeichnen. Bei der lvachfenden
Anwendung, die die Elektrizität für Beleuchtungs- n.n!d Kraft-
zwecke auch hier findet, dürste es Vielen erwünfcht fein, von
hervorragender fachmännischer Seite Winke und Ratschlüge zu
bekommen und es ist dankenswert, datz der Kaufm. Verein
hierzu Gelegenheit gibt. Wegen der Eintrittsbedingungen
verweisen wir auf dcn Anzeigenteil.
— Bolkshochschulkurse. Die geftrige Wtederholung des
Vortrags des Herrn Stadtvikar Wielandt über „Babel
und Bibel" war ebenfo stark befucht wie der erste. Auherdem
lagen noch etwa 300 weitere Anfragen nach Karten vor, die
nicht befriedigt werden konnten. Jm ganzen haben also etwa
800 Perfonen den Vortrag anzuhören gewünfcht. Den gestrigen
Dbend eröffnete Professor Brauer mlt einer Begoützungsan-
sprache namens des Komttees. Der Vortrag wurde .vieder
sehr ausmerksam und mit augenscheinlicheim Jnteresse angehöct,
fodatz die Absicht, den Hörern etwas zu bieten, was ihrem
Bcdürfnis entsprlcht und sie fördert, erreicht sein dürfte.
Drei Fragen, die der Vortrageride am- Schlusse des Vortrags
beantivortete, bewegtcn sich ungefähr in der gleichen Richrung,
wie diejenigen am Meüd vorher. Nachher nähm der größte
Teil der Zuhörer noch die ausgelegten Keilschristaibbil'dungen
In Augenfchein.
8 Generalmusikdirektor Dr. E. Lasscn ist am 15. d. M. im
hohen Alter von 74 Jahren in Welmar verschIeden. Vor
elnigen Tagen hatte der Verblichene noch der „Heidelberger
Krakelia im Perkeo", dercn Ehrenmltglied er war, ein
Zcichen selner Gunst -gegeben. Das städtische Orchester besitzt
eine Reihe seiner schönen Kompositionen, z. B. die Beethoven-
Ouverture „Festouverture über ein Thüringer Volkslied",
die reizewde Balletmusik „Ueber allen Zauber der Liebe"
u. v. a., welche stets grötzten Beifall bei dcm Publikum in dcn
Konzerten finden.
X Pensionsversicherung der Privataugeftellten. Wie wir
schon kürzlich mittcilten, soll die so -überaus wichtige Frage elner
staatlichen Pensions- uwd Hinterblieibenenverflcheruntz der Pri-
vatan-geftellten atich in hiesiger Städt nachdrücklich in die Hand
genom-mcn werden. Zur Beratung der weitercn Schritte san-
den- sich gestern Aben-d Bertreter der verschiedenen beteiligten
Vereine im Lokal des Kcrusm. Veveins ein. Nach einem sehr
eingehenden unb gewissenhast bearbeiteten Bericht des Herrn
Martin Hengstler wurde zur -Bildung eines Ausschusscs geschrit-
ten und in diesen gewählt: als Vorsihewder Herr Karl Hör -
ning (Kausm. Verein), als ftellvertretender Vovsitzeüder
Herr Martin Hengstler (Verein kath. Kausleute un-d Be-
a-mten), als Schriftführer Herr Karl Mächtel (Verein kath.
Kwufleute uüd Beamten) nrvd als Beisitzer die Herren Karl
Lenz (deutsch-nationaler Handlungsgehilsenverban'd), Jalob
Heider (Werkmeister-Bezirksverein Heidelberg) uüd P.
Hannessen (Allg. deutscher Buchhandlungsgchilfenver-
baüd). Es ist nun fiir die nächste Zeit eine grotze öffent -
lichcVersammlung geplant, in der ein berusener Red-
ner -den Gegenftand behanbeln wird und in dcr weiteren Krei-
sen Gelegen-Heit gegeben sein wird, sich der Bewegung anzu-
schließen.
— Jn dcr freireligiösen Gemeinde wird morgcn Sonutag
Nachmittag 6 Uhr im Prüfungssaale des Schulhauscs in der
drücken; der Aamenbeamte in Hami fchien eine scharfe
Zurechtweisung erhalten zu (haben, jedenfalls war er
scchm geworden wie ein Lamm.
Plöck Herr Prediger SchnÄder einen Vortrag halten über has
Thema: „Die Grnndsrage der Religion". Der Zutcitt ist
für jedermann frei.
X Das Kaiserpanorama führt uns bon Sonntag arr näch
Südafrika und lden Diamantfeldern von Kimberley. Die in-
teressante Montblanc-Besteigung ist nur noch heute ausgestellt.
Auszeichnung. Der Zwieback- u. Bisqnitfabrik, Firma:
Georg Sch-Witt, Wiesloch i. B., welche die bekannten Schmitts
Nährzwiebäcke fabriziert, wurde däs Prädikat Grotzh. bad.
Hoslieserant verliehen.
— Unser Bataillon rnckte heute früh 8.40 Uhr ans, um in
Gemeinschaft mit der Manüheimer und Schwetzinger Garnison
eine grötzere Uebung in der Nähe von Friedrichsseld zu machen.
Bei dem herrschenden schlechten Wetter mag dicher „Ausstug"
kein Vergnügen sein.
^ 8 Uhr-Ladenschluß. Jm heufigen Jnseratenteil findet
der Leser einen Aufruf an die hiesigen Ladeninhaber zur
Unterstützung der Bestrebungen betr. Ein-führung des 8 Uhr-
Ladenschlusses.
X Kindesaussetzung. Jn Mannheim ist ein etwa drei
Wochen altes Kind ansgesetzt woridon. (Siehe Ausschreiben
des Mannheimer Staatsanwalts im Jnseratenteil der henfigen
Nummer.)
X Unfall. Gestern Abend fuhr der Bierführer der Brauerei
Klernlein, Johann Grimrn, mit seinem Fuhrwerk aus der
Richtung Schrieshei-m-Heidelberg durch Dossenheim. Bei dem
Leserenzschen Klopswerk wurde das Führwerk durch den letzten
von hier abgehenden Zug der Nebenbahn überfahren. Das
eine Pferd wnrde getötet, das andere leichl verletzt. Der Fuhr-
mann kam mit dem Schrecken davon.
— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Reisender,
der von einer auswärtigen Behövde wegen Betrugs versolgt
wird, serner ein Maler, ein Dreher, ein S-teindrncker und ein
Steinhauer -wezen Bettelns. Wegen Ruhestörung beM. Un-
fugs kamen- 4 Personen zur Anzeige.
Mannheim, 15. Fan. (Der H e 'dd e sh e i m e r M o r d-
prozetz) wird am nächften Dormerstag vor dem hiesigen
Schwurgericht zur Verhandlung kommen. Der Angeklagte,
Landwirt Knapp, leugnet noch immer, doch liogt ein erdrücken-
der 'Jndizienbeweis vor. Es siüd 75 Zeugen geladen.
Mannheim, 15. Jcm. (Jür die hiesige Bahn-
hofsrestauration) sollen etwa 150 Offerten eingereicht
worden sein. Die Gebote sollen bis zu 27 000 Mk. gehen,
tvährend der Lisheri-ge Pächter, Herr Wi-lh. Kettler, 12 000
Mark zahlte.
Karlsruhe, 15. Jan. (Ueber die Beer-digung)
dcs Obersthosmeisters v. Edelsheim (siehe Hofbericht) berichtet
die „Karlsr. Zt^." noch: Der Grotzherzog legte eigen-
häüdig an dem über uüd nber mit Kränzen -bödeckten Sarge
einen prachtvollen Kranz mit einer Schlei-fe in den bad-ijchen
Farben nieder. Hosprediger Fischer gab zunächst die Perso-
nalien, aus denen zn entnehmcn ist, datz Frhr. v. Edelsheim
(geb. 1824) in Heidelberg uNd Berlin stüoierte, sich dann der
Landwirtschaft widmete und in Sachsen unter Leitung hervor-
ragender Landwirte aus verfchiednen Gütern täfig war. Jm
Jahre 1849 übernahm er das Gut Uedesheim in dcr Wetterau
zur Vevwalfimg; im Jahre vorher hatie er den Marsch der
bädischen Truppen in der 4. Kompanie des Leib-Jnfanterie-
Regiments mitgemacht. Am 6. November vermählte er sich mit
Mathilde Frciin von Spiegel -und 1860 gog er nach Karlsruhe,
um im- folzenden Jcchre den persönlichen Dienst bei Jhrer
Kömglichen Hoheit der Großherzogin zu überuehmen, den er
bis zu seinem Töde inne hatte. Jm Austrag des Großherzogs
uüd der Grotzherzogin verlas Hofprediger Fischer sodarm eine
Allerhöchste Kundgebung, die etwa folgendermaßen
lautete:
Wir erfüllen eine werte Pflicht, iüdem wir vor der letz-
ten Ruhestätte des teuren verstorbenen Obersthofmeisters
Freiherrn von Edelsheim unferen Gefühlen der Dankbarkeit
einen warmen- Ausdruck geben, soweit Worte die EmpfiNdun-
gen 'des Herzens wiederzugeben vermögen. Der Geist muß
alle Gefuhle beherrschen und unsere Gedankeri nach Obcn
richten zu dem, der uriser Lcben leitet.
Wir siüd dankbar -gegen Gott, dcssen Gnade uns mit dem
Verstorbenen verbunden hat und 42 J-ahre in treuer Ge-
meiüschaft bereinigt ließ. Jn dieser langen Zeit hatten wir
den Vorzng, vielen Rat nnd Fürsorge von ihm zu em-pfan-
gen uüd eine treue Hingebuntz von ihm zn ersahren, wie
solche nur selten erlebt wird.
Diefe trene Gesinnuntz und grotze An-Hänglichkeit an
unser Haus waren verb-underi niit einer so außerordentlichen
Selbstlosigkeit, datz mit derselben jeder Rat und jede Tat
als wohlbegründet sich erwiesen und zu deu schönsten Erfol-
gen gcsührt haben. Die Ereignisse der gemeinsamen Le-
bensjahre gehören bielsach zu den großen historischen Mo-
-menien, von denen unser öfsentliches Leben in der Entwick-
lnng bis znm Kaiserreich erfüllt war.
Jn all diesen Erlebniffen stand der Verstorbene nicht nur
tren uns zn Seite, sondern er war auch von patriofischem
Geiste erfüllt, von Mitgefühl und Teilnahme. Diese Ge-
meinfchaft rrn Wirken und Streben l-ätzt uns den Verlust
des Verklärten nur nm so schmerzlicher empsindcn. Das
-Vermrssen erhöht aber äuch das Gefühl unvergänglicher
Dankbarkeit und stärtt unseren Glauüen an die Gnade
Gottcs für die Scelenruhe des Entschlafenen.
Der Kundgebung, die auf die TrauerversarNmlu-ng einen
fiefen Eindruck machte, war aus dem 2. Kapitel des Evangel.
Lucas, Vers 29 und 30, angefügt: „Her, nun lässest Du
Deinen- Diener in Frieden hrnfahren, wie Du gesagt hast, denn
meine Augen haben Deinen Heiland gesehen".
Karlsruhe, 15. Jan. (S t u r m.) Seit drei Tagen iobi
ein gewalfiger Orkan, dcr im ganzen Lande an Häusern und
Bäumen nicht wenig Schaden angerichtet hat.
Konstanz, 15. Jan. (Vermitzt.) Jn Kreuzlingen wird
sert einigen Tagen oie 20 Jahre alte Meta von BvaNd vermitzt.
Seitens des Vaters ist anf ihre Aussirib-ung eine Belohnung
von 300 Mk. ausgesetzt.
TheaLer- und Kunstnachrichten.
4- Heibelberg, 16. Jan. (Stadttheater.) Nächsten
Montag geht das Lustspiel „Müdarne Sans Gene" von Sardou
zum letztenmal in diescr Saison in Szene mit Frl. v. Bukovics
in der Titelrolle und den Damen Bonne, Hartmann, tzvll-
mann, Hnch, Lehmann, Wagner und den Herren StesfenS, Eck-
hof, Sigl, Schneider, Hey, Steinmänn, Plcmk, Kehr, Alberö,
Stauffert u. s. w. in 'den artderen Hauptrollen.
— Nittershaus-Konzert. Am Frcitag, dcn 5. Fcbruar
webden unfere Mufikfreunde Gelegenheit habcn, einen dcr erstcn
Tcnoristen Deutschlands, den kgl. Hofopernsänger Alsred Rit -
tershaus, zu hören. Der Künstler veranstaltet an diesem
Tage im Saale der „Harmonie" einen Opern- uNd Lieder-
abend. Das Programm webden wir demnächst -mitteilen. Den
Billetverkaus hat die Musikalienhandlung K. Hochstein über-
nommen. Vormerkungen aus nummerierte Sitze L 2.50 Mk.
und 1.50 Mk. werden dort von heute ab entgegengenommen.
Haudel und Berkehr.
Eppiugen, 15. Jan. Der heuttge Schweinemarkt war gut
besucht uNd waren 268 Stück Milchschweine, sowie 15 Läuier
zugeführt. Das Paar Milchschweine kostete 18—28 Mark,
Läufer 40—75 Mark.
Wasserstandsnachrichten.
N e ck a r.
Heidelberg 16.2 80. geft. 0.38 m
Heilbronn 15.. 2.40 gest 1 68 m
Mannhetm. 15,2.65, gest 0.35 m
Rhein
Lanterburg 15. 3.33, gest. 0.39 m
Maxau, 15.3.48, gesl. 0.43 m
Mannheim, 15,2.55, gest. 0.38 m
Lbe kerllir Zcbos! ok Languager,
Hauptstrassv 12t>, 2 Iroppea.
Jnüitut zum Zwecke Le- Gtu-
dium- fremder Sprachen, sür
Erwachseue, Herren u. Damett,
unter Oberleitung des Her^n
Profcsiors
N. v. »«rlltr.
Lvvi golckene Leilnillen nnk cker knrlsvr VoltnnsstoUnng;.
Fran,»fisch, Euglisch, Jtaltentsch, Rnsstich. Spanisch.
Deutsch ffir Ausländer: unr Lehrer de« brtreffeudr« Natt»«.
«»nversation Sorrespondeuz ^ Litrratur.
Uebcr 180 Zweigschulen. 4b Prospekte gratis «. franko.
Nemste Nachrichten.
Berlin, 15. Jan. Heute Vormittag hielt der Kaiser
im Weißen Saale des Schlosses ein KaP i t e l des O r-
dens vom Schwarzen Adler ab, dem der feier-
liche Einzug der Ordensritter, die jnngsten derselben an
der Spitze, der Kaiser und der KonPrinz anr Schluß, vor-
ausging. Der Kaiser 'besfieg den Thron, während die
Ritter sich an den beiden Seiten desselben ausstellten. Der
Kaiser nahm fodann die Jnvesfitur der neuetnannten Rit-
ter, des Prinzen Heinrich der Niederlande, des Erbprin-
zen von Hohenzollern und des Wirkl. Geh. Rats v. Köller,
früheren Präsidenten des Preußischen Abgeordnetenhauses,
vor. Nach der Jnvestitur gingen der Kaiser und die Or-
densritter nach dem Kavitelsaale.
Berlin, 15: Jan. Die letztesi.Telegramme aus Swa-
kopmund melden eine Bedrohung Otjimbingwes. Auf
die Bitte um Untersfiitzung, die von dem Ansiedler von
Broen von Kubas aus telegräphisch nach Swakopmund
geri-chtet wurde, sind 31 nnverheiratete Freiwillige unter
dem Leutnant der Reserve Laubschaft Per Bahn nach
Karibib entsandt worden, denen-Hft weitere Mann folgen
sollen.
Gmundcn, 16 .Aan. Der ärztliche Bericht über das
Befinden der Königin üon Hannover lautet:
Die Bessernng in den lokalen Krankheitserscheinungen-
hält an; das Uebelbefinden hat aufgehört. Herztätigkeit
und Kräftezustand sind befriedigend.
Charlottenburg, 15. Jan. Der frühere Reichsgerichts-
präsident v. Oehlschläg e r ist gestern hier g e st o r-
b e n. Qehlschläger stammt aus Ostpreußen und hat ein
Alter von 73 Jahren erreicht. Sechs Fahre lang war er
General-Auditeur der Armee, fpÄer eine kurze Zeit
Staatssekretär des Reichsjusttzamtes. Die letzten zwölf
Jahre bis zn feiner vor einigen Monaten erfolgten Pen-
sionierung ftand der nun Verblichene an der Spitze des
Reichsgerichts.
Wic.n, 15. Jan. Der „Allg. Ztg." zufolge, beabfich-
tigt der Prätendent H e r z o g P h i I i p p von Or-
leans nach achtjähriger Che sich vvn seiner Geniahlin,
Erzherzogin Maria Dorothea, scheiden
zu lassen. Als Scheidungsgrund gibt er an, daß die Ehe
unter einem Zwange zustande kant. Den orleanistis-chen
Parteiführern gegenüber beruse er sich auf Kinderlosigkeit
der Ehe, die den Pflichten des Prätentenden widerspreche,
ein Argument, das die Parteifi'chrer, die einen schlimmen
Eindruck auf katholische Kreise fürchten, nicht gelten lassen.
Es scheint, daß denr Prinzen, der sehr lusfig lebt, seine
schöne, äber strenge Gemahlin lästig geworden ist. Der
Herzog wandte sich nach Rom, um die Unefilfigkeitserklä-
rung seiner Ehe zn erwirken unh seine Wiederverheiratung
zu ermöglichen. Wie verlautet, will der Herzog die Prin-
zessin Tifi Metternich, die Tochter des Fürsten Paul Met-
ternich, heiraten.
Pctcrsünrg, 15. Jan. Wie der „Nowoje Wremja"
aus Wladiwostok vom 12. d. W. berichtet wird, h-errscht
im Amurgebiet völlige K r i e g s b e r e i t s ch a f t
und R u h e, die leitenden Kreise Japcms durchdringe
mehr und mehr die Ueberzeugung von der Notwendigkeii
einer Verständigung mit Rußland, weil! dcr -günsfige
Augenblick für die Kriegserklärung unbenutzt blieb. Ruß-
lands Streitkräfte würden mit jedem Tag 'stärker und
Japans Aussichten auf einen günstigen Aüsgang des
Krieges nehmen dementsprechend ab. Die „Nowoje Wrem-
ja" bemerkt, sie wolle zwar nicht den Propheten in dem
russisch-japanischen Streit spielen, glaube aber zu erken-
nen, daß sin fernen Osten eine Wendung zum Bessern ein-
getreten sei. Jn hiesigen russischen amtfichen Kreison
wird versichert, daß eswederjetzt noch voraussichtlich
in irgend absehbarer Zeit zum Kriege
kommen werde.
Pctcrsburg, 15. Jan. Das Reutersche Bureau meldet:
Gestern, als am russischen Neujahrstag-s empfing der
Kaiser das diplomatische Korps im Weißen Saale des
Winterpalastes. Der Käiser machte einen- Rundgang und
richtete an jeden Diplomaten einige Worie, Mit einzelnen
sprach er längere Zeit. Besonderes Jnteresse erweckte
es, als er den japanischen Gesandten Lfiirino in besonders
herzlicher Weise ans-Prach. Er betonte, welch hohen Wert
er auf gute Beziehungen zu Japan nicht nnr fllr die
Gegenwart, sondern anch für die Zizkunft lege. Er gab
der unerschütterlichen Hofsnung Ausdruck,
daß eine für beide N a t i o n e n b e f r i ed i g e n d e
Regelung erreicht werde. E>er Gesandte war von
den Worten des Kaisers tief bewegt. Sodann spräch der
Kaiser mit dem a m e r i k a n i s ch e n Gesandten Mc-
Cormick; Rutzland, sagte er, werde dem kürzlich geschloß