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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 (2. Januar 1904 - 30. Januar 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.14240#0172

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Karlsruh«, 25. Jan. Das „Gesetzes - ir. Ver -
v r d n u n g s b l a t t" für das Grotzherzogturn Baden enthält
in seiner heutigen Nummer: Belanntmachungen und Verord-
nung: des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unter-
richts: die Führung der Grund- und Pfanddücher in der
Zwischenzeit betreffend; die örtliche Zuständigkeit der Grund-
buchämter betreffend; des Ministeriums des Jnnern: die
Lauerordnung für Ladenburg bctreffend.

Mannheim, 25. Jan. Zur Schwetzinger
Nachwahl schreiüt die „Neue Bad. Landesztg.": Nach-
dem der frichere Vertreter des Landtagswcchlkreises
Schwetzingen-Lademburg, Herr I. B. Eder in Brühl,
auf seine Wiederaufstellung verzichtet hat, beschloß
das Wahlkomitee der deutschen Volkspartei, die Klln-
didatur Herrn Alt-Stadtrat Karl Vogel hier anzu-
bieten, welcher dieselbe jedoch a b l e h n t e. Es wurde
darauf Herr Hauptlehrer Willl. Ihrig dcchier gebeten,
dieselbe anzunehmen, welcher sich auch hierzu bereit
erklärte.

Württemberg.

Stuttgart, 25. Jan. Die Gesamteinnahme der
Staatsbahnen betrug im Kalenderjahr 1903 dem
„Schwäb. Merkur" zufolge 60 651.000 Mk. gegenüber
58,019.000 Mk. im Vorjahre.

Sachscn.

— Die Gendarmerie soll Crimmitschau in
disser Woche verlassen. Jn den Spinnereien ist der Be-
trieb wiedec voll aufgenommen, in den Wbbereien ist je-
doch erst ein Bruchteil dsr Arbeiter wieder eingestellt;
voll kann erst in acht bis vierzehn Tagen gearbeitet
werden.

Badischer Landtag.

18. Sitzung der Zweiten Kammer.

Karlsruhe, 25. Jan. Vizepräsident Lauck er-
öffnet die Sitzung um 4^ Uhr. Eingegangen ist u. a.
eine Petitiou der Gsmeinde Walldürn um Wieder-
errichtung eines Bozirksamts daselbst und eiue Petition
der Stadt Weinheim betr. die Wahlkreiseinteilung,
endlich eine Einladung zum Hof'ball am 8. Februar.

Die allgememe Beratung übcr deu Justizetat wird fort-
gesetzt. Eintönig, unter unendlichen Wicderholungen, schleppt«
sich hente die Gencraldebatte weitcr. Das Ende ist noch gar
nicht abzusehen, da noch 9 Redner vorgemerkt sind, und immer
mehr sich zum Wort melden. Zunächst polemisierte Obkir -
cher, wie imncr, klar, scharf und sachlich gegen die Aus-
führungen der Abgg. Muser, Venedey, Frühauf und Kops.
Dr. Schneidcr trat warm für die Wünsche der Städt Lahr
ein. Die sozialdemokratische Fraktion liest heute ihr enfant
terrible, den Abg. Süßkind, aus der <Aube, der sich un-
sterblich blamiertc. Jn hohem Fistelton, der mitunter in ein
förmliches Geschrei ausartete, fuhr der rabierte Vertreter der
Städt Mannheim den Juftizminister an und warf ihm im
Enteignungsverfahren, betr. das Manrcheimer Landesgefäng-
nis, direkt „Erpressungsversuch" vor, fo daß Vizepräsident
Lauck ihn zur Ordnung rief. Der Justizminister
erwiderte mit einem spöttrsch-malitiöfen Lächeln, datz er den
unerhörten Angriff nicht ernft nehme. Wir häben, so fügte er
hinzu, nur die Jntercssen des Fiskus wahrgenommen. Die
Verhandlungen, die durch die Hartnäckigkeit eines Jnteressentcn
ins Stockcn gerieten, stchen jetzt vor dem Abschlutz. Jch bin be-
reit, dem Hause das ganze Aktenmaterial vorzulegen; es wird
sich dann üterzeugew, datz der unerhörte Votwurf Sützkinds
durchaus unbegrüwdet ist. (Bravo!) Das war die einzig
richtige Antwort. Süßkind kann tatsächlich nach seiner heutigen
Leistung nicht mehr ernst genommen werden. Jetzt begreift
man, warum Dreesbach nicht neben ihm kandidieren wollte.

Um 7 Uhr wird Lie Beratung abgebrochen. Fortsetzung
morgen halb 10 Uhr.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dcm Küniglich Sächsischen Zuchtdirektor, Medizinalrat Dr.
Pufch, Professor an der tierärztlichcn Hochschule in Dresden,
das Ritterkreuz erster Klasse des Ordcns vom Zähringer Löwen
und dem Koniglich Preußischen Major Grafen von Holnftein
aus Bayern ü I. s. des 3. Ober-Elsässischen Jnfanterie-Regi-
ments Nr. 172, kommandiert beim Aaiserlichen Statthalter
in Elsah-Lothringen, das Ritterkreuz des Ordens Berthold dcs
Ersten verliehen.

— Revident Leopold Künstle wurde zum Revisor und
Revifionsgehilfe Erwin Hiegert zum Rövidenten bei der
Landesversichernngsanstalt Baden ernannt.

Karlsruhe, 25. Jan. Der Großherzog
unid die Großherzogin sind heute früh 9 Uhr
1 Minute zur Teilnahme an der Feier des Geburtstages'
des Kaisers nach Berlin abgereist.

Aus Stadt und Land.

Hetdelbecg. 23. Januar.

zX Bon der Universität. Wie wir vernehmen, sind die Ver-
handluugen wegen eines Nachfolgers für Geh. Rat Karlawa
noch nicht äbgcschlossen; die uns gestern von vertrauenswerter
Seite zugegangcne Mitteilung hat sich als unrichtig erwiesen.

gauze Anzahl Frauen und Mädchen besserer Stände macht
sich und ihre Familien auf diese Weise unglücklich. Eine
der Aufsichtsbeamtinnen erklärte, daß fast alle diese La°
dendiebinnen wohlhabend seien und daß manche von
ihnen der besten Gesellschast angehorten. Eine Beamtin
sah, wie eine Dame Spitzen an sich nahm. Sie solgte thr
auf die Straße und faßte sie dort am Arm an. Sofort
zog die erivischte Diebin die Spitzen heraus, gab sie ab
und bat, man möge sie gehen lassen. Eine genauere
Untersuchung ihrer Person sörderte nicht bezahlte Waren
im Werte von 600 Mark zutage. Die Dame nahm eine
gute Stellnng in der Gesellschaft ein und gehörte zu den
ständigen Kunden des Geschäfts, das sie bei dem Ausver-
kauf bestehlen zu dürfen glaubte. Die weiten Aermel
uüd die lockere Brust der Kleider sind besonders für diese
Ladendiebstähle geeignet. Bei einigen der Diebinnen fand
man unter dem Rock an einem Gürtel befestigte Bindfäden,
die an ihrem unteren Ends Klammern tragen. Die Die-
bin läßt einen Gegenstand, den sie sich aneignen will,
auf den Boden fallen, bückt sich dann, als wenn sie an
ihvem Schuh etwas in Ordnung bringen wolle läßt eine
der Klammern zuschnappen und hat dann den gowünsch-
ten Gegenstand unter dem Rock.

/X Nietzsche Borträgc. Als vor einer Anzahl vow Jahren
Dr. Horneffer hier drei Nietzschcvorträge hielt, haLen wir
an dieser Stelle ausführlich darüber bcrichtet. Jnztvischen ist
die Nietzsche-Literatur stark angeschwollen, man hat viele Bücher
über Nietzsche geschrieben; man hat Nietzsche's wunderbare Art,
zu sprechen, vielfach nachgeahrnt, sich stilistisch an ihm berei-
chert; man hat auch viele seiner Schlagworte aufgegriffen, seine
reformatorifchen BestreLungen indcssen, seine Lehre ist, soviel
wir überschen können, inAwischcn kaum weiter ins Volk gedrun-
gen. Er hat in dieser Hinficht — bis jetzt we.iigstens — noch
nicht gewirkt. Von einer Umlvertung >der moralischen Werte,
wie er sie anregte, und auch nach ihrer Richtung bezeichnete,
ist bis jetzt sehr wenig, sast gar nichts zu merken. Ja, man
darf sagcn, datz die Fürsorge sür das Schmach«, Kleine und
Geringe, dic Tendenz nach unten, im öffentlichen Leben Deutsch-
lands nie so stark war, wie in dcn beiden Jahrzehnten nach Ab-
schluß von Nietzsches Wirken. Wir trerben mehr denn je „prak-
tisches Christentum". Sollte sich ekwa der in der Geschichte
häufig verzeichnete Vorgang wiederholen, daß eine Kultur-
epoch«, eine Weltanschauung erst ihre höchste Blüte entfalten
muß, bis die gleichzeitig mit dieser geborenen und in der Stille
gehegten Gedanken Macht gcwinnen, die beftimmt sind, sie zu
übertvinden? Wie dem auch sei, es war ohne Zweifel interes-
sant, von Dr. Horneffer wiederholen zu hören, was es
cigentlich mit der Lehre Nietzsches sür eine Böwandtnis hat,
worin ihr Wefen besteht, worin ihre Bedeutung liegt. Der
Redner forderte mit gutcm Grundc, datz man mit Ernst an
Nietzfche herangche, datz man, wie man sich auch zu ihm stclle,
ihn nicht leicht nehme. Er führte dies näher in folgendem
Gcdankengang aus: Die christliche Lehre war ursprünglich und
viele Jahrhunderte hindurch in ihrcr Weltanschaunng sowohl
wie in ihrer Moral unb-estritten. Allmählich fühlte man das
Bedürfnis, die christliche Weltanschauung für die Vernunft und
durch die Vernunft zu erklären, sie zu begründen. Diese Ar-
beit verrichtcte die Scholastik. Sie zweifelte nicht an' der un-
umstötzlichen Richtigkeit der christlichen Lehre von der Welt und
dem Weltschöpfer; sie wollte sie nur auf dem Wege der Ver-
nrinsterkenntnis plausibel machen. Allmählich aber begann dic
Vernunfterkenntnis ihre eigenen Wege zu gehen. Der ununter-
brochene kausale Zusammenhang der Dinge vertrug sich nicht
mit eincm von autzen her in das Weltzetriebe eingreifcnden
Gott, und so verlegte Giordano Bruno und Spinoza Gott in
di-e Welt. Sie gelangten zu der Anficht, die man mit Pan-
theismns bezeichnet. Bis auf Kant wurde dann versucht, das
neue Weltbild mit -den christlichen Lehren möglichst in Einklang
zu crhalten, so daß beide nebeneinander bestehen könnten.
Kant schnitt dann uübarmherzig der Vernunft alle Beweise
für das Dasein Gottes und die Unftcrblichkeit dcr Seele ab
und ließ nur das praktische Fürwahphalten derselben bestehcn.
Hegel und Schopenhauer, jener von der Geschichte und der
Vernunft, dieser von der Natur ausgehend, konstruierten neue
Weltanschauungen, aber die christliche Moral, die bestehenden
Werte sür Gut uüd Böse, hielten sie aufrecht. Es wiederholte
sich der Vorgang wie-ehedem in der Geschichte der christlichen
Weltanschauung, datz man stir das, was man sür unverrückbar
fest und sicher hielt, Beweise aus dem Gebiet der erkenneuden
Vernnnst herbeizuholen suchte. Da trat Nietzsche mit der
Frage auf, ob die christlichen Moralgebote in der Dat richtig»
seien; eine surchtbare Frage von welterschütternder Bedeu-
tung. Zwar haben sich Viele jcderzeit über die Gebote unserer
Moral hinweggesetzt, Nietzsche aber war der erste, der ihre Be-
rechtigung anzuzweifeln 'wagte und nicht nur das: er war der
erste — und man darf sagen, bisher der einzige — der ihre
Beseitigung verlangte und sie durch eine andere zu ersetzen
vorschlug. Schwcr hat Nietzsche mit sich gekämpft; schwer hat
er die Last der furchtbaren Verantwortung, die er übernahm,
empfündcn. Auch gezagt hal er, sich geivchrt gegen die Auf-
gabe, welche zu übernehmcn, ein innerer Zwanz ihn trieb.
Es ist dies in Zarathustra in ergrcifenden Worten ausgespro-
chcn. Er hat gehadert mit dem Schicksal, das ihm eine so
übermenfchliche Aufgabe übertrug; aber er hat sich lhr nicht
entzogen. Sein Unternehmen ging über das der früheren
Philosophen weit hinaus, und so ist auch seine Sprache eine
ganz andere. Jene wandten sich nur an das Erkenntnisver-
mögen; er wendsi: sich wohl auch an dieses, mehr aber an dcn
Willen. So ist er nicht nur ein Philosoph, er ist ein Prophet,
der die Welt neue Wege weist. Man hat ihn einen Reli-
gionsstifter genannt, mit Unrecht, er verlangt keinen Glaubcn.
Er bringt den Zweifel, und stcllt seine Lösung desielben zur
freien Wähl nach eizener inncrer Ueberzcugung. Wic er dies
tut, das wird in den beiden nächsten Vorträgen im Zusammen-
hang dargelegt werden.

— Atademische Borträge im Kausmännischen Bcrein. Ter

gestrige dritte Vortrag von Prof. Dr. Karl Rathgen über
„Geld und Währung" war erfreulicherweise gut besucht. Red-
Er gäb in anziehender Form äutzerst interessante Aufschlüsse
über die Göldprodüttion und ihre weltwirtschastliche Bedeu-
tunz, ferner üiber den Geldwert und dessen Veränderungcn,
die auffallenderweise nicht bon den Produktionskosten, sondern
von der Menge des gewonnenen Metalles hervorgerufen wer-
den. Die Schwankung in der Produktion ist bedeutend und
wurde durch statistische Tabellen veranschaulicht. Jm Anschlutz
hieran wurden Währungsfragen erörtert. Reicher Beifall
lohnte auch diesmal die überaus klaren Ausführungen des
Redners.

ch Gemälde-Ausstcllung. Jm Hause des Herrn A. F.
Christmann, Hauptstraße Nr. 140, sind, wie schon erwähnt, für
kurze Zeit über 300 Stück Original-Gemälde zum Verkaus
ausgestellt, welche aus dem Befitz der Frau Baronin v. Wangen-
heim stammen, sowie auch in direktem Auftrag der Künstler ver-
kanft werden. Als ganz hervorragcnd nennen wir die Wcrke
von Prof. Andr. Achenbach, Osw. Achenbach, Lud. Knaus,
Gabr. von Max, F. Stuck, H. Thoma, Ed. Grützner sowie das
prämiierte Bild von Prof. Christian Kröner. Es wäre zu
weitläusig, alle die schönen Sachen einzeln zu nennen, die diese
Ausstellung enthält. Moge niemand die Gelegenhcit versäumcn,
die Ausstellimg zu besuchen. >

X Das Eistor auf dem Königstuhl, das bereits durch die
milde Witterung der letzten Tage etwas gelitten hntte, ist von
Herrn Mayer wiöder hergerichtet worden. Dasselbe bietet be-
fonders nachts bei bengalischer Belenchtung einen reizenden,
seenhaften Anblick. Ein Spaziergang auf den Königstuhl
dürfte sicher Alt uNd Jung ersrenen und erfrischen.

— Ferusprech-Verkehr. Die öffentliche Sprechstclle in
Mörlenbach ist zum Sprechverkehr mit Heidelberg znze-
lassen. Die Gesprächsgebühr beträgt 26 Pfg.

— Ter Medizinalverband Heidelberg und Umgegend hielt
Sonntag Nachmittag im „Römer" iNebenzim-mer) eine Genc-
valversammlung ab7 Der wichtigste Punkt der Tagcsordnung
war dcr Mbschlutz von Verträgen mit den Aerzten, welche im
wefentlichen nach den Vorschlägen angenommen wurden. Durch
diese neuen Verträge mit den Aerzten erwächst dem Verband
eine jährliche Mehrausgabe von nahezu 800 Mark und mutzten
däher die Beiträge erhöht werden. Der neue wöchentliche Bei-
trng stellt sich demnach: eine Person 20 Pfg., Witwe mit Kind
25 Pfg., Witwe mit mehr Kindern 30 Pfg., Familien mit 2
uNd 3 Köpfen 30 Pfg., 4 uNd 6 Köpfen 35 Psg., 6 und mehr
Köpstn 40 Psg. Es wurde strner beschlosstn, das jetzt beste-
hende Defizit dnrch 8 Extrabeiträzen ini laufenden Jahre zu
decken. Ter Verband zählt zur Zeit 420 Familien mit nahezu
1400 Köpstn.

<I. Sländchen. Schiffer Adolf Dewald im Stadtteil
Schlierbach beging gestern mit seiner Frau das Fest der silbernen
Hochzeit. Die 4. Kompagnie der Freiw. Feuerwöhr, deron
Öbmann Herr Dewald seit vielen Jahren ist, ehrte ihn mit

einem Mufikständchen und einem Fackelzug; auch der Sängev-
bund Schlierbach erfreute sein Ehrenmitglied mit einem ge-
lungenen Gesangsständchen. Die Ansprachen, die bei dieseM
Anlasse gehalten wurden, lietzen erkennen, in wie hohem An-
schen das Jubelpaar bei seinen Mitbürgevn steht.

st- Aus dem Stadtteil Neuenheim. Der Frauenver-
ein Neuenheim hielt Sonntag nachmittag seine Jahres-
versammlung, an der ngmens des Stndtrats Herr Stadtrak
Sendele teilnahm, äb. Tem Berichte entnehmen wir, daß der
Verein 410 Mitglieder zählt und in der Stille eine anspruchs-
lost, aber ergreistnde Tätigstit entfaltct hat. Er unstrhält
einc eigene Krankenstation mit einer Schwoster, die in 120
Tagespflegcn, 146 Nachtwachen und 1690 einzelnen Hilfo-
leistungen an 74 Kranken gearbeitet hat. Der JahresaufwaNd
betrug 954.91 Mk. (Gesuche um Pflege sind jeweils an Fran
Pfarrer Schneider, Bergstr. 7, zu richstn.) Die Hauspflege,
die von 2 Frnucn besorgt wird, wclche an Sstlle der erkrankstr»
Hausfrau den Haushalt führen, und eine Ausgabe von 393.45
Mark erforderte, kam an 274ZH Tagen 21 Wöchnerinnen und
18 kranken Frauen zugust. (Gesuche ebenfalls an Frau Pfar-
rer Schneider.) Für Armenunterstützung wnrden 311.21 Mk.
ausgegeben (1051 Listr Milch, 16 Pfund Fleisch,
427 Eier, 108 Pfd. Brot, 21 Zentner Kohlen, 18 Pfd. Hafer--
kakao). Grnn'dsätzlich werden sttne Geldunstrstützungen, son-
dern nur Anweisungen auf Lebensmittel gereicht. 18 Damen
spendestn an 345 Tagen 31 Kranken Mittagskost. Es wäre zn
wünschen, daß die Zahl der kostgebentden Frauen noch zunähme.
Der Verein verschafft armen Frauen durch Strickarbeiten Ver-
dienst; im vorigcn Jahre verwendete er 45.20 Mk. sür dieserr
Zweck. Die fertigen Strümpfe und Socken werden an Werhf
nachstn an Arme verschenkt. (Gesuche um diese Arbeit sind bei
Frau Gerichtsnotar Jssel, Bergstr. 3, einzureichen.) Zahl-
reiche Geberinnen nnd Geber ermöglichstri denr Vereine, be-
dürftigen Familien und alleinfsthenden Personen eine Weih-
nachtsfreudc zu bereistn. — Der Verein besitzt eine Anzahl von
Kranstngerästn, wie Badetvannen, Sstllkissen, Jnhalations-
apparate, Luftkissen, Jrrigatoren, Unstrlagen, Thermomestr,
Eisbcustl, die er unentgeltlich an Kranst ausstiht, was im
Vorjahre in 148 Fällen geschehen ist. An der Beaussichtigung
der Psstgekinder bestiligte sich der Verein. Die Jähresein-
nahme betrug 1982.36 Mk., die Ausgabe 1938.02 Mk.. der
KassenDorrat 44.34 Mk. Das Vermögen beläust sich ans
6620.48 Mk. und hat nm 154.68 Mk. zugenommen. — Der
Beirat des Vereins, Herr Pfarrer Schneider, begrußst die zur
Jahresversammlung Erfchienenen uNd dankst in dessen Namen
allen Denen, die die Vereinssache unterstützten, insbesondere
auch dem verehrlichen Stadtrate, der dem Vercin eine jährliche
Beihilfe von 200 Mk. zukommen lätzt. — Die in der Versamm-
lung vorgezeigte und erklärst Kochkiste wird, wie wir hoffen,
dazu beitragen, diese praktische Einrichiung mehr und mehr,
besonders auch in Arbeiterfamilien, heimisch zu machen. Wir
wünschen dem Verein ein ferneres Gedeihsn und erfprstßlichs
Wirksamstit.

Erstickt. Jn seiner Wohnnng ist heute Nacht der Maurer
Anton Stoe, wohnh. Unt. Neckarstr. 70, crstickt. Da Stoe ge-
wohnt ist, jeden' Morgen zu zeichnen, so fiel es seinen An-
gehörigen nicht aus, daß er sich in der Frühe nicht sehcn lietz-
Als er auch um 11 Uhr noch nicht erschien, drang man in das
Zimmer, wo man ihn tot im Bette vorfand. Stoe hatte ver-
gessen, den Gashähnen zuzudrehen.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden 2 Personen wegen
Bettelns, ein Taglöhner wegen Landstreicherei, ein Holzbild-
hauer wegen Ucbertretung der Gewerbeordnung und ein Bier-
brauer wcgen Diebstahls; der Dieb drang in einer hiesigen
Wirtschaft in das Zimmer eines Arbeiters ein und stahl dieserr»
30 Mk. 10 Mark versteckte er im Strumpf, 20 Mark warf
er in den Abort. Zur Anzeige kamen 10 Personen wegen
Ruhestörung und ein Maurer wegen Körperverletznng und
Sachbefchädigung.

Mannheim, 26. Jan. (V o m städtischen Maske n-
ball.) Die P r e i s v e r t e i l u n g, die vor der grohen
Pause vorgenommen wurd«, hatte folgendes Resultat: Da -
men - Masken: Ersstr Preis (150 Mark) „Orstntalin",
zlveiter Preis (100 Mark) „Bukett", dritter Preis (60 Mark)
„Struwelpeter". Herren - Masken: Erfter Preis (150'
Mark) „Reichsädler", zweistr Preis (100 Mark) „Flickschnet-
dcr", dritstr Preis (50 Mark) „Eisenbahnunglück". Grup-
penpreise: Erster Preis (300 Mark) „Menagerst", zwei-
tcr Preis (gelangte nicht zur Verteilung), dritter PreiS (200
Mark) „drei Haremsdamen", vierter Prets (150 Markt
„Vier sütze Mädels". Dcn Damenvolkspreis lein Goldschmna
im Werst von 160 Mark), der erst nach der Paufe zur Ver-
tcilung kam, erhiclt eine „Burin". Ein Lchsts, ungezwunge
nes Faschingstreiben kam nach dem Bericht der „Bad. Ldsztg."
nicht zum Durchbruch. Um 3 Uhr war alles aus^

X Neckarbischofshcim, 25. Jan. (U n g l ü ck s f a l l.) I«
der Nacht von Samstag auf Sonntag geschah in Wollen -
bergein grätzlicher Unglücksfall. Dst Frau >des Polizeidieners
Dratz war mit dem Auslöschen von Stratzcnlaternen — in
Vertretung ihres erkrankten Manncs — beschäftigt. Die L-ei-
ter, aüf welcher die Frau stand, rutschte aus. Die Frau bliev
mit dem Gesicht an einem Haken, der an dcr Lastrne angebracht
war, hängen und trug am Gesichte fürchterliche Verletzungen
davon, wclche die Verbringung der Verletztcn in das akadeniischs
Krankenhaus in Heidelberg nötig machstn. Die Krankheit des
Polizeidieners rührt ebcnfalls von einem Unfall her, den sicb
oerselbe in Ausübung seines Berufes als Laternenonzünder
zugczogen hat. Allgemein wird die schwergeprüfte Familie
bcdauert, zumal an dem Aufkammen der Frau sehr geKveifeO
werden mutz.

Walldiirn, 25. Jan. (R e a l s ch u l e.) Jn -dcr Bürger-
ausschußsitzung am 22. d. M. wurde dst Errichtung einer
Realschule (Bürgerschule) hstr mit 39 gegen 20 Stimmeif
genehmigt. Die Gemeinde wird zu diesem Zwecke ein neues
Schulzebäude zum ungefähren Betrag von 80 000 Mark er-
richstn.

Theater- und Kunstnachrichten.

Heidclberg, 26. Jan. (S t a d t t >h e a t e r.) Das vieraktiö!-
Luftspiel „Hofgunst", welches in besonderer Gunst bci un-
serem Publikum steht, enthält eine Paraderolle für die N a i v
welche in der Aufführung am Donnerstag von Fräulcin
Wagner gespielt werdcn wird. Die anderen Roüen des
originellen und lustigon Stückes tverden dargestellt von de"
Damen Lehmann, Huch, Werner, Bonne, Hollmann, Patuschk^-
Keller und den Herrcn Eckhof, Brenner, Steinmann (RegisseU^
der Vorstellung), Schneider, Kehr, Sigl, Schick, Steffens mw
Noval. — die Vorstcllung am Freitag bringt die ErstaufführvnO
der Oper „Cavalleria rusticana". Das berühmst
Werk, das sich seit Aahren in gleicher Frische auf den Sp>^
plänen der Opernbühnen erhält, ist — besonderer llmstänm
halber — unserem Theater bisher ferne geblieben. Die Avs-
nähme desselben in unser Repertoire wird grotzem Jnteresst
begegnen, zumal auch die Besetzung d-nrch die Damen KoP^
penhhöfer, Kornar, Caro und die Herren von Kcller
und Mark eine tresfliche genannt werden kann. Die
und mclodiöse Operette „Die schöne Galathe", dient zur
gänzung des Theaterabends mit Fräulem Kornar in der
rolle, den Herren Schneider und Stauffert als MydaS
Pygmalstn und Fräulein Sedmak in der Knabenrolle ns-
Ganhmed. _
 
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