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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-125 (2. Mai 1904 - 31. Mai 1904)
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Lürfnissen und Verhältnissen Badens entsprechenden Pcrsonen-
tarifreform nicht zu gelangen ist.

Zur Begründung seines Antrages führt

Abg. Frühauf sfreis.) aus, datz eine erhebliche Tarif-
ermätzigung eine solche Steigerung der Frequenz herbeiführt,
dah auch die Reineinnahme wachsen muh. Nach einer gewissen
Zeit kommt man zu einem toten Punkt, über den man in der
Tarifermäßigung nicht hinausgehen darf. Diesen toten Punkt
zu suchen, habe bis jetzt noch keine Verwaltung unternommen.
Wir müssen daher den Versuch machen. Gerade für diese Min-
derbemittelten muß der Schnellzug dienstbar gemacht werden;
denn diese Bevölkerungsklasse wird durch hohe Tarife
und Zeitverlust am schwersten betroffen. Da-
mit wird zu beginnen sein, wenn die wirt-
schaftliche Lage eine bessere geworden ist, wenngleich er prin-
zipiell auf dem Standpunkt stehe, daß gerade die angestrebte
Matzregel der wirtschäftlichcn Lage aufzuhelfen geeignet ist.
Jm Antrag GiLtzler mützte das Wort „tunlichst" gestrichen und
eine zeitliche Begrenzung festgesetzt werden; in der vorliegenden
Fassung sei der Antrag ein Schlag ins Wasser. . *

Abg. Gietzler (Mk.) vertveist zur Begründung des 2.
Antratzes auf den gedruckken Bericht der Budgetkommission, de-
ren Standpunkt sich fast vollständig mit dem vorliegenden An-
trage decke. Die Mehrheit der Budgetkommission ist der Än-
sicht, datz eine Vereinfachung und Verbilligung der Tarife durch
Verallgemeinerung der Kilometerheftsätze anzustreben sei, sö-
bald eine nachhältige Besserung der wirtschaftlichen Lage einge-
treten ist. Datz dies schon der Fall ist, wenn der Betriebs-
Lberschutz die Höhe von 22 Millionen Mark erreicht hat, er-
scheint fraglich. Auf Experimente können wir uns nicht einlas-
sen. Damit ift nicht gesagt, datz die Angelegenheit auf ewige
Zeiten verschoben sein soll. Wir müssen ernstlich eine Verstän-
djgung mit dcn anderen Staaten anstreben; erft wenn diese
erfolglos bleibt, soll die Regierung selbständig vorgehen.

Abg. Dr. Wilckens (natl.) kann nicht ohne weiteres zu-
geben, datz jede erhebliche Herabsetzung der Tarife eine Steige-
rung der Reineinnahme zur Folge hat. Es ist zu bedenken,
datz gleichzeitig auch die Ausgaben wachsen. Das Kilometerheft
kommt hauptsächlich den besitzenden Klassen zu Gute, aus die-
sem Grunde, aus sozialen Rücksichten, verlangen wir, daß die
Wohltat des Kilometerhefts allen Kreisen der Bevölkerung zu-
gewendet wird. Wünfchenswertcr als ein partikulares Vorgehen
Badcns wäre ein geschlossenes Vorgehen aller Staaten; kommt
dieses in Bälde nicht zu Stande, dann wünschen wir, datz Baden
selbständig vorgeht. Beide Anträge bewegen sich grundsätzlich
auf der gleichen Linie; mit unserm Schlußsatz ist durchaus keine
Verschiebung ad calendas Graecas beabsichtigt.

Abg. Hergt (Ztr.) spricht sich gegen den Antrag Frühauf
aus. Unsere Verhältnisse lassen sich mit den württembergischen
nicht vergleichen, weil wir einen gröheren Durchgangsverkehr
haben, der die weitere Einstellung von Wagen dritter Klasse
nicht zulätzt. Mit dem Antrag Gietzler und Gen. ist Redner
einverstanden, soweit sich derselbe mit der Budgetkommission
deckt. Er sei aber im Zweifel, ob die Verhandlungen mit den
anderen Staaten znr Zeit überhaupt noch ernsthaft geführt wer-
den (hörtl hörtl), deshalb wäre er für einen entsprechenden
Zusatz im Sinne dcr Ausführungen des Abg. Dr. Wilckens. Die
Einführung der viertcn Wagenklasse wäre vielleicht ein Weg zur
Verständigung.

, Geh. Rat Zittel erklärt, datz die Verhandlungen mit dcn
anderen Staaten im vorigen Sommer in der Form von Vorbe-
sprechungen begonnen wurden, aber durch die Erkrankung unse-
res Eisenbahnchefs und die Verhandlungen des Reichstags und
des preutzischen Landtags eine Unterbrechung erlitten haben.
So viel ist sicher, datz die anderen Staaten an der Sache gro-
tzes Jnteresse nehmen. Weitere Auskunft könne er nicht geben.

Nach einem Schlutzwort der Abgg. Frühauf und Gietz -
ler, der zur Beruhigung Frühaufs in feinem Antrag das Wort
„in Bälde" einfügt, und des Berichterstatters Dr. Wilckens
wird der Antrag Frühauf mit allen gegen 12 Stimmen (der
Sozialdemokraten und Freisinnigen) abgelehnt und der
Antrag Gietzler einstimmdg angenommen.

Das Haus schreitet sodann zur Beratung der (18) Peti-
tionen ciner Anzahl von Eisenbahnbeamten, -Bediensteten
und -Arbeitern in Betreff ihrer Dienst- und Einkommensver-
hältnisse, über die Abg. Dr. Wilckens den Bericht der Bud-
getkommission erstattet. Es handelt sich um eine Reihe von
Wünschen, die nur im Falle einer allgemeinen Revision des
Gehaltstarifs befriedigt werden können. Da nun zwi-
schen Regierung und Volksvertretung Uebereinstimmung darüber
besteht, datz eine solche allgemeine Revision des Tarifs nicht
Aufgabe des gegenwärtig bersammelten Landtags sein kann, er-
übrigt der Kommission nur, die einschlägigen Vorstellungen als
Material für die künftige Tarifsrevision zu
behandeln, bezw. zu beantragen, dah sie als solches der
Grohh. Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen seien.
Eine Reihe anderer Wünsche hebt auf Vermehrung etat-
mätziger Beamtenstellen ab, wie folche im Wege des Budgets er-
folgen könnte. Hier war die Kommission, insoweit die einzelnen
Anliegen als berechtigt erschienen, vor die Frage gestellt, ob die
Erfüllung derselben bis zum nächsten Budget zu vertagen oder
etwa an die Grotzh. Regierung das Ansinnen zu richten sei, datz
sie in einem von ihr einzubringenden Nachtrag zum Budget für
1904—08 wenigstens den dringlichsten Anliegen auf diesem
Gebiete zur Erfüllung zu verhelfen suche. Die Grotzh. Regie-
rung hat es nun aber entschieden abgelehnt, derartige Nach-
tragsforderungen zu vertreten, indem sie auf die Konsequenzen
iinwies, welche ein bezügliches Vorgehen für viele andere Be-
amtenkategorien in den Zweigen der Eisenbahnverwaltung, wie
der allgemeinen Staatsverwaltung nach fich ziehen müsse, indem
sie zugleich bestritt, datz hinsichtlich der einen oder anderen
Klasse von Beamten das Bedürfnis der Vermehrung der etat-
mähigen Stellen so dringend sei, dah es nicht möglich wäre, die
Befriedigung desselben bis zum Budget für 1906—07 zu ver-
schieben. Die Kommission ist unter solchen Verhältnissen so-
wie angesichts der allgemeinen Finanzlage zu der Meinung ge-
langt, datz auf das Verlangen der Einbringung von Nachträgen
behufs Vermehrung der Zahl der etatmätzigen Stellen für dies-
mal grundsätzlich zu verzichten und der Erfullung der
in Betracht kommenden Wünsche, insoweit solche als begründet
anzusehen sind, erst im Zusammenhang mit der Aufstellung des
nächsten Budgets das Wort zu reden sei. Bezüglich der
Arbeiterpetitionen wünscht die Kommission vor allem die baldige
Erlassung einer Dienst- und Lohnordnung nebst Lohntarif, fer-
ner den Uebergang zur Monats- bezw. Jahreslöhnung und die
Etabilisierung der Arbeiterzahl. Der Berichterstatter konstatiert,

siegreich hervorging, soll nun nochmals, nunmehr vor den
iZivilbehörden, den Beweis für ihre Mutterschaft er-
bringen.

— Seinc zwcitc sisbernc Hochzeit hat der Steinhauer
Hans Kloth zu Preetz in Schleswig- Holstein gefeiert.
Seine erste Frau starb nach 2?fähriger Ehe, worauf er
dann schr bald seine jetzige zweite Ehe schlotz.

— Von Bienen tötlich zerstochcn wurbe in Tarnewitz
das Zweieinhalbjährige Söhnchen des Erbpächters Möl-
ller. Däs Kind war beim Spielen dem Bienenstand zu
nahe gekommen; die Tiere fielen über das Kind her und
haben es derart zerstochen, daß das Kind, das an 200
Stiche erhalten hat, "ivtkrank darniederliegt. Auch die
Mutter, die aus das Geschrei herbeieilte und ihr Kind aus
der Gesahr besreite, ist ebensalls von den Menen arg zu-
gerichtet worden.

datz die Negierung fortgesetzt bemüht ist, den Wünschen der Pe-
tenten, soweit es in ihren Kräften steht, gerecht zu werden und
gibt der Erwartung Äusdruck, datz weitere Erfolge nicht aus-
bleiben, wenn das Haus dem Antrag der Kommission beitritt.

Generaldirektor Roth dankt für die Anerkennung, welche
die Bemühungen der Eisenbahnverwaltung um Besserstellung
der Petenten gefunden haben. Sobald die Finanzen sich gebes-
sert habcn, lverde die Regierung für eine weitere Befferstellung
der Eisenbahner eintreten. Die Wünsche der Arbeiter können
nur gleichzeitig mit der Revision des Gehaltstarifs Berücksich-
tigung finden. Ein Dienst- und Lohntaris ist in Ausarbeitung
begriffcn; auch die übrigen Wünsche werden in wohlwollende
Erwägung gezogen.

Vor Eintritt in die allgemeine Beratung teilt Präsident Dr.
Gönner mit, daß ein Antrag der sozialdemokrati-
schen Fraktion eingelaufen sei, die Petitionen der Eisen-
bahn-Arbeiter, -Handwerker und -Bediensieten der Regierung
empfehlend zu überweifen.

Abg. Schmidt (Ztr.) unterstützt verschiedene Eingaben
von Eisenbahnarbeitern und -Bediensteten und bittet die Ar-
beiterausschüsse zu hören vor Erlatz der neuen Lohnordnung.
Er hätte eine Reihe von Wünschen gerne empfehlend über-
wiesen (Hörtl). ,,

Abg. Hergt (Ztr.) ist der Ansicht, datz das gesamte Eisen-
bahnpersonal bei der letzten Gehaltsrevision zu wenig Berück-
sichtigung geftmden hat. Die Budgetkommission sah sich leiöer
wieder in die peinliche Lage versetzt, die Eingaben zur Kennt-
nisnahme zu Lberweisen, weil das Finanzministerium sich da-
rauf versteifte, alles über einen Kamm zu scheeren.. Einzelne
Petitionen würde er gerne empfehlend überweiscn, wenn ein
Erfolg zu erwarten stände. Ob bei der Lohnordnung eine
durchgängige lOprozentige Lohnerhöhung herauskommt, möchte
er bezweifeln. Dringend zu wünschen wäre auch eine Lohnord-
nung für die Werkstättearbeiter. Ein Teil der Millionen für
Bahnhofbauten sollte für den Bau von Arbeiterwohnungen ver-
wendet werden.

Um 8 Uhr wird die Beratung abgebrochen.

Fortsetzung: Donnerstag 9 Uhr.

Karlsruhe, 25. Mai. Die Petitionskommissiou
der Zweiten Kammer stellt bezüglich der Petition des
Verdandes badischer Kaminfegergehilfen um
Verbesserung ihrer Lage und' die Gegenpetition der badi-
schen Kaminfeger-Jnnung folgende Anträge:
1. Der Grotzh. Regierung empfehlend zu uberweisen:
a) die auf Anrechnung der Militärdienstzeit gerichtete
Bitte; b) die auf büldige Einteilung des Erblehensbezirkes
Heidelberg gerichtete Bitte. 2. Der Grotzh. Regiening zur
Kenntnisnahme zu üherweisen: a) die auf Nenbildung,
Abändernng und Besetzung der Kehrbezirke abzielenden
Wünsche; b) den auf Aenderung der Anstellungsbchörde
abzielenden Wunsch; e) die Beschiverde, welche die zeit-
weife Besorgung zweier Bezirke durch einen Meister zui«
Gegenstand hat; ll) die auf die allzu ausgedehnte Be-
schästigung von Lchrllngen sich bezichende Beschwerde;
e) den Wunsch, der die Herbeifuhrung einer vierjährigen
Wartezeit für neubestellte, beztv. verzichtleistende Jnhaber
eiuer Stelle bezweckt; k) die Bitte um Schäffung einer
Witwen- und Waifenversorguugskasse. 3. Auf Ueber-
gang zur Tagesordnung: a) bezüglich der Bitte, die Zu-
lasfung zur Meisterprüfung von der Lädischen Staats-
angehörigkeit, von einem besttmmten Alter (28 Jcchre)
und von der fünfjährtgen Tättgkeit als Geselle abhängig
zu machen; b) bezüglich der Forderung, datz in Städten
jeweils neue Kchrbezirke geschaffen werden sollen, wenn
600 Häuser erstellt feien.

Aris der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
den Vorstand des Hauptsteueramts Lahr, Oberzollinspektor Her-
mann Harlfinger, in gleicher Eigenschaft znm Haupt-
steueramt Baden versetzt.

Zweite jnristische Prüfung. Für den Bcginn der im Herbst
ds. Js. abzuhaltenden zweiten juristischen Staatsprüfung ist
Montag, der 12. September, in Aussicht genommen. Die An-
meldungen znr Prüfsing haben im Laufe des Monats Mai zu
erfolgen.

Karlsruh e, 25. Mai. Der Grotzherzog hörte heute
Vormittag vou 10 bis 12 Uhr den Vortrag des Präftdeu-
ten Dr. Niolai und danach denjenigen des Gcheimerats
Dr. Freiherru v. Babo. Nachmittags empfing Seine
Königliche Hoheit verschiedene Personen. Abends 7 IHr
Z^Minuten reisten der Grotzherzog und Lte Großherzogiu
mit der Kronprinzefsin vou Schweden und Norwegen nach
Schlotz Badeu ab.

Ausland.

Jtalien.

R o m, 25. Mai. Der König reift Sonutag nach
Bologna. Die offiziöse „Agenzia Stefartt" fchreibt
dazu: Wir konnen bestätigen, daß SvamPa, der K a r-
dinal-Erzbifchof von Bologna, ersuchte, am
Empfang und Baukett zu Ehren des Köuigs teilzuneh-
meu. Wenn er eingeladen wird, afsisttert er also als Erz-
bischof einer Stadt, die bis 1860 päpsilich war. Das
beweist, datz der Vätikau in fich geA, Transaktionen und
Genugtuuugen auch sür die jüngst erfolgteu Beleidigun-
gen emem Zustande unfruchtbaren Kampfes gegen Jta-
lten vorzieht, das fetuen geraden Weg vorwärts schreitet.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 26 Mai.

Von der Universität. Profeffor Bonhöffer, der vor
wenigen Wochen als Krävelin's Nachfolger hierher kam, hat
cinen Ruf nach BresIau als Direktor der dortigen psychia-
trischen Klinik erhalten und wird ihm Folge leisten.

-ft Jn den ftädtischen Anlagen soll, wie wir mit grotzer
Freude erfahren, demnächst die längsi ersehnte Einrichtung ge-
troffen werden, dah ein Teil der dort aufgestellten Bänke aus-
schlietzlich für Erwachsene reserviert wird und datz zu diesem
Zwecke die betr. Bänke mit der Aufschrift: „Nur für Erwach-
sene" bezeichnet werden. An schönen Nachmittagen haben wir
schon häufitz im ganzen Bismarckgarten und in sonstigen Anlagen
vergeblich nach einer Bank gesucht, die nicht von Kindermäd-
chen und Kindern besetzt war. Bei-den von seiten der Stadtver-
waltung und des Gemeinnützigen Vereins in so reicher Zahl auf-
gestellten Sitzbänken ist es doch angemeffen, datz es auch Erwach-
senen und besonders älteren Leuten möglich gemacht wird, Bänke
zu finden, worauf fic nicht durch Kinder beunruhigt oder be-
lästtgt werden. Eine solche Einrichtung, die in anderen Städten

schon längst mit gutem Erfolg eingeführt ist, follte denn doch
in Heidelberg als Fremdenstadt am wenigsten fehlen. Wir hof-
fen deshalb, dah diese allen Einwohnern gerecht werdende Neue-
rung beifällige und wohlwollende Aufnahme finden, und daß
das betreffende Auffichtspersonal zu öeren energifchen Durch-
führung angewiesen wird.

— Die Heidelberger „CoMödie franqaise in Baden-Baden.

Wie wir hören, werden öie beiöen französischen Lusffpiele „Le
Singe de la moöe" von Friedrich dem Groheu und
„Le medecin malgxe lui" von MoIiere. ivelche neulich im
hiesigen Stadttheaiex so grohen Beifall fanden, am nächsten
Sonntagi ben 28f Mai, von denselben Darstellern in Baden-
Baden zur Aüfführung gebracht werden. Wir wünschen deM
Unternehmen öen bcsten Erfolg, nicht allein um dcr schönen
SachL willen, sonöern auch im Jntereffe der Luisen-Heilanstalt.
welchtzr die Einnähinen diesmal überwiesen werden soll.

St.K.f.M. Einquartierung. Am Freitag, dcn 3. Juni, wird
auf dem Rückmarsch von der Wähner Heidc nach seinet Garni-
son Ulm das Könial. ,Hohenzolleriscke. Futz-Artillerie-AHgiment
Nr. 13 in öer Märke von Maösoffizieren, 18.,Offizieren,
887 Chärgeri uno Männschafken nebst'lö Pferöen hler eintref-
fen und äuf 1 Tag Ouartier beziehen. Das Nähere wird in
öer morgigen Bekanntmachung miigeteilt weröen.

— Dir Messc ist bis zum 29. Mai einschlietzlich verlängert
worden.

X Strafkammersitzung vom 20. Mai. Vorsitzender: Land-
gerichtsdirektor Dr. West; Vertreter der Änklagebehörder
Dr. S e b o l d. 1. Der berheiratete 39 Jahre alte Steinbrecher
Joh. Peter Treiber von Wieblingen, wohnhaft in Hoffen-
heim, wird wegen mehrfachen Verbrechens gegen § 176a im
Zusammentreffen mit versuchter Blutschande zu 2 Jahrcn Zucht-
haus und S Jahren Ehrverlust verurteilt. Die Verhandlung,
wclche unter Ausschluh der Oeffentlichkeit stattfand, cntrollte
cin widerliches Bild tieffter Gesunkenheit eines T r i n k e r s.
2. Der 14jährige Realschüler Robert Ärnold in Hoffenheim
versuchte mittelst eines auf den Namen seines Vaters gcfälschten
Zettels sich bci einem Buchhändler in Sinsheim neue Schulbü-
cher zu verschasfen. Er wollte seinen Vater, der sich weigerte,
die Bücher zu kaufen, auf diese Weise dazu zwingen. Wegen
dieses recht fragwürdigen Experiments wird dem AngeklagteN
cin gerichtlicher Verweis erteilt. 3. Der 32 Jahre altc, wegen
Eigentumsvergehens vorbestrafte Fuhrknecht Heinrich Hörner
entlieh bei mehreren hiesigen Wirten unter falschen AngabeN
auf den Namen seines Dienstherrn kleinere Geldbeträge. Wegön
Betrugs im wiederholten Rückfall erhält er drei Monate Ge-
fängnis abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft. 4. Der 26jähr.
Peter Georg Kraft und der 22 Jahre alte Georg Gries,
Steinbrecher von Dossenheim, statteten Ende Januar oder An-
fang Februar d. I. dem Keller einer Tante nächtlicher Weile
einen Besnch ab und entwendeten dort Lebcnsmittel, Schinken,
Rippenstücke, Zunge und einige Flaschen Rotwein, im Gesamt-
wert von ca. 80 Mark. Bei dem Cinbruch in den Keller trug
Kraft Frauenkleider und hattc sich das Gesicht geschwärzt. Die
Beute schafften sie in die Wohnung des Gries, wo nun cin köst-
licher Schmaus gehalten wurde. Als der Wein aber bald zur
Neigc ging, suchte Kraft in Gesellschaft eines jüngeren Bruders
des Gries, Heinrich, den Keller nochmals auf, um noch eine
Stütze Wein zu holen. Kraft wird wegen eines schweren und
eines leichten Diebstahls zn 6 Monaten Gesängnis, Georg Gries
wegen eines schweren Diebstahls zu 4 Monaten Gefängnis und
Heinrich Gries wegen eines leichtcn Diebstahls zu 3 Wochen Ge-
fängnis verurteilt, die durch die Untersuchungshaft als verbutzr
gclten sollen. 8. Der 72 Iahre alte Kutscher Ludwig Chrfftian
Frankvon hier ist beschuldigt, in Neckargemünd am Abend des
8 Oktobcr mit seiner Droschke fahrlässiger Weise in ein Men-
schengedränge, das infolge der mit Fackeln und Musik dnrch den
Ort ziehenden Feuerwebr entstanden war, hineingefahren zN
sein und dabei ein Kind überfahren und verlctzt zu haben. Da»
Gericht konnte sich jedoch von der Schuld des Angeklagten niast
überzeugen und spricht ihn deshalb frei. Die folgenden Ver-
handlungen betreffen Berufungen gegen Schöffengerichtsnrteile.

(Schlutz folgt.)

— Polizeibericht. Verhaftet wurden zwei Dienstmäd-
chen und eine Kellnerin wegen Umherziehens, ein Kaufmann
aus Stuttgart wegen Führung eines falschen Namcns, ein Or-
gelspieler und ein Schuhmacher wegen Uebertretung der Ge-
wcrbeordnung, eine Arbeiterin von Speyer wegen Landstreiche-
rci und eine verheiratete Näherin von hier wegen Betrugs,
Diebstahls nnd Unterschlagnng. Zur Anzcige kam ein
Maurer wegen Körperverletzung und 4 weitere Personen wegen
Ruhcstörung bezw. Unfugs.

V Hirschhorn, 26. Mai. (Iubiläum.) Gestern waren
:s 50 Jahre, datz die hiesige evangelische Gemeinde neu gegrün-
det wurde, u. ebenso viele Jahre, datz Kirchenrat Kalbhenn,
jetzt in Burg-Gräfenrode, das Amt als Seelsorger und zwar m
Hirschhorn angetreten hat. Die evangelische Gemeinde Hirsch-
horn wollte diesen denkwürdigen Tag nicht vorübergehen laffen,
ohnc ihn festlich zu begehen. Auch der greisc, erste Seelsorger
war von dem fernen Orte seines jetzigen Wirkens herbeigeeilt„
um mit seiner ersten Gemeinde, die er mit gründen half, das
Jubiläum zn feiern. Das Städtchen hatte sich in ein festliches
Gewand gehüllt. Um 9 Uhr vormittags fand die Uebergabe des
chemaligen Konfirmandensaales der evang. Gemeinde an die
Stadtverwaltung durch Pfarrer Dr. Diehl statt. Der Fest-
gottcsdienst nahm um halb 11 Uhr seinen Anfang. Die Kest-
prcdigt hielt Pfarrer Dr. Diehl. Nach der Predigt hielt Kcm-
sistorialrat Flöring eine Ansprache. Nach dem Gottesdienst
nahm der Jubilar im Versammlungssaal des Pfarrhauses dic
Glückwünsche, die ihm von allen Seiten cntgegengebracht wor-
den, entgegen. Der Präsident des Oberkonsistorinms der evang-
Landeskirche, Dr. Buchner aus Darmstadt, überbrachte die
Wünsche dieser Behörde nnd überreichte ein Schreiben des
Grohherzogs, der den Jubilar zum Geheimen Kirchenrat er-
nannt hat. Die theologiche Fatultät der Universität Gietzen
lietz sich durch Prof. Drews vertreten; sie hat dcn Jubilar zurn
Ehrendoktor ernannt. Die Gemeinde Burg-Gräfeurode lietz die
Glückwünsche durch Bürgermeister Moscherosch überbringen und
ernannte den Jubilar zu ihrem Ehrenbürger. Es würde zU
weit führen, wollte man auf alle Ehrungen im Einzelnen ein-
gehcn. Sichtlich gcrührt dankte der Jubilar allen denen, die
seiner an seincm Jubeltage in so liebevoller und ehrender Weise
gedacht. Um 1 Uhr fand im Gasthaus zum „Naturalisten" ein'
Fcstmahl statt, das mit dem Jubilar dic auswärtigen Gäste
uud zahlreiche Gemeindemitglicder vercinte und, gcwürzt rnit
Reden und Toasten, einen herrlichen Vcrlauf uahm. Wie sich
die evangelische Gemeinde Hirschhorn in diesen 60 Jahren ent-
wickelt hat, ist daraus zu ersehen, datz sie zur Gründungszeit
100 Seelen zählte, während es hcute 650 sind. Seit 12 Jah-
ren besitzt die Gemeinde ein herrliches Gotteshaus.

Mannheim, 25. Mai. (Die Hauptversammlung
dcs Vereins deutscher Chemiker), zu welcher etwa
600 Herren und Damen hier eingetroffen sind, wurde heute
Nachmittag im „Park-Hotel" um 2 Uhr durch eine Sitzung des-
Vorstandsrates eröffnet.

8 Mannheim, 25. Mai. (Verhaftet) wurde der 32'
Jahre alte Fabrikarbeiter Ph. Baderburg, welcher den Rauban-
fall auf einen jungen Mann namens Hvlzlin verübte.

L Pstirzheim, 25. Mai. (V e r u n g l ü ck t.) Als aM
Samstag Nachmittag der nach Pforzheim abgehende Schnellzug
die Station Mühlacker passierte, wollte einc Frau die Geleise
überschreiten, obgleich der Schnellzug bereits in der Einfahft
begriffcn war. Der Bahnwart Gottlieb Kleiner erkannte die
Gefahr und ritz die Frau vom Gcleise; im selben Moment hatte
ihn aber die Maschine erfaht und zu Boden geschleudert, wober
ihm die Schädeldecke buchstäblich vom Kopf gerissea
wurde. Obgleich dcr Zug bis auf Wagenlänge gestellt werdeir
 
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