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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 1
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Cohen-Portheim, Paul: Asiatischer und europäischer Geist in der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0036

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flbb. 13. Huguft Böckftiegel. Landfcbaft.
3u dem fluffa^: „Joachim Kirchner, Moderne Landfcbaftsmalerei“.
perrfcpen diefes Geiftes liegt der Charakter der neueren europäifcpen Kunft begründet:
fie ift (abgefepen von vorübergehenden Reaktionen und einzelnen Individuen) eine Kunft
der ppypfcpen GLIelt, materialiftifcpe Kunft.
Auf der materialiftifcpen Ulelterklärung, die der Rationalismus gibt, beruht der tief-
gehende Unterfcpied, der die neue europäifche Kunft von aller apatifcpen Kunft trennt
(und der fie auch in gleicher GCIeife von der durch chriftlich apatifche Einpüffe be-
ftimmten gotifepen Kunft trennt).
Sobald die Kunft aufhört, fymbolifcp zu fein, d. p. Flerke zu fepaffen, die etwas
bedeuten, bleibt ipr nur noch eine Möglichkeit: das (nunmehr niept mepr rätfelpape)
Naturbild naepzuapmen.
Diefe Entwicklung zur Naturnacpapmung ift der Gang der europäifepen Kunft ge-
wefen und fie pat ipren Gipfelpunkt im „Naturalismus“ erreicht.
Am reinften trat der Naturalismus in der Literatur in Erfcpeinung (denn diefe ift die
verftandesmäßigfte Kunftform), im Roman und im Drama, und zwar vor allem in den
Ländern, wo der wiffenfcpaftlicpe Geift am unbefepränkteften perrfepte: in Deutfcpland
und in Frankreich.
Ulir erinnern uns alle an die 3e>t. in welcher die Bühne ganz unter feinem 3eid)en
ftand. — Um die größtmöglicpfte Naturwaprpeit zu erreichen, war z. B., wenn das
Drama bei Nacht fpielte, die Bühne fo pnfter, daß man überhaupt nichts mepr fap;
die Scpaufpieler fpraepen -— oft in einem unverftändlicpen Dialekt — kaum lauter als

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