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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Verfd)iedenes

zubringen. Der Beptjer behauptete, es fei immer
in feiner Familie gewefen. ünd was auffallen-
der war, er wollte eine genaue ünterfuchung
des Gemäldes nad) Hbnahme des Glafes nicht
geftatten. ünd gerade diefe mußte notwendig
erfcheinen bei einem Bilde von fo unermeßlicher
Bedeutung — wenn es echt wäre.
So ift das merkwürdige Gemälde — die Elifa-
betta d’ ürbino foll aus derfelben Sammlung
ftammen und in der gleichen Eechnik ausgeführt
fein — einftweilen wieder in das Dunkel unter-
getaucht.
üm den Befiß diefes Bildes möchte man Nie-
manden beneiden, Cüird es einmal urbi et orbi
als ein echter Raffael verkündet werden, wird
es einmal vor aller öüelt als eine Fälfcfmng
offenbar werden? Die Meinungen find geteilt,
und fie werden es wohl immer bleiben. E. St.
Äus dem neuen Venedig
Die erfte große Feierlichkeit, die fiel) dem
nach Venedig 3urückgekehrten darbot, war die
üliederaufftellung des berühmten Viergefpannes
auf der Markuskirche. Ein helleuchtender Mor-
gen ftrahlte, Fahnen flatterten, von den Bai-
konen hingen bunte Brokate, und zahlreiches
Volk wohnte dem ungewöhnlichen Schaufpiel
bei. Die vier Glocken des Markusturmes er-
klangen jubelnd, während die heidnifchenBronze-
pferde fachte auf den chriftlichen Eempel hinauf-
gezogen wurden. Es ift ein viel gereiftes Ge-
fpann. Sieben Jahrhunderte ftanden die Pferde
auf der Markuskirche; denn als Venedig Kon-
ftantinopel im Jahre 1204 eroberte, nahm es
diefelben von einem Fjippodrom nach der Hei-
mat mit. H. Cü. Schlegel hat wohl zuerft aus-
gefprochen, daß fie einer Quadriga angehörten;
fie ftammen aus Ctüos, von wo fie Kaifer Eheo-
dofius nach Byzanz brachte. Von Venedig brachte
fie Napoleon I. im Jahre 1797 nach Paris, neun
Jahre fpäter kehrten fie nach Venedig zurück und
während des Krieges befanden fie fiel) in Rom.
Die Bombenangriffe auf Venedig haben übri-
gens der Stadt keine großen Schäden verurfacht,
was den 124 Kanälen zu verdanken ift, in denen
die meiften Projektile und Bomben fich ver-
gruben, ohne zu explodieren. Kurz feien hier
die Schäden aufgezählt, die die Kunftfctjäße er-
leiden mußten.
Äm 24. Oktober 1915 wurde bekanntlich das
Deckengemälde von G. B. Eiepolo, „Engel tragen
das Fjaus von Loretto“, in der Scalzi-Kirche
gänzlich zerftört. Es blieben nur zwei bemalte
Nifchen diefes Fresko übrig, welche jeßt in der
Äkademie Venedigs find, und früher, wegen der
in Dunkelheit gehüllten Kirche, fich nicht in

Äugenfchein nehmen ließen. Kein Biograph
Eiepolos hat ße auch gewürdigt. Es find jedoch
zwei Meifterwerke, die in den Jahren 1743/44
mit virtuofem Pinfelftrid) auf den rauhen Mörtel
hingezaubert wurden. In diefen geretteten Ni-
fchen malte derMeifter Menfchengeftalten, por-
trätähnlich, ganz verklärt, doch im Irdifchen wur-
zelnd. Der Pinfel fliegt nur haftend über die
Fläche dahin; farbig, harmonifch gedämpft, zer-
fließt das Kolorit in dem leicht plbrigen Eon,
der alles in ein zartes Brio verwebt. Es mag
wohl paradox erfcheinen: doch ohne das be-
klagenswerte Verfchwinden des Deckenbildes
wären diefe gemalten Nifchen niemals zu einer
gerechten ttlürdigung gelangt. Somit zählen pe
zum Schönften, was Eiepolo in feiner Fjeimat-
ftadt zurückließ. Eine Skizze des Freskos be-
pßen die Erben des Bildhauers Dal 3otto in
Venedig.
Hm 13. Oktober 1916 fiel eine Bombe auf die
S. S. Giovanni-Paolo-Kirche und verurfaebte
großen Schaden dem Deckengemälde Piazzettas
„Glorie des hl- Dominikus“, das in Freskoftil
1727 auf Leinwand gemalt wurde. Einft hielt
man diefes Bild für ein Güerk Eiepolos, doch
wurde unwiderruflich bewiefen, daß es dem
Piazzetta angehört. — Knapp neben diefer Kirche
bepndet fich die Bruderfchjaft S. Marco, in wel-
cher eine gefchnitße Fjolzdecke aus dem 15. Jahr-
hundert fehr befchädigt wurde, die aber noch
reftaurierbar ift.
Cüeiter zertrümmerte eine Bombe am 13. Sep-
tember 1916 das Dachhaus der S. Maria-For-
mofa-Kirche, wo zum Glücke bereits der ganze
Bilderfchmuck entfernt war, darunter auch die
berühmte hl-Barbara von Palma Vecchio. Ganz
geringen Schaden erlitt das rechte Renaiffance-
portal der S. Giovanni Crifoftomo-Kirche; wäh-
rend die fchöne Kuppel der Kirche S. Pietro di
Caftello (bis 1807 Kathedrale der Stadt) arg her-
genommen wurde. Dagegen büßte die S. Si-
meon-Kircße, jene barocke Nachahmung des
Pantheons, nur eine Säule der Vorhalle ein.
Befchädigt wurden in der Sakriftei von S. Fran-
cesco della Vigna die drei Fjeiligen: Fjieronymus,
Bernardino von Siena und Hlois, die bereits
Crowe und Cavalcaffele der Vivarinifchule zu-
fprachen.
In der Provinz ift leider mehreres dem Krieg
zum Opfer gefallen. So ift es beklagenswert,
daß die berühmten Eiepolofresken der Villa
Soderini in Nervefa gänzlich zerftört wurden.
Fjier fchjuf derMeifter Decken-und öüandfresken,
die Eaten der in Venetien eingewanderten alten
Florentiner Familie Soderini verherrlichten-
Gleichfalls völlig zerftört wurden im Caftello

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